Bordeaux 2015

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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innauen
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von innauen »

Das geht ja teilweise diametral zu den Beobachtungen anderer, die Pichon Comtesse sehr weit oben sehen. Für die Konsumenten wird es in diesem vielstimmiger Kritikerchor nicht einfach den Text zu verstehen, weil der Solist fehlt.

Wir sind wieder so ein wenig wie in der Vor-Parker-Ära. Es gibt punktende Weinhändler mit Exklusivitäten, die rein zufällig hoch bepunktet werden, Weinkritiker, die mit Weinhändlern geschäftlich verbunden sind und eine bunte Gruppe an Kritikern, die entweder ob ihrer Punkteinflation oder der geringen Differenzierung oder weil sie zu wenige kennen keine echte Relevanz haben.

Wie sagten schon Tick, Trick und Track beim Fähnlein Fieselschweif? Trau, Schau, Wem. Und wer soll das sein?

Grüße,

Wolf

P.S. Wir fanden Pontet Canet auf unserer Probe mit berlinkitchen alle als recht beeindruckend und auch als typische Bordeaux. Ob man das Terroir der Appellationen so klar herausschmecken kann, danach habe ich nach vielen, vielen Blindproben (in denen ich gerne einen St. Emilion als typischen St. Estephe rausschmecken wollte und umgekehrt) weiß ich nicht. Ich kann einen Paulliac jedenfalls blind nur erkennen, wenn ich zuvor verdammt viele Paulliacs im Glas hatte. Und das ist auf Grund der Preise immer seltener der Fall.
„Es war viel mehr.“

Johnny Depp dementiert, 30.000 Dollar im Monat für Alkohol ausgegeben zu haben. (Quelle: „B.Z.“)
Trinkfreude
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Trinkfreude »

Auf jeden Fall wird es noch wichtiger, die Texte zu lesen und nicht nur Punkte zu zählen. Wenn man sich da ein wenig Mühe macht, findet man schon einiges raus. Hier und da gibt es ja doch noch Leute, die sich sprachlich so ausdrücken können, dass man ein Bild des Weines in den Kopf bekommt.
Ich bin z. B. gerade auf der Farr Vintners Seite zum ersten Mal über die Notizen von Matthew Jukes gestolpert. Finde ich gar nicht so schlecht - der weist recht klar auf Eigenschaften hin, die er für potenziell kritisch hält, aber hat auch im Positiven ganz gute Bilder. Beispiel Trotanoy:

"Trotanoy is powerful and omnipotent in 2015 with considerable structure and a very dry, long, domineering finish. The grip of tension on the finish is incredible and it heightens the briary, exotic notes which cavort on the surface of this doom-laded potion. Trotanoy is angry and it wants everyone to know. When you drink this wine, in two or three decade’s time, it will have reconciled its issues with world and will presumably present itself as a mild-mannered Titan, but for the time being it is raucously tannic and immensely impressive. Score: 19+"

Klingt irgendwie wie Oli Kahn :lol:
Ollie
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Ollie »

Zum Post-Lunch-Espresso: Jeff Leve mit St-Estephe.

http://www.thewinecellarinsider.com/201 ... wines-buy/

Cheers,
Ollie
Yeah, well, you know, that’s just like, uh, your opinion, man.

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octopussy
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von octopussy »

innauen hat geschrieben:Das geht ja teilweise diametral zu den Beobachtungen anderer, die Pichon Comtesse sehr weit oben sehen. Für die Konsumenten wird es in diesem vielstimmiger Kritikerchor nicht einfach den Text zu verstehen, weil der Solist fehlt.
Man darf, denke ich, nicht außer acht lassen, dass Geschmäcker unterschiedlich sind. 17,5+ Punkte sind im Übrigen für Jancis R. eine sehr hohe Bewertung.

Ich finde ja diese Pluralität in den Meinungen post Parker viel besser. Parker hat zum Schluss teils wirklich absurde Bewertungen verteilt, gerne an völlig überextrahierte Garagenweine. Das war am Ende auch keine Hilfe mehr, höchstens dahingehend, dass ich um Weine, die keinen klassischen Track Record haben und die von Parker hoch bewertet wurden, einen großen Bogen gemacht habe.

Von Galloni werden dieses Jahr vermutlich eher verhaltene Notizen kommen, das deutet sich schon an. Er will definitiv nicht der Jubelperser sein, das bewahrt er sich lieber für Piemont, Toskana und Napa Valley auf.

Ich bin sehr gespannt auf die WA Neal Martin Notizen.
Beste Grüße, Stephan
lutom
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von lutom »

lutom hat geschrieben:Kann mir jemand was zu diesem "Außreiser" (98 Punkte) bei Wine Enthusiast erzählen? Sollte ja 2014 von Sylvie Cazes aufgekauft worden sein (Ondet Familie). Wine Enthusiast schreibt Pomerol, Chauvin ist allerdings St. Emilion. Oder ist doch ein anderes Chateau gemeint?
Sorry, anbei der Link: http://www.winemag.com/buying-guide/vie ... le-pomerol

Hat jemand eine Ahnung? lg
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octopussy
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von octopussy »

lutom hat geschrieben:
lutom hat geschrieben:Kann mir jemand was zu diesem "Außreiser" (98 Punkte) bei Wine Enthusiast erzählen? Sollte ja 2014 von Sylvie Cazes aufgekauft worden sein (Ondet Familie). Wine Enthusiast schreibt Pomerol, Chauvin ist allerdings St. Emilion. Oder ist doch ein anderes Chateau gemeint?
Sorry, anbei der Link: http://www.winemag.com/buying-guide/vie ... le-pomerol

Hat jemand eine Ahnung? lg
Noch nie gehört, aber Vieux Château Chauvin gibt es. http://sergedoreselections.com/wine_inf ... u-chauvin/
Beste Grüße, Stephan
Matthias Hilse
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Matthias Hilse »

Heute morgen kommen gleich eine Reihe von Preisen in der Cru-Bourgeois-Klasse heraus:

Senejeac @ € 8,90 (+ 12,4%)
Charmail @ € 10,70 (+3,8%)
Carlmagnus @ € 8,70 (+ 10,3%)
Grands Chenes @ € 9,84 (+ 8,5%)

Schaut man sich die "Millesima" Preise eines Teils dieser Weine an, müsste man vorsichtig von einem Mißbrauch des Negociant-Status sprechen, denn dort wird Lanessan 2014 an Endkunden günstiger verkauft - als Händler ihn am Place de Bordeaux einkaufen konnten.

Das ist eine durchaus neue Entwicklung, die weiterhin zu beobachten interessant sein wird. Die Risikohinwendung in Form von entsprechenden Positionierungen wird dadurch jedenfalls nicht motiviert.

Herzliche Grüße,
Matthias Hilse
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octopussy
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von octopussy »

Und hier Jancis Robinson mit ihren Favoriten aus St. Estephe:

Primus inter Pares: Cos d'Estournel - 18,5 P ("A lovely pair of slippers. Real tension and ripeness - great combo. Nothing forced.")

Abgeschlagen dahinter:

Le Bosq - 17 P ("Very direct and very St-Estèphe. Masses of ripe fruit on the palate.")

Calos-Segur - 17+ P ("Edgy finish but more sweetness than there used to be. Intense - more intense than usual for this property."). Das ist erstaunlich, Jancis Robinson ist eigentlich ein Riesen Calon Segur Fan.

Les Pagodes de Cos - 17 P ("Round and flattering - very smart texture.")

Montrose - 17+ P (hier die ganze Notiz, weil sie so interessant ist: "Very dark and very dramatic. Even a hint of overripeness on the nose. A little stodgy. Could do with a little more lift. A little dry at present. Clearly fashioned for the very long term. Kerpow! Very much in the style of the old Montroses in terms of sheer concentration.")

Serilhan - 17 P ("Bright, vibrant, open-knit. A good example of St-Estèphe, with the combination of structure and perfume."). Noch nie getrunken.
Beste Grüße, Stephan
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harti
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von harti »

octopussy hat geschrieben: Montrose - 17+ P (hier die ganze Notiz, weil sie so interessant ist: "Very dark and very dramatic. Even a hint of overripeness on the nose. A little stodgy. Could do with a little more lift. A little dry at present. Clearly fashioned for the very long term. Kerpow! Very much in the style of the old Montroses in terms of sheer concentration.")
Hallo Stephan,

Montrose habe ich in St. Estèphe ganz klar vorne gesehen. Auch ich fühlte mich an die Stilistik der älteren Jahrgänge erinnert, in diesem Fall an 1989: schöne Cabernet-Nase, rund, sehr konzentriert, gute, reife Struktur, sehr geschmeidig für ein St. Estèphe (95-97).

Cos, Calon Ségur (je 91-94) und Lafon Rochet (90-93+) folgen bei mir mit deutlichem Abstand.

Grüße

Hartmut
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octopussy
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von octopussy »

harti hat geschrieben:
octopussy hat geschrieben: Montrose - 17+ P (hier die ganze Notiz, weil sie so interessant ist: "Very dark and very dramatic. Even a hint of overripeness on the nose. A little stodgy. Could do with a little more lift. A little dry at present. Clearly fashioned for the very long term. Kerpow! Very much in the style of the old Montroses in terms of sheer concentration.")
Hallo Stephan,

Montrose habe ich in St. Estèphe ganz klar vorne gesehen. Auch ich fühlte mich an die Stilistik der älteren Jahrgänge erinnert, in diesem Fall an 1989: schöne Cabernet-Nase, rund, sehr konzentriert, gute, reife Struktur, sehr geschmeidig für ein St. Estèphe (95-97).

Cos, Calon Ségur (je 91-94) und Lafon Rochet (90-93+) folgen bei mir mit deutlichem Abstand.
Die eher niedrige Bewertung von Montrose wundert mich auch ein bisschen. Kann eigentlich nicht sein, dass Serilhan oder Pagodes des Cos auf dem Level von Montrose sein sollen. Calon Segur wurde irgendwie durch die Bank weg nicht so hoch bewertet wie sonst. Liegt das am Jahrgang oder ist der Aufwärtstrend der letzten Jahre erst einmal ins Stocken geraten?
Beste Grüße, Stephan
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