wir hatten diese Woche eine schöne Probe deutscher Süßweine mit "freestyle" Organisation. Jeder hat einfach eine Flasche mitgebracht, ohne dass es Vorgaben an Jahrgang, Anbaugebiet oder Traubensorte gegeben hätte. Probiert wurde blind einer nach dem anderen. Nach jedem Wein wurde aufgedeckt.
Ich ordne die Notizen mal nicht nach Reihenfolge, sondern nach Typ. Denn wir hatten eine ganze Menge Riesling Auslesen dabei.
Los ging es gleich mit einem Paukenschlag, nämlich der 1992 Erdener Treppchen Auslese ** von Christoffel jr., dem einzigen Wein, bei dem ich blind die Lage erraten konnte. Man mag das ja alles für Hokuspokus halten, aber manchmal prägt sich so eine bestimmte Winzer- oder Lagencharakteristik bei mir dann doch ein. Abgesehen davon war diese Auslese einfach ein Traum einer klassischen Mosel-Auslese, sehr ausgewogen, elegant und balanciert.
Völlig anders danach der Wolf im Schafspelz a.k.a. die Beerenauslese im Kleid der Auslese. Vielleicht war die 2006 Vollenweider Wolfer Goldgrube Riesling Auslese gesetzlich noch eine Auslese, aber mit ihren Honigaromen und extremen Süße und Viskosität wirkte sie eher wie ein höheres Prädikat. So richtig toll fand ich den Wein allerdings nicht, muss ich wohl sagen. Da fehlte mir einfach die Rasse, das war mir zu üppig.
Dann wurde ein Irrläufer eingestreut, was man gleich an der Flaschenform erkennen konnte. Die 2008 Johannishof Reinisch Riesling Auslese aus der Thermenregion war nicht schlecht, hatte schöne Agrumenaromen, auch hier fehlte mir aber etwas das Spiel und die Rasse. Schön war der Wein an dieser Stelle aber, weil er so völlig anders war als die ersten beiden.
Die vierte Riesling Auslese kam vom Weingut Reinhold Fuchs und schien eine Spezialabfüllung für Rindchen zu sein, jedenfalls stand so was in die Richtung auf dem Rückenetikett. Es war die 2010 Pommerner Goldberg Riesling Auslese ***** "Projekt Goldberg" mit über 13 g/l Säure. Diese Säure dominierte den Wein auch ungemein, dass es eine Auslese ist, war nur schwer zu erkennen. Spannend war der Wein, aber auch etwas anstrengend wegen dieser krassen Säure. Eleganz ist etwas anderes, trotzdem mochte ich den Wein sehr gerne.
Dann hatten wir noch die 1990 Carl-Schmitt Wagner Longuicher Maximiner Herrenberg Riesling Auslese, die ein bisschen Luft brauchte, um einen leichten muffigen Holzfasston los zu werden. Das Alter war hier wie beim Christoffel Jr. letztlich kaum zu erkennen, Reifetöne waren da, aber eher dezent. Ansonsten gefielt mir auch diese Auslese sehr gut, sehr klassisch, sehr schönes Spiel, aber auch etwas rustikal. Die ganz große Klasse habe ich nicht gesehen, aber das muss man für um die 10 Euro auch nicht erwarten.
Neben dem vorgenannten Wein hatte ich noch meine Lieblings-Spätlese aus 2009, nämlich die 2009 Enkircher Ellergrub Riesling Spätlese von Weiser-Künstler mitgebracht, der mich heuer genauso begeisterte wie vor mehr als einem Jahr. Er stinkt immer noch brutal nach Spontangärung und hat seine Aromatik etwas von dunklen Aromen zu helleren Aromen hin bewegt mit Holunderblütennoten, die sehr schön reinpassten. Die Profikritikernoten waren bei dem Wein nicht so überragend, aber für mich ist das einfach eine Wunder-Spätlese.
Dann hatten wir noch zwei Pfälzer, nämlich eine passable, wenn auch nicht sonderlich aufregende 2009 Mußbacher Eselshaut Traminer Spätlese der WG Weinbiet-Neustadt. Ich habe offen gesagt schon schlechtere Winzergenossenschafts-Süßweine getrunken. Völlig absurd kam mir die Idee des 2006 Merlot Rosé Auslese von Bergdolt (St.-Lamprecht) aus Duttweiler vor. Warum man nun eine Rosé Auslese aus Merlot in der Pfalz machen muss, erschließt sich mir nicht so richtig. Wenn er wenigstens geschmeckt hätte. Aber die extremen Bitternoten des Weins fand ich nicht wirklich prickelnd. Ich wüsste auch nicht, zu welchem Essen man den Wein trinken sollte.
Das war jedenfalls eine sehr schöne und spannende Probe. Hier noch meine Notizen:







