Hallo zusammen,
auf der Internetseite des Deutschen Weininstituts bin ich in der Rubrik "Aktuelle Buchtipps" über das Bändchen
Wein am Mittelrhein von Stephanie Zibell gestolpert. Untertitel: "Die besten Winzer, Gutsschänken und Ausflüge". Bei einem Preis von 12.90 Euro habe ich das Buch (136 S.) spontan bestellt.
Zu Beginn wird obgligatorischerweise die
Geschichte des Weinbaus am Mittelrhein sowie "Lagen, Rebsorten, Rebflächen" abgearbeitet, allerdings in so knapper und oberflächlicher Art und Weise, dass jeder Blick in einen entsprechenden Wikipedia-Eintrag mehr Informationen bietet.
Der
Serviceteil ist nach Weinbauorten unterteilt, insgesamt 11 Stück von Oberheimbach im Süden bis Hammerstein im Norden. In jedem dieser Kapitel werden zunächst stichwortartig die wichtigsten Sehenswürdigkeiten oder Ausflugsziele aufgezählt. Sodann folgen unter der Überschrift „Spannendes Oberwesel“ (Bacharach, Kaub…) zwei bis drei Seiten, die eine interessante, meist historische Geschichte des Ortes erzählen.
Darauf folgt die Rubrik „Winzer in…..“, wo, je nach Ort, 1–4 Weinbaubetriebe im Kurzporträt vorgestellt werden. Und hier ist einerseits die Auswahl der Betriebe nicht nachzuvollziehen und andererseits die Art der Präsentation mehr als dürftig.
Niemand hat ja etwas dagegen (im Gegenteil), wenn auch mal
unbekanntere Winzer eine Plattform bekommen, aber man kann nicht wirklich ein Buch über Mittelrheinwein schreiben mit dem Untertitel „Die besten Winzer…“, ohne ein Sterbenswörtchen über die
unstrittig besten Betriebe der Region wie Weingart, Müller, Kauer, Jost, Ratzenberger etc. zu verlieren. Bacharach repräsentieren in dem Band beispielsweise die Weingüter Hans-Jürgen Jost (nicht zu verwechseln mit Toni Jost), Bernhard Praß und das Weinhaus ,Zur Fledermaus‘. Warum gerade diese drei Betriebe ausgewählt wurden, bleibt vollkommen unklar. Analog gilt dies für die anderen Weinbauorte.
Genauso wenig überzeugend ist die
Präsentation der Güter. Außer Kontakt- und ein paar Basisdaten (Weinbergsfläche, Rebsorten usw.) erfährt man selten Erhellendes. Zwar gibt es bei jedem Winzer einen Absatz „Besonderes“, da stehen dann aber Dinge wie:
Trotz Verwurzelung in der Tradition hat doch längst moderne Kellertechnik auf höchstem Niveau im Weingut XXX Einzug gehalten. Aber: Für die Qualität der Weine stehen in erster Linie Wissen und Fähigkeiten von Winzer und Kellermeister, ihre Inspiration und ihr Engagement. Oder:
Wunderschöner Gewölbekeller für Weinverkostungen und erlesene Menüs. Oder:
Im Jahr 1975 wurde aus dem bisherigen Misch- ein Vollerwerbsbetrieb. Etc. etc.
Um nicht nur zu meckern: Das mit Abstand Interessanteste in dem Buch sind die
kurzen historischen Exkurse in den Abschnitten „Spannendes……“. Zwar liest man dort Dinge, die man so oder so ähnlich schon an anderer Stelle las (Geschichte des Feuerweins, Freistaat Flaschenhals), doch erfuhr ich auch mir bis dahin unbekannte Dinge (Historischer Stollen – Rheinunterquerung bei Sankt Goar, „Hammersteiner Ehestreit“, Kurwesen in Boppard u.a.). In diesen Passagen merkt man, dass die Autorin, wie man im Anhang erfährt, Privatdozentin mit dem Schwerpunkt Regionale Zeitgeschichte ist. Was Dr. Stephanie Zibell (Studium der Politologie, Germanistik, Publizistik) jedoch dazu qualifiziert, ein Buch über
Weine und Winzer am Mittelrhein zu schreiben, ist unklar. Ein ausführlicherer Band mit ausschließlich regionalhistorischen Geschichten, Episoden und Anekdoten wäre sicherlich zielführender und interessanter.
Fazit: Wer etwas über Weine und Winzer am Mittelrhein erfahren will, braucht diese Buch nicht. Was Einzeldarstellungen zum Mittelrhein-(Wein) betrifft, bleibt für mich
Jens Burmeister das Maß aller Dinge. Das gilt sowohl für seine sehr informative Seite
www.mittelrhein-weinführer.de als auch die daraus entstandenen Publikation „
Weinromantik und Terroirkultur“(derzeit leider vergriffen) und den Band mit Winzerporträts „
Mittelrheinwein“.