So titelte heute unser Lokalblatt (Aachener Zeitung). Weiter im Text: "Weinliebhaber werden sich umstellen müssen: Der Bundestag hat jetzt den Weg für eine Umstellung der Weinbezeichnung frei gemacht. Das klassische Riesling-Etikett für den Wein, der trotz einheitlicher Bezeichnung je nach Hersteller anders schmeckt, soll verschwinden und einer Bezeichnung nach Herkunft und eindeutiger geschmacklicher Zuordnung Platz machen. Das soll die Vermarktung vereinfachen.....So koönnte ein Rheinhesse künftig für ein bestimmtes Profil stehen, auf das sich die Winzer in der Region einigen sollten. Jeder Winzer könnte dann daneben seine eigenen Rebsorten anbauen und die Weine unter anderer bezeichnung verkaufen. Wichtig sei zunächst eine Stilbildung"
Das dürfte ziemlicher Quatsch sein (alles Blanchet oder was?), aber in Zeiten des Glühbirnenverbots vielleicht auch wieder nicht. Weiß jemand genaueres?
Beste Grüße
dylan
Neues Etikett soll Profil deutscher Weine schärfen
Re: Neues Etikett soll Profil deutscher Weine schärfen
Das ist natürklich ziemlich konfuses Zeug, hat allerdings einen durchau realen Hintergrund: es geht um die Umsetzung des neuen EU-Weinrechts in Deutschland, und diese Umsetzung muss ab dem 01.01.2013 zwingend erfolgen (was der Bundestag beschlossen hat, ist nichts anderes als die Umsetzung dieses EU-Rechts). Und das EU-Weinrecht betrifft eben auch das Bezeichnungsrecht, unter anderem mit der Einführung der Bezeichnungen "geschützte geographische Angabe" (g.g.A.) und "geschützte Ursprungsbezeichnung" (g.U.). Und da wird es echt haarig - im Ergebnis könnte aus dem EU-Recht folgen, dass sich das gesamte bisherige Bezeichnungsrecht quasi in Wohlgefallen auflöst und völlig atomisiert. Könnte, muss aber nicht; es wird wohl ein paar Jahre dauern, bis sich die Sache so oder so einrenkt.dylan hat geschrieben:So titelte heute unser Lokalblatt (Aachener Zeitung). Weiter im Text: "Weinliebhaber werden sich umstellen müssen: Der Bundestag hat jetzt den Weg für eine Umstellung der Weinbezeichnung frei gemacht. Das klassische Riesling-Etikett für den Wein, der trotz einheitlicher Bezeichnung je nach Hersteller anders schmeckt, soll verschwinden und einer Bezeichnung nach Herkunft und eindeutiger geschmacklicher Zuordnung Platz machen. Das soll die Vermarktung vereinfachen.....So koönnte ein Rheinhesse künftig für ein bestimmtes Profil stehen, auf das sich die Winzer in der Region einigen sollten. Jeder Winzer könnte dann daneben seine eigenen Rebsorten anbauen und die Weine unter anderer bezeichnung verkaufen. Wichtig sei zunächst eine Stilbildung"
Das EU-Recht ist überaus kompliziert, verklausuliert formuliert und EU-typisch mit einer Vielzahl von Ausnahme- und Übergangsregeln durchsetzt. Ehrlich gesagt steige ich im Detail da jetzt auch nicht mehr durch und warte jetzt einfach ab, was passiert. Unter tätiger Mitwirkung des VDP ist das deutsche Bezeichnungsrecht mittlerweile sowieso schon ziemlich anarchisch geworden, da kann's so viel schlimmer jetzt auch nicht mehr kommen

Ein paar mehr Hintergründe zur Thematik, die aber auch nicht völlig erhellend sind, finden sich hier: http://www.gourmetglobe.de/wein/10-arti ... -sich.html
Gruß
Ulli
Re: Neues Etikett soll Profil deutscher Weine schärfen
Ist Anarchie denn so schlimm? Glücklicherweise ist das System nicht völlig anarchisch. Der Kunde soll wissen, was er kauft. Wo Riesling draufsteht, muss auch Riesling drin sein.UlliB hat geschrieben: Unter tätiger Mitwirkung des VDP ist das deutsche Bezeichnungsrecht mittlerweile sowieso schon ziemlich anarchisch geworden
Alles, was nicht irreführend ist, sollte erlaubt sein. Das heißt aber auch, dass man Abweichungen (oder sagen wir lieber: betrügerische Etikettierungen) konsequent verhindert. Ein Brunello di Montalciono, der mit viel Syrah oder Merlot aufgepeppt worden ist, ist dann eben kein Brunello di Montalcino mehr. Das wäre schön und für den Kunden einfach und nachvollziehbar. Aber wahrscheinlich haben die Lobbys der Weinindustrie es geschafft, das Weinrecht so zu verwässern, dass inzwischen fast alles möglich ist: Ausnahmeregelungen, Sondertatbestände und so weiter. Dabei wäre es so einfach, wenn man schlicht die Wahrheit sagen würde. Dazu noch ein gutes Design, und fertig ist das Etikett. Schön wär's.
Re: Neues Etikett soll Profil deutscher Weine schärfen
Nur am Rande und zum Thema Anarchie: das ist in Deutschland schon jetzt nicht der Fall, jedenfalls nicht ausschließlich. Es dürfen für die Herstellung eines als "Riesling" bezeichneten Weins neben Riesling bis zu 15% andere (zugelassene) Rebsorten verwendet werden. Ich empfehle mal als reines Gedankenexperiment, sich vorzustellen, was dabei herauskäme, wenn diese 15% Gewürztraminer wären. Ok, das macht wohl keiner - legal wäre es trotzdem.mixalhs hat geschrieben:UlliB hat geschrieben: Wo Riesling draufsteht, muss auch Riesling drin sein.
Gruß
Ulli
Re: Neues Etikett soll Profil deutscher Weine schärfen
Das war mir nicht klar, und für mich ist das legalisierter Betrug. Wahrscheinlich bin ich naiv.UlliB hat geschrieben:Es dürfen für die Herstellung eines als "Riesling" bezeichneten Weins neben Riesling bis zu 15% andere (zugelassene) Rebsorten verwendet werden.
Gruß
Ulli
Gruß, Michael
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Re: Neues Etikett soll Profil deutscher Weine schärfen
UlliB hat geschrieben:Nur am Rande und zum Thema Anarchie: das ist in Deutschland schon jetzt nicht der Fall, jedenfalls nicht ausschließlich. Es dürfen für die Herstellung eines als "Riesling" bezeichneten Weins neben Riesling bis zu 15% andere (zugelassene) Rebsorten verwendet werden. Ich empfehle mal als reines Gedankenexperiment, sich vorzustellen, was dabei herauskäme, wenn diese 15% Gewürztraminer wären. Ok, das macht wohl keiner - legal wäre es trotzdem.mixalhs hat geschrieben:UlliB hat geschrieben: Wo Riesling draufsteht, muss auch Riesling drin sein.
Gruß
Ulli
Riesling und Traminer als Cuvée ist doch völlig okay... Matthias Kirmann hat das schon zwei Mal gemacht - aber auch auf dem Etikett vermerkt. Der Kunde weiß also, auf was er sich da einläßt... Und diese Weine waren / sind wirklich nicht zu verachten.
Ich finde, wir bräuchten vielleicht auch beim deutschen Wein mehr Mut zur Cuvée.

Re: Neues Etikett soll Profil deutscher Weine schärfen
Michael,mixalhs hat geschrieben:Das war mir nicht klar, und für mich ist das legalisierter Betrug. Wahrscheinlich bin ich naiv.UlliB hat geschrieben:Es dürfen für die Herstellung eines als "Riesling" bezeichneten Weins neben Riesling bis zu 15% andere (zugelassene) Rebsorten verwendet werden.
Gruß
Ulli
Gruß, Michael
das hat mit Betrug nicht unbedingt etwas zu tun, sondern ergibt sich aus einer kellertechnischen Notwendigkeit. Um Gebinde spundvoll zu halten, benötigt man immer etwas Beifüllwein. Wenn ein Weingut nur eine Rebsorte anpflanzt, wird sich von daher keine Vermischung ergeben. Baut ein Weingut jedoch verschiedene Rebsorten an, ergibt sich im Keller zwangsläufig ein gewisser Verschnitt.
Während dies mit Edelstahl-Immervolltanks noch ansatzweise möglich ist, schliesst sich diese Möglichkeit der Reinsortigkeit in einem holzfassgeprägten Weingut nahezu aus.
Zum Thema Riesling und Gewürztraminer:
ein paar Prozent Gewürztraminer passen häufig sehr gut zu einem Riesling. Und diese Kombination gibt es in der Praxis gar nicht so selten.
Aber korrekt - diese wenigen Prozente müssen auf dem Etikett nicht deklariert werden. Was mich persönlich auch nicht stört.
Grüsse
Heri
Re: Neues Etikett soll Profil deutscher Weine schärfen
Torsten,thvins hat geschrieben:Ich finde, wir bräuchten vielleicht auch beim deutschen Wein mehr Mut zur Cuvée.
keine Einwände, wenn die Sache sauber deklariert wird (was in Deinem Beispiel ja auch der Fall war). Nur wird häufig nicht sauber deklariert. Wenn ich wie vor kurzem einen als "Spätburgunder" deklarierten Wein ins Glas bekomme, der nicht nur wie Dornfelder aussieht, sondern auch deutlich danach riecht, empfinde ich das schon als einigermaßen ärgerlich.
Aber dieser Aspekt wird durch das neue Bezeichnungsrecht überhaupt nicht tangiert. Sicher, im Rahmen der Schaffung einer neuen "g.U." könnte man - rein theorerisch - vorschreiben, dass ein mit einer Rebsorte deklarierter Wein zu 100% aus dieser Rebsorte bestehen muss, aber das wird wohl nicht passieren.
Ich befürchte, dass dem ohnehin schon übermäßig komplizierten und reichlich konfusen deutschen Bezeichnungsrecht durch das EU-Recht nur ein paar weitere Facetten hinzugefügt werden, aber dabei nichts altes aufgeräumt wird. Und so gibt es dann zukünftig neben diversen Prädikaten, Hochgewächsen und Selektionen, Großen Gewächsen nach VDP oder nicht nach VDP, Zweitweinen, Lagenweinen, Ortsweinen und Gutsweinen, Weinen mit Phantasienamen (das Ganze jeweils in trocken, halbtrocken, feinherb oder irgendwas) auch noch einige neue g.g.A.- und g.U.-Weine, dazu noch ein paar nette neue Logos. Na toll.
Gruß
Ulli