Traisental

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EThC
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Re: Traisental

Beitrag von EThC »

...das ist genau die Art von Beiträgen aus Winzerhand, die es hier im Forum leider viel zu selten gibt.
Vielen Dank für die sachlich-profunde Erläuterung!
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
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UlliB
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Re: Traisental

Beitrag von UlliB »

Blaufränkisch hat geschrieben: Sa 5. Apr 2025, 08:28 Wenn sowohl Zucker als auch RTK zum Einsatz kommen liegt das normalerweise an einem unterschiedlichen Verwendungszweck. Saccharose (also Zucker aus der Rübe) zur Alkoholerhöhung, RTK (also Zucker aus der Traube) zur Restsüßeverleihung. Diese darf nicht mit "Fremdzucker" gemacht werden, sehrwohl aber - als Äquivalent zu Traubensaft oder konzentriertem Traubensaft (vulgo Süßreserve) - mit aus Trauben gewonnenem Zucker.
Hallo Bernhard,

zunächst einmal: ich freue mich sehr, nach langer Pause von Dir mal wieder etwas im Forum zu lesen!

Danke für die Erläuterung zum unterschiedlichen Einsatzzweck von Zucker und RTK. Das macht so natürlich Sinn (wobei die Verordnung an sich sinnlos ist, denn als Konsument kann es mir völlig egal sein, ob der Restzucker im Wein aus der Rübe oder aus Trauben stammt, sofern der nachträglich zugesetzt wird und Rübenzucker eh schon zur Alkoholerhöhung eingesetzt wurde).
Wenn du die Nährwerttabelle anschaust, findest du (wenn auch relativ grob gerundet) den Restzucker in Gramm, allerdings pro 100ml. Ich vermute, dort steht nicht 0,1g/100ml (also komplett durchgegoren), sondern eher 0,3g/100ml oder mehr (also 3g/l Restzucker aufwärts), und die sind wahrscheinlich mit RTK eingestellt worden.
Jetzt wird's in diesem Fall kompliziert. Die per QR-Code zugängliche Nährwertttabelle gibt in diesem Fall tatsächlich 0g/100mL Restzucker an. Das steht allerdings vordergründig im Widerspruch zur Angabe im Webshop des Erzeugers, wo der Wein mit 3,9g/L aufgeführt wird, was ganz korrekt deklariert 0,4g/100mL entsprechen würde. Aber: die 3,9g/L entsprechen zusammen mit weiteren Werten exakt den Angaben zum Vorjahrgang, so dass es sich hier auch um einen nicht unüblichen copy/paste-Fehler handeln kann.

Zu berücksichtigen ist hier aber die zulässige Toleranz bei der Nährwertangabe, diese beträgt für Zucker 2g/100mL, so dass die Angabe "0" tatsächlich den gesamten Bereich von "trocken" abdeckt und sogar noch deutlich darüber hinausgeht. Soweit besteht hier möglicherweise überhaupt kein Widerspruch (ich empfinde die technisch völlig unnötige riesige Toleranz bei der Angabe des Restzuckers übrigens als vom Gesetzgeber zugelassene Konsumententäuschung).
Aufsäuern und Chaptalisieren sind im selben "Getränk" nicht erlaubt, allerdings definiert die entsprechende Gesetzeslage Traubenmost, gärenden "Sturm" und fertigen Wein als drei verschiedene "Getränke". Man kann also den Most vor der Gärung mit Weinsäure ansäuern und dann nach Gärbeginn den gärenden "Sturm" aufbessern. Und dann gegebenenfalls im fertigen Wein z.B. mit Äpfelsäure nocheinmal eine Säuerung vornehmen.
Danke. Ich hatte so etwas schon vermutet.
Und CO2 ist zwar auch von Natur aus im Wein, aber wenn man es besonders prickelnd haben will im Stillwein, oder wenn durch warme Keller, späte Abfüllung oder häufige Manipulation des Weines viel vom natürlichen CO2 verloren gegangen ist, kommt es zum Einsatz. Oder schlicht und einfach auch als Verpackungsgas in der Flasche zwischen Wein und Verschluss (dann allerdings normalerweise in der Zutatenliste auch als Verpackungsgas bezeichnet).
In diesem Fall als "Gase und Packungsgase" deklariert. Ich kann's mir also aussuchen...
Metaweinsäure verhindert den Ausfall von Weinstein in der Flasche und ist bei frühen Abfüllungen und/oder Kellern, die nicht sehr kalt sind bzw. fehlenden Kühlmöglichkeiten für die Weinsteinstabilisierung über die Temperatur durchaus üblich. Der zweite Stabilisator, Gummiarabikum, ist z.T. auch für diesen Zweck zugelassen, aber auch um andere mögliche Trübungsursachen zu stabilisieren. Als Nebeneffekt trägt es zur Mundfülle bei (die Bezeichnung "Verdickungsmittel" im Lebensmittelbereich kommt nicht von ungefähr), weshalb dieser Nebeneffekt mitunter auch der Hauptgrund für seinen Einsatz ist.
Die Funktion von beiden Substanzen war mir bekannt. Und ich vermute auch, dass die Erzeugung von "Mundfülle" in diesem Fall der Hauptzweck des Einsatzes von Gummiarabikum ist.

Genau an diesem Punkt reibe ich mich am meisten. Der Wein ist - wie der Name schon vermuten lässt - ein Bioprodukt, zudem stammt er von einem hoch renommierten Betrieb. Da stört es mich, wenn in einem gedacht "naturnahen" Produkt ein Zusatzstoff verwendet wird, der die Sensorik des Weins verändert und normalerweise (anders als Zucker und Weinsäure) im Wein überhaupt nicht vorkommt. Aber vermutlich bin ich da einfach nur naiv.

Beste Grüße
Ulli
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OsCor
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Re: Traisental

Beitrag von OsCor »

Danke Ulli und Blaufränkisch.

Auch wenn man es ahnt: Was da rumgetrickst wird (gedeckt von der „Weingesetzgebung”), lässt mir die Haare zu Berge stehen und mindert die Begeisterung für den Weingenuss schon ein wenig.

Gruß
Oswald
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EThC
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Re: Traisental

Beitrag von EThC »

UlliB hat geschrieben: Sa 5. Apr 2025, 10:02 (ich empfinde die technisch völlig unnötige riesige Toleranz bei der Angabe des Restzuckers übrigens als vom Gesetzgeber zugelassene Konsumententäuschung)
...hier stellt sich erst mal die Frage, welchem Zweck bzw. welcher Überlegung diese Toleranz folgt. Wenn der Gesetzgeber meinen würde, daß ein Zuckergehalt < 20 g/l ernährungsphysiologisch irrelevant ist, würde das einen Sinn ergeben, eine Nährwerttabelle ist ja per se nicht für geschmackliche Einstufungen gedacht. Dennoch bin ich der Auffassung, daß solche Toleranzbereiche eher den Meßspielen der zugrundeliegenden Meßtechnik folgen sollten und die Wertung dem interessierten wie mündigen Konsumenten überlassen werden sollte.
UlliB hat geschrieben: Sa 5. Apr 2025, 10:02 Da stört es mich, wenn in einem gedacht "naturnahen" Produkt ein Zusatzstoff verwendet wird, der die Sensorik des Weins verändert und normalerweise (anders als Zucker und Weinsäure) im Wein überhaupt nicht vorkommt. Aber vermutlich bin ich da einfach nur naiv.
...da wäre es tatsächlich interessant, die Erläuterung des Winzers dazu zu hören. Gerade die Basisprodukte -auch von "renommierten" Gütern- müssen ja großteils an ein eher nerdfernes Publikum veräußert werden, da ist es für mich zumindest nachvollziehbar, wenn man versucht, das der Klientel entsprechend schmackhaft zu machen und den Wein ggf. in Richtung der vermuteten Vorlieben zu pimpen. Auch wenn ich selbst eher dem Grundsatz "so viel wie nötig, so wenig wie möglich" zugeneigt bin.
Bin selber gespannt, wie sich mein Kaufverhalten bei so manchen Weinen auswirken wird, wenn ich nun die Möglichkeit habe (die ich auch nutzen werde), mir die Inhaltsstoffe vorher anzusehen...
Viele Grüße
Erich

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UlliB
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Re: Traisental

Beitrag von UlliB »

EThC hat geschrieben: Sa 5. Apr 2025, 10:33
UlliB hat geschrieben: Sa 5. Apr 2025, 10:02 (ich empfinde die technisch völlig unnötige riesige Toleranz bei der Angabe des Restzuckers übrigens als vom Gesetzgeber zugelassene Konsumententäuschung)
...hier stellt sich erst mal die Frage, welchem Zweck bzw. welcher Überlegung diese Toleranz folgt. Wenn der Gesetzgeber meinen würde, daß ein Zuckergehalt < 20 g/l ernährungsphysiologisch irrelevant ist, würde das einen Sinn ergeben, eine Nährwerttabelle ist ja per se nicht für geschmackliche Einstufungen gedacht.
Was die Ernährungsphysiologie betrifft: 20 Gramm Zucker enthalten 80kcal, und da man ja üblichweise schon mehr als 100mL trinkt, machen 20 Gramm mehr oder weniger bei einem Basiskalorienverbrauch von 2000kcal /Tag schon einen deutlichen Unterschied.

Wenn man darüber hinaus die Empfehlung diverser Fachverbände wie der DGE berücksichtigt, dass der tägliche Zuckerkonsum nicht höher als 25 Gramm sein soll, wird's schon fast kriminell. Die Toleranz in der Deklaration braucht bei einem Konsum von nur einem achtel Liter bereits den gesamten Spielraum auf.

Stöbert man ein wenig im Netz, findet man den eigentlichen Grund. Die Toleranz in der Nährwertangabe betrifft nicht nur Wein, sondern alle anderen Produkte gleichermaßen. Da ist man den Produzenten einfach entgegengekommen. Einer Mosterei, die Apfelsaft in einer Vielzahl von Chargen herstellt, möchte man nicht zumuten, jede einzelne Charge analytisch zu prüfen und das Etikett jeweils anzupassen. Man hat hier die Toleranz so weit ausgelegt, dass alle Schwankungen im Ausgangsprodukt mit einer "Standarddeklaration" abgedeckt sind.

Bei Wein ist diese Vorgehensweise allerdings unnötig, da der Zuckergehalt obligatorisch pro Charge bestimmt wird und man problemlos den tatsächlichen Gehalt mit sehr schmaler Toleranz deklarieren könnte. Der Ansatz "one size fits all" ist hier unnötig, aber möglicherweise juristisch geboten, weil sonst "Ungleichbehandlung".

Gruß
Ulli
Blaufränkisch
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Re: Traisental

Beitrag von Blaufränkisch »

UlliB hat geschrieben: Sa 5. Apr 2025, 10:02 Jetzt wird's in diesem Fall kompliziert. Die per QR-Code zugängliche Nährwertttabelle gibt in diesem Fall tatsächlich 0g/100mL Restzucker an. Das steht allerdings vordergründig im Widerspruch zur Angabe im Webshop des Erzeugers, wo der Wein mit 3,9g/L aufgeführt wird, was ganz korrekt deklariert 0,4g/100mL entsprechen würde. Aber: die 3,9g/L entsprechen zusammen mit weiteren Werten exakt den Angaben zum Vorjahrgang, so dass es sich hier auch um einen nicht unüblichen copy/paste-Fehler handeln kann.

Zu berücksichtigen ist hier aber die zulässige Toleranz bei der Nährwertangabe, diese beträgt für Zucker 2g/100mL, so dass die Angabe "0" tatsächlich den gesamten Bereich von "trocken" abdeckt und sogar noch deutlich darüber hinausgeht. Soweit besteht hier möglicherweise überhaupt kein Widerspruch (ich empfinde die technisch völlig unnötige riesige Toleranz bei der Angabe des Restzuckers übrigens als vom Gesetzgeber zugelassene Konsumententäuschung).
Ich vermute, dass diese riesige Toleranz aus dem Lebensmittelbereich kommt und von dort her für den Wein übernommen wurde, wie Erich auch vermutet. Die Aussagekraft ist da natürlich Null, und es gibt deswegen auch Kollegen, Berater und QR-Code-Dienstleister die sagen, eine Nährwertangabe für alle Weine eines Betriebes (oder, realistischer zumindest für ähnliche Weinstile) unabhängig vom Jahrgang würde reichen. Wenn dann auch noch die Zutatenliste gemäß der betriebsüblichen Vorgangsweise bei diesen Weinen gleich ist, spricht rechtlich nichts dagegen.

Die Funktion von beiden Substanzen war mir bekannt. Und ich vermute auch, dass die Erzeugung von "Mundfülle" in diesem Fall der Hauptzweck des Einsatzes von Gummiarabikum ist.

Genau an diesem Punkt reibe ich mich am meisten. Der Wein ist - wie der Name schon vermuten lässt - ein Bioprodukt, zudem stammt er von einem hoch renommierten Betrieb. Da stört es mich, wenn in einem gedacht "naturnahen" Produkt ein Zusatzstoff verwendet wird, der die Sensorik des Weins verändert und normalerweise (anders als Zucker und Weinsäure) im Wein überhaupt nicht vorkommt. Aber vermutlich bin ich da einfach nur naiv.
Sorry fürs Erklären des Bekannten. Es steht mir nicht zu, die Vorgangsweise von Kollegen zu kommentieren deshalb nur soviel: Ich kommuniziere die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit von Weinbehandlungsmitteln schon lange sehr offen und halte nichts davon, wenn so getan wird, als ob es die nur für mittelmäßige Qualitäten bräuchte. Gleichzeitig versuche jedoch ich mit so wenigen Mitteln wie möglich auszukommen und lehne einige prinzipiell ab. Gummi Arabicum ist aus den angedeuteten Gründen eines davon.

Ich hab übrigens bei Einführung der Bezeichnungsvorschrift einen längeren Text dazu geschrieben. Wer mag, hier lang: https://bernhard-fiedler.at/weblog/?p=8324

Ganz falsch war das wohl nicht, was ich über die Aussagekraft der Infos und deren Interpretation geschrieben habe, wenn ich deine Bedenken und die von Erich hier lese:

"""Einige wenige Weinfreaks werden die Zutatenliste wohl als vermeintlichen Beweis für industrielle Weinherstellung betrachten und wie schon bisher (nicht selten sehr offensiv) alle Weine ablehnen, deren Zutatenliste länger ist als ihre Moral das zulässt. Manche Profis werden wahrscheinlich gelegentlich spannende Hintergründe aus der Liste herauslesen, ihre Weinvorlieben und Beurteilungen aber auch weiterhin kaum davon abhängig machen. Einzelne Konsumenten wird die Liste vielleicht anregen, sich stärker mit der Weinherstellung zu beschäftigen und wenn sie gute Antworten auf die Fragen, die die Liste für sie aufwirft, erhalten wird sich ihr Weinhorizont erweitern. Und die allerallermeisten Weintrinker werden die Zutatenliste auf den Etiketten mit ziemlicher Sicherheit gar nicht bewusst wahrnehmen oder sie wird ihnen – allenfalls nach einer kurzen Gewöhnungsphase an diese Neuerung – ziemlich egal sein.""""

Herzliche Grüße

Bernhard
Hier gibts mehr von mir zu lesen: www.bernhard-fiedler.at
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UlliB
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Re: Traisental

Beitrag von UlliB »

Blaufränkisch hat geschrieben: Sa 5. Apr 2025, 11:15 Einige wenige Weinfreaks werden die Zutatenliste wohl als vermeintlichen Beweis für industrielle Weinherstellung betrachten und wie schon bisher (nicht selten sehr offensiv) alle Weine ablehnen, deren Zutatenliste länger ist als ihre Moral das zulässt.
Ich halte den Begriff "Moral" in diesem Zusammenhang für überzogen. "Vorstellung von Authentizität" trifft es wesentlich besser.

Und wenn Wein etwas zugesetzt wird, was die Sensorik verändert, aber in Trauben gar nicht vorkommt und bei der Vinifikation auch nicht entsteht, wird hier für meine Vorstellung von Authentizität eine Grenze überschritten, und man begibt sich auf einen abschüssigen Weg, der am Ende nach fälliger Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen quasi alles zulässt, solange das Produkt "schmeckt". Das ist halt nicht meine Vorstellung von Wein.

Aber bitte, jeder so wie er es mag. Natürlich hast Du recht, die meisten Leute wird es überhaupt nicht interessieren. Für die, die es doch interessiert, verschafft die Deklaration immerhin ein wenig Einblick - und auch entsprechende Wahlmöglichkeit.

Gruß
Ulli
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EThC
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Re: Traisental

Beitrag von EThC »

UlliB hat geschrieben: Sa 5. Apr 2025, 10:58 Was die Ernährungsphysiologie betrifft: 20 Gramm Zucker enthalten 80kcal, und da man ja üblichweise schon mehr als 100mL trinkt, machen 20 Gramm mehr oder weniger bei einem Basiskalorienverbrauch von 2000kcal /Tag schon einen deutlichen Unterschied.

Wenn man darüber hinaus die Empfehlung diverser Fachverbände wie der DGE berücksichtigt, dass der tägliche Zuckerkonsum nicht höher als 25 Gramm sein soll, wird's schon fast kriminell. Die Toleranz in der Deklaration braucht bei einem Konsum von nur einem achtel Liter bereits den gesamten Spielraum auf.

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...daß die Zuckerempfehlung so niedrig liegt, wußte ich gar nicht, aber dann hast Du zweifach recht, daß die Deklarationsschwelle Humbug ist. Ich hab meine Gedanken dazu ja bewußt im Konjunktiv geschrieben.

Es gibt noch weitere Toleranzen in der Weingesetzgebung, die nichts mit Meßunsicherheiten zu tun haben, sondern mit Interessenlagen. So gibt es bei den Geschmacksangaben für Schaumweine eine Toleranz von plus / minus 3 g/l RZ, angeblich soll das dem Umstand geschuldet sein, daß man in der Champagne "brut" in den Jahren vor der EU-Regulierung bis zu 15 g/l RZ verwendet hat, unter Anwendung dieser Toleranz ist das weiterhin möglich, die offizielle Spanne ist 0...12 g/l RZ.
UlliB hat geschrieben: Sa 5. Apr 2025, 11:50 Und wenn Wein etwas zugesetzt wird, was die Sensorik verändert, aber in Trauben gar nicht vorkommt und bei der Vinifikation auch nicht entsteht, wird hier für meine Vorstellung von Authentizität eine Grenze überschritten, und man begibt sich auf einen abschüssigen Weg, der am Ende nach fälliger Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen quasi alles zulässt, solange das Produkt "schmeckt". Das ist halt nicht meine Vorstellung von Wein.
...da kommen wir natürlich in einen Bereich, wo jeder für sich sehen muß, wo er die Grenze zieht. Zucker, Säure, Schwefel sind für mich im notwendigen Rahmen i.O., aber auch da stellt sich schon wieder die Frage, wo dieser Rahmen endet bzw. beginnt (...und deutliche Holztöne im Wein vom Barriqueausbau sind ja auch eine sensorische Veränderung, ist allerdings wiederum kein Zusatzstoff...). Bei den meisten sonstigen Stoffen müßte zumindest eine für mich schlüssige Erklärung her, warum man das nun braucht und die wird's sicher oft genug geben. Allerdings werde ich sicher nicht vor jedem Weinkauf mit dem Winzer Kontakt aufnehmen, um zu hinterfragen "warum, wieso, weshalb?", also werde ich möglicherweise um manche Sachen zukünftig einen Bogen machen, wenn mir was auf der Liste "spanisch vorkommt". So wie bei der Schlagsahne: kauf ich in der Regel vor allem deshalb "bio", weil in den meisten konventionellen Produkten Carrageen drin ist, will ich nicht drin haben...
Viele Grüße
Erich

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Blaufränkisch
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Re: Traisental

Beitrag von Blaufränkisch »

UlliB hat geschrieben: Sa 5. Apr 2025, 11:50 Ich halte den Begriff "Moral" in diesem Zusammenhang für überzogen. "Vorstellung von Authentizität" trifft es wesentlich besser.

Und wenn Wein etwas zugesetzt wird, was die Sensorik verändert, aber in Trauben gar nicht vorkommt und bei der Vinifikation auch nicht entsteht, wird hier für meine Vorstellung von Authentizität eine Grenze überschritten, und man begibt sich auf einen abschüssigen Weg, der am Ende nach fälliger Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen quasi alles zulässt, solange das Produkt "schmeckt". Das ist halt nicht meine Vorstellung von Wein.
Du hast natürlich recht mit dem Begriff Moral, Ulli. Ich hab ihn als Provokation bewusst gewählt, weil ich aus früheren Forums- und anderen Diskussionen ein gebranntes Kind bin. Nicht jeder differenziert so klar wie du, es ist halt einfacher die Grenze zur Unauthentizität bei Trauben und allenfalls Schwefel zu ziehen, als fundiert argumentiert ein klein wenig weiter unten auf dem abschüssigen Weg...
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UlliB
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Re: Traisental

Beitrag von UlliB »

Schluss mit OT, zurück zum Wein. Der selbe Winzer, aber ein ganz anderes Kaliber:

Grüner Veltliner Ried Berg 2023 (Markus Huber) 14%Vol. Ganz typische Nase eines Grünen Veltliners mit hoher Reife, Gelbfrucht (hier sogar ein Anklang an reife Banane), heller Tabak, kalkig-mineralisch unterlegt. Ein ziemlicher Brocken, bleibt aber straff und gewissermaßen diszipliniert und ufert nicht ins Opulente aus, was bei Veltliner sonst gerne mal passiert. Schöne Säure. Noch unentfaltet, viel zu jung, strahlt aber sehr viel Potential aus.

Qualitativ hochwertig, kommt aus meiner Sicht durchaus mit einem Smaragd der Granden aus der Wachau mit - preislich aber auch.

Es gibt hier auch per QR-Code eine Zutatenliste, und dir fällt etwas kürzer aus als beim oben genannten Rosé: Trauben, Metaweinsäure, Sulfite, Kohlendioxid.

Gruß
Ulli
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