Chianti (in allen Variationen)

olifant
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Re: Chianti (in allen Variationen)

Beitrag von olifant »

Nora hat geschrieben: Do 9. Okt 2025, 10:13 Ich habe vorgestern und gestern je einen Probeschluck vom

Poggio al Sole, Chianti Classico Gran Selezione Casasilia 2015

genommen.

Sehr reife Nase mit Kirschen, Pflaumen, grünen Stielen und geröstetem Holz.

Auch am Gaumen wirkt der Wein überreif, mit einem Hauch von in Rumtopf. Dazu kommt etwas Grünes und Unreifes und wieder das geröstete Holz. Der Alkoholgehalt von 14,5% ist deutlich spürbar.

Das gefiel mir nicht.

VG Nora
Kenne den Wein zwar nicht, aber zum einen ist imA 2015 ein vllt. etwas schwieriger Jahrgang, was du geschmacklich auch konstatierst, zum anderen sehe ich die Kategorie "Chianti Classico Gran Selezione" ohnehin als eher entbehrlich.
Letztlich eine Kategorie, die geschaffen wurde um Sangiovese-basierte Supertoskaner nicht mehr als VdT vermakten zu müssen und als Chianti Classico wieder in die DOCG einzugliedern oder bei anderen Betrieben auch die Möglichkeit vormalige Top-CCl und -Riserva-CCl in einer höheren Kategorie aufzuwerten.
M.E. unnötig, da wurde Sangiovese im Disziplinar wohl geschmacklich internationalisiert, Herkunft und Tradition blieben auf der Strecke. Natürlich gibt es auch Gelungenes, wie Fontodis Vigna del Sorbo oder San Felices Poggio Rosso, diese Weine waren aber auch vor der Neuerfindung Gran Selezione gesicherte Werte.
Grüsse

Ralf

Die Zukunft war früher auch besser.
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Bradetti
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Re: Chianti (in allen Variationen)

Beitrag von Bradetti »

olifant hat geschrieben: Mi 5. Nov 2025, 11:33 Kenne den Wein zwar nicht, aber zum einen ist imA 2015 ein vllt. etwas schwieriger Jahrgang, was du geschmacklich auch konstatierst,
Ob 2015 ein schwieriger Jahrgang war, kann ich nicht beurteilen, aber am Wochenende hat mir Castellare wiederholt gezeigt, dass 2015 zumindest auf diesem Weingut echt gelungen ist:

2015 Castellare di Castellina, Chianti Classico Riserva "Il Poggiale" 90% Sangioveto, 5% Canaiolo und 5% Ciliegiolo

Über 2 Tage getrunken. Am 2. Tag besser, weil balancierter, tiefgründiger. Insgesamt sehr schön mit roten Früchten, Würze, ätherische Note mit leichter Vanille. Softer Antrunk, Tannine sehr schön integriert, hinten raus aber noch leicht spürbar (nicht störend), komplex, eher Finesse als Wucht, langer, frischer Abgang. Das war schon echt toller Genuss!

Auch die normale 15er CC Riserva letztes Jahr war super!
Viele Grüße
Dirk
olifant
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Re: Chianti (in allen Variationen)

Beitrag von olifant »

OsCor hat geschrieben: Di 4. Nov 2025, 13:28 Inzwischen bin ich auf einen hiesigen Weinhändler gestoßen, der viele Weine in „meiner Preisklasse” anbietet und die auch teilweise in einem lokalen EDEKA, für den er Weinberatung durchführt, bezogen werden können.
Der bietet z.B. einen Chianti mit 90% Sangiovese und 10% Canaiolo an. Zuletzt hatte ich bei einfachen Chiantis immer auch einen Anteil Colorino drin.
Frage: Die von mir entdeckten Quellen im Netz liefern leider kaum eine Information darüber, wie sich die Verwendung von Colorino bzw. sein Fehlen geschmacklich auswirkt. Hat da jemand Erfahrung?

Gruß
Oswald
Ich versuche mal eine Antwort.

Natürlich wirkt sich wohl so ziemlich jeder Cuvee-Partner in der Assemblage geschmacklich aus. Für Chianti und Chianti Classico zugelassen sind dabei ziemlich viele rote Sorten.
Ende der Achtziger / Anfang der Neunziger wurden im Disziplinar verschiedene Weisse Sorten, die bis dahin zugelassen waren verbannt und dafür auch internationale rote Sorten, wie Cabernet Sauvignon und Merlot mit bis zu 20 % Anteil, bei max. 10% Einzelanteil, (bei CCl, bzw. bis 10% ges. bei GSCCl) zugelassen.
In der Folge hat sich gezeigt, dass die Verwendung von Cabernet und Merlot das "typische" Chianti-Geschmacksbild deutlich verändern kann, wo hingegen traditionelle Cuvee-Partner, wie Colorino, Canaiolo, Foglia Tonda, Pugnitello, Mammolo, Ciliegiolo, Malvasia Nera, etcpp., mit ges. bis jeweils 10%, das Sangiovese Geschmacksbild eher Herkunftstypisch ergänzen, bzw. nicht verfälschen oder internationalisieren.
Der kulturelle Hintergrund ist zudem, dass in früheren Chianti-Weingärten die Sangiovese meist im Mischsatz mit den v.g. regionalen Sorten stand und es auch heute noch Mischsatz-Bestockungen gibt.
Für meinen Geschmack geben die traditionellen Cuvee-Partner mehr Tiefe / Komplexität, manchmal mehr Rustikalität und eigentlich immer einen deutlich herkunftsbezogenen Touch.

Das mit dem Internationalisieren haben Sie dafür auch ohne jeglich erforderlichen Cuvee-Partner bei den Gran Selezione prima hingekriegt :lol:
Zuletzt geändert von olifant am Mi 5. Nov 2025, 12:24, insgesamt 1-mal geändert.
Grüsse

Ralf

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Re: Chianti (in allen Variationen)

Beitrag von olifant »

Bradetti hat geschrieben: Mi 5. Nov 2025, 11:50
olifant hat geschrieben: Mi 5. Nov 2025, 11:33 Kenne den Wein zwar nicht, aber zum einen ist imA 2015 ein vllt. etwas schwieriger Jahrgang, was du geschmacklich auch konstatierst,
Ob 2015 ein schwieriger Jahrgang war, kann ich nicht beurteilen, aber am Wochenende hat mir Castellare wiederholt gezeigt, dass 2015 zumindest auf diesem Weingut echt gelungen ist:

2015 Castellare di Castellina, Chianti Classico Riserva "Il Poggiale" 90% Sangioveto, 5% Canaiolo und 5% Ciliegiolo

Über 2 Tage getrunken. Am 2. Tag besser, weil balancierter, tiefgründiger. Insgesamt sehr schön mit roten Früchten, Würze, ätherische Note mit leichter Vanille. Softer Antrunk, Tannine sehr schön integriert, hinten raus aber noch leicht spürbar (nicht störend), komplex, eher Finesse als Wucht, langer, frischer Abgang. Das war schon echt toller Genuss!

Auch die normale 15er CC Riserva letztes Jahr war super!
Das sind auch keine GS, bei denen zwangsläufig gezeigt wird, was man so alles Önologisch auf dem Kasten hat und sich in der Weinwelt beweisen oder positionieren muss.
Auch ich war beim einfachen CCl von Castellare di Castellina, in schwierigen Jahren, noch nicht enttäuscht. Der Betrieb ist da einfach recht zuverlässig, auch in nicht ganz so dollen Jahren.
Grüsse

Ralf

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olifant
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Re: Chianti (in allen Variationen)

Beitrag von olifant »

Hab jetzt beim Stöbern noch einen Geschmackshinweis zum Colorino gefunden. Quelle sind Artikel rund um Giovanna Morgantis, Podere La Boncie, die eine Verfechrterin autochtoner Rebsorten im CCl ist und deren Wein, "Le Trame", dies auch schön wiederspiegelt.
Sie meint völlig zurecht, dass sie weder zusätzliche Frucht noch Struktur braucht, da sie ohnehin beides in ausreichender Menge im Sangiovese findet und für den Rest sorgen Mammolo, Colorino und Foglia Tonda, autochthone Sorten, die der großen Sorte des Chianti sensorisch zur Seite stehen.
Um Authentizität bemüht sie sich auch bei ihren anderen Sorten: dem Mammolo, der alle Freiheiten bekommt, um seine floralen Noten preiszugeben, beim Foglia Tonda, der eine mäßigende und ausgleichende Wirkung in die Weine bringt und beim Colorino, der dank seiner intensiven Farbe und Aromatik beiden Weinen eine zusätzliche Dimension verleiht.
Ich kenne den Wein vorallem aus den 00er-Jahren, als die Preise noch recht verträglich waren. Inzwischen liegt der Wein, nominell früher ein einfacher CCl - jetzt wg. fehlender Sensorik-Prüfung als IGT firmierend, bei ca. 55 €/Fl., was ich schon als Ansage sehe.
Lustig, dass einer der im Eigentlichen prototypischsten CCl nun ein IGT ist. Sollte ich jedoch vor die Wahl zwischen einem preisgleichen GSCCL und dem Le Trame gestellt sein, weis ich, wie ich mich entscheiden würde.

Noch als Ergänzung die Gesamtheit der in Chianti Classico zugelassenen roten Komplementärsorten, bin beim stöbern im Disziplinar drübergestolpert.
Da sind auch Sorten dabei, die ich nun tatsächlich nicht erwartet hätte, wie z.B. Carmenere, Gamay, Groppelo, Lambrusco, Malbech, Rebo, Refosco dal Peduncolo Rosso, Schiava Gentile oder Tempranillo, uns Sorten deren Namen ich noch nie gehört oder gelesen hatte ;)

ABRUSCO
ALEATICO
ALICANTE BOUSCHET
ALICANTE
ANCELLOTTA
BARBERA
BARSAGLINA
BONAMICO
BRACCIOLA NERA
CABERNET FRANC
CABERNET SAUVIGNON
CALABRESE
CALORIA
CANAIOLO NERO
CANINA NERA
CARIGNANO
CARMENERE
CESANESE D'AFFILE
CILIEGIOLO
COLOMBANA NERA
COLORINO
FOGLIA TONDA
GAMAY
GROPPELLO DI S. STEFANO
GROPPELLO GENTILE
LAMBRUSCO MAESTRI
MALBECH
MALVASIA
MALVASIA NERA DI BRINDISI
MALVASIA NERA DI LECCE
MAMMOLO
MAZZESE
MERLOT
MONDEUSE
MONTEPULCIANO
PETIT VERDOT
PINOT NERO
POLLERA NERA
PRUGNOLO GENTILE
PUGNITELLO
REBO
REFOSCO DAL PEDUNCOLO ROSSO
SAGRANTINO
SANFORTE
SCHIAVA GENTILE
SYRAH
TEMPRANILLO
TEROLDEGO
VERMENTINO NERO
Grüsse

Ralf

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Re: Chianti (in allen Variationen)

Beitrag von OsCor »

@olifant

Ich danke dir! Ich versuche es einfach mal.

Gruß
Oswald
Nora
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Re: Chianti (in allen Variationen)

Beitrag von Nora »

olifant hat geschrieben: Mi 5. Nov 2025, 11:33
Nora hat geschrieben: Do 9. Okt 2025, 10:13 Ich habe vorgestern und gestern je einen Probeschluck vom

Poggio al Sole, Chianti Classico Gran Selezione Casasilia 2015

genommen.

Sehr reife Nase mit Kirschen, Pflaumen, grünen Stielen und geröstetem Holz.

Auch am Gaumen wirkt der Wein überreif, mit einem Hauch von in Rumtopf. Dazu kommt etwas Grünes und Unreifes und wieder das geröstete Holz. Der Alkoholgehalt von 14,5% ist deutlich spürbar.

Das gefiel mir nicht.

VG Nora
Kenne den Wein zwar nicht, aber zum einen ist imA 2015 ein vllt. etwas schwieriger Jahrgang, was du geschmacklich auch konstatierst, zum anderen sehe ich die Kategorie "Chianti Classico Gran Selezione" ohnehin als eher entbehrlich.
Letztlich eine Kategorie, die geschaffen wurde um Sangiovese-basierte Supertoskaner nicht mehr als VdT vermakten zu müssen und als Chianti Classico wieder in die DOCG einzugliedern oder bei anderen Betrieben auch die Möglichkeit vormalige Top-CCl und -Riserva-CCl in einer höheren Kategorie aufzuwerten.
M.E. unnötig, da wurde Sangiovese im Disziplinar wohl geschmacklich internationalisiert, Herkunft und Tradition blieben auf der Strecke. Natürlich gibt es auch Gelungenes, wie Fontodis Vigna del Sorbo oder San Felices Poggio Rosso, diese Weine waren aber auch vor der Neuerfindung Gran Selezione gesicherte Werte.
Vielen Dank für die Rückmeldung, Ralf!

Ich habe nun noch den 19er im Keller. Mal gucken, ob es hier eine Verbesserung gibt und ggf. der Jahrgang prägend war oder mir diese Kategorie von Wein einfach nicht gefällt.

VG Nora
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Re: Chianti (in allen Variationen)

Beitrag von olifant »

OsCor hat geschrieben: Mi 5. Nov 2025, 13:39 @olifant

Ich danke dir! Ich versuche es einfach mal.

Gruß
Oswald
Hallo Oswald,

es gibt ach reinsortiges vom Colorino

Il Colorino di Casanova IGT von Casanova della Spinetta, oder
Casaglia IGT von Marchese Pancrazi

und sofern ich mich erinnere, hatte ich beide auch schon mal im Glas, zum Spinetta-Wein habe ich aber keine Notiz, war aus der trügerischen Erinnerung aber ganz ähnlich gehalten wie der von Pancrazi, jedoch Spinetta-mäßig mit einer ordentlichen Dosis (zuviel) Barrique und massiver Konzentration. Der von Pancrazi ist da nicht so getrimmt.
[urlhttps://www.dasweinforum.de/viewtopic.php?p=953 ... ino#p95300][/url]

Früher gab's auch noch mit dem Romitorio di Santedame IGT von Ruffino einen echten Supertoskaner aus 60% Colorino und 40% Merlot, mit passablem PGV und der mir eigentlich immer sehr gut gefiel, inzwischen aber nicht mehr produziert wird. Eine Flasche aus 04 oder 06 liegt noch vergraben ;) ...
Grüsse

Ralf

Die Zukunft war früher auch besser.
Karl Valentin
Lars Dragl
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Re: Chianti (in allen Variationen)

Beitrag von Lars Dragl »

Hallo!

Die letzten drei Abende hatte ich Tenuta di Carleone CCL 2022.

Das Jahr war heiß und man kann es dem Wein ansehen und auch abschmecken, aber eben im positiven Sinne. Radda liegt recht hoch und offensichtlich hat man hier auch im Weinberg einiges richtig gemacht, denn das ist ein echt schöner Wein.
Dunkles, durchschimmendes Kirschrot mit Granatrot in der Randaufhellung. In der Nase viel reife, saftige, eher dunkle Frucht (100% Sangiovese), ein paar süße Gewürze und Kräuter, die mich manchmal fast ein wenig an Cola und Jägermeister erinnern, sowie dezent mineralische Noten. Im Mund saftig und weder zu warm noch zu sehr in die Breite gehend. Sehr guter Abgang, bei dem die Gerbstoffe ebenfalls keine Beeinträchtigungen durch die Hitze des Jahres zeigen. Offensichtlich zurückhaltend extrahiert und mit 10% Rappen. Obwohl ich meinen Chianti gerne etwas schlanker und kantiger mag, hab ich an dem hier wirklich nichts auszusetzen. Den kann man jetzt problemlos und mit großer Freude trinken.

Herzliche Grüße

Lars
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