Weinviertel

Kamptal, Kremstal, Traisental, Weinviertel, Wagram, Thermenregion, Carnuntum
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Gerald
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Re: Weinviertel

Beitrag von Gerald »

Hallo Daniel,

der de vite Riesling von Minkowitsch ist mir auch schon öfters bei Verkostungen aufgefallen, wobei mich persönlich die dramatischen Unterschiede zwischen den Jahrgängen etwas verwundert haben. Ab und zu war der Wein gar nicht mehr typisch für die Rebsorte, ich erinnere mich an den 2005er (?), dessen Aromatik starke Ähnlichkeit mit einem schottischen Whisky hatte :?

Die Lage an der March gleich an der slowakischen Grenze ist vielleicht auch nicht der typische Boden für Riesling, trotzdem auf jeden Fall ein bemerkenswerter Wein.

Grüße,
Gerald

P.S. Was meinst du mit "... Süßeempfinden, das vom Umbau in mehrwertige Alkohole herrühren dürfte ..."? Glyzerin? Oder Zuckeralkohole wie Sorbit? Mir zumindest ist nichts bekannt, was sich während der Lagerung da entwickeln könnte ...
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Weinzelmännchen
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Re: Weinviertel

Beitrag von Weinzelmännchen »

Gerald hat geschrieben: P.S. Was meinst du mit "... Süßeempfinden, das vom Umbau in mehrwertige Alkohole herrühren dürfte ..."? Glyzerin? Oder Zuckeralkohole wie Sorbit? Mir zumindest ist nichts bekannt, was sich während der Lagerung da entwickeln könnte ...
Uuupps, ich bekenne, micht chemisch nicht auszukennen :oops: :oops: :oops: . Ich kenne die Minkowitsch Rieslinge schon viele Jahre und habe sie meist eher jung getrunken. Sie hatten in der Regel eine knackige Säure, die mir sehr gefiel (seine GVs waren mir meist zu breit). Nun hatte der Wein so einen glyzerinischen Süßetouch, war aber knochentrocken. Für mich war das nicht vom Anfang an im Wein, sondern der Lagerung geschuldet.

Kannst du damit (chemisch gesehen) etwas anfangen und mir das erklären?

P.S.:
Ja, Schuster bleib bei deinem Leisten. Ich gelobe, 2013 keine pseudowissenschaftlichen Erklärungsversuche verbreiten zu wollen. Aber warten wir ab, ob ich diesem Gelöbnis treu sein kann ;) .
MvG
(Mit vinophilen Grüssen)

Daniel
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Gerald
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Re: Weinviertel

Beitrag von Gerald »

Ja, Glyzerin ist natürlich möglich. Nur ist das meines Wissens ein Gärungsnebenprodukt der Hefe. Dass es sich später während der Lagerung bildet (woraus?), kann ich mir schwer vorstellen.

Ich tippe da eher auf Effekte, die durch die "Unzulänglichkeit" des menschlichen Gaumens als analytisches Messinstrument herrühren. Mir zumindest ist es schon oft passiert, dass ein Wein frisch geöffnet deutlich süßlich schmeckt, am nächsten Tag diese Süße aber verschwunden ist. Oder genau umgekehrt (bei Rotweinen häufig der Fall). Da sich in dieser Zeit aber analytisch-chemisch vermutlich nichts verändert hat, gehe ich von einer sensorischen Täuschung bzw. einer Querempfindlichkeit (andere Komponenten beeinflussen das Süßeempfinden).

Extremster Fall für so etwas wäre ja die Wunderbeere (Synsepalum dulcificum), die am Gaumen die Wahrnehmung so verändert, dass man Säure als süß schmeckt ;)

Grüße,
Gerald
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Gerald
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Re: Weinviertel

Beitrag von Gerald »

Gerade im e-mail-Newsletter eines Weinversands gelesen:
Das erste DAC-Weinbaugebiet Österreichs hatte sich hehre Ziele auferlegt, als es 2002 beschloss, den Weinviertel DAC erst ab 1. März auf den Markt zu bringen, um für die Entwicklung des Weines bessere Voraussetzungen zu schaffen. Dieser Stichtag wurde von den folgenden DACs aber unterlaufen, und so sahen sich die Weinviertler Winzer gezwungen, Antrag auf Aufhebung dieses Passus zu stellen. Diesem Antrag wurde vom Ministerium statt gegeben und somit darf ab sofort der Weinviertel DAC 2012 verkauft werden.
Eigentlich traurig, was aus der ersten DAC Österreichs geworden ist. Zuerst das Problem mit den nicht veltlinertypischen Weinen, die durch das offenbar sehr weite Netz rutschen und oft sogar ausgezeichnet werden (eigentlich genau das Gegenteil, was man mit der DAC erreichen wollte).

Jetzt die Vorverlegung des ohnehin schon sehr frühen Verkaufstermins.

Vielleicht sollte man "Weinviertel DAC" besser in "Junger Weinviertler" umbenennen? :o

(gilt natürlich genauso für Kremstal DAC, Kamptal DAC und Traisental DAC)

Grüße,
Gerald
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weingeist
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Re: Weinviertel

Beitrag von weingeist »

Hallo Gerald,
ich nehme mal an, dass meine (leicht negative) Grundhaltung gegenüber DAC in Austria bekannt ist. Das ist jetzt wieder genau so eine Aktion, die mich leider in meiner Meinung voll bestätigt (wobei die "Bösen" ja nicht die Weinviertler waren).

Und die "nicht gebietstypischen Weine", du meine Güte, dass war doch nur eine Frage der Zeit, bis die bei Verkostungen durchgekommen sind.

Übrigens, wo ist Mike (hektaton), der mir doch in einem anderen Thread geraten hat, nur mehr rebsorten- und gebietstypische Weine zu kaufen, um Enttäuschungen zu vermeiden ? ;) ;) ;)
Liebe Grüße
weingeist
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Gerald
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Re: Weinviertel

Beitrag von Gerald »

Hallo Herbert,

grundsätzlich war (bin) ich ja ein Befürworter der Weinviertel DAC, bei anderen DAC sieht es allerdings auch anders aus (Unfug mit Naturkork bei Eisenberg DAC, gleich vier mögliche Varianten bei Krems-, Kamp- und Traisental).

Nur ist die Weinviertel DAC ja gerade damit angetreten, ein einheitliches "pfeffriges" Geschmacksbild mit der sortentypischen Würze zu schaffen, damit der Konsument quasi blind einen WVDAC bestellen kann. Wenn dann viele Weine statt dessen mehr einer exotischen Fruchtbowle ähneln und dabei auch noch prämiert werden, dann ist da definitiv etwas falsch gelaufen, oder?

Grüße,
Gerald
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weingeist
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Re: Weinviertel

Beitrag von weingeist »

Hallo Gerald,
Gerald hat geschrieben:Wenn dann viele Weine statt dessen mehr einer exotischen Fruchtbowle ähneln und dabei auch noch prämiert werden, dann ist da definitiv etwas falsch gelaufen, oder?
Grüße, Gerald
absolut!

Nur, das war zu erwarten. Es gibt auch andere Markengemeinschaften, wo man sich bei einer Verkostung wundert, warum der Wein akzeptiert wurde. Und in all diesen Gremien (ich weiß schon, jetzt kommt gleich von irgend woher die "große Keule") verkosten doch "unabhängige" Personen (Winzer, Sommeliers, Journalisten, usw.). Trotzdem, ich bleibe dabei, bestimmte Weine werden nach dem Motto "eine Krähe hackt der anderen Krähe kein Auge aus" einfach durchgewunken. Manche dieser Weine mögen absolut gut sein, nur sind sie halt nicht gebietstypisch und dürften dann halt nicht als DAC oder ähnliches tituliert werden.

Tja, und wie man im Weinviertel draufgekommen ist - oh Schreck - da gibt's Grüne Veltliner die zu kräftig ausfallen, hat man halt schnell die DAC-Reserve geschaffen. ;)
Liebe Grüße
weingeist
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Weinzelmännchen
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Re: Weinviertel

Beitrag von Weinzelmännchen »

Gestern war die Weinviertel DAC und Mittelburgenland DAC Präsentation in Salzburg, die ich im Schnelldurchlauf absolvierte.

Während ich bei den mittelburgenländischen Weinen so gut wie keinen Ausreisser nach unten feststellen konnte, war das im Weinviertel leider anders. Einer der größten Ausrutscher für mich war der GV DAC Classic 2012 von Markus Pfeiffer aus Kleinwetzdorf. Gleich beim Riechen mußte ich unwillkürlich an Manfred Klimek's "Verbrechen am Grünen Veltliner" denken, so extrem Sauvignon Blanc anmutig präsentierte sich dieser Wein. Die anderen (höherwertigen) Weine dieses Weingutes, waren hingegen sortentypisch. Der Winzer erklärte mir, er mache einen solchen Wein, weil er ihn gut verkaufe. Soll er auch, aber nicht unter dem Label Weinviertel DAC. Hier liegt das Verschulden weniger beim Winzer, sondern bei der Verkostkommission wie mir Roman Pfaffl in einem längeren Gespräch beipflichtete. Pfaffl gehört ja zu den Gründungsvätern dieses ersten österreichischen DAC und hat eindringlich auf das Problem mit den Verkostkommissionen hingewiesen.

Von den GV DAC Classic 2012 haben mir jene vom Weingut Pleil aus Wolkersdorf, von Christoph Schleinzer aus Unterretzbach und von Ernst Zimmerl aus Untermarkersorf sehr gefallen; mein Favorit kam jedoch vom Weingut Josef Seifried aus Oberstinkenbrunn, ein GV Classic, der alles in sich vereint, was man sich wünscht; Süffigkeit, Spritzigkeit, Pfefferl, saauberste Vinifikation und einen ordentlichen Abgang und das Ganze mit einem Ab-Hof-Preis von € 6,--.

Bei den GV DAC Reserven 2011 gefielen mir die Weine vom Weingut Pleil, vom Weingut Pollerhof aus Röschitz,vom Weingut Josef Seifried sowie erneut von Ernst Zimmerl. Der Favorit stammte hier von Karl Neustifter aus Poysdorf, der seinen Wein zu 20% in gebrauchten Barriques ausbaut. Ein Alkoholgehalt bei diesen Weinen von bis zu 14,5% trübt jedoch bisweilen den Genuss.

Die Weine von Roman Pfaffl aus Stetten habe ich durchverkostet, mir aber keine Notizen gemacht, weil wir uns sehr angeregt unterhalten hatten; nach meiner noch relativ frischen Erinnerung hat er eine sehr schöne Serie hingelegt.

Zusammenfassend fürchte ich, dass das Weinviertel DAC mehr Präzision bei der Zuteilung des DAC walten lassen muss. Was hier teilweise in die Gläser kam (ich habe nur ein Beipiel genannt), schadet der Marke!
MvG
(Mit vinophilen Grüssen)

Daniel
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Gerald
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Re: Weinviertel

Beitrag von Gerald »

Hallo Daniel,
Der Winzer erklärte mir, er mache einen solchen Wein, weil er ihn gut verkaufe. Soll er auch, aber nicht unter dem Label Weinviertel DAC.
das Thema wurde ja schon öfters angesprochen. Ich glaube auch, dass so etwas absichtlich passiert - ich habe ja schon früher exemplarisch den WV DAC des Weinguts Schwarzböck erwähnt, der anfangs (2004 - ca. 2007) wirlich schön und sortentypisch war. Später hingegen immer mehr mit exotisch-fruchtigen Noten und ohne die rebsortentypische Würze, wobei ich weniger die Assoziation mit Sauvignon, sondern mehr mit Scheurebe hätte. Das ist in diesem Fall garantiert auch absichtlich passiert, da es sich vermutlich besser verkauft. Möglicherweise wollen viele Kunden gar keinen richtig sortentypischen Veltliner? :?

Die Assoziation mit Deutschland drängt sich auf, wo - wurde schon öfters hier geschrieben - viele Konsumenten einen trockenen Wein (laut Etikett) wünschen, der aber nicht trocken schmecken soll. :D

Das Problem mit der offenbar nicht ganz fähigen Kommission, die eigentlich die "Exotikbomben" nicht als WVDAC zulassen sollte, kommt angeblich davon, dass nicht oder nur zum geringen Teil ausgebildeten Verkoster am Werk sind, sondern vorwiegend hobbymäßige Weinfreunde, die in ihrem Urteil den Vorgaben nicht folgen wollen oder können.

Zitat aus taw (djn_vienna, 25.6.2010):
Hallo Gerald,

ich habe mich lange über dieses Thema mit einem Weinakademiker unterhalten, der ab und zu in einer DAC-Prüfungskommission sitzt. Er hat unter anderem auch schon die eherenamtlichen Prüfer ausgebildet. Als er vor 15 angehenden Prüfer verdeckt einen typischen DAC-Weinviertel einschenkte, hoben auf die Frage, ob dieser Wein das DAC bekommen sollte, ca. 4 Leute die Hand. Bei dem nächsten, einem ganz untypischen Weinviertel GV mit SB-Aromatik (spezielle Hefen, kaltvergoren etc.), waren über 11 angehende Prüfer für ein DAC-Siegel. Schmeckte einfach aufregender. Zurück blieb ein etwas verzweifelter und verwunderter Ausbilder. Noch hinzu kommt, dass das Weinviertel rießige Mengen an GV produziert.
Man sollte sich also nicht zu sehr wundern, wenn DAC draufsteht aber nicht drin ist. Allerdings kennt man diese Problematik und an dieser wird auch gearbeitet. Bei den anderen DAC-Gebieten klappt das besser und hat, wie ich finde, auch seine Berechtigung.
Grüße,
Gerald
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Weinzelmännchen
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Re: Weinviertel

Beitrag von Weinzelmännchen »

Bei der aktuellen Weinviertel DAC Probe habe ich mir gleich zum intensiveren Nachverkosten für zu Hause den DAC Reserve GV 2011 von Ing. Karl Neustifter aus Poysdorf mitgenommen; für € 14,-- ab Hof mit dieser Qualität ein durchaus sehr gutes PLV.

Bild

Aktuell noch zu jung und von mit mit 88++ bepunktet, vielleicht kratzt er zukünftig sogar an die 90P. Kein klassischer GV, zumal in 20% gebrauchten Barriques ausgebaut, was dem Wein aber sehr zustatten kommt. Trotz seiner 14% ein sehr guter Essenswein, den ich mir hervorragned zu Perlhuhn und geratenem Kalbfleisch vorstellen kann. Für mich ist dieser Wein ein Beweis dafür, welche Spannbreiter der GV aufweisen kann. Chapeau!
MvG
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Daniel
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