"Best of Red" in Berlin

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VillaGemma
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"Best of Red" in Berlin

Beitrag von VillaGemma »

Gestern Abend hatten wir im netten Kreis unter Kollegen und Freunden (insgesamt waren wir zu siebt) eine Weinprobe unter dem Motto "Best of Red", sprich jeder bringt eine (sehr) gute Flasche Rotwein mit. Ich hatte mir dazu schon ein paar Gedanken gemacht, mit was ich antrete. Ein 2003 C9dP von Beaurenard Cuvee Boisrenard, oder den 2003 Pegau "opfern"...hmmm... ein 2007er Tardieu Cuvee Special ...oder ein Priorato. Im Nachhinein bin ich mir recht sicher, dass der Tardieu/Pegau gewonnen hätte, aber ich wollte den Leuten einen Priorat schmackhaft machen. Also entschied ich mich für einen 2009er Roquers de Porrera :)

Die Weinprobe wurde blind durchgeführt und es traten an (jeder wusste dabei natürlich nur von seiner Flasche...die meisten Flaschen in Bordeaux-Form auch nicht zu erkennen. Sprich ich wusste nur vom Roque und hatte keine Ahnung, was mich sonst erwartet.):

1. Dalmau Rioja 2004
2. 2010 Clau de Nell
3. Clos Mogador 2009
4. Cos Estournel 2008
5. Lafon la Tuilerie 2010
6. Domaine Bruno Clair 2008 Vosne-Romanee "Les Champs Perdrix"
7. Roquers de Porrera 2009
8. Terra Romana Cuvee Charlotte
9. Trilogia 2009 (aus Griechenland)
10. Vasco Sassetti VS Brunello 2008
11. Malbec 2009 (Name leider verjessen...)
12. Turley Napa Valley 1999 Zinfandel
13. Archery Summit 1998 Oregon

Die Prioratos haben sich dabei hervorragend geschlagen und für sehr viel Diskussionsstoff gesorgt ;). Schon lustig, die meisten tendierten von ihren Vorlieben zum Bordeaux, so dass die Ergebnisse dann sehr überraschend aufgenommen wurden, denn:

Platz 1 ging dabei im Durchschnitt über alle Teilnehmer an zwei Weine: No1+No3, dicht gefolgt vom No 7, "meinem" :)

Ich muss zu meiner "Schande" gestehen, dass ich den Clos Mogador als Roque klassifiziert habe und umgedreht, beim Roque hatte ich "CM?" dran stehen. Was für ein Fehler ;) ...und bei mir hatte Wein No 7 die höchte Punktzahl, was mir aufzeigte, dass der Weinschrank nicht gänzlich falsch gefüllt ist :geek: Wein 7 war auch der einzige Wein, den ich mir vermerkt hatte als "whow, der ist lecker". Mit Abstrichen hatte ich das noch beim Clos Mogador so gesehen.

Abgestraft/Durchgefallen sind Wein 6,10 und bei mir auch 12. Der ging gar nicht; und ich weiß jetzt auch, was Marmeladenwein bedeutet. Puh...das war hart an der Grenze zum trinkbaren. Irgs.

Ranking im Durchschnitt:

Platz 1 Teilen sich Wein 1+3
Auf Platz 2 landete Wein No 7)
Auf Platz 3 landete Wein No 9)
Auf Platz 4 landete Wein No 8)
Auf Platz 5 landete Wein No 5)
Auf Platz 6 landete Wein No 4+11)
Auf Platz 7 landete Wein No 13
Auf Platz 8 landete Wein No 12
Auf Platz 9 landete Wein No 10
Auf Platz 10 landete Wein No 2
Auf Platz 11 landete Wein No 6

ERGO: Solche Proben machen viel Spass, sind aber auch recht anstrengend, da man sich schon sehr konzentrieren muss auf das, was man riecht und schmeckt. Für mich persönlich waren 13 Proben einen Tick zu viel. Nur 10 wären besser gewesen. Und man erkennt in der Tat seine Weine wieder, insbesondere wenn es Weine mit Charakter sind. Ziemlich lange Gesichter gab es beim Clos Estournel 2008, aber hallo: Wer gegen dann gleich Prioratos antritt, der muss damit rechnen, verhauen zu werden 8-)

Was sich die Edith noch wünschen würde: All die Jounalisten, die Artikelchen zusammenschreiben über das ach so tolle Thema: Warum kaufen Menschen Weine für über 2 Euro, wo doch alles exakt gleich schmeckt :roll: ...einfach mal so eine Probe mitmachen ;) ...dann weiß man schon ein wenig mehr, über was man schreibt.

Ach ja, im Hinterkopf hatte ich dabei die ganze Zeit die beiden tollen Beiträge über Master-Sommelier und die Weltmeisterschaft der Sommelier. Stolz bin ich in diesem Zusammenhang, dass ich beide Prioratos korrekt erkannt habe. Und das, obwohl ich bis gestern noch keinen Clos Mogador im Glas hatte :)
Da ich alle anderen Weine nicht kannte, lag ich dort gründlich daneben, was die Gegend angeht. Bei der Traube sah das schon wieder besser aus.
Zuletzt geändert von VillaGemma am So 25. Mai 2014, 18:54, insgesamt 4-mal geändert.
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UlliB
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Re: Best of Ref in Berlin

Beitrag von UlliB »

VillaGemma hat geschrieben:Ziemlich lange Gesichter gab es beim Clos Estournel 2008,
Ähem, könnte es sein, dass Du damit Cos (ohne "l") d'Estournel meinst, ein 2eme grand cru classé aus St. Estephe?

Falls ja: nun, wer hochwertige Bordeaux mitten in ihrer Verschlussphase aufmacht, hat auch nicht anderes verdient als lange Gesichter :evil:

Beim "Domaine Bruno Clair", der bei Dir ebenfalls durchgefallen ist, würde mich interessieren, welcher Wein dieses Erzeugers das denn genau war. Der macht jedes Jahr nämlich mehr als nur einen.

Dass ich es für eine ziemliche Schnapsidee halte, unter anderem einen Burgunder im direkten Vergleich zu Prioratos in eine Probe einzustellen, sei nur am Rande erwähnt. Das ist etwa so sinnvoll wie ein spätes Klavierstück von Schubert in ein Rockkonzert einzuschieben... :lol:

Gruß
Ulli
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VillaGemma
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Re: Best of Ref in Berlin

Beitrag von VillaGemma »

UlliB hat geschrieben:
VillaGemma hat geschrieben:Ziemlich lange Gesichter gab es beim Clos Estournel 2008,
Ähem, könnte es sein, dass Du damit Cos (ohne "l") d'Estournel meinst, ein 2eme grand cru classé aus St. Estephe?
Sorry..die ganzen Clos und Cos, da habe ich mich vertippt. Habs korrigiert. Und den Bruno ergänze ich gleich noch...war der Vosne-Romanee "Les Champs Perdrix"
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VillaGemma
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Re: Best of Ref in Berlin

Beitrag von VillaGemma »

UlliB hat geschrieben: Dass ich es für eine ziemliche Schnapsidee halte, unter anderem einen Burgunder im direkten Vergleich zu Prioratos in eine Probe einzustellen, sei nur am Rande erwähnt. Das ist etwa so sinnvoll wie ein spätes Klavierstück von Schubert in ein Rockkonzert einzuschieben... :lol:
Hallo Ulli,

hat halt jeder was mitgebracht, gell ;) ...hätten ja auch 13 Chiantis sein können. Und er hatte ja sogar das Glück, dass er nicht direkt nach einem Priorat dran kam.

Ich denke auch, dass einige Weine deutlich unter der absichtlich zufälligen (!) Reihenfolge gelitten haben. Aber am Ende des Tages kann es nur einen geben 8-) :lol:

PS: Verschlossen war der Cos Dingens übrigens NICHT! Warte mal, ich habe mir notiert:

Nase: Vanille, leicht Holz
Geschmack: Viel zu viel Holz, eher altes Holz, leicht rote Früchte...und 90 Punkte von mir. Immerhin.

Wein 10 war mMn noch lange nicht reif. Der hatte richtig kantige Tannine. Boah...und dann kam der Zinfandel :lol:
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UlliB
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Re: Best of Ref in Berlin

Beitrag von UlliB »

VillaGemma hat geschrieben: Und den Bruno ergänze ich gleich noch...war der Vosne-Romanee "Les Champs Perdrix"
Ah ja, das ist ein lieu dit in der appellation communale, also kein klassifiziertes Gewächs. Ich nehme mal an, der wirkte in dem Vergleichsfeld einfach nur sauer und dünn, richtig? - Das würde im Moment vermutlich fast jedem 2008er Burgunder so gehen, auch besseren. Der Jahrgang ist nicht gerade charmant und außerdem im Moment auch noch nicht sehr zugänglich.

Ganz allgemein: bei roten Burgundern denke ich wirklich (übrigens anders als bei trinkreifen Bordeaux), dass man die sinnvoll nur innerhalb der eigenen Kategorie vergleichen kann. Die Weine sind meistens einfach zu zart und subtil, um sich im direkten Umfeld von irgendwelchen Konzentrationsgranaten behaupten zu können.

Gruß
Ulli
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Re: "Best of Red" in Berlin

Beitrag von Ollie »

Selten ein line-up gesehen, das modernes Berliner Lebengefuehl so schoen auf den Punkt bringt... Pinot Noir gegen Zinfandel(!) von Turley(!!) - das hat schon was von Bambi meets Godzilla.

Es ist uebrigens auch Clau de Nell und nicht Clou, und Nappa ist das Leder; das Tal heisst Napa (wird auch beides lang gesprochen, als Eselsbruecke). Wie hat sich denn der Loire-Wein geschlagen, und welcher Cabernet war es, Franc oder Sauvignon?

Cheers,
Ollie
Yeah, well, you know, that’s just like, uh, your opinion, man.

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UlliB
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Re: Best of Ref in Berlin

Beitrag von UlliB »

VillaGemma hat geschrieben: PS: Verschlossen war der Cos Dingens übrigens NICHT! Warte mal, ich habe mir notiert:

Nase: Vanille, leicht Holz
Geschmack: Viel zu viel Holz, eher altes Holz, leicht rote Früchte...und 90 Punkte von mir. Immerhin.
Verschlossen heißt nicht unbedingt, dass der Wein aromatisch völlig tot ist. Auch sehr defensive Frucht deutet darauf hin. Ich kenne den Wein ganz gut und erwarte die echte Trinkreife hier frühestens irgendwo zwischen 2018 und 2020.

Im übrigen, mit "viel zu viel Holz" liegst Du für meinen Geschmack genau richtig - das ist ein ganz fundamentales Problem bei Cos in den Jahrgängen nach 1990. Scheint so aber sowohl dem Weinmacher als auch manchen Profi-Verkostern gut zu gefallen, und das Holz baut sich mit der Zeit zugegebenermaßen auch besser ein. Falsch liegst Du allerdings mit der Vermutung "eher altes Holz" - die haben da Kohle ohne Ende und verwenden beim Erstwein fast durchgängig neues Holz. Länger als drei Jahre wird da jedenfalls kein Fass belegt.

Gruß
Ulli
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VillaGemma
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Re: "Best of Red" in Berlin

Beitrag von VillaGemma »

Ollie hat geschrieben: Wie hat sich denn der Loire-Wein geschlagen, und welcher Cabernet war es, Franc oder Sauvignon?
Hallo Ollie,

danke für die Korrekturen. Wie gesagt, war keine Anordnung, sondern ein spassiges: "Best of Red, unbekannt verkosten".

Der Clau de Nell war nicht meins. Tendierte voll in die Richtung (Sauerkirsche, rote Johanisbeere, zu viel Säure), die ich nicht mag. Wobei ich noch wohlwollende 88 Punkte gegeben habe. Insgesamt hat der ja mit Platz 10 schon ziemlich alt ausgesehen. Die Nase war ganz schön, rote Beeren und Zitronenmelisse. Aber im Geschmack absolut nicht meins. Vielleicht zum Essen...
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Re: "Best of Red" in Berlin

Beitrag von austria_traveller »

VillaGemma hat geschrieben:2. 2010 Clau de Nell
Servus,
Also ich kann mir nicht vorstellen, dass der Wein Spaß gemacht hat - egal welcher es denn jetzt gewesen war.
Wir hatten am Samstag den 2003er Cabernet Franc und der Wein war eine Wucht.
Sehr tief, mit einer puristischen Frucht und einer Frische, die ich einem 11 Jahre alten Wein nicht zugetraut hätte. Stand in der Blüte seines Lebens und war sicherlich alles andere als altersschwach. Kann mir wirklich nicht vorstellen, dass ein
4 Jahre alter Wein (gut Grolleau hatte ich jetzt noch nicht) dieses Winzers in irgendeiner Weise Spaß machen könnte. Ich würd' sagen, da habt ihr einen Bock geschossen, daß ihr den Wein zu dem jetzigen frühen Zeitpunkt geöffnet habt.
Beste Grüße
Gerhard aus Wien
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VillaGemma
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Re: Best of Ref in Berlin

Beitrag von VillaGemma »

UlliB hat geschrieben: Ah ja, das ist ein lieu dit in der appellation communale, also kein klassifiziertes Gewächs. Ich nehme mal an, der wirkte in dem Vergleichsfeld einfach nur sauer und dünn, richtig?
Hallo Ulli,

sorry...die Woche war intensiv, daher erst jetzt die Antwort: Korrekt, exakt so.
UlliB hat geschrieben: Ganz allgemein: bei roten Burgundern denke ich wirklich (übrigens anders als bei trinkreifen Bordeaux), dass man die sinnvoll nur innerhalb der eigenen Kategorie vergleichen kann. Die Weine sind meistens einfach zu zart und subtil, um sich im direkten Umfeld von irgendwelchen Konzentrationsgranaten behaupten zu können.
Nun ja. Das mag ja sein, aber dazu 2 Punkte: Erstens, ich würde eher sagen, dass man für solche Weine ein sehr sehr feines Zünglein haben muss. Das habe ich nicht, schon eher meine Frau. Ich kann mit solchen Weinen einfach gar nix anfangen außer wegkippen, womit ich nicht trinken meine.

Und 2. : Vielleicht ist es richtig, dass man diese Weine nur unter sich trinken kann, aber bei Onkel Lobenberg lese ich grad mal wieder: "Burgund, die Qualitätsspitze aller Weine! ". Nun ja, wenn man sich als Weltspitze sieht, dann muss man sich auch vergleichen lassen. Ansonsten erinnert mich das ein wenig an das Wing Tzun Kampfsystem. Die betrachteten sich auch als unbesiegbar, bis sie an Wettkämpfen teilnahmen (MMA/UFC). Und siehe da, sie sind einfach "weggebolzt" worden. Hmmm...ist natürlich nicht 100% auf Wein übertragbar, aber welche Analogie ist das schon ;)

Ich für mich wurde an dem Abend 100% bestätigt, in dem, was ich (!) mag. Meine Frau hat unabhängig davon das gleiche Ergebnis. Bene! Erstaunt hat mich lediglich, dass mit der Rioja geschmeckt hat. Aber der hat auch wenig nach Tempranillo geschmeckt.
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