Hallo Leo,
was Du machst, ist sehr ehrenrührig. Trotzdem halte ich vieles, was Du sagst und schreibst, für einen "Anfängerfehler".
Unser Strom soll grün, unser Brot bio und unser Frühstücksei von ‘glücklichen’ Hühnern sein (ich habe, ganz nebenbei bemerkt, noch nie ein glückliches Huhn gesehen). Unser Steak soll vom Bauernhof um die Ecke stammen oder zumindest mittels schadstoffarmen LKWs ins Supermarktregal gelangen. Das Schwein soll ‘stressfrei’ auf die Schlachtbank kommen und für Blähungen nehmen wir Wunderjoghurts (für welche in bestimmten Ländern aufgrund der nachgewiesenen Werbelüge Sendeverbot besteht). Beim Wein jedoch ist Schluss mit vernünftig.
Als wären die o.g. Hysteria in irgendeiner Form vernünftig. Dieser Irrglaube, dass "grün" in irgendeiner Art besser wäre als konventionell ist eine der neuen hysterischen Säue, die durchs Marketing-Dorf getrieben werden und wiederholt letztlich nur, womit die "Konventionellen" so lange durchgekommen sind: ein Produkt durch Schönfärberei zu mystifizieren. Wenn der 47-Minuten-Bericht auf Deiner HP darstellt, dass die globalen Industrieweinerzeuger mit Bildern der "schönen heilen Weinwelt" werben, dann wird dabei unterschwellig transportiert, dass eben diese Bilder der Industrie nicht zustehen, sondern nur den "ehrlichen" Erzeugern. Dass diese vermeintlich "ehrlichen" Erzeuger mit Beton-Eiern arbeiten, die nachweislich gesundheitsschädliche Stoffe in den Wein transportieren, dass Öko-Winzer ohne Kupfer nicht auskommen, dass Zuchthefen und Chips auch in Öko-Weinen verwendet werden dürfen undsoweiterundsofort... all das muss dann unterschlagen werden, um dieses Heile-Welt-Bild wieder zu gewinnen. Damit wird eine Lüge durch eine neue Lüge ersetzt, was ich für einen Rückschritt halte. Es geht nicht um den Gegensatz von Industriewein zu vermeintlich ehrlichem Wein, sondern um eine Transparenz in der Weinbereitung, um die sich auch die meisten vermeintlich ehrlichen Erzeuger herumdrücken. Übrigens: alle diese in dem Bericht erwähnten "Zusatzstoffe" der Weinmultis sind auch in Öko-Weinen erlaubt.
Und meinst Du wirklich, dass, wenn man an die Loire fährt (aus dieser Region besprichst Du ja einige Weine enthusiastisch), nicht auch so verkommene und verrottete Weinberge finden kann, wie in dem Bericht suggeriert wird, dass sie für die Champagne "normal" wären?