Österreichischer Sekt g.U. ?

Hohe Brisanz, kurzes Verfallsdatum
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Gerald
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Österreichischer Sekt g.U. ?

Beitrag von Gerald »

Neuer "Geniestreich" der ÖWM (Österreichische Weinmarketing): man konnte die Marke "Österreichischer Sekt" in Brüssel als "geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.)" registrieren.

Die Beweggründe sind natürlich schon nachvollziehbar - der Großteil der Schaumweine in den Regalen ist in einer Preiskategorie angesiedelt, wo nach Abzug von Sektsteuer, Flasche etc. kaum mehr etwas für den Grundwein übrigbleibt. Daher wird letzterer wohl zum Großteil importiert, da in Österreich die Produktion einfach zu teuer ist. Daher soll mit der Marke "Österreichischer Sekt g.U." der Konsument informiert werden, dass Produktion und Grundweine aus Österreich stammen.

http://derstandard.at/2000029744066/Win ... Sekthimmel

Allerdings scheint mir das Konzept doch etwas unstimmig, denn mit einer "geschützten Ursprungsbezeichnung" würde ich zumindest ein Produkt verbinden, das eine klare, an die (eher kleine) Herkunftsregion gebundene Identität hat, so wie z.B. Wachauer Marillen, Waldviertler Graumohn oder Steirisches Kürbiskernöl.

Das ist aber hier offenbar nicht der Fall, denn wenn unter einer Marke Grundweine aus Niederösterreich, Burgenland und vielleicht sogar der Steiermark vereint sind, sehe ich keine klare regionale Herkunft. Ganz abgesehen von den völlig unterschiedlichen Rebsorten (vielleicht die klassische Champagnercuvée oder aber Welschriesling, oder vielleicht Grüner Veltliner?).

Grüße,
Gerald
MichaelWagner
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Re: Österreichischer Sekt g.U. ?

Beitrag von MichaelWagner »

Hallo Gerald,

wir haben das in Deutschland ja auch: deutscher Sekt. Da gibts dann Schaumwein (meist Tankgärung), Qualitätsschaumwein b.A (bestimmtes Anbaugebiet) in den Varianten Tank- & Flaschengärung, dann gibts noch Winzersekt...und Secco (Perlwein)...undundund...Tankgärung....klassische Flaschengärung...traditionelle Flaschengärung...Transversierverfahren....

Die engere geographische Herkunft wird hier eigentlich über das b.A. (bestimmte Anbaugebiet) "sichergestellt".

In der Praxis verzichten viele Winzer, die selbst in kleinerem Stil sehr hochwertige Sekte machen, auf den Verwaltungsaufwand....Prüfung etcpp...und schreiben nur noch Deutscher Sekt drauf. Obwohl es eigentlich Qualitätsschaumwein b.A. ist, weil:

Der Kunde kommt in dem Wust von Bezeichnungen ohnehin nicht zurecht und eine Garantie für einen gut gemachten Sekt bildet keine der Bezeichnungen. Lediglich der Terminus "traditionelle Flaschengärung" weist in 90% der Fälle darauf hin, dass hier einer Lust hatte etwas Hochwertiges zu produzieren...

"Österreichischer Sekt" g.U. heisst ja zunächst nur, dass Trauben/Wein aus Österreich stammen, was ja nicht per se als Qualitätsmerkmal einzustufen ist...nuja...wenns hilft und das Nationalgefühl gestärkt wird...

Unterm Strich garantiert Herkunft eigentlich für garnix. An der Mosel gibts bspw. aus Toplagen zahlreiche Granaten-Riesling-Sekte aus traditioneller Flaschengärung und es gibt unter den selben Voraussetzungen auch das Gegenteil...Herkunft ist ne wichtige Grundlage wenn man was draus machen will...

gruß, Michael
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
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katzenfett
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Re: Österreichischer Sekt g.U. ?

Beitrag von katzenfett »

Hab das mit dem Sekt in Österreich auch unlängst gelesen und musste schmunzeln. Ähnlich wie Michael sehe ich solche Herkunftsbezeichnung auch lediglich als Marketinginstrumente und nicht als Qualitätsmerkmale. Wenn wir zB das zitierte "Steirische Kürbiskernöl" hernehmen so kommt das auch zu einem Drittel aus Niederösterreich; außerdem sind keinerlei qualtätsbestimmende Merkmale an dieses Label gebunden.
Lurchus
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Re: Österreichischer Sekt g.U. ?

Beitrag von Lurchus »

Wie treffend gesagt wurde- der Ursprung der Trauben sagt über die Qualität wenig aus. M.e. tut das aber das Verfahren der "Versektung" schon, und da herrscht ja im deutschen Sprachraum bei Produzenten UND Konsumenten Verwirrung hoch 10. Da wäre die Verwendung von "Secco" oder gar unmgöliche Zusammensetzungen wie "Moselsecco" oder "Elbsecco" für Schaumweine, aber eben auch die Bezeichnung Sekt für alles was irgendwie blubbert, egal warum und wie es denn nun blubbert, und das finde ich ist das eigentliche Problem- wie soll eine erkennbare verlässliche Identität eines Produktes entstehen wenn ähnliche Qualitäten mal Sekt, mal flaschenvergorener Sekt und mal Cremant heißen?
Ich persönlich finde cremant, gerade weil mit dem Begriff gewisse Vorgaben bezüglich der Versektung einhergehen und so ein Standard gewährleistet ist, persönlich am besten, nur ist das ja noch nicht überall angekommen...
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