Riesling 2009

Berichte von Verkostungen mit Weinen aus mehreren Ländern/Regionen (sonst bitte im Länderforum einstellen)
mixalhs
Beiträge: 1803
Registriert: Mi 7. Sep 2011, 11:29

Riesling 2009

Beitrag von mixalhs »

Gestern bei mir große Rieslingprobe mit 22 Weinen des Jahrgangs 2009, Deutschland, Österreich und einer aus dem Elsass.

Verkostet wurde in blinden Zweierflights mit Pause und Essen nach dem sechsten Flight. Am Tisch saß eine gemischte Gruppe von Anfängern und erfahrenen Verkostern. Bei einigen Gästen waren ab dem achten oder neunten Flight gewisse Ermüdungserscheinungen zu beobachten. Meine eigenen Wertungen gingen nicht in die Gesamtnote ein, da ich ja wusste, was auf dem Tisch stand. Teilweise streuten die Ergebnisse beträchtlich. Damit Ausreißer (vor allen Dingen nach unten) die Ergebnisse nicht dominieren, sind im Folgenden die Mediane angegeben.

Arnold, Julius-Echter-Berg Spl. tr. 88
Weigand, Kronsberg Spl. tr. 85
M. Müller, Ohlenberg GG 92
Domäne Wachau, Achleiten SM 88
Wagner-Stempel, Heerkretz GG 91,5
Keller, Kirchspiel GG 88,5
Kühn,St. Nikolaus 85
Künstler, Hölle EG 90,5
Rebholz, Kastanienbusch GG 87,5
Loimer , Seeberg 90,5
Kühn, Amphore 75 (nur drei Bewertungen, bei sieben Personen ohne Bewertung)
Barmès-Buecher, Steingrubler GC 88,5
Eichinger, Heiligenstein 85,5
Alzinger , Loibenberg SM 83
Schäfer-Fröhlich, Halenberg GG 88,5
Emrich-Schönleber, Halenberg GG 88
Domäne Wachau, Achleiten SM 88
Christmann, Mandelgarten GG 85
Keller, Hubacker GG 91
Wittmann, Morstein GG 89,5
Heymann-Löwenstein, Uhlen R 89
Van Volxem, Altenberg 90

Siegerweine des Abends mit sehr geringer Streuung in den Bewertungen: Matthias Müllers Ohlenberg und der Heerkretz von Wagner-Stempel. Generell wurde sehr niedrig gepunktet. Ich hatte die meisten Weine drei bis vier Punkte höher als der Durchschnitt meiner Gäste.

Achleiten von der Domäne gab's zweimal, in Flight 2 und in Flight 9. Die Bewertungen waren bis auf eine sehr konsistent, obwohl niemand gemerkt hat, dass dieser Wein zweimal vorkam.

Meine eigenen Favoriten:
Keller Hubacker (94), WS Heerkretz und Wittmann Morstein (92/93), Müller Ohlenberg, SF Halenberg, HL Uhlen R und Rebholz' Kastanienbusch 92.

Durchgefallen ist vor allen Dingen die Amphore von Kühn mit einer deutlichen Klebstoffnote, im Hintergrund dann Ananas und kandierte Orangen, wie ich das vom Jahrgang 2005 kannte und und liebe. Dies war die zweite 2009er Amphore, die bei mir durchgefallen ist. Mit leichten Oxidationsnoten und Geschmack von überreifem Obst Alzingers Smaragd vom Loibenberg. Kühns St. Nikolaus wirkte matt und stumpf. Christmanns Mandelgarten wirkte breit und alkoholisch, obwohl er mit 13% im normalen Rahmen liegt. Weigands Iphöfer Kalb schnitt mit 85 im Median und 87 bei mir ebenfalls unterdurchchnittlich ab, liegt aber mit einem damaligen Verkaufspreis von 9,50 auch preislich in einem anderen Segment. Positive Überraschung des Abends: Arnolds Julius-Echter-Berg, der ebenfalls für 10 Euro ab Weingut zu haben war, und der sich im Mittelfeld einer Probe platzieren konnte, bei der die anderen Weine das Doppelte bis Dreifache, in einigen Fällen noch mehr, gekostet haben.

Ursprünglich war im zehnten Flight Kellers Morstein (als Gegenpart zum Morstein von Wittmann) vorgesehen, aber meine letzte Flasche dieses Weins hatte leider ein Korkproblem. Der Hubacker war ein würdiger Ersatz.

Viele Weine des Jahrgangs 2009 haben jetzt ihren Höhepunkt erreicht; einige haben ihn überschritten.
Benutzeravatar
octopussy
Beiträge: 4405
Registriert: Do 23. Dez 2010, 10:23
Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
Wohnort: Hamburg

Re: Riesling 2009

Beitrag von octopussy »

Danke für die Notizen. Ich hätte bei 22 Weinen auch Ermüdungserscheinungen, aber schon nach 6 Flights.
mixalhs hat geschrieben: Viele Weine des Jahrgangs 2009 haben jetzt ihren Höhepunkt erreicht; einige haben ihn überschritten.
Sicher, dass nicht einfach sehr viele Weine derzeit noch verschlossen sind? Das in die Breite gehen, das Hervortreten bestimmter Parameter wie Alkohol, das kommt schon mal vor, wenn die Weine verschlossen sind.
Beste Grüße, Stephan
Michl
Beiträge: 1240
Registriert: Di 22. Okt 2013, 19:04

Re: Riesling 2009

Beitrag von Michl »

Danke für deine Notizen, mixalhs! Mich wundern aber eure Punkte. Kannst du erklären, warum so tief gepunktet wurde? Auch Ollies VKN, die gerade eintrudeln, sind ja im Schnitt wirklich sehr tief angesiedelt. Ist das der Stil der Verkoster? Sind die Weine gerade wirklich so wenig überzeugend?

Viele Grüße

Michl
Viele Grüße

Michl
mixalhs
Beiträge: 1803
Registriert: Mi 7. Sep 2011, 11:29

Re: Riesling 2009

Beitrag von mixalhs »

.... ich weiß auch nicht, warum so tief gepunktet wurde. Meine eigenen Wertungen lagen höher. Beim Nachverkosten der Reste heute hatte ich nicht aber das Gefühl, dass die Luftzufuhr geholfen hat. Die Halenberge von SF und ES sowie auch das Kirchspiel von Keller lagen gerade mal bei 90 oder 91. Teilweise viel Frucht, z.B. beim Halenberg von ES, aber - zumindest für GGe - etwas zu wenig Finesse. Die Weine der Jahrgänge 2008 und 2010, die anfangs eher herb und bei Weitem nicht so zugänglich wie die 2009er waren, scheinen auf längere Sicht besser zu sein.
Benutzeravatar
Gaston
Beiträge: 1109
Registriert: Mi 15. Dez 2010, 13:53

Re: Riesling 2009

Beitrag von Gaston »

Das hier gesagte bestätigt so eine Theorie von mir, dass nämlich Jahrgänge, die bei der Arrivage sehr charmant und zugänglich wirken (2007, 2009, 2011) ein sehr problematisches, um nicht zu sagen mieses Reifeverhalten zeigen. Im G :| egensatz dazu überraschen immer wieder 08er ,10er, die ganz klasse reifen... Die Frage bleibt beim unebrechenbaren Riesling nach wie vor, ob die sich erholen, beim 11er hoffe ich ja noch, bein 09er naja. Die These, wonach diese ganzen unschönen Erscheinungen Bestandteil der "Verschlussphase" seien (ich glaub octopussy mutmaßte so), halte ich zumindest für fraglich. Wir werden sehen, und ich hoffe, dass ich Unrecht behalte.
Beste Grüße
Gaston
Benutzeravatar
sorgenbrecher
Beiträge: 1239
Registriert: Di 6. Sep 2011, 15:32
Wohnort: Ffm.

Re: Riesling 2009

Beitrag von sorgenbrecher »

Gaston hat geschrieben:Das hier gesagte bestätigt so eine Theorie von mir, dass nämlich Jahrgänge, die bei der Arrivage sehr charmant und zugänglich wirken (2007, 2009, 2011) ein sehr problematisches, um nicht zu sagen mieses Reifeverhalten zeigen.
ich befürchte, dass dies für viele weine der realität entspricht und bin darüber hinaus für die großen gewächse vieler erzeuger sowieso extrem skeptisch bzgl. des langfristigen reifeverhaltens.
Gruß, Marko.
Benutzeravatar
octopussy
Beiträge: 4405
Registriert: Do 23. Dez 2010, 10:23
Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
Wohnort: Hamburg

Re: Riesling 2009

Beitrag von octopussy »

mixalhs hat geschrieben:Die Weine der Jahrgänge 2008 und 2010, die anfangs eher herb und bei Weitem nicht so zugänglich wie die 2009er waren, scheinen auf längere Sicht besser zu sein.
Das glaube ich zwar auch. An einen frühen sterbenden Schwan der 2009er Großen Gewächse glaube ich aber nicht. Ich bin da etwas biased, weil ich mir seinerzeit recht viele GGs aus 2009 in den Keller gelegt habe (und die da immer noch liegen). Aber die GGs aus dem ebenfalls schon abgeschriebenen Jahrgang 2007 fangen jetzt langsam an, sich schön zu entwickeln. Das sind sicher keine Säuremonster, und sonderlich straff sind sie auch nicht. Aber ich trinke viele 2007er Rieslinge aktuell sehr gerne und sehe auch noch Potenzial. Das war vor 2 Jahren noch anders. Einige der zuletzt getrunkenen 2009er (z.B. Van Volxem Riesling Volz oder Rebholz Kastanienbusch) wirkten für mich einfach noch mega-jung. Der Van Volxem brauchte vier Tage offen, um sich zu zeigen.

Jeder mag seine Weine in unterschiedlichen Reifegraden. Aber fünf Jahre nach der Lese ist m.E. für Große Gewächse der qualitativ hochwertigen Erzeuger einfach ein schlechter Zeitpunkt. In fünf Jahren sprechen wir uns wieder.
Beste Grüße, Stephan
Benutzeravatar
Gerald
Administrator
Beiträge: 7717
Registriert: Do 24. Jun 2010, 08:45
Bewertungssystem: Auf Benutzername klicken
Wohnort: Wien

Re: Riesling 2009

Beitrag von Gerald »

Für die angestellten Österreicher würde ich schon auch annehmen, dass 2009 jetzt in einer typischen "unharmonischen Zwischenphase" ist und sich daher nicht optimal präsentiert. Die Achleiten 2009 der Domäne Wachau hat mir jedenfalls im Jugendstadium (Anfang 2011) ausgesprochen gut gefallen, siehe VKN-Datenbank.

Grüße,
Gerald
mixalhs
Beiträge: 1803
Registriert: Mi 7. Sep 2011, 11:29

Re: Riesling 2009

Beitrag von mixalhs »

Achleiten 2009 von der Domäne war auch für mich in seiner Jugend sehr schön: filigran mit zarten Blütenaromen. Jetzt wirkt der Wein etwas breiter und nicht mehr so fein. Bisher hatte ich ihn immer bei 92 Punkten, am letzten Wochenende nur bei 90/91.
Benutzeravatar
Markus Vahlefeld
Beiträge: 1689
Registriert: Do 4. Nov 2010, 10:43

Re: Riesling 2009

Beitrag von Markus Vahlefeld »

mixalhs hat geschrieben: Viele Weine des Jahrgangs 2009 haben jetzt ihren Höhepunkt erreicht; einige haben ihn überschritten.
Diese Aussage halte ich für etwas apodiktisch und wäre vorsichtiger. Nach dem Witterungsverlauf des 2009er Jahrgangs spricht nichts dagegen, dass die Rieslinge durchaus noch dabei sind, ihren Jugendspeck abzubauen. Ich wage zu behaupten, dass sich die Weine in 3 Jahren besser präsentieren dürften.

Trotzdem eine interessante Rangfolge.
Antworten

Zurück zu „Weinproben und Verkostungsberichte“