Bordeaux 2025

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
Benutzeravatar
UlliB
Beiträge: 5003
Registriert: Mo 6. Dez 2010, 18:27

Re: Bordeaux 2025

Beitrag von UlliB »

EThC hat geschrieben: Do 4. Sep 2025, 10:47 Und wenn man sich da das umfangreiche Sortiment anschaut, Bordeaux findet da nicht statt, nicht eine einzige Flasche... :shock:
Abgesehen von dem Image-Problem, das Bordeaux zweifellos hat und in diesem Forum nun wirlich schon rauf und runter diskutiert worden ist, gibt es noch einen wesentlich einfacheren Grund, warum sich viele Händler nicht (oder nicht mehr) mit Bordeaux befassen.

Ein bekannter Nürnberger Weinhändler, der vorwiegend (oder inzwischen ausschließlich?) mit Bio-Weinen handelt und in seinen Postings gerne über den Teil der Weinbranche herzieht, der seine Auffassungen nicht teilt, hat vor ein paar Jahren in einem überraschend ehrlichen Moment geschrieben, dass ihm bei Bordeaux die Marge zu niedrig ist, egal ob bio oder nicht.

Das ist genau der Punkt. In keinem Segment des Weinhandels wird mit derart niedrigen Margen für den Handel operiert wie bei Bordeaux. Im Primeurgeschäft liegt die Marge auf den Preis ex Bordeaux regelmäßig bei 15%. Zum Vergleich: bei deutschem Wein arbeitet ein deutscher Händler typischerweise mit einer Marge von 30%, bei weiter entfernten Herkünften ist die Marge in der Regel noch wesentlich höher. Und auch beim Handel mit abgefülltem Wein ist das Problem im Bordeauxhandel, dass es auf Grund der Größe der Betriebe nur sehr wenig Exklusivitäten gibt (die mehr Marge erlauben), ein breites Angebot vorhanden ist und dank Internet völlige Preistransparenz herrscht.

Das ist wirtschaftlich nur dann interessant, wenn man wie die meisten Bordeaux-Anbieter spezialisiert ist oder auf Bordeaux einen Schwerpunkt setzt, und dann entweder Volumen macht oder als Einzelkämpfer ohne Präsenzhandel arbeitet und sich die Kosten dafür spart. Die Chance, bei einem kleineren Präsenzhändler ein interessantes Bordeaux-Sortiment zu finden, ist gering. Denn davon könnte er nicht leben.

Gruß
Ulli
Benutzeravatar
maha
Beiträge: 1317
Registriert: Di 18. Jun 2013, 15:56
Wohnort: FFM

Re: Bordeaux 2025

Beitrag von maha »

Nora hat geschrieben: Do 4. Sep 2025, 13:13
EThC hat geschrieben: Do 4. Sep 2025, 10:47
la-vita hat geschrieben: Do 4. Sep 2025, 10:16 Vielleicht sollte Bordeaux ja auch im Hinblick auf den Selbach Oster Thread zum alkoholfreien Wein auf ein neues Pferd setzen:
...Bordeaux hat meiner Wahrnehmung nach generell ein Problem bei den jüngeren Weininteressierten, die das Thema zwar ernsthaft, aber nicht akademisch, vor allem nicht altbacken und / oder elitär angehen wollen. Ich war letztes Jahr mal auf einer spannenden Hausmesse bei Weinfurore (u.a. waren Neumeister, Fürst, Pichler-Krutzler, Schiefer, Collective Z, Ziereisen da), der Laden war rappelvoll mit überwiegend jungem Publikum, ich habe den Schnitt da deutlich gehoben :lol:
Und wenn man sich da das umfangreiche Sortiment anschaut, Bordeaux findet da nicht statt, nicht eine einzige Flasche... :shock:
Das ist schon ein verwegenes Gedankenkonstrukt, von einer Hausmesse eines Weinshops, der ursprünglich nur österreichische, etwas später dann noch deutsche Weine angeboten hatte, dessen Schwerpunkt immer noch auf diesen beiden Ländern liegt und der sich mittlerweile nur ganz zaghaft in andere Regionen vorwagt und derzeit noch gar keinen Bordeaux anbietet, darauf zu schließen, dass junge Menschen nicht an Bordeaux interessiert seien.

Verstehe mich nicht falsch, es mag schon so sein, dass sich junge Menschen dafür weniger interessieren, aber wenn ich eine Hausmesse bei aux-fins-gourmets besuchte, käme ich dort nicht zu der Schlussfolgerung, Menschen interessierten sich immer weniger für deutschen oder österreichischen Wein.

VG Nora
Danke Nora,
ich wollte ähnliches schreiben. Ich war vor 2 Wochen auf dem Silvanerfest. Da wurde komischerweise auch keine einige Flasche Bordeaux gesichtet :lol:
Der schönste Sport ist der Weintransport!
la-vita
Beiträge: 369
Registriert: So 3. Jul 2011, 21:40

Re: Bordeaux 2025

Beitrag von la-vita »

Eben macht man sich noch lustig über alkoholfreien Bordeaux, da wird man schon von der Wirklichkeit überholt:

https://www-decanter-com.translate.goog ... r_pto=wapp

:shock: So schnell kanns gehen.

Viele Grüße
Detlef
Benutzeravatar
Gerald
Administrator
Beiträge: 7753
Registriert: Do 24. Jun 2010, 08:45
Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
Wohnort: Wien

Re: Bordeaux 2025

Beitrag von Gerald »

Ja, wenn es einen Markt dafür gibt (und das ist offenbar ja der Fall), wird es auch ein Angebot geben. Dazu hat sich in den letzten Jahren ja qualitativ viel getan. Ich wage zu behaupten, dass alkoholfreier Wein in ein paar Jahren auch für "traditionelle" Weintrinker eine ganz normale Alternative zu richtigem Wein sein wird, besonders wenn man am nächsten Tag früh aufstehen oder aber noch Auto fahren muss. Ausgenommen natürlich die Konsumenten, denen es nur auf die "Wirkung" ankommt. Das ist aber - hoffe ich einmal - die Minderheit.

Wobei nach meinen bisherigen Erfahrungen (säurebetonte) Wein- und Roséweine sich besser als Rotweine dafür eignen. Die Überproduktion im Bordelais wird man damit leider auch nicht abbauen können ...

Grüße
Gerald
Benutzeravatar
EThC
Beiträge: 9841
Registriert: Fr 27. Feb 2015, 16:17
Wohnort: ...mal hier, mal dort...
Kontaktdaten:

Re: Bordeaux 2025

Beitrag von EThC »

Nora hat geschrieben: Do 4. Sep 2025, 13:13 Das ist schon ein verwegenes Gedankenkonstrukt, von einer Hausmesse eines Weinshops, der ursprünglich nur österreichische, etwas später dann noch deutsche Weine angeboten hatte, dessen Schwerpunkt immer noch auf diesen beiden Ländern liegt und der sich mittlerweile nur ganz zaghaft in andere Regionen vorwagt und derzeit noch gar keinen Bordeaux anbietet, darauf zu schließen, dass junge Menschen nicht an Bordeaux interessiert seien.
...zum einen dachte ich nicht, daß man aus meiner Momentaufnahme etwas anderes ableiten könnte als ein Indiz für ein auch von mir wahrgenommenes Phänomen, auch wenn ich's nicht in 72pt-Schrift so hervorgehoben habe... ;)

Zum anderen hat Weinfurore sein französisches Sortiment in letzter Zeit ganz erheblich ausgebaut, aber eben so gut wie nur im Bereich der innovativeren Weingenres und da ist halt erstaunlicherweise Bordeaux gar nicht dabei. Wobei aktuell 234 Weine aus F gelistet sind, dabei muß man aber bedenken, daß nicht wenige nur ganz kurz online sind, weil's jeweils nur eine Handvoll Flaschen gibt.

Und: ich war gerade in F und habe sowohl im Jura als in Savoyen Wein eingekauft, natürlich aus den beiden Gegenden. Aber: die Läden hatten natürlich auch Weine aus anderen Regionen Frankreichs, aber in beiden Fällen keine einzige Flasche Bordeaux. Nochmal aber: natürlich nur zwei weitere Indizien...

Ach ja: wie ist denn so der Altersschnitt bei Veranstaltungen, auf denen überwiegend bis ausschließlich Bordeaux angeboten wird?
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

https://ec1962.wordpress.com/
Bradetti
Beiträge: 869
Registriert: Do 20. Nov 2014, 10:34
Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken

Re: Bordeaux 2025

Beitrag von Bradetti »

In der Weinwelt stand Bordeaux-Wein doch in den letzten 6-7 Jahrzehnten am meisten als Inbegriff für die elitären Kreise. Und genau dieses heute als "muffig veraltet und aus der Zeit gefallen" fällt dieser Region nun auf die Füße. Man ist nun Opfer des eigenen Images, was lange funktionierte, nun aber eben nicht mehr. Und da spielt es keine große Rolle, dass viele Weine ja einfach toll sind.

Und deswegen wird man im Bordelais viel härter als in anderen Regionen arbeiten müssen, um dieses Image loszuwerden.

Irgendwie hat da das Burgund eher die Kurve gekriegt, oder?
Viele Grüße
Dirk
Zaccetti
Beiträge: 239
Registriert: Do 20. Mai 2021, 10:39

Re: Bordeaux 2025

Beitrag von Zaccetti »

EThC hat geschrieben: Fr 5. Sep 2025, 12:07
Ach ja: wie ist denn so der Altersschnitt bei Veranstaltungen, auf denen überwiegend bis ausschließlich Bordeaux angeboten wird?
Gerstl Arrivage Degu in Zürich sind wir, als U40 Vertretter, jeweils eine Seltenheit, würde sagen U30 gibs nicht eine Person.
Die grosse Mehrheit der Personen würde ich zwischen 45-55 schätzen. Also bei weitem nicht so alt wie man meinen könnte.

Meine erste Arrivage Degu war 2018, da war es gefühlt noch "älter" finde in den letzten paar Jahren hat es sich verjüngt (vieleicht aber auch nur weil ich 5 Jahre älter bin :shock: )
Benutzeravatar
UlliB
Beiträge: 5003
Registriert: Mo 6. Dez 2010, 18:27

Re: Bordeaux 2025

Beitrag von UlliB »

Bradetti hat geschrieben: Fr 5. Sep 2025, 13:29 Irgendwie hat da das Burgund eher die Kurve gekriegt, oder?
So sieht es aus, aber nur auf den ersten Blick.

Wenn von Burgund die Rede ist, liegt der Fokus in aller Regel nur auf der Côte d’Or, und wenn es um Rotweine der absoluten Spitzenklasse geht, die mit Top-Bordeaux mithalten können oder diese (aus meiner Sicht) gelegentlich auch übertreffen, um die Côte de Nuits. Letztere hat 1600 Hektar Anbaufläche, die sich wiederum in Gebiets- und Gemeindeweine, 1er cus und grand crus differenzieren. Um diese Fläche einordnen zu können: die AOC Pauillac hat alleine bereits 1200 Hektar Rebfläche.

Wenn da im Burgund ein Top-Produzent aus einer grand-cru-Lage in einem Jahrgang 600 oder 900 Flaschen erzeugt (= 2 oder 3 pièces), dürfte klar sein, dass es um die paar Flaschen bei den Fans ein irres Gehaue gibt und die Preise in die Stratosphäre abdriften, wobei das meiste Preisgeschehen im Sekundärmarkt stattfindet. Was tatsächlich beim Erzeuger landet, ist eine Frage, und wie er wirtschaftlich dasteht, ist angesichts drohender immenser Erbschaftssteuer, wenn der Betrieb in der Familie bleiben soll, erst recht fraglich. Die Verhältnisse sind mit Bordeaux, wo die 1ers jedes Jahr eine fünfstellige Flaschenzahl vom grand vin produzieren und die Betriebe in Kapitalgesellschaften umgewandelt wurden, überhaupt nicht vergleichbar.

Es ist evident, dass es in Bordeaux ein ernsthaftes Absatzproblem gibt. Nur gibt es im gesamten Weinmarkt ein ernsthaftes Absatzproblem, und wie es sich auf die einzelnen Gebiete und Erzeuger verteilt, ist weitestgehend unklar. Aber: bei Bordeaux wird breit darüber berichtet, weil das Gebiet so groß ist und die Namen der bekanntesten Weine auch Laien noch etwas sagen. Wenn gleichzeitig die Hälfte der deutschen Weinbaubetriebe am Abk*cken ist und für spanischen Wein im Export im Fass nur noch 38 Cent pro Liter gezahlt wird, ist das nur eine Randnotiz.

Das erinnert irgendwie an den alten Witz, in dem ein Besoffener nachts seinen Schlüssel verliert und diesen im Schein einer Straßenlaterne sucht, obwohl er den anderswo verloren hat - aber da ist es halt dunkel.

Gruß
Ulli
Benutzeravatar
Dominik Mueller
Beiträge: 193
Registriert: Sa 8. Jul 2023, 17:48
Wohnort: Deutschland
Kontaktdaten:

Re: Bordeaux 2025

Beitrag von Dominik Mueller »

Ich treffe nur in Naturweinläden mehrheitlich junge Leute an. Wieso? Weil es ein Trend und hip ist, und weil man sich nicht groß mit Drumherum beschäftigt. Die Weine sind auch nicht günstig. Qualitativ besser? Der Meinung bin ich nicht.

Davon auf ein Bordeaux-Problem zu schließen, halte ich für zu kurz gedacht. Im Übrigen mache ich diese Beobachtung nach Altersklassen bei eigentlich allen Weinregionen. Burgund, Piemont, sogar Rheingau. Ich selbst noch in meiner zweiten 30er Hälfte, finde bei Proben und Weingutsbesuchen hauptsächlich, aber nicht ausschließlich, ältere Menschen und außerdem mehrheitlich Männer an. Angesagte Weinbars explizit ausgenommen. Erst ab Ü30 scheint "klassischer" Wein außerhalb kleiner nerdiger Kreise überhaupt ein Thema zu werden, darunter ist es halt Naturwein und überteuerter Kaffee vom Barrista, gerne auch beides im selben Café ;) Doch war das alles nicht immer schon so?

Geht das Bordeaux-Bashing hier in die nächste Runde? :P
Benutzeravatar
EThC
Beiträge: 9841
Registriert: Fr 27. Feb 2015, 16:17
Wohnort: ...mal hier, mal dort...
Kontaktdaten:

Re: Bordeaux 2025

Beitrag von EThC »

Dominik Mueller hat geschrieben: Fr 5. Sep 2025, 18:02 Ich treffe nur in Naturweinläden mehrheitlich junge Leute an. Wieso? Weil es ein Trend und hip ist, und weil man sich nicht groß mit Drumherum beschäftigt.
...es ist ja altbekannt, daß die Jugend gerne was anderes macht, als es die vorherige Generation vorgemacht hat. Beim Wein gab es halt lange Zeit nur das, was aktuell als der konventionelle Teil des Weinbaus bezeichnet wird, es gab also weinmäßig gar keine großartige Möglichkeit, was signifikant anderes ins Glas zu bekommen als die Elterngeneration. Nunmehr gibt es diese Alternative und die wird nach meiner Wahrnehmung auch gerne genutzt. Und die Alternativen gibt es in einer großen Reihe von Weinregionen, im Bordelais fehlt die jedoch so gut wie völlig.
Ich selbst mag ja beides, Natur und Klassik. Und wenn man von einer Region aus "hippen Gründen" "funky Sachen" ins Glas bekommt, fällt in der weiteren Entwicklung der Zugang zur wichtigen wie berechtigten Klassik auch umso leichter, finde ich. Wenn's diese Schiene gar nicht gibt, wird ein vermutlich nicht unbedeutender Teil der Kundschaft für die traditionellen Weine auch nur erschwert zu gewinnen sein...
Dominik Mueller hat geschrieben: Fr 5. Sep 2025, 18:02 Die Weine sind auch nicht günstig. Qualitativ besser? Der Meinung bin ich nicht.
...reine Geschmackssache! Meines Erachtens findet sich im Naturbereich die gleiche Qualität wie in der Klassik. Wenn man's mag! Und ich mag beides!
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.

https://ec1962.wordpress.com/
Antworten

Zurück zu „Bordeaux und Umgebung“