Gerald hat geschrieben:Trotz der erwähnten Probleme der Vinea-Klassifikation, also dass viel Alkohol mit hoher Qualität (und entsprechend höherem Preis) in Verbindung gebracht wird. Das ist - bitte mich korrigieren, falls ich mich täusche - ja bei den weltweit bekanntesten Regionen für Topweine (sagen wir z.B. Burgund oder Bordeaux) nirgends der Fall.
Nein, bei Burgund oder Bordeaux ist das nicht der Fall - allerdings ist in diesen beiden Gebieten das Chaptalisieren ganz generell und unabhängig vom Klassifikationsstatus erlaubt und muss auch nicht deklariert werden, so dass eine vom Alkoholgehalt abhängige Klassifikation keinen Sinn macht. Bei der Vinea hingegen ist das Chaptalisieren für alle Qualitätsstufen verboten.
Ansonsten ist es natürlich die Frage, was denn noch "weltweit bekannteste Regionen für Topweine" sind. In Italien hängt die bei einigen DOC(G)s mögliche Bezeichnung "superiore" tatsächlich am Mostgewicht der Trauben (und nur daran, nicht an der organoleptischen Qualität), und eine "riserva" muss neben Anforderungen an ein längeres Fass- und/oder Flaschenlager im Regelfall auch ein höheres Ausgangsmostgewicht haben als der einfache DOC(G)-Wein. In Deutschland wiederum war jahrzehntelang bei den nicht chaptalisierten Prädikatsweinen das Mostgewicht der entscheidende Faktor für die Qualitätseinstufung und damit letzten Endes auch für den Preis.
Das österreichische DAC-System mit der Einstufung nach Gebiets- Orts- und Lagenwein und die weitgehend analoge "Qualtätspyramide" des VDP orientieren sich ganz klar an Burgund, oder genauer eingegrenzt an der Cote d'Or, wo dieses System seit langer Zeit etabliert ist. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass hiermit ein wirklich winziges Gebiet, das über viele Jahrzehnte hinweg auch noch ausgesprochen wackelige Qualitäten in die Flasche gebracht hat, zum Rollenmodell für ganze Länder (übrigens nicht für Frankreich!) geworden ist.
Gruß
Ulli