Österreich-Weinprobe in Würzburg

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weinaffe
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Österreich-Weinprobe in Würzburg

Beitrag von weinaffe »

Hallo zusammen,

es wurde wieder einmal Zeit, sich intensiver mit den Weinen unseres Nachbarlandes zu beschäftigen. Daher trafen sich im Rahmen meiner VHS-Seminare einige "Wiederholungstäter" :lol: und auch ein paar neue Gesichter, um 15 Weine aus der Alpenrepublik "blind" zu verkosten, "bildlich" begleitet wie immer durch eine Power-Point-Präsentation meiner "besseren Hälfte".

Folgende Weine waren am Start:

------ Schilcher Sekt Steiermark g. U. (Langmann, Langegg) -Weststeiermark-
perfekter Start in die Probe mit diesem weststeirischen Icon-Sekt: zartes Lachsrosa, lebendiges Perlenspiel, glasklare Cassisfrucht schon in der Nase, am Gaumen dank knackiger Säure (8 Promill) und perfekt integrierter Dosage (knapp 10 Gramm) sehr ausgewogen, bezwingende Johannisbeer-Frucht, saftig, spritzig, der Fokus liegt klar auf Frucht und nicht auf hefiger Komplexität, ein Vorzeige-Schilcher-Sekt. Schmeckt garantiert jedem, sofern er kein "Säureverweigerer" :lol: ist. Preis passt: geldbeutelschonende 13,50 EURO ab Weingut.

2022er Furmint "Weisse Erde" QW tr. (Kraft, Rust) -Burgenland-
diese altehrwürdige, hochwertige Rebsorte, die wesentlicher Bestandteil der Tokajer-Weine ist, wäre im Burgenland fast ausgestorben, wenn nicht der eine oder andere Winzer die Qualitäten dieser Rebsorte wertgeschätzt hätte. Nicht nur im edelsüssen, sondern auch im trockenen Weinstil kann diese Rebsorte glänzen, wie dieser Wein eindrücklich beweist: Zartes Gelbgold mit Grünreflexen, elegante, zarte Frucht nach gelben Früchten, dezidiert Quitte, glockenklar, passender, behutsamer Holzeinsatz, macht neugierig auf den ersten Schluck, am Gaumen trocken und ausgewogen, saftige, reife Säure, elegant und finessenreich, gelbfruchtig, wieder diese feine Quittenaromatik, daneben etwas "grüne" Würze, Hauch Rhabarber, perfekter Holzeinsatz, der nur im Hintergrund arbeitet, nur mittelgewichtig (12 Vol%), mittellanger, sehr ausgewogener Abgang. Toller Sortenvertreter in dieser Mittelgewichtsklasse, den man kaum besser vinifizieren kann. Der Preis ist auch mehr als fair: 14 EURO ab Weingut. Absolute Kaufempfehlung !

2022er "Orbis" gelb (Muskateller/Traminer) Österreichischer Wein (Fidesser, Platt) -Weinviertel-
das sympathische Familienweingut arbeitet seit Jahren bio-dynamisch und bietet ihre "Natural-Weine" unter der Marke "Orbis" mit einer Farbbezeichnung für die unterschiedlichen Rebsortenweine und Cuvees an. Weinrechtlich werden die Weine als österreichischer Wein vermarktet, was in etwa der früheren Tafelweinklasse entspricht. Qualitativ sind diese Weine aber das genaue Gegenteil von "unterster Schiene" ;) . Alle Weine dieser Serie werden identisch vinifiziert: schonende Ganztraubenpressung mit den Füssen, Spontangärung, mehrwöchige Maischegärung, keine Schönung und Filtration, minimaler Schwefeleinsatz. Die hier probierte Cuvee aus gelbem Muskateller und Traminer ist eine echte Schönheit: optisch etwas eingetrübt, aber eher auf der goldenen, als auf der orangenen Seite, in der Nase absolut sauber, keinerlei flüchtige oder biologisch angeschlagene Noten, die beiden Rebsorten präsentieren sich blütig-traubig und absolut harmonisch, das für diese Weinart typische "Lagerapfel-Feeling" ergänzt diese Kombination perfekt, am Gaumen ebenso sauber und klar, staubtrocken (0,7 Gramm RZ), stimmige Säure (5,3 Promill), wirkt trotz nur 11,2 Vol% alles andere als dünn, das feinschmirglige Tannin sorgt für Struktur und das nötige Fundament, tolle Kombi aus blütig-traubigen Akzenten mit nur ganz dezentem Cidre-Touch, trotz dieser leichtgewichtigen Anmutung bleibt der Wein enorm lange am Gaumen haften. Low-Intervention-Weine sind nicht jedermanns Sache. Ich möchte diese so produzierten Weine auch nicht jeden Tag trinken. Bei diesem Wein mache ich aber eine Ausnahme :lol: . Ich kann mir aufgrund der allgemeinen Resonanz auf diesen Wein vorstellen, dass diese "Schönheit" eigentlich jedem schmecken muss. Grosses Kino in dieser Kathegorie ! Der Wein hat nur einen -verzeihbaren- Fehler: er ist mit 16 EURO ab Weingut vieeel zu billig ! Bitte aber nicht weitersagen !!
Diesen Wein kann ich auch jedem empfehlen, der Berührungsängste mit diesem Weinstil hat. Bekehrung garantiert!

2021er Sauvignon blanc "Ein kleines Fass" Landwein Wien (Zahel, Wien) -Wien-
Von diesem Wein wurden nur 300 Flaschen produziert, daher auch die Bezeichnung auf dem Etikett. Spontane Vergärung, 12-monatiger Ausbau im kleinen Holzfass, keine Schönung oder Filtration, minimaler Schwefeleinsatz, damit einige Parallellen zum Vorgänger. Durchaus saubere Nase ohne jegliche Flüchtigkeit, nur ganz dezente, zurückhaltende Sortenart, eher etwas Apfel, auch karamellige Noten von der Malo, am Gaumen ganz dezente Gelbfrucht,etwas kräutrig, trocken (2 Gramm RZ), dezente Säure (5,2 Promill), nur mittelgewichtig (12,5 Umdrehungen), zarter Gerbstoff sorgt für Struktur, gelbfruchtig mit kaum tropischen Früchten, etwas Kräuter, die Sortenart wird durch den Ausbau völlig in den Hintergrund gedrängt, mittlere Länge. Nach dem fulminanten Vorgänger hat es dieser Wein natürlich doppelt schwer. Vor allem wenn man die Preise berücksichtigt..... hier 28 EURO in der Vinothek des Loisiums.

2019er Dürnsteiner Grüner Veltliner Smaragd (F.X. Pichler, Oberloiben) -Wachau-
jetzt geht es wieder "klassisch" weiter mit einem der Granden der Wachau, dessen Weingut mittlerweile aus der "Vinea Wachau" ausgeschieden ist und daher zukünftig nicht mehr die althergebrachten Bezeichnungen Steinfeder, Federspiel und Smaragd verwenden wird. Hier aber noch folgender GV Smaragd: glasklare, extrem sauber Nase, typische Veltliner-Frucht (Steinobst, Pfirsich) mit einem Hauch Pfeffer, kraftvoller Typ, aber nasal keine Bortrytis-Noten, am Gaumen kraftvoll, passende Säure, traditioneller Typ mit Cremigkeit und Schmelz trotz Abwesenheit von Bortrytis-Noten, sehr klare Gelbfrucht, Birne, reifer Apfel, Marille, aber in keiner Weise plakativ, Alkohol dezent spürbar (trotz nur 13 Vol%), keinerlei Gerbstoff-Elemente,klar und präzise, gute Länge. Sehr guter, klassischer Wachauer GV, der für meinen Geschmack etwas zu "geschniegelt" daherkommt, wenig Charakter, aber unbestritten ein sehr gut vinifizierter Wein. Knapp 30 EURO in einer österreichischen Vinothek.

2022er Ruppertsthaler Steinberg Roter Veltliner Wagram DAC (Fritsch, Oberstockstall) -Wagram-
Der rote Veltliner (rosa gefärbte Trauben) ist tatsächlich eine selten gewordene Rebsorte, die vor allem im Wagram auf den tiefgründigen Lössböden noch ideale Voraussetzungen findet. Insgesamt sind in Österreich nur noch ca. 200 ha mit dieser Rebsorte bepflanzt. Diese Rebsorte kann hohe Erträge bei dann bescheidener Qualität liefern, muss also im Ertrag drastisch reguliert werden, hat aber dazu noch hohe Lagenansprüche. Somit keine Wohlfühl-Rebsorte für den Winzer ! Wenn er aber alles richtig macht, kann der "Rote" tolle Qualitäten liefern, so wie bei diesem Lagenwein:
zartes Gelbgold, zurückhaltende, noble Nase, die viel Luft benötigt, zarte Birnennote, reifer Apfel, feine Kräuter, sehr elegant im Ausdruck, am Gaumen folgerichtig, komplett trocken, strukturierende Säure, wirkt frisch und gleichzeitig gehaltvoll, dezenter Alkohol (12,5 Vol%), hat dennoch Stoff und Fruchdichte, wiederum reifes Kernobst, Kräuter, glockenklar und saftig, ein Wein mit viel Understatement, den man leicht unterschätzen kann, grosse, frische Länge. Für mich ein vorbildlicher Roter Veltliner, der perfekt Eleganz und eine gewisse Kraft und Fülle, die eben nicht vom Alkohol herrührt, verbindet. Sehr hochwertiger Sortenvertreter aus einem Bio-Dyn-Betrieb, leider nicht ganz billig. 31 EURO in der Wagram-Vinothek.

2022er Pfaffstättner Tagelsteiner Rotgipfler QW tr. (Stadlmann, Traiskirchen) -Thermenregion-
Neben dem Zierfandler ist der Rotgipfler, eine natürliche Kreuzung aus Traminer und Rotem Veltliner, eine seltene Spezialität der Thermenregion, die nur noch knapp 200 ha Rebfläche dort in Anspruch nimmt. Im Vergleich zum Vorgänger ist hier noch etwas mehr Power im Spiel:
klare Optik, in der Nase reife gelbe Früchte (Birne, Apfel), aber in keiner Weise plakativ, wirkt reif und dicht schon in der Nase, am Gaumen trocken, etwas süsslicher Eindruck vom Extrakt, passende Säure, kraftvoller Auftritt (13,5 Vol%), reifes Kernobst, schmelzig und saftig, eingebundener Alkohol, viel Extrakt, trotzdem nicht mastig, langer, cremiger Abgang. Ein sehr hochwertiger Lagenwein, der auch durchaus Luft vertragen kann. Als Solist vielleicht etwas anstrengend auf Dauer, aber sicherlich ein ausgezeichneter Essensbegleiter zur klassischen Wiener Küche.
Alte Reben (45 Jahre), das Spitzenprodukt in der Rotgipfler-Haushierarchie. daher auch kein Schnäppchen (34 EURO ab Weingut).

Fortsetzung folgt mit den restlichen 8 Weinen !

LG
Bodo
weinaffe
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Re: Österreich-Weinprobe in Würzburg

Beitrag von weinaffe »

... und weiter geht es mit Wein Nr. 8:

2022er Gemischter Satz Uralt-Reben Smaragd (Domäne Wachau, Dürnstein) -Wachau-
Die Reben für diesen ungewöhnlichen Wachauer stehen im oberen Bereich der Ried Weissenkirchner Vorderseiber, ein Mischsatz aus 10 Rebsorten (Grüner Veltliner, Riesling, Neuburger u. a. ), gut 80 Jahre alte Reben, teilweise noch in Stockkultur gepflanzt, nach Maischestandzeit spontan im Tonneau vergoren, RZ: 1,4--S: 5,7. Schwere Burgunderflasche mit Wachsüberzug.
Zartes Gelbgold, komplexe würzig-fruchtige Nase mit einiger Tiefe, reife Birne, Quitte, Hauch Mango, grün-kräutrige Elemente, ruht schon nasal in sich. Sehr spannend! Am Gaumen komplett trocken, sehr feine Säure, die den Wein lediglich marmoriert, mittel- bis kraftvoller Körper (13 Vol%), auch am Gaumen eine schwer zu definierende Melange aus gelben Früchten, Kräuterwürze und einem stimmigen Hauch Holz. Tolle Harmonie, hier ist nichts zu wenig oder zuviel, der Wein muss nichts beweisen, langer, ausgewogener Abgang. Eine echte Überraschung von dieser Vorzeige WG, die durchaus den Granden in der Wachau qualitativ Paroli bieten kann. Dieser Wein erinnert mich stark an altfränkische Sätze der Spitzenklasse. Klasse Wein, der seine 26 EURO (mit Prozenten nur 20,80 EURO) mehr als wert ist. Unbedingte Kaufempfehlung !

2022er Zöbinger Heiligenstein Riesling Kamptal DAC 1ÖTW (Jurtschitsch, Langenlois) -Kamptal-
trotz seiner beachtlichen Größe (60 ha) ist das biologisch arbeitende Weingut von Alwin und Stefanie Jurtschitsch einer der absoluten Top-Betriebe, nicht nur im Kamptal. Der Riesling aus der berühmten Lage Heiligenstein beweist das ausdrücklich: klassische Riesling-Nase mit zarter Marille, Agrumen und "steinigen" Assoziationen, die Frucht ist klar, aber nicht ausladend oder dominant, sondern angenehm zurückhaltend. Eine dezente Reifenote macht die Nase noch spannender. Am Gaumen trocken, die Sucrosite kommt eher vom Extrakt als von den wenigen Gramm Restzucker, saftige Säure, die überhaupt nicht spitz daherkommt, wirkt angenehm mittelgewichtig (13 Vol%),der Naseneindruck wiederholt sich am Gaumen, elegante Gelbfrucht, durchsetzt mit einem Hauch Kräuter und einer sanften Mineralität, gepaart mit nur einem Hauch Gerbstoffgrip. Dieser Wein ist kein "Lautsprecher", sondern ein Typ mit Understatement und Klasse. Saftige Länge. Sehr typischer und hochklassiger Wein aus dem Heiligenstein, der auch zudem über viel Trinkfluss verfügt. Berechtigte 29 EURO ab Weingut.

2023er Leutschacher Wurzenberg "Kapelle" Morillon (Chardonnay) Südsteiermark DAC (Adam-Lieleg, Leutschach) -Südsteiermark-
der 15 ha-Familienbetrieb von Manfred und Florian Lieleg läuft zwar noch unter dem Radar einiger Weintrinker, ist allerdings auch längst kein Geheim-Tipp mehr. Der Hauptaugenmerk liegt hier naturgemäß auf dem Sauvignon blanc, wobei gerade der in dieser Gegend als Morillon bezeichnete Chardonnay (spontanvergoren, Barrique-Ausbau, unfiltriert) immer wieder positiv überrascht: nur zartes Gelb mit jugendlichen grünlichen Reflexen, geruchlich mit zurückgenommener Gelbfrucht (Birne, Apfel), zarter Holzwürze, nussigen Aspekten, eine gehörige Portion Mineralität, sehr speichelziehend schon von der Nase her, am Gaumen knalltrocken, geht nicht in die Reduktion-Richtung, geradlinige Säure, zurückhaltende Gelbfrucht, nichts Tropisches oder Vanilliges, wirkt mittelgewichtig (13 Vol%), feiner Gerbstoffgrip, sehr straight, fast stahliger Eindruck, zurückhaltender (Alt-)Holzeinsatz, gute Länge. Ein hochklassiger steirischer Chardonnay, der eine eigene Stilistik pflegt und kaum mit dem Burgund-Original oder anderen "Welt-Chardonnays" zu verwechseln ist. Top-Morillon des Hauses, daher auch 32 EURO ab Weingut.

Bevor es zu den 4 Rotweinen geht, muss es zum Abschluss der "weissen" Serie, quasi als Nachtisch, noch etwas mit natürlicher Restsüsse sein:

2021er Schilfwein (Muskat-Ottonel) süss (Vitikultur Moser, Rohrendorf) -Kremstal-
Trauben 2 Monate auf Schilfmatten getrocknet--- Z: 214,3---S: 5,9--
Das bio-dyn. zertifizierte Weingut von Niki Moser hat tatsächlich zwei räumlich auseinanderliegende Produktions-Standbeine. Der Betriebssitz befindet sich im Kremstal mit Lagen rund um Rohrendorf, die Depandance, von der der obengenannte Wein stammt, befindet sich auf der Ostseite des Neusiedlersees in Apetlon (hier aus der Lage Hollabern). Die Rebsorte Muskat-Ottonel wurde 1839 als Sämling an der Loire gefunden und weitervermehrt. Es handelt sich wohl um eine natürliche Kreuzung aus Gutedel und einer Muskat-Tafeltraube. Der Muskat-Ottonel ist vor allem im Süssweinbereich sehr beliebt und kann da, meist als Verschnittpartner, hervorragende Ergebnisse bringen. Bitte diese Rebsorte nicht mit der deutschen Neuzüchtung Morio-Muskat verwechseln, die meist nur sehr plakative und belanglose Weine liefert. Der niedrige Säurewert dieses Schilfweines lässt eigentlich vermuten, dass es sich möglicherweise um einen pappig-süssen Wein handeln dürfte. Aber weit gefehlt !
Naturgemäß im Glas eine leicht ölig wirkende Optik, mittleres Gelbgold, feinduftige, überhaupt nicht ordinäre Nase, wobei vor allem das Grün-Kräutrige den letzten Kick zu diesem Mix aus tropischen Blüten und Früchten beisteuert, ein echter Nasenwein, am Gaumen sehr klar mit tropisch-honigartigen Elementen, reife Mango, Kiwi, die Säure hält den Wein erstaunlicherweise gut in der Spur und wirkt frisch,auch hier steuern die Kräuternoten noch zusätzliche Frische bei, trotz 12 Vol% eine mittelgewichtige Süsswein-Spezialität, feine, honigartige Haptik, ohne klebrig zu sein, große aromatische Länge. So geht hochwertiger Schilfwein ! Halbe Flasche 27 EURO in der Vinothek des Loisiums.

Fortsetzung folgt noch mit den restlichen 4 Rotweinen !

LG
Bodo
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