Pestizideinsatz im Médoc

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Ollie
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von Ollie »

Den Konsumenten ist vielleicht egal, was in der Flasche ist, aber ganz sicher nicht, was auf dem Etikett steht. Es muss schon Riesling Auslese sein, aber halt fuer lau. Deswegen zuenden die PiWis nicht.
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Gerald
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von Gerald »

Ich denke auch, dass die Konsumenten am Anfang sicher misstrauisch sein werden, was sicherlich für die Vorreiter die Sache schwierig macht.

Allerdings war das am Anfang beim Schraubverschluss genauso (der Falstaff hat seinerzeit den Untergang der Weinwelt herbeibeschworen, als das Wg. Hirsch als einer der ersten in Österreich damit angefangen hat). Jetzt hat er sich weitestgehend durchgesetzt und fast niemand vermisst mehr das "Plopp" (und TCA etc.) ...

Grüße,
Gerald
Muellimov
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von Muellimov »

Ollie hat geschrieben:Den Konsumenten ist vielleicht egal, was in der Flasche ist, aber ganz sicher nicht, was auf dem Etikett steht. Es muss schon Riesling Auslese sein, aber halt fuer lau. Deswegen zuenden die PiWis nicht.
Viele Weintrinker in meinem Umfeld schauen gar nicht darauf, um welche Rebsorte es sich handelt. Sie kaufen ihre Weine auch ausschließlich im Supermarkt. Ich bin jetzt nicht darüber informiert, welchen Anteil Supermärkte am Gesamtvolumen aller verkauften Flaschen in Deutschland haben, aber es dürfte sehr hoch sein. Supermärkte nehmen Weine aber nur ins Programm (so wie bei allen anderen Waren ihres Programms auch), wenn sie in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Das dürfte bei PiWi-Weinen aktuell kaum der Fall sein.
Ollie
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von Ollie »

Muellimov,

ah, danke fuer diese Info, sehr interessant! Daraus folgt also: Moeglicherweise sind PiWis konzeptionell besonders bei Massenweinen sinvoll. Ein (idealerweise minimalschnittfaehiger) piwi-Mueller-Thurgau (weiss) oder ein PiWi-Acolon (rot) wuerde den selben Anbauwert liefern, dabei Kosten fuer Fungizide und deren Ausbringung sparen und rein mengen-/flaechenmaessig in der Gesamtbilanz wirklich etwas aendern. (Und natuerlich reden wir hier nicht von Steillagenweinbau, sondern von hochmechanisierten Kartoffelaeckern.)

Das ganze wird dann begleitet mit einem Foerderprogramm ueber 10 Jahre, das die weinbau- und kellertechnischen Aspekte speziell fuer diesen Massenmarkt besser versteht (Forschung) und verstaendlich macht (Lehre), und das die Umstellung attraktiver macht (Praemien). Aber sowas muss man in der Breite wollen, d.h. "industriegetrieben". Vielleicht mal ein Ansatzpunkt fuer "gruene" Weinbaupolitik?

Fuer Premiumweine, zu denen manche PiWi-Sorten tatsaechlich faehig sind, ist die Umstellung zu unattraktiv, denn hier muessten die PiWis mit den konventionellen Premiumsorten konkurrieren, gegen die sie wohl keinen Stich machen - schon gar nicht, solange man den Konsumenten mit "bio" ("biodyn") ueber die Augen (das Hirn) wischen darf.

Cheers,
Ollie
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UlliB
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von UlliB »

Muellimov hat geschrieben: Ich bewirtschafte irgendwo an Mosel-Saar-Ruwer einen Weinberg in Steillage mit Riesling. Hobbymäßig. Links und rechts und unterhalb von mir sind ausschließlich Profi-Winzer. Alles recht unbekannte Winzer, die für ihre Flaschen Riesling Pi mal Daumen 5 Euro erlösen. Das sind Weine für eine Kundenklientel, die in der Tat hauptsächlich danach kaufen/urteilen, ob der Wein schmeckt oder nicht. In deren Parzellen werden neben den üblichen Pestiziden auch durch die Bank Herbizide gespritzt. Totalherbizide, da wächst kein einziges Kraut mehr zwischen den Rebstöcken. Auch einige Spitzenwinzer von Weltruf in direkter Nähe handhaben das so (nicht alle). Da käme niemand auch nur ansatzweise auf die Idee, daran etwas zu ändern. Wer dort auch nur einen kleinen Deut' von der vorherrschenden Praxis abweicht, wird kritischst beäugt. Aber gerade für solche Winzer böten sich PiWis an. Trotzdem wird da nix passieren, der Preisdruck bzw. die Angst vor dem Neuen ist zu groß. Nachhaltiges Denken steht da nicht im Vordergrund, Diskussionen darüber werden gar nicht erst zugelassen.
Ja und jetzt? Handlungsalternativen? Alles ausreißen (kostet Geld) dann neu bepflanzen (kostet Geld) dann zuwarten bis der erste Ertrag kommt (keine Einnahmen in der Zeit bis dahin) dann die Kunden überzeugen dass PiWi XY genauso gut ist wie der prestigereichere Riesling vorher (kostet Geld) und das alles bei Bruttoerlösen von 5 Euro pro Flasche?

Diese Diskussion läuft genauso wie immer: hätte, könnte, müsste, sollte... blablabla... Nachhaltigkeit blablabla... dass da ein paar Menschen jetzt und hier ihr Auskommen sichern müssen, und das in einem hochkompetitiven und tendenziell eher schrumpfenden Markt, blenden wir mal eben aus.

Denn wir Edel-Konsumenten wissen besser als die Erzeuger, wo es langgehen muss. :evil:

Gruß
Ulli
Muellimov
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von Muellimov »

Das weiß ich selbst. Ich habe genug mit den Leuten zu tun, die davon ihren Lebensunterhalt bestreiten. Das wird auch genauso weiterlaufen. Genauso ist es aber ein Blablabla, dass es keinen Ausweg gibt. Neuanpflanzungen gibt es immer wieder. Gerade diejenigen, die auf Ertrag Wert legen, reißen doch die alten Rebstöcke eh am schnellsten wieder raus und pflanzen neu an. Und jetzt erzähl' mir doch mal, was dann gegen PiWis spricht? Du hast doch selbst geschrieben, dass aus finanzieller Sicht Minimalschnitt und PiWis für eben die Winzer, die das Niedrigpreissegment bedienen, die Zukunft ist. Ich sage ja auch überhaupt nicht, dass das direkt ab heute geht. So realistisch bin ich sehr wohl. Aber diese Änderungen müssen angegangen werden. Geht's so weiter, geht's den Bach runter...

Sehr interessant wäre es zu wissen, was die Kunden denn wirklich über Rebsorten denken. Ich habe manchmal den Eindruck, dass von der hiesigen Seite aus, wo sich alle noch und nöcher mit Wein beschäftigen, dieses Thema viel zu spezifisch betrachtet wird. Nur sind wir in der Gesamtmasse nahezu unbedeutend.
Ollie
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von Ollie »

Ulli,

jetzt komm ich mir schon daemlich vor, alles nochmal geschrieben zu haben, was du gestern schon meintest. :lol: Aber eine Frage: Weisst du (oder sonst jemand), wo PiWi und Minimalschnitt schon in Produktion sind? Das wuerde ich mir ja gerne mal ansehen...

Danke & Cheers,
Ollie
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Muellimov
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von Muellimov »

Hier mal ein paar Links. Über die dort gezeigten Bilder bekommt man schon mal ein wenig Einblick in den Minimalschnitt. Die verschiedenen Rebsorten selbst (konventionell, PiWi) sind ja eh in ihrem groben äußeren Erscheinungsbild, wenn überhaupt, nur von Profis voneinander unterscheidbar.

http://www.weinbau-oenologie.de/?p=2355

Oder mal Google bemühen:
https://www.google.de/?gws_rd=ssl#q=minimalschnitt

Schau Dir dann mal aus der obigen Suche die PDF-Files der DLR- bzw. LWG-Seiten an.
Ollie
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von Ollie »

Muellimov,

danke fuer die links, aber Fotos usw. kenne ich schon, denn ich verfolge seit bald einem Jahrzehnt die Diskussionen und die entsprechenden Publikationen (soweit frei zugaenglich) gerade der LWG, DLR, Weinsberg, usw.

Die Frage zielte mehr darauf, wo genau es denn Produktionsanlagen (mit PiWis) im grossen Masstab gibt - dass es sie gibt, habe ich Ullis Kommentar entnommen -, damit ich mir das mal live anschauen und mich durchprobieren kann.

Angeblich hat Kloster Eberbach ein GG aus einer Minimalschnittanlage gewonnen, ist das wahr?

Cheers,
Ollie
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UlliB
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von UlliB »

Hallo Ollie,

ein Betrieb im Kaiserstuhl, teilkonventionell, aber zum Teil auch mit PiWis und Minimalschnitt im kommerziellen Anbau: http://www.rieflin.de/ Der Seniorchef (ich hoffe, der lebt noch, ganz jung war er schon vor zwei Jahren nicht mehr) ist ein vehementer Verfechter der Sache und kann Dir mit Fragen und weiteren Betrieben mit Minimalschnitt in Baden weiterhelfen. Übrigens ist die Straußenwirtschaft dort mehr als nur ok, und die Weine sind durchaus trinkbar, aber natürlich nicht in de lokalen Spitze.

Gruß
Ulli
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