Médoc 2025

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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small talk
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Re: Médoc 2025

Beitrag von small talk »

Hallo Gerhard,
die ‚Kraut-Note‘ kommt durch Reibung und die Samen, die an den Trauben kleben. Da brauchst Du nur mal die Blätter oder Blüten dieser Pflanze zwischen Deine Hände zu zerreiben und daran riechen - vielleicht erkennst Du die Note wieder. In so manchen Weinen gibt es das als Note. Der Effekt der Reibung ist bei Maschinenlese sehr stark. Bei Handlese braucht es schon enorm viel von dem Zeug. Die Note bekommt man aus dem Wein auch nicht mehr raus. Wird manchmal ‚übertünscht‘ kommt aber wieder…
Dieses Berufkraut vor der Lese aus den Reben raus zu holen ist mir mittlerweile wichtiger als die ‚Verjus‘ / unreife Trauben aus der zweiten Blüte. Davon hatten wir die letzten Jahre kaum noch nennenswerte Mengen. Hinzu kommt, dass der Unkrautdruck von diesem Berufkraut, durch die mittlerweile vielen Brachflächen, sehr stark ist.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
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Gerald
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Re: Médoc 2025

Beitrag von Gerald »

Danke für die Info dazu. Ich kenne den Geruch der Pflanze und finde ihn ganz angenehm (habe in wikipedia gelesen, dass die Blätter auch kulinarisch nutzbar sind), aber schon klar, dass man das in einem Bordeaux vielleicht nicht haben möchte. Oder zumindest höchstens ganz dezent im Hintergrund?

Grüße
Gerald
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small talk
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Re: Médoc 2025

Beitrag von small talk »

Hallo Gerhard,
dieses Kraut hat schon sehr deutliche Geschmaksnoten. Es wird im Internet auch als ‚Heilkraut‘ bezeichnet und es lassen sich Rezepte für Zubereitungen finden. Die werde ich nicht ausprobieren. Mir reicht es dieses Kraut tagelang zu rupfen…
Gewiss gibt es so etwas wie eine akzeptable Schwelle für diese ‚Noten‘ und dann integrieren sie sich im ‚Grundrauschen‘ des Weines. Die Gefahr besteht jedoch das diese Schwelle sehr schnell überschritten wird.
Dieses Prinzip des ‚Grundrauschen‘ wird mit dem Kniff der Assemblage auch sehr gut umgesetzt um so etwas wie Komplexität auch bei einfacheren Weinen vorgegaukelt und von sehr vielen wohlwollend akzeptiert. Tatsächlich sind viele solcher Weine auch gut gemacht.
Ein anderes Element, welches Komplexität suggerieren soll ist ‚Dichte‘. Das wird bei manchen Weinen so übertrieben, dass sie mir schon wie ‚eingedickt‘ vorkommen. Das ist mal ganz nett, brauche ich aber nicht oft.
Mit meinen Weinen und insbesondere mit Le Reysse möchte ich das spezielle Terroir in seiner Stilistik herausstellen – ohne viel Drumherum. Hierfür braucht es elegante ‚Klarheit‘ und Raum. Klarheit und Komplexität sind kein Widerspruch. Es ist nur so, dass in diesem Zusammenspiel schon der kleinste Nebenton enorm störend wirkt; und für diese Kraut-Note gilt das ganz bestimmt. Diese stilistische Eleganz ist diesbezüglich sehr fragil auch wenn der Wein selbst durchaus robust ist. Mit allerlei Noten verliert er seine Eigenständigkeit. Ich denke, dass gilt für viele Weine bei denen die eigene Stilistik gut herausgearbeitet wird und die bei aller Jahrgangsverschiedenheit wiedererkennbar sind.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
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pessac-léognan
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Re: Médoc 2025

Beitrag von pessac-léognan »

Hallo Stefan und Gerhard
Ich finde eure Diskussion über Geschmacksnoten (gilt das Diskutierte übrigens nicht auch für den Geruch?) hochinteressant. Man weiß ja, dass bei der Weinbereitung solche Geschmacksnoten bewusst beeinflusst und gesteuert werden (z.B. Holzeinsatz). Dass aber auch das Terroir selber über Sekundärpflanzen im Rebberg den Geschmack (und wohl auch Geruch) des Rebensafts bzw. des Weins beeinflusst bzw. als Terroir schon beeinflusst wird, war mir nicht so bewusst, leuchtet mir aber ein. Für mich war z.B. vielmehr der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (unangenehm) in Geschmack und Geruch wahrnehmbar. Dass aber (quasi im Umkehrschluss) der (zum Glück) heute zurückgehende Einsatz von Herbiziden über die durch den Klimawandel wohl noch verstärkte Zunahme von Sekundärpflanzen im Weinberg ebenfalls einen (negativen, vielleicht aber auch erwünschten?) Einfluss auf den Wein-Geschmack hat, ist aber natürlich schon interessant.
Vielleicht haben wir ja bald nicht nur über die Weinbereitung, sondern bereits im Weinberg (durch Mischpflanzungen?), und nicht nur durch neue Rebsorten, Weine mit entsprechendem (Bei-)Geschmack im Glas? Tabak, Kakao oder Vanille usw. vertragen ja vielleicht das zunehmend heiße Klima besser als Reben und gewisse Pflanzen könnten allenfalls sogar zur Beschattung der Reben dazwischengepflanzt werden, genau wie es z.B. mit Obstbäumen bereits heute geschieht.
Gruß
Jean
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Gerald
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Re: Médoc 2025

Beitrag von Gerald »

Na ja, mit "Terroir" hat das zumindest in diesem Fall wohl nicht so viel zu tun, denn das erwähnte Berufkraut wächst eigentlich überall auf Ruderalflächen, wo man es lässt. ;) Und den Geschmack bekommt man offenbar nur dann in den Wein, wenn man die Pflanze nicht vorher im Weingarten entfernt hat.
Tabak, Kakao oder Vanille usw. vertragen ja vielleicht das zunehmend heiße Klima besser als Reben und gewisse Pflanzen könnten allenfalls sogar zur Beschattung der Reben dazwischengepflanzt werden, genau wie es z.B. mit Obstbäumen bereits heute geschieht.
Tja, Kakao und Vanille wachsen nur im tropischen Tiefland, das wird wohl nicht funktionieren. Und wenn man Tabak dazwischen anpflanzt und sich ein paar Blätter in die Trauben verirren, dann wird der Most ziemlich giftig werden (Nikotin ist fast so giftig wie Zyankali). Würde ich also auch nicht empfehlen. ;)

Grüße
Gerald
Ursula
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Re: Médoc 2025

Beitrag von Ursula »

Bei unserer letzten Radtour kurz vor der Ernte 2025 durch die Weinberge der Nordpfalz haben wir nicht wenige Weinberge gesehen, in denen große Mengen an Amaranthpflanzen mehr als 1 Meter hoch direkt in die Rebstöcke hineingewachsen waren und gewiß bei einer maschinellen Ernte einiges an Blättern und Samen ins Lesegut abgeben.

Nun soll Amarath für uns Menschen ja durchaus gesund sein , z.B. als Tee genossen. Ob und wie sich Amaranthsamen oder -blätter geschmacklich im fertigen Wein präsentieren ? Vielleicht ein ganz neues Geschmackserlebnis ??

Gruß Ursus
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small talk
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Re: Médoc 2025

Beitrag von small talk »

Tja Ursus,
wenn Du an der einen oder anderen Rebanlage von mir vorbeigefahren wärest, hättest Du vielleicht ähnliches gedacht. Auch bei mir waren 2025 durchaus Ecken wo das Unkraut ordentlich gewachsen ist; bis in die Rebstöcke zum Glück nicht.
So sehr wie ich hinter diesem Berufkraut oder Stechapfel und Nachtschattengewächse her bin und so gut es eben geht raushole, so wichtig ist mir flächendeckender Bewuchs. Der ist enorm wichtig für eine funktionierende Mykorrhiza. Die hat es bei unseren mageren Kiesigen Böden ohnehin sehr schwer. Da ist eine gesunde Pflanzengesellschaft sehr wichtig. Auch das wird bei zunehmenden Wetterkapriolen schwierig.

Hier mal ein Ausschnitt aus einem Satellitenbild; links unsere Fläche und rechts die Fläche ist ‚sauber‘.
Rebflächen.JPG
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Es hat eben alles zwei Seiten…
Das mag provokativ sein ist aber Realität.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
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