Hallo allerseits,
da empfohlen wurde, dass auch der Lagrange nicht mehr länger warten müsse, hab ich ihn gleich mal heute nach dem Gruaud Larose aufgezogen...
Château Lagrange; 3eme Grand Cru Classé; Saint Julien; 1996 rot;
sicher vergnüglich zu trinken, aber mir einen Tick zu glatt, gefällig und mit deutlich weniger Spannung, Komplexität und Tiefe als der gestrige Wein. Dafür vielleicht einen Tuck mehr Finesse und positiv sticht mir die ebenfalls schöne Frische hervor. Aber insgesamt hinterläßt er eher ein Schulterzucken als einen Ausruf der Begeisterung (aber wie gesagt, das ist Meckern auf hohem Niveau). Vielleicht liegt das an überzogenen Erwartungshaltungen meinerseits. Die Note Exzellent kann ich ihm schon noch zugestehen, aber von wahrer Größe ist er noch ein ganzes Stück weit entfernt. 93/100 Th. Ich erkenne damit an, dass er sehr gut gemacht ist, aber richtig emotional ansprechend ist er noch nicht für mich. Verführen kann er micht nicht. Respekt kann ich ihm entgegenbringen.
Wenn ich jetzt bedenke, dass ich seinerzeit 175 FF dafür gelassen habe (in der Arrivage in Frankreich bei den Foires), dann ist er eigentlich schon aus damaliger Sicht zu teuer gewesen. Der mit knapp 60 DM in der Subs. noch teurere Gruaud hat da dennoch das bessere Preis-Genuss-Verhältnis, wobei ich auch hier schon nicht von einem Bordeaux-Schnäppchen sprechen möchte, eher von einem grade noch korrekten Gegenwert. Über heutige Preise dagegen will ich besser bei beiden nicht nachdenken.
Beide Weine haben jedoch einen unschlagbaren Mehrwert für mich - die 1996 auf dem Etikett - damit kann ich hier durchaus ins Schwärmen und Träumen geraten, davon, wie schön und relativ sorglos doch das Leben damals war. Wenn die Alten immer geschwärmt haben "Früher war alles besser", dann lassen diese Weine zumindest den Gedanken an die gute alte Zeit aufflackern. Die Magie aber kommt leider heute mehr vom Blick auf Etikett als von der Berührung duch den Wein selbst.
Manche gute Basisweinentdeckung aus 2006 und jünger aus dem Priorat spricht mich emotional mehr an, auch wenn die Zeiten radikal härter geworden sind in diesen 10 zusätzlichen Jahren. Ausgleichende Gerechtigkeit? Vielleicht...
