Servus!
Einige Impressionen zu den Spätburgundern des Abends:
1. Flight
Als Einstieg die "günstigsten" Weine des Abends. Ein badisches Duell zwischen
Ziereisen, Rhini, 2008, immerhin 92 Gault Millau Punkte, und
Koch, Pinot Noir *, 2007, meiner persönlichen Empfehlung:
Um es vorwegzunehmen: Ein Fiasko

!
Der Ziereisen war ja noch ordentlich zu trinken, aber 86 DMP sind einfach zu wenig für diesen ansonsten verlässlich hervorragenden Wein. Bei der schönen, intensiven Spätburgundernase war ja noch alles im grünen Bereich, aber der schlanke, lebhafte Rhini hatte ein etwas irritierendes Bitterl und insgesamt fehlte ihm jegliche Tiefe und Komplexität. In dieser Verfassung für mich nur ein durchschnittlicher Tischwein, allerdings heftig überbezahlt. Ich weiß nicht, ob ich mich darauf freuen soll, in einigen Jahren die verbliebene Flasche zu öffnen, aber ich mag auch nicht ausschließen, dass er derzeit in einer tiefen Verschlussphase ist.
Weit schlimmer war allerdings der Pinot Noir * von Koch, das war absolut indiskutabel, 83 DMP sind sogar noch sehr wohlwollend. Da war nichts, was es sich lohnt zu berichten. Der Wein war nicht erkennbar fehlerhaft, aber das war eine miserable Flasche, ich kenne den Wein ganz anders, um Welten besser

!
Das war schon eine Enttäuschung zum Einstieg, gleich zwei Weine, potentielle PGV-Tipps, völlig neben der Spur

, vor allem wenn man auch die noch deutlich heftigeren Kritiken meiner Mitverkoster in Betrachtung zieht.
2. Flight
Württemberg versus Baden, es kann nur besser werden!
Wurde es zum Glück auch.
Schnaitmann, Simonroth, 2007:
Intensive Aromen von schwarzen Johannisbeeren und Brombeeren; angenehmer, fülliger Ersteindruck am Gaumen; feine Frucht, lebhafte Säure, moderates Holz, sehr ausgewogen, komplex, ein fast langer Abgang mit schönen Nachhall. 91 DMP, das passt, hervorragend

!
Bercher, Burkheimer Feuerberg GG Barrique, 2007
Auch hier eine intensive Nase nach dunklen Beeren, aber nicht ganz so schön wie beim Simonroth. Mittlerer Körper, geschmeidige Säure, seidig, dezentes Holz, sehr ausgewogen, mittlerer Abgang. Sehr trinkig, aber es fehlte mir heute die Tiefe, daher nur 89 DMP

. Enttäuschend, zuvor hatte ich eine deutliche hochwertigere Flasche, Bercher kann mehr.
3. Flight
Der Fürstliche gegen den Bürgerlichen:
Fürst, Spätburgunder R, 2006
Ich glaube, es war noch zu früh für diesen schlanken, eleganten Fürsten. Die Tannine waren noch deutlich vernehmbar und die Säure sehr präsent. Insgesamt zwar sehr gute, eher kopfgesteuerte 90 DMP

, aber trinken würde ich ihn erst wieder in ein paar Jahren.
Adeneuer, Rosenthal GG, 2007
Intensive Aromen mit Anklängen von dunklen Beeren; Sehr angenehmer, fülliger Gaumeneindruck, vielschichtig, ein sehr harmonischer und ausgewogener Wein, am Ende mit einem langen, nachhaltiger Abgang.
Der Rosenthal verzauberte mich vom ersten Moment an, ein hervorragender Spätburgunder, 92 DMP

. Das war auch der erste Ahr-Wein, der mich nachhaltig ansprach (war allerdings auch der teuerste, den ich bislang getrunken habe).
4. Flight
Der Kampf der (deutschen) Spätburgunder-Titanen:
Huber, Wildenstein Reserve, 2005 und
Becker, Kammerberg GG, 2005!
So ist das leider häufig mit den (meinen) hohen Erwartungen, sie werden nicht erfüllt. Beide erwiesen sich als schöne, auch wertige und komplexe Spätburgunder, meine vergebenen 90 und 91 DMP

sind eigentlich nicht übel, aber bei Weinen, die 60 bzw. 45 € kosten sind die Erwartungen einfach höher. Den Weinen fehlte einfach der Kick, um sich qualitativ abzusetzen, das war zu brav. Ich hatte ehrlich gesagt mehr erwartet. Um so überraschter war ich innerlich, dass meine Mitverkoster beide Weine noch höher bewerteten als ich. Nach einem abendlichen Nachtrunk möchte ich zugestehen, dass die die vergebenen 92 bis 93 Punkte meiner Mitverkoster durchaus berechtigt sind.
5. Flight
Beim
Molitor, * Brauneberger Mandelgraben, 2007, wusste ich eigentlich nicht, worauf ich mich da einlasse. Eine Wertung im Gault Millau oder Eichelmann gibt es nicht, aber Molitor ist eigentlich immer klasse, egal was er macht und ich wollte einfach einen Spätburgunder von der Mosel dabei haben.
Und es hat funktioniert: eine animierende, kräftige Nase nach roten Beeren; elegante Stilistik, feine Frucht, geschmeidige Säure, komplexe Anklänge, langer Abgang, schöne Harmonie, 90 DMP

, ein gelungener Spätburgunder für 25 €.
Dagegen stellte mich der 93-Gault-Millau- Punkte-Wein von
Bernhart, der Schweigener Sonnenberg-Redling Großes Gewächs aus 2007, vor ein ziemliches Rätsel, welches ich zur fortgeschrittenen Stunde in angeschlagenen Zustand nicht mehr lösen konnte. Das war/ist ein Spätburgunder? Schon die süßlich-liebliche Nase irritierte mich vehement. Und auch am Gaumen vernahm ich zwar einen objektiv hervorragenden Wein, ich vergab auch 90 DMP

, aber mit dem Thema des Abends hatte der Redling wenig bis nichts gemein, ich war fast selbst im Zweifel, ob ich einen Rebsortenpiraten in die Flasche gefüllt hatte. Da ich zwischenzeitlich Bernhart-Weine kenne und schätze – zuletzt erst den Kalkmergel und die "R" Spätlese genossen – weiß ich, dass man dort ansonsten sehr wohl typischen Spätburgunder auf die Flasche bringen kann.
Mein Fazit:
Durchwachsen und nicht ganz zufrieden!
Ich habe so ein Gefühl, als hätten zehn nervöse Kandidaten aus Lampenfieber ihr Potential auf der Showbühne nicht vollständig entfalten können, ja teilweise haben sie sogar versagt (Koch, Ziereisen).
Wie immer man dies werten mag, die stets besseren Wertungen des Gault Millau unterschritten wir durchgängig, und zwar teilweise sehr deutlich.
Sehr positiv empfand ich die Erfahrungen mit Adeneuer und Molitor, zwei qualitativ und preislich erfreulichere Erfahrungen.
Aber eines kann man auch festhalten: Abgesehen vom 1. Flight schmeckten die Weine, es war ein Genuss, niemand musste sich durch die Probe quälen.
Und die Erkenntnis, dass der Spätburgunder kein Tummelplatz für Sparfüchse ist, war ja schon vorher klar. Allerdings war diese Probe kein Maßstab, denn hier waren schon zumeist die Prestigeweine der Weingüter (z. B. „Große Gewächse“) am Start.
Beste Grüße
Don