Der optimale Zeitpunkt

Hohe Brisanz, kurzes Verfallsdatum
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Jürgen
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Der optimale Zeitpunkt

Beitrag von Jürgen »

In irgend einem thread habe ich geschrieben, daß ich es schwierig finde das optimale Zeitfenster für Barolos, und Barbarescos zu treffen. Adrian vV hat dann geantwortet, daß es für ihn nicht so schwer ist, da ihm die Weine in einem größeren Zeitfenster gut schmecken.

Für meinen Teil möchte ich schreiben, daß mir das nicht nur mit Nebbiolos so geht, sonden mit den allermeisten Rotweinen auch aus anderen Gebieten. Eigentlich kenne ich kaum einen Wein der nach der Abfüllung richtig gut ist, so über Jahre bleibt und dann langsam stirbt. Wäre das schööööööööööööön :)

Da ich es so schwierig finde, freue ich mich ja auch über das Weinforum, da man sich hier austauschen oder zumindest nachlesen kann wie andere (m)einen Wein zu einem bestimmten Zeitpunkt finden.

In sehr, sehr vielen Fällen wenn ich einen Rotwein öffne, ist der entweder zu jung oder zu alt. Manchmal auch noch noch zu kalt oder schon zu warm :? :lol:
richtig doof war es bei einem diese Woche getrunkenen Paixar aus 2006. Der ist eindeutig zu jung aber sehr charmant. Wir haben den größeren Teil der angebrochenen Flasche in den Klimaschrank gestellt und am darauffolgenden Tag weitergetrunken. Nun war er uns zu oxidiert. Großer Frust :x

Ich finde wirklich, daß Weintrinken eine sehr schwierige Sache ist. Warum habe ich das nur angefangen? Bild
Jetzt weiß ich es wieder, um mich mit euch auszutauschen Bild
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robertz
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Re: Der optimale Zeitpunkt

Beitrag von robertz »

Hallo Jürgen

Das ist ja aber auch das Schöne am Kulturgut „Wein“ er lebt und kann dich immer wieder erstaunen (leider auch im Negativen) .

Aber nicht nur das „Alter“ des Qualitätsweines ist für den optimalen Zeitpunkt relevant.

Ich kaufe z.B. nur mehr junge Weine und lass diese in meinem eigenen Weinkeller (kühle Kellerröhre unter einem Acker) lagern. Ich bin schon zu oft von zu warm gelagerten gereiften Weinen (auch von renommierten Weinhändlern aus z.B. Deutschland) bitter enttäuscht worden.

Übrigens, viele Weine sollten etwas reifen, aber nur wenige können oder sollten wirklich lange lagern.

Einiges an Hilfestellung bietet neben den diversen Foren auch Erfahrung und das periodische Ankosten von 6-er oder 12-er Kisten.

Des weiteren zeigen gerade gereifte Tröpfchen (aus derselben Kiste gleichzeitig gekauft und gleich gelagert) auch deutliche Flaschenvarianzen, die nicht nur der „Baumrinde“ zugeschrieben werden können.

Bezüglich angebrochener Flasche im Kühlschrank noch ein kleiner Tipp. Ich verwende gerne kleine Flaschen (0,2 l oder 0,25 l) mit Schraubverschluss, in denen der Wein mit wenig Sauerstoff reifen darf bzw. muss. Dieses Flaschendekantieren schadet weniger als eine halb leere Bottle.

Ich wünsche wieder erfreulichere Weinerlebnisse ;)

Robert
Vergeblich klopft, wer ohne Wein ist, an der Musen Pforte. ;)
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Jürgen
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Re: Der optimale Zeitpunkt

Beitrag von Jürgen »

Hallo Robert,

das mit dem Ümfüllen in Schraubverschluß-Flaschen mache ich bei Magnums. Auch da hat es sich hervorragend bewährt. Falls ich von einem Wein sechs, zwölf oder mehr Flaschen habe, teste auch ich gerne an und profitiere in der Zukunft dann natürlich von meinen Erfahrungswerten. Habe ich weniger als sechs Flaschen von einem Wein teste ich nimmer so gerne ;)
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Tannat
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Re: Der optimale Zeitpunkt

Beitrag von Tannat »

Hallo Jürgen,
das hört sich wirklich schlimm an...
aber ich komm gern mit dem grossen Auto und nem Hänger und hol den ganzen Kram ab ;) :lol:

ne spass beiseite Wein trinken ist oftmals schon ein hartes Los.
Die Frage des optimalen Trink-Fensters ist natürlich auch so ne Sache.
Also eigentlich die Frage schlechthin was ist den optimal ??
Wieviel "reifes Zeug" was optimal war,
im Vergleich zu echt leckerem "jung Gemüse" hatten wir schon im Glas ??
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susa
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Re: Der optimale Zeitpunkt

Beitrag von susa »

Moin!

Ganz ehrlich, das Thema halte ich für vernachlässigbar.

Gut, Italien ist jetzt nicht so meine Baustelle und meine Wahrnehmung ist (natürlich vollkommen unbeleckt von jeglicher Fachkenntnis), dass die Alterungs- resp. Reifungsverläufe bei Baroli und Konsorten ein wenig schneller ablaufen als zB bei Bordeaux oder Burgundern aber auch den dicken Spanieren (Rioja, Priorat etc.).

Grundsätzlich sehe ich aber nun keine wahnsinnige Eile geboten, ich habe noch keinen nennenswerten Wein gefunden, der wirklich innerhalb eines oder zweier Jahre dringend weg musste. Vielleicht liegt meine etwas entspannte Haltung auch daran, dass ich gewisse sich zart andeutende Altersnoten durchaus charmant finde.

Das Problem liegt eher (wahrscheinlich bei uns allen, oder zumindest den allermeisten), dass wir keine so sehr vorsorgliche und durchchoreographierte Kelleraufbauphilosophie haben, von dem einen immer zu viel und dem anderen immer zu wenig gekauft haben, uns an manche zB große Namen nicht so schnell rantrauen (was? n 82er Lafite auf'n popeligen Mittwochabend? nix da, mindestens Hochzeitstag! ;)).

Literatur, Austausch mit Gleichgesinnten, auch mal einfach ein bisschen Glück und ein gutes Händchen das reicht mir eigentlich. Und dass man hin und wieder mal daneben greift, das ist nun auch kein Weltuntergang. Das sind wertvolle Erfahrungen.

Irgendein Lehrgeld muss man halt bezahlen (und wenn ich schon kein Pech mit der Subskription hab, dann eben so rum :lol: ).

lieben Gruß
susa
Red wine with fish. Well, that should have told me something.
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harti
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Re: Der optimale Zeitpunkt

Beitrag von harti »

Hallo Jürgen,

vielleicht solltest Du doch die Baustelle wechseln und von den spanischen Dickschiffen auf die filigraneren Gewächse des nördlichen Nachbarn umsteigen ;) .

Nach meiner Erfahrung reifen Bordeaux und Burgunder ungemein gut und sind, bei vernünftiger Ausgangsqualität und bei Erreichen des Reifeplateaus, viele Jahre mit Genuss zu trinken. Was es dafür braucht, ist ein guter Keller (den hast Du ja) und viel, viel Geduld.

Grüße

Hartmut
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Chris
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Re: Der optimale Zeitpunkt

Beitrag von Chris »

Generell ein sehr schwieriges Thema, bei dem es kein Patentrezept gibt. Die Weine reifen ja je nach Stil, Rebsorte usw vollkommen unterschiedlich. Auch mag es der eine lieber reifer, der andere eher frischer.

Bei mir ist es so, das ich die Weine auch gerne relativ jung trinke, wenn ich meine das sie mir so Spass machen. Warum warten, wenn ich, speziell bei den neueren Kellereien, nicht weiss ob die Weine mit dem Alter wirklich zulegen. Das soll nicht heissen, das ich zb alle meine Aaltos etc jetzt trinke. Aber wenn ich in 10 Jahren nur noch eine Flasche von meinen vielen 2004ern habe, dann soll es so sein. Es gibt ja immer wieder etwas Neues, was mindestens genau so lecker ist.
Grüße, Chris
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vanvelsen
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Re: Der optimale Zeitpunkt

Beitrag von vanvelsen »

Jürgen hat geschrieben:In irgend einem thread habe ich geschrieben, daß ich es schwierig finde das optimale Zeitfenster für Barolos, und Barbarescos zu treffen. Adrian vV hat dann geantwortet, daß es für ihn nicht so schwer ist, da ihm die Weine in einem größeren Zeitfenster gut schmecken.
Hi Jürgen,

ja, ich glaube man muss in dieser Frage unterscheiden zwischen 3 Punkten:

a) wann ist ein Wein geniessbar respektive bietet Trinkspass
b) wann ist ein Wein auf seinem geschmacklicken Reife-Höhepunkt
c) wie empfindet der individuelle Konsument a) und b)

Für mich kann ich sagen, dass ich sehr schön gereifte Weine liebe. So z.B. vor einigen Tagen eine 85er Comtesse die all meine Erwartungen übertroffen hat und aktuell in meinen Augen im allerschönsten Trinkfenster ist. Somit wären a) und b) erfüllt was dazu führt, dass ich von diesen Weinen (soweit die Bestände reichen :D ) eher mehr als weniger Flaschen öffne.

Ich kann aber genausogut gefallen an einem aus b)-sicht viel zu jungen Wein finden und an einem Abend eine ganze Flasche davon geniessen, da mein Gaumen auch stark gerbstoffbetonte Weine die noch nicht "voll harmonisch" sind durchaus schätzen kann - vor allem, wenn er sich mit kräftigen Speisen paart. So begleitet ein 06er Barolo oder ein 05er Bordeaux ein kräftiges Stück Rindfleisch hervorragend und kann mir so aktuell durchaus sehr viel Freude bereiten und den Zeitfenster-Endpunkt "Von" in Richtung "jung" begrenzen.

Der Zeitfenster-Endpunkt "Bis" wiederum liegt bei ebenfalls recht weit hinten - also "alt". Sprich - wie oben schon erwähnt - stören mich feine Alterstöne i.d.R. nicht, sofern wir nicht von brauner Plörre sprechen.

Das führt unterm Strich dazu, dass in meinen Augen das Thema Zeitfenster ziemlich überstrapaziert ist. Ein Patentrezept gibt es nicht. Was für den einen Babymord ist wäre für andere toller Frucht-Trinkspass. Oder wie mir kürzlich passiert ist, mit einem 96er Poujeaux im Glas, der in meinen Augen ganz am Anfang seiner schönen Trinkreife steht; eine Tischgenossin jüngeren Alters bezeichnet diesen Wein als "Rotwein, der den Zenit schon lange überschritten hat". Tja, was soll ich dazu noch sagen :?:

Schliesslich kommt erschwerend auch noch Lagerort und damit Lagertemperatur hinzu. Da hatte ich kürzlich einen herrlich reifen aber noch strammen 95er Poujeaux im Glas und kurz darauf einen schwächelnden 95er Poujeaux aus einem anderen Keller. Hier halte ich mich an Tony's Maxime: es gibt keine guten Jahrgänge, nur gute Flaschen.

In diesem Sinne: Prost auf gute Flaschen und Zeitfenster für individuelle Gaumen.

Cheers,

Adrian
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Mr. Nebbiolo
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Re: Der optimale Zeitpunkt

Beitrag von Mr. Nebbiolo »

Hallo Jürgen,

meine Antwort wolltest du hier wahrscheinlich nicht, aber du bekommst sie trotzdem :P

Ich sehe es ähnlich wie Adrian, dass das auf verschiedene Faktoren ankommt. Der entscheidende Faktor ist der eigene Geschmack, den jeder verbindet mit dem Reifehöhepunkt was anderes. Für den einen ist der Wein jetzt auf dem Höhepunkt, für den anderen schon tot :oops: .

Für den einen ist "rund" das absolute Kriterium, wenn ein Wein seinen Reifehöhepunkt erreicht hat. Er muss total rund und ausgeglichen sein und nichts darf "herausschmecken". Das sehe ich z.B. oft nicht so, denn wenn ein Wein total rund ist kann (nicht muss) er auch total langweilig sein, dass er für mich seinen besten Trinkzeitpunkt eher ein Jahr vorher gehabt hätte.

Wie ich auch im von dir angesprochenen thread schon geschrieben habe, ist das bei Nebbiolo schwierig, wenn man warten will, bis gar kein Tannin mehr spürbar ist, aber auch noch keine Altersnoten erwünscht sind. Ja, dann wird das Fenster mit dem absoluten Genusshöhepunkt sehr klein. Ich bleibe aber auch dabei, dann sollte man was anderes trinken, keinen Nebbiolo.

Viel erwarten aber auch zuviel, weil das doch ein großer Name ist und der berühmte Weinjournalist X dem Wein 96 Punkte gegeben hat. Ja da muss doch jetzt mehr kommen, da muss ich doch begeistert sein, ich habe doch gelesen, dass der Barolo nach 20 Jahren am besten ist :o . "Den" Barolo gibt es aber nicht, da die Unterschiede hier auch riesengroß sind. Einfache Weine werden nicht mehr getrunken, sondern nur noch Spitzenweine und dann wird es oft nichts, mit den großen Erwartungen (das ist eben so, bei Etiketten bzw. Punktetrinkern :twisted: :o :mrgreen: )


Diese Aussagen beziehe ich aber jetzt rein auf Nebbiolo, bei Priorat würde ich sie anderes treffen :D

Das "hinlagern" auf den großen 100 % Genusshöhepunkt ist eben schwierig und vielleicht sind dann 95 % hoher Genuss auch zu empfehlen ;)
Grüße

Klaus
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Mr. Nebbiolo
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Re: Der optimale Zeitpunkt

Beitrag von Mr. Nebbiolo »

Gut, Italien ist jetzt nicht so meine Baustelle und meine Wahrnehmung ist, dass die Alterungs- resp. Reifungsverläufe bei Baroli und Konsorten ein wenig schneller ablaufen als zB bei Bordeaux oder Burgundern aber auch den dicken Spanieren (Rioja, Priorat etc.).

Hallo susa,

bei Bordeaux und bei Burgund magst du recht haben, bei Rioja gilt das wahrscheinlich auch, aber nur noch für wenige Bodegas, aber die Aussage auf "schnellere Reife von Barolo" im Bezug auf Priorat, finde ich schon als sehr gewöhnungsbedürftig (höflich formuliert :oops: :roll: )
Grüße

Klaus
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