Bordeaux 2015

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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harti
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von harti »

octopussy hat geschrieben:Ein paar Derenoncourt Weine haben ihr auch gut gefallen, mehr als 17 Punkte kriegt aber keiner. Was ist da los?
Hallo Stephan,

hier kann man wirklich nach Herzenslust spekulieren, nachvollziehbar sind die Bewertungen für mich - zumindest partiell - nicht. Scheinbar hat sie eine Abneigung gegen Derenoncourt-(Weine). Der Moueix-Wein Belair-Monange (von mir nicht probiert) bekommt dagegen trotz katastrophaler Beschreibung eine sehr wohlwollende Bewertung.

Grüße

Hartmut
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octopussy
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von octopussy »

Hallo Hartmut,

ja, bei Pomerol und St. Emilion hört für mich die Konsistenz ihrer Notizen auch ein bisschen auf. Da stehen oft Punkte hinter Textbeschreibungen, die nicht so recht zusammenpassen wollen. Keine Ahnung, was da los war.
Beste Grüße, Stephan
Trinkfreude
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Trinkfreude »

Mir geht es so ähnlich. Grundsätzlich fällt mir auf, dass bei vielen englischen Verkostern (Kritikern wie Händlern) das Bewertungsniveau auf dem rechten Ufer insgesamt gegenüber dem linken Ufer etwas abfällt - nicht nur in diesem Jahr. Etwas klischeemäßig-flapsig könnte man sagen, der Brite mag halt seinen Claret eher Cabernet-orientiert.
Ich fahre in den letzten Jahren gedanklich recht gut damit, bei den Bewertungen fürs rechte Ufer tendenziell einen halben Punkt dazuzurechnen und beim linken Ufer einen halben Punkt abzuziehen, dann kommt das ganze ungefähr in meiner Wahrnehmungswelt an. (Bei Parker war es eher umgekehrt.)
Dass bei manchen VKNs Text und Punkte nicht so recht zusammengehen wollen, lässt sich dadurch natürlich nicht beheben... Pavie Decesse kommt je erstaunlich gut weg, da hätte ich ein strengeres Urteil vermutet.
Ollie
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Ollie »

Noch mehr britische Gaumen! Berry Bors & Rudd sind auch online:

http://www.bbr.com/bordeaux-2015-tasting-notes

Extraprima ist uebrigens seit einigen Tagen mit Punkten draussen; keine Ahnung, ob da noch Beschreibungen folgen werden.

Cheers,
Ollie
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Matthias Hilse
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Matthias Hilse »

Im Allgemeinen werden die Verkostungsbedingungen für die Derenoncourt Weine (La Grappe auf Ch. La Gaffeliere) der Komplexität der Sache nicht gerecht. Das ist ein klarer Malus für die Weine. Sofern man z.B. in diesem Jahr Beausejour Duffau oder auch Larcis Ducasse dort, auf Pavie-Macquin, dann Im Stadion, bei der Union und dann vielleicht noch bei dem ein- oder anderen Negociant verkostet hat, hatte man einfach unterschiedliche Weine im Glas.

Derenoncourt ist mit seinem Troß öfter auf Tour und macht mit seinem eigenen Marketing der Selbstvermarkterin Jancis Robinson Konkurrenz. Man sollte sich da nichts vormachen. Die Zeiten, in denen Weinbewertungen genuin der Sache verpflichtet und ansonsten intentionslos waren, sind eigentlich vorbei. Am Ende muss nicht nur der Händler Wein verkaufen, sondern der Kritiker auch Bewertungen.

Es ist ja doch kein Zufall, dass Neil Martin in einer anderen Liga spielt - jetzt einmal unabhängig davon, ob man ihm zutraut, ein schweres Erbe anzutreten. Der Wine Advocate hat es geschafft, der einzige Premier Cru der Kritikerzunft zu sein. Wenn Neil Martin es sich wird leisten können, ohne manierierte Pointierung auszukommen, heißt das nicht, dass dies für seine Kollegen/innen auch so ist.

Heute morgen kamen wieder einige Weine heraus. Chasse Spleen z.b. @ € 19,20 und Mille Roses Margaux @ € 13,10

Herzliche Grüße,
Matthias Hilse
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octopussy
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von octopussy »

Matthias Hilse hat geschrieben:Die Zeiten, in denen Weinbewertungen genuin der Sache verpflichtet und ansonsten intentionslos waren, sind eigentlich vorbei. Am Ende muss nicht nur der Händler Wein verkaufen, sondern der Kritiker auch Bewertungen.
Das ist mir zu unkonkret. Was ich ja nachvollziehen kann, ist, dass man z.B. Parker oder Galloni oder Suckling vorwirft, sie würden über 100 Punkte Weine Medienbuzz generieren. Aber bei Jancis Robinson ist mir der Vorwurf der Selbstvermarktung nicht ersichtlich. Will sie aus Ihrer Sicht sich als "besonders streng" vermarkten?
Beste Grüße, Stephan
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octopussy
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von octopussy »

Neben Chasse-Spleen wurde heute auch Ch. Coutet releast. +10% auf den durchgängig sehr hoch bewerteten 2014er. Von Sauternes und Barsac werde ich dieses Jahr insgesamt ablassen.

https://www.thedrinksbusiness.com/2016/ ... l-rolling/
Beste Grüße, Stephan
schneesurfer
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von schneesurfer »

Ollie hat geschrieben:... Uebrigens, schon gesehen: Einige (viele?) 2014er werden von Farr besser bewertet als die 2015er Pendants - und zwar auch auf dem rechten Ufer.
Cheers,
Ollie
...wo finde ich denn die 14'er Bewertungen von Farr?
Gruß
Schneesurfer

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Ollie
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Ollie »

Hier: http://www.farrvintners.com/wine_region.php?region=1

... und durch die Jahrgaenge klicken. Sollte ein Wein nicht mehr verfuegbar sein, hilft gelegentlich google ("Farr vintners Wein Jahr"), um die Seite im cache zu sehen.

HTH & Cheers,
Ollie
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Matthias Hilse
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Matthias Hilse »

octopussy hat geschrieben: Das ist mir zu unkonkret. Was ich ja nachvollziehen kann, ist, dass man z.B. Parker oder Galloni oder Suckling vorwirft, sie würden über 100 Punkte Weine Medienbuzz generieren. Aber bei Jancis Robinson ist mir der Vorwurf der Selbstvermarktung nicht ersichtlich. Will sie aus Ihrer Sicht sich als "besonders streng" vermarkten?
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich mich nicht berufen fühle, meine bewusst dezent nebulös formulierte Meinung - schließlich steht es mir überhaupt nicht zu, mich aus den Niederungen meiner eigenen Beobachterperspektive zu erheben - solcherart zu konkretisieren, dass sie ggf. mit ihrer persönlichen Sympathie für die einzelnen Verkoster harmoniert.

Parker war derjenige der avant la lettre überhaupt erst einmal die Bedingungen zur Identifikation von Perfektion (besser ausformuliert ist das hier: http://www.aux-fins-gourmets.de/blog/20 ... verkoster/) schuf. Er hat immerhin mit grosser Verkosterseele Perfektion regelmäßig dort erkannt, wo es sie auch tatsächlich gibt - und sie in einem Akt des Zurückruderns besonders manchem Premier Cru verweigert, um die Büchse der Pandora wieder zu verschließen. Mit Dürrenmatt wissen wir aber, dass bereits ein solches Ansinnen tragisch ist.

Sucklings USP ist "to be the premier in the premiers business". Seine Bewertungen huldigen dem Exzess, aber er ist ja durchaus nicht der Einzige, bei dem man eigentlich eine Art logarithimische Skala annehmen muss ;) .

Bei Jancis Robinson lassen die Texte nicht selten darauf schließen, dass die Muster in einem nicht "TÜV-gerechten" Zustand waren. Als Verkoster habe ich die Möglichkeit, dort die Koinzidenz zur Substanz zu erheben, wo es mir die Mühe nicht wert ist, den Wein noch einmal anderswo zu probieren. Wenn im Troß verkostet wird, potenziert sich der Eindruck, wenn z.B. drei Leute ein nicht optimales Muster haben.

Generell geht es aber doch auch um die Frage, ob das, was ich jetzt im Detail schmecke, überhaupt eine Relevanz dafür hat, wie der Wein in der Zeit seiner Genußreife sich präsentieren wird. Wenn Sie so wollen, halte ich den Stil von Jancis Robinson, der bei einer Veranstaltung, deren Wirkung normale Zeithorizonte transzendiert, für zu sehr gefangen im Moment möglicher subjektiver Insuffizienz (suboptimales Muster, Tiefdruckgebiet, Zeitpunkt des Verkostens, Lärm, Parfümierung, Temperatur etc).

Wer je einen Bandol alter Schule jung probiert hat, kann vielleicht ermessen, dass eine Beschreibung seines jugendlichen Gaumenauftritts nicht dazu taugen wird, den Kreis seiner Symphatisanten zu erhöhen. Man will doch aber auch garnicht wissen, wie etwas jetzt schmeckt, was man 20 Jahre später trinkt.

Herzliche Grüße,
Matthias Hilse
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