Lars Dragl hat geschrieben:
ich habe mir auf Eure euphorischen Einträge hin eine Fl. Juffer GG 2015 von Oliver Haag gekauft, kann aber die hohen Bewertungen nicht nachvollziehen. Ich habe den Wein über vier Abende getrunken und zusammenfassend möchte ich sagen:
Mittleres Strohgelb ohne grünliche Reflexe, keine erkennbare Kohlensäure, sehr schöne Nase, mit hellem Pfirsich und Apfel, vielleicht sogar Ananas und Mango, aber sicherlich eine erkennbare Schiefernote und sogar etwas Rauch. Im Mund dann aber zu weich und rund, wenn auch sehr ausgewogen. Ecken und Kanten fehlen. Spannung und Zug sind kaum zu erkennen und der Wein wir schnell langweilig, denn auch Tief ist nicht vorhanden und der Abgang ist mir für 20 Kröten deutlich zu kurz. Am vierten Tag war der Wein flach wie ein Brett und mausetot. Der Alk. war auch schon am ersten Tag zu schmecken, am vierten Tag relativ deutlich.
Ich hatte den Wein am Wochenende im Glas und kann die Kritik nur zum Teil nachvollziehen.
Vorweggeschickt: ich denke nach wie vor, dass die Mittelmosel für die Erzeugung von trockenen Rieslingen im GG-Stil nicht sonderlich geignet ist. Ob es am Schiefer liegt oder an den klimatischen Grundvoraussetzungen: die klare Brillianz und enorme Tiefe, die trockene Rieslinge aus anderen Gebieten Deutschlands oder Österreichs erreichen, finde ich hier höchst selten - und meistens glaube ich, dass das Endprodukt mir besser geschmeckt hätte, wenn man dem Wein ein paar Prozent Alkohol weniger und entsprechend mehr Restzucker belassen hätte. Der Alleinstellungsanspruch der Mosel beruht für mich auf den restsüßen Weinen, nicht auf den trockenen.
Davon abgesehen, fand ich das Juffer GG aber alles andere als schlecht. Zu einigen Punkten:
"Im Mund dann aber zu weich und rund, wenn auch sehr ausgewogen. Ecken und Kanten fehlen." - Ja, den Punkt sehe ich schon - aber ob man das als negativ empfindet, ist Geschmacksfrage. Das Fehlen von Ecken und Kanten ist bei Fritz Haag halt der Hausstil, die Weine kommen eigentlich immer sehr leise und auf den ersten Blick beinahe unscheinbar daher. Das Thema ist hier subtile Eleganz, nicht "Ecken und Kanten". Wer die haben möchte, muss sich anderswo umsehen.
"Tiefe ist nicht vorhanden" - das kann ich nun nicht nachvollziehen. Dem Hausstil folgend ist das halt Streichquartett und nicht großes Orchester, da muss man schon etwas genauer hinhören. Und da hat der Wein durchaus einiges zu sagen.
"Abgang zu kurz" - kommt drauf an, was man erwartet. Übermäßig lang ist der Wein tatsächlich nicht, aber für meine Begriffe auch nicht zu kurz.
Alles in allem ein schöner Wein, der aber auch bei mir keinen Nachkaufreflex auslöst. Wie oben gesagt: trockene Rieslinge kaufe ich nicht an der Mittelmosel, da möchte ich einfach mehr Klarheit, Defintion und auch Druck im Glas. Und die bekomme ich anderwo zuverlässiger.
Gruß
Ulli