Gernot Hain, Piesport

Ralf Gundlach
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Re: Gernot Hain, Piesport

Beitrag von Ralf Gundlach »

Der erste gefühlt seit mindestens einen Jahrzehnt ohne Bernd getrunkene Kabi restüss:

2021 Piesporter Goldtröpfchen Kabinett

Das ist für mich ein typisches Goldtröpfchen. Nicht karg, nicht überaus mineralisch. Aber sowas von eine tolle Frucht. Knackiger Pfirsich, dezent Ananas, nix Zitrus. Aber auch mineralisch. Knackige, feine Säure.Toller Kabinet. Wenn der noch etwas mehr Spiel und einen Tick komplexer wäre...dann wäre er richtig groß. Aber...und das sollte man beachten: unter 10 Euro gibt es wahrscheinlich kaum besseres im Kabinett Bereich.

90-91 Punkte. Kostet noch immer ab Hof 9,50 Euro.

Viele Grüße

Ralf
Zuletzt geändert von Ralf Gundlach am So 21. Mai 2023, 14:06, insgesamt 1-mal geändert.
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EThC
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Re: Gernot Hain, Piesport

Beitrag von EThC »

Ralf Gundlach hat geschrieben:Das ist für mich ein typisches Goldtröpfchen.
...gibt's das wirklich, das typische Goldtröpfchen? Ich tue mir da ein bißchen schwer, mir vorzustellen, daß aus dieser nicht nur sehr großen, sondern auch recht heterogenen Lage eine echte Lagentypizität ableitbar sein soll. Es gibt West-, Süd- und Ostausrichtungen sowie alles dazwischen, die Geologie ist auch über den Verlauf des Bogens recht unterschiedlich, wie ich mal gelesen habe. Oder trimmen die örtlichen Winzer die Weine einfach seit Jahrtausenden immer so hin, daß sie mehr oder weniger einheitlich schmecken :?: :?
Aber vielleicht war's früher tatsächlich mal so, denn das Original-Goldtröpfchen vor 1971 war nur wenige Hektar groß, heute sind's über 60...
Viele Grüße
Erich

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Volker
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Re: Gernot Hain, Piesport

Beitrag von Volker »

Hallo Ralf und Erich,

da habt Ihr sicherlich Beide recht, insbesondere wenn man sieht, bis wohin sich die Lage zieht.
Auf der anderen Seite verbinde ich mit dem Goldtröpfchen auch immer eher tropische Frucht als jetzt Steinwein oder zitruslastige Aromen. Wahrscheinlich kamen die Weine aber eher aus der Kernlage vor Flurbereinigung.

Aktuell müssten noch ein paar ältere 2007'er von Reuscher Haart im Keller schlummern, die ich wohl mal wieder probieren sollte.

Volker
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EThC
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Re: Gernot Hain, Piesport

Beitrag von EThC »

Volker hat geschrieben:Auf der anderen Seite verbinde ich mit dem Goldtröpfchen auch immer eher tropische Frucht als jetzt Steinwein oder zitruslastige Aromen.
...wobei ich dieses Entweder-Oder jedoch eher der Art der Kellerarbeit denn der Lagengeologie zuschreiben würde...
Viele Grüße
Erich

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Volker
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Re: Gernot Hain, Piesport

Beitrag von Volker »

Hallo Erich,

selbstredend kann man durch Weinbergs- und Kellerarbeit den Geschmack deutlich prägen.

Möglicherweise haben die Winzer, von denen ich Goldtröpfchen Weine im Glas hatte auch dort alle einen vergleichbaren Ansatz oder ggf. gibt es doch eine gewisse Lagentypizität, die insbesonere bei einem klassischen An- Ausbau der Weine zum Vorschein kommt.

Sei's drum ... ich mag zumindest die sensorische Ausrichtung hin zur tropischen Frucht beim Goldtröpfchen.

Volker
Bernd Schulz
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Re: Gernot Hain, Piesport

Beitrag von Bernd Schulz »

Volker hat geschrieben:Auf der anderen Seite verbinde ich mit dem Goldtröpfchen auch immer eher tropische Frucht als jetzt Steinwein oder zitruslastige Aromen.
Ganz genau. Goldtröpchen = üppige, oft auch noch ins Tropische gehende Gelbfrucht. So ist das für mich auch, und kein M-S-R-Freund unter denen, die ich kenne, sieht das anders.
EThC hat geschrieben:...wobei ich dieses Entweder-Oder jedoch eher der Art der Kellerarbeit denn der Lagengeologie zuschreiben würde...
Die Winzer, von denen ich bislang Rieslinge aus dem Goldtröpfchen im Glas hatte, haben mitnichten alle im Keller gleich oder auch nur ähnlich gearbeitet. Insofern schreibe ich persönlich aus empirischen Gründen die spezielle, von Ralf und Volker treffend beschriebene Charakteristik durchaus der Lage(nideologie) zu.

Herzliche Grüße

Bernd
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EThC
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Re: Gernot Hain, Piesport

Beitrag von EThC »

...im Netz findet sich Folgendes:
Das Ausgangsgestein ist – für das Rheinische Schiefergebirge typisch – Tonschiefer, Quarzit sowie dessen Mischform. Diese Gesteine entstanden aus marinen Sedimenten, die sich vor circa 390 Millionen Jahren abgelagert haben, in einem warmen, flachen Devonmeer auf der Höhe des Äquators. Je nach Ausgangsmaterial und Strömungsverhältnissen in diesem Flachmeer lagerten sich überwiegend Ton oder Sand ab. Im steilen Westhang des Moselbogens herrscht im Gegensatz zum Südhang ein höherer Steinanteil und härterer Grauschiefer vor. Viele Felspartien sind mit Quarzadern durchzogen. Eine Besonderheit ist in dem Bereich oberhalb des Ortsteils Ferres. Hier trifft man auf vorwiegend blau-grauen Schiefer mit dunkelroten Einlagen zwischen den Schichten. An einer Stelle befindet sich dort in einem Fels ein durchlaufender Spalt der mit rotliegendem Rhyolith gefüllt ist. Dieses vulkanische Gestein wurde vor mehr als 250 Millionen Jahren im Zeitalter des Perm gebildet und über den Schieferschichten abgelagert. Danach kam es durch tektonische Vorgänge zur Bildung von Spalten und feinen Rissen im Schiefer in diese dann das rotliegende Material eingespült wurde. Im Südhang überwiegt ein tiefgründiger, feinerdereicher Boden aus Tonschiefer mit ausgezeichneter Wasserhaltekraft. Diese in den Weinbergslagen der Mosel kaum vorkommende Bodenqualität gibt den Weinen des Piesporter Goldtröpfchens seinen besonderen Charakter. Die rötlich eingefärbten Schieferböden des Osthanges zeigen ebenfalls einen hohen Feinerdeanteil auf. Nach der digitalen Weinbergsbodenkarte handelt es sich im Bereich des Leuchtpunktes vom Bodentyp her um einen Rigosol-Regosol aus Schuttlehm (Schiefer/Devon) über anstehendem Schiefer (Devon).
...ich weiß ja nicht, wie man da von einem einigermaßen typischen Lagenterroir sprechen kann. Andererseits: überwiegend exotische Frucht deutet für mich eh mehr auf Keller denn Lage hin, deshalb neige ich hier nach wie vor eher dazu, daß man von Winzerseite einer (vor-)gelebten Stilistik hinterherläuft, also eher (Goldtröpfchen-)winzertypisch denn lagentypisch...
Viele Grüße
Erich

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Re: Gernot Hain, Piesport

Beitrag von Bernd Schulz »

EThC hat geschrieben:Im Südhang überwiegt ein tiefgründiger, feinerdereicher Boden aus Tonschiefer mit ausgezeichneter Wasserhaltekraft. Diese in den Weinbergslagen der Mosel kaum vorkommende Bodenqualität gibt den Weinen des Piesporter Goldtröpfchens seinen besonderen Charakter.
Na also: Da steht doch, was den speziellen Charakter des Goldtröpfchens ausmacht, nämlich der Boden mit dem für die Mosel ungewöhnlich hohen Feinerdeanteil (im Südhang, aus dem die Weine, über die wir hier reden, wohl zum überwiegenden Teil kommen werden). Von Kellerarbeit als Grundlage für die charakteristischen Noten ist in dem zitierten Internetartikel jedenfalls nicht die Rede :mrgreen: :twisted: .

EThC hat geschrieben:...ich weiß ja nicht, wie man da von einem einigermaßen typischen Lagenterroir sprechen kann. Andererseits: überwiegend exotische Frucht deutet für mich eh mehr auf Keller denn Lage hin, deshalb neige ich hier nach wie vor eher dazu, daß man von Winzerseite einer (vor-)gelebten Stilistik hinterherläuft...
Wer soll denn wann die Stilistik/Lagencharakteristik "vorgelebt" haben? Ein einzelner Topwinzer wie z.b. Theo Haart (vom Weingut Reinhold Haart), den dann alle anderen mittels Kellertechnik zu kopieren versucht haben? Oder haben sich diverse Piesporter Erzeuger irgendwann getroffen und beschlossen, dass die Weine aus dem Goldtröpfchen alle in die oben beschriebene aromatische Richtung gehen sollen?

Oder war der Ausgangspunkt vielleicht doch ein vom Erzeuger nicht direkt abhängiger Lagencharakter, den die guten Winzer selbstredend möglichst deutlich herausarbeiten wollen?

Herzliche Grüße

Bernd
Zuletzt geändert von Bernd Schulz am Sa 20. Mai 2023, 20:45, insgesamt 1-mal geändert.
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EThC
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Re: Gernot Hain, Piesport

Beitrag von EThC »

...hab ich auch gelesen, "Goldtröpfchen Südhang" halt. Und der Rest? Zählt der dann nicht? Das widerspricht sich doch von vorne bis hinten.
Ansonsten gehe ich da eher von so einer Schwarmverhalten der Winzer in den letzten Jahrmillionen aus, einer gemeinsamen Evolution, die wahrscheinlich sogar eher unbewußt vollzogen wurde.
Viele Grüße
Erich

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Ralf Gundlach
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Re: Gernot Hain, Piesport

Beitrag von Ralf Gundlach »

Hallo Erich,

natürlich basiert die Aussage: "typisch Goldtröpfchen" auf Erfahrungswerten, die sich in den letzten 25 Jahren in meinem Kopf abgespeichert waren. Aber spannend ist: ich mochte niemals übertriebene Frucht in Mosel-Rieslingen. Das Erdener Treppchen ist z.B. die Lage, wenn es um Mineralität geht. Wenn es ein Winzer schafft, dise Mineralität in die Flasche zu bringen: geniale Mittelmosel. Schieferlutschen pur. Aber abgesehen von Dr. Hermann schafft es in diesem Ort kein Winzer, das Terroir in die Pulle zu bekommen. Aber in Piesport gibt es schon ein paar Winzer, die, ich habe es mal als die "erotischsten" Weine an der Mosel bezeichnet, die Frucht so in die Flasche zu bringen, dass es nichts mit den Primärfruchtknallern zu tun hat. Und wenn man mal die Kombination von Mineralität mit Frucht haben will, dann ist z.B.Philipp Kettern ein guter Tipp. Die Weine vom Joint Venture mit Niepoort brauche ich nicht für mein Glück, alleine wegen der Preise. Aber die Kabinette und Spätlese vom Familienweingut sind spannend und richtig gut.

Gruß

Ralf
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