Bordeaux 1996

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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Jochen R.
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von Jochen R. »

Heute mal wieder eine Reserve de la Comtesse 1996 aufgezogen. Zum Entrecote
und auch solo hervorragend!

Dunkles Weinrot mit Wasserrand. Extrem feine, mittelkräftige (fast intensive),
Nase: Florale Noten, Tabak, Kaffee und Gewürze sowie viel Zedernholz, auch
nasser Waldboden. Nach >30 min gesellen sich Heidelbeeren und Kirschen dazu,
dahinter ein Hauch Minze.
Seidig & elegant – dabei druckvoll: Erst florale Noten & Gewürze, später drängen
sich dunkle Früchte (wieder viel Heidelbeeren und Brombeeren) in den Vordergrund,
schöne Säure & Adstringenz, sehr langer Abgang.

Viele Grüße,
Jochen
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duhart09
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von duhart09 »

Gestern abend gab's bei uns zur tollen Entenbrust mit Pflaumwein-Teriyaki-Sauce den La Lagune 1995 (siehe dortigen Thread) sowie den Les Fiefs de Lagrange 1996...

Les Fiefs de Lagrange (St. Julien) 1996:
noch erstaunlich dunkle Farbe mit hellerem, wässrigerem Rand. In der Nase Tinte, Mineral, Cabernet-Paprika, etwas Lakritz, später Zigarrenkiste. So etwas hätte ich von diesem Wein nicht erwartet, dachte, der müßte schon halbtot sein. Am Gaumen reife Cabernet-Paprika, etwas rauchig(?) und Bittermandel. Mittlerer Körper. Schöner, reifer Bordeaux. Für mich 17+P. (eigentlich mag ich keine Viertelpunkte, aber ich fand den hier schöner als 17 aber doch weniger schön als 17 bis 18 P., also...).

Und jetzt oute ich mich: Da wir ohnehin reichlich Wein für zwei Personen hatten, habe ich - inspiriert durch eine mich zunächst sehr befremdende, dann aber doch neugierig machende Notiz im Parker-Forum (dort waren's zwei Jahrgänge Lynch Bages, wie krass!) - testmäßig mal ein bißchen Wein aus den beiden Flaschen in ein Glas zusammengegossen. Meine Frau wußte davon nichts und fand die blind probierte "Cuvee" relativ zu den beiden anderen Weinen als stärker gereift, ansonsten aber nicht besonders attraktiv oder unattraktiv, sondern eher solide. Ich glaube, ich hätte den Wein blind durchaus als ähnlich gut eingeordnet, aber faktisch habe ich doch lieber zu den beiden Gläsern mit den reinen Weinen gegriffen. Weiß nicht, ob bloß aufgrund kultureller Hemmung oder wirklich wegen des Geschmacks.

Gruß
Uli
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innauen
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von innauen »

duhart09 hat geschrieben: Und jetzt oute ich mich: Da wir ohnehin reichlich Wein für zwei Personen hatten, habe ich - inspiriert durch eine mich zunächst sehr befremdende, dann aber doch neugierig machende Notiz im Parker-Forum (dort waren's zwei Jahrgänge Lynch Bages, wie krass!) - testmäßig mal ein bißchen Wein aus den beiden Flaschen in ein Glas zusammengegossen. Meine Frau wußte davon nichts und fand die blind probierte "Cuvee" relativ zu den beiden anderen Weinen als stärker gereift, ansonsten aber nicht besonders attraktiv oder unattraktiv, sondern eher solide. Ich glaube, ich hätte den Wein blind durchaus als ähnlich gut eingeordnet, aber faktisch habe ich doch lieber zu den beiden Gläsern mit den reinen Weinen gegriffen. Weiß nicht, ob bloß aufgrund kultureller Hemmung oder wirklich wegen des Geschmacks.

Gruß
habe das mal mit einem Gigondas aus zwei verschiedenen Jahrgängen gemacht. War besser als die beiden Ausgangsweine ;) gab netterweise wenig Kritik von den Mitlesern hier.

Was spricht dafür: BDX sind sowieso meist Cuvees und zwar nicht nur aus Rebsorten, sondern auch aus Jahrgängen. Ich glaube bis zu 10 % können aus dem Vorjahresjahrgang verschnitten werden. so wurde zB der Jahrgang 1991 nur überhaupt trinkbar, weil noch ein gehöriger Schuss 1990 mit dabei war. Mit dem Terroir ist es ausserdem so eine Sache. Wenn Montrose zB Phelan Segur kauft, ändert sich auch die Zusammensetzung des Cru Classé. Einige Acker Land werden so aufgewertet, die früher nur Cru Bourgeois waren.

Was dagegen spricht: Typizität gibt es in einem Blend natürlich nicht mehr. Wenn Du Haut Medoc und St. Julien verschneidest, ist es aus mit dem Terroir.

Grüsse,

Wolf
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Jochen R.
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von Jochen R. »

duhart09 hat geschrieben:...
Les Fiefs de Lagrange (St. Julien) 1996:
noch erstaunlich dunkle Farbe mit hellerem, wässrigerem Rand. In der Nase Tinte, Mineral, Cabernet-Paprika, etwas Lakritz, später Zigarrenkiste. So etwas hätte ich von diesem Wein nicht erwartet, dachte, der müßte schon halbtot sein.
...
Hallo Uli,
wie kommst du darauf - kennst du "ältere" Jahrgänge vom "Les Fiefs"?
Obwohl Lagrange (St. Julien) zu meinen Favoriten gehört, hatte ich noch nie einen
Zweitwein im Glas, und das bedaure ich mittlerweile ... :roll:

Viele Grüße,
Jochen
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Frankie Wilberforce
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von Frankie Wilberforce »

Jochen R. hat geschrieben:
duhart09 hat geschrieben:...
Les Fiefs de Lagrange (St. Julien) 1996:
noch erstaunlich dunkle Farbe mit hellerem, wässrigerem Rand. In der Nase Tinte, Mineral, Cabernet-Paprika, etwas Lakritz, später Zigarrenkiste. So etwas hätte ich von diesem Wein nicht erwartet, dachte, der müßte schon halbtot sein.
...
Hallo Uli,
wie kommst du darauf - kennst du "ältere" Jahrgänge vom "Les Fiefs"?
Obwohl Lagrange (St. Julien) zu meinen Favoriten gehört, hatte ich noch nie einen
Zweitwein im Glas, und das bedaure ich mittlerweile ... :roll:

Viele Grüße,
Jochen
Hallo zusammen,

ich hatte bisher nur einmal den Zweitwein Lagrange im Glas. Das war vor ca 6,5 Jahren in einem sehr guten Restaurant in Shanghai, als ich einen Bekannten zum Essen eingeladen hatte. Hätte ich mal vorher einen Blich auf die Preisliste geworden, die Weinkarte war exquisit, und die Preise damals schon sehr sehr sportlich.
Da wählte ich einen Les Fiefs de Lagrange, 2001 der mir im Preis angemessen erschien. Der Wein schmeckte wie ein gut gemachter CB.
Grüße Armin

Sie fragen mich nach den besten Wein, den ich getrunken habe? Der ist wahrscheinlich im nächsten Glas ...
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Jochen R.
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von Jochen R. »

Hallo Armin,
danke für die schnelle Rückmeldung :)
Von Lagrange (Erstwein) habe ich sowohl 1996 als auch 2001 im Keller, m. M. fair bepreist.
Ich erwartete da vom Zweitwein keine Meisterleistung, wenngleich man auf Pichon Lalande
1996 das m. M. geschafft hat ;-)

Viele Grüße,
Jochen
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duhart09
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von duhart09 »

Jochen R. hat geschrieben:
duhart09 hat geschrieben:...
Les Fiefs de Lagrange (St. Julien) 1996:
noch erstaunlich dunkle Farbe mit hellerem, wässrigerem Rand. In der Nase Tinte, Mineral, Cabernet-Paprika, etwas Lakritz, später Zigarrenkiste. So etwas hätte ich von diesem Wein nicht erwartet, dachte, der müßte schon halbtot sein.
...
Hallo Uli,
wie kommst du darauf - kennst du "ältere" Jahrgänge vom "Les Fiefs"?
Obwohl Lagrange (St. Julien) zu meinen Favoriten gehört, hatte ich noch nie einen
Zweitwein im Glas, und das bedaure ich mittlerweile ... :roll:

Viele Grüße,
Jochen
"Halbtot" war sicherlich übertrieben formuliert, aber - rein vorurteilsmäßig basiert - dachte ich, dass der als Zweitwein nach 17 Jahren wohl langsam seine beste Genussreife hinter sich lassen könnte. Hatte den vor einigen Jahren (vielleicht ca. 2002, 03 oder 04) im Glas und gemocht, aber auch als recht leicht empfunden. Und den 99er Fiefs dito. Lagrange (St. J.) mag ich hinsichtlich seiner Stilistik meist auch sehr gerne.

Gruß
Uli
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innauen
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von innauen »

Hallo,

mit 113 ha Rebfläche hat Lagrange mengenmäßig einen sehr hohen Ausstoß. Schon deshalb ist Fief de Lagrange einer der bekannteren Zweitweine und einer der besseren. Relativ fair bepreist bekommt man hier einen Eindruck von St. Julien Terroir. In dieser kleinsten Appelation gibt es ja kaum mehr Cru Bourgeois, zudem kaum solche, die unter 20 Euro kosten.

Sehr empfehlenswert fand ich den 2000er Fief!

Grüße,

wolf
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von Weinbertl »

Hallo,

gestern gab es folgenden Wein:

1996 Ch. Sociando-Mallet, Haut-Medoc

Auge: sehr dunkles Rot, nur ganz geringe Reifeanzeichen, praktisch kein Wasserrand, das benetzte Glas zeigte zähflüssige rote Schlieren
Nase: astreiner Medoc-Cabernet! Schwarze Joh.Beeren, leicht minzig (an kalifornische CS erinnernd), deutlich Graphit, nach einiger Zeit auch Mocca. Vielschichtigkeit, wobei diese v.a. im frisch ausgeschenkten Glas zur Geltung kam.
Gaumen: schwarze Joh.Beeren, etwas Blut, sehr extraktreich, später rotfruchtiger, wirkt noch recht jung.
Jetzt kommt leider das große ABER: nach ca. 1/2 Stunde treten nicht übersehbare grüne Töne auf, die sich mit einer gewissen Bitterkeit vermengen. Diese scheinen mit den Tannin in Verbindung zu stehen. Abgang mittellang und extraktreich, allerdings mit diesem grünen Bitterle versehen. Das letzte Drittel der Flasche zeigte dann etwas mehr süßen Schmelz, was dem Gesamteindruck ein wenig zu Gute kam.

Fazit: Der Nase nach ein wirklich klassischer toller Medoc, der Nase hätte ich 18 P. gegeben. Leider scheint dieser SM (oder auch nur diese Flasche?!?) ein Problem mit grünen unreifen Komponenten zu haben, diese zeigten sich auch nicht von Anfang an, sondern bauten sich erst an der Luft aus. Ob sich das legen kann? Mein Eindruck ist, wenn einmal grün, dann immer grün :? Im Anbetracht der tollen Nase: 17 P.
Grüße
Robert
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Trapattoni
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Re: Bordeaux 1996

Beitrag von Trapattoni »

Weinbertl hat geschrieben:nicht übersehbare grüne Töne
Hallo Robert,
gerochen und geschmeckt habe ich diese Töne auch schon. ;)
Aber Spaß beiseite. Ich hatte den 96er S-M in letzter Zeit öfter und eine Flasche so schön wie die andere - ohne grüne Töne. Ansonsten trifft deine Beschreibung schon sehr gut. Allerdings zeigt auch der 96er diese herrliche Holundernase, die einfach nur zum Sociando passt. M.E. steht der 96er erst am Anfang seiner Trinkreife - jedenfalls meine Flaschen.

Grüße
Dieter
Die besten Vergrößerungsgläser für die Freuden dieser Welt sind jene, aus denen man trinkt.
(Joachim Ringelnatz)
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