Bordeaux 2015

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Ollie
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Ollie »

amateur des vins hat geschrieben: Do 20. Feb 2025, 18:56 Interessant wäre zu wissen, ob die Weine randomisiert oder (wahrscheinlicher) in einer angenommenen ungefähren Qualitätsreihenfolge probiert wurden?
Auf Seite 138 dieses Strangs diskutieren wir u.a. das Southwold-Verkostungsergebnis der Arrivage, und dort hatten ja eine Menge Leute Meyney höher bewertete als Montrose. Wüssten die Leute, daß es mit jedem Wein besser wird, wäre ihnen diese Fehler :mrgreen: vielleicht nicht unterlaufen. Vielleicht hat ja Neal Martin mal in einem Southwold-Bericht geschrieben, wie die Sache abläuft.

Cheers,
Ollie
Zuletzt geändert von Ollie am Do 20. Feb 2025, 21:18, insgesamt 1-mal geändert.
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amateur des vins
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von amateur des vins »

Ollie hat geschrieben: Do 20. Feb 2025, 20:21 Wüssten die Leute, daß es mit jedem Wein besser wird, wäre ihnen diese Fehler :mrgreen: vielleicht nicht unterlaufen
Ich denke ja, die Profis sind sich dessen durchaus bewußt, geben sich dem systematischen Fehler aber gerne hin: Confirmation Bias, wirtschaftliche Interessen usw. usf..

Aber ja, Meyney > Montrose ist schon 'ne Ansage (kenne beide nicht).
Besten Gruß, Karsten
pessac-léognan
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von pessac-léognan »

Nachdem Thomas Parker zum Southwold 10 years on tasting Bdx 2015 sich zum Jahrgang nicht nur lobend geäußert hat -

I have concerns that several wines show early (and in some cases developed) signs of oxidation and occasionally brett at a level I personally wouldn’t want, a result of the heat but also decision making in the vineyard and winery.

- und dazu auch Oxidation und Brett nannte und da ich beim jüngst genossenen Malartic-Lagravière 2015 (von Parker übrigens positiv erwähnt) doch auch erste leise Spuren von Oxidation festgestellt hatte (was die Trinkigkeit des Weins [noch] in keiner Weise beeinträchtigte), entschloss ich mich, einen Monat nach dem Brane-Cantenac auch eine Flasche Rauzan-Ségla zu öffnen, von dem auf CT einige Verkoster die Langlebigkeit in Zweifel gezogen haben.

Um es vorwegzunehmen: Beide Befürchtungen (Oxidation und Zweifel an der Langlebigkeit) halte ich - Stand jetzt und aufgrund dieser einen Flasche - für unbegründet.

Château Rauzan-Ségla Margaux 2eme GCC (14.5% ABV)
63% CS / 33% M / 3% PV / 1% CF
Zunächst P&P bei 15° aus dem WKS, sodann in der offenen Flasche bei ca. 16/17° im Dunklen 5 Stunden stehen gelassen.
Farbe: geringfügig weniger dunkel als Brane-Cantenac
Nase: Wie beim BC wunderbarer Margauxduft, zunächst ausschließlich auf der blumigen Seite (Veilchen, Rose, Apfel- und Quittenblüte), erst nach und nach kommen doch auch fruchtige Noten - Cassis und Heidelbeeren - und etwas Tabak sowie Lakritze zum Vorschein.
Palatal bietet der Wein zunächst nicht sehr viel, wirkt fast etwas krautig grün. Im weiteren Verlauf legt der Wein aber auch am Gaumen zu. Vom Krautigen bleibt etwas von Herbes de Provence, die erwähnten Blumen setzen sich dann auch am Gaumen durch, es gesellen sich auch hier auf einem Bett von Brasiltabak schwarze Beeren - Cassis, Heidelbeeren -, aber auch getrocknete schwarze Kirschen und ein Hauch Wacholder dazu.
Die Säure ist sehr straff, stört den Trinkgenuss aber nur zu Beginn. Die Tannine sind sehr fein, fast poliert, und tragen zusammen mit der Säure in einen sehr langen, fast parfümierten (Chanel lässt grüßen!) Abgang hinein, fast endlos und zunächst leicht pfeffrig, wobei dieser Pfeffer sich zugunsten der retronasal immer dezenter, aber immer differenzierter sich präsentierenden Parfum-Noten mehr und mehr zurück zieht.
Der hohe Alkohol scheint mir erstaunlich gut integriert.
Fazit:
Nasal und zu Beginn auch palatal hätte ich BC im Vergleich zu diesem RS klar den Vorzug gegeben. Der ewig lange Abgang in seiner phänomenalen parfümierten Inszenierung bringt aber den RS nach meiner Meinung am Schluss bis auf einen Punkt an den BC heran (95 vs. 96). BC spricht direkter an, RS baut Schritt für Schritt auf und aus, braucht mehr Zeit und Geduld, skulpiert sich quasi dreidimensional und langsam, ist hintergründig.
Beide sind jung, BC trinkt sich bereits gut, RS kann man öffnen, wenn man einiges davon hat, wahrscheinlich besser in 5 Jahren.
Und: RS 2015 ist 10 years on Meilen besser als RS 2014 vor einem knappen Jahr.
2015 spielt Margaux wohl wirklich - wie bereits en primeur mit einigem Konsens geschrieben - eine der ersten Geigen in Bordeaux.
pessac-léognan
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von pessac-léognan »

RS 2015: Am 2. Tag sind die Tannine geradezu samtig geworden. Ein sehr, sehr feiner Samt, dessen "Oberfläche" fast an Seide erinnert, aber trotzdem in die Tiefe geht. (Fast unmöglich, das in Sprache zu fassen. Da gibt's quasi zu wenig Dimensionen.)
Genial, solche Tannine in Verbindung mit der nach wie vor recht straffen Säure!
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Dominik Mueller
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Dominik Mueller »

2015 Château d'Armailhac
Tief rubinrote Farbe. Weiche Nase mit edler, delikater Frucht. Rote und schwarze Kirsche, Brombeere, Brombeere, schwarze Johannisbeere, Johannisbeerblätter, Paprika. Geröstete Kaffeebohnen und erdige Untertöne. Menthol im Abgang. Pauillac, aber in einem leichteren Stil. Am Gaumen mittelkräftiger Körper mit guter Intensität. Hoher Säuregehalt, hervorragend integrierte seidige Tannine, wirklich sehr raffiniert. Saftige schwarze Johannisbeeren und Brombeeren, dunkle Kirschmarmelade im Geschmack. Mittlere Länge mit Cassis, Orangenzesten und etwas Vanille im Nachgeschmack. Hier geht es mehr um Finesse als um Kraft. Der Wein hat einen festen Kern, der alles zusammenhält, und ist zwar zugänglich, aber ich kann mir vorstellen, dass er sich in ein paar Jahren noch weiter öffnen wird. Gefällt mir sehr gut.
Alba
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Alba »

Neben dem im 21er thread beschriebenen Canon gestern auch einen Clinet 2015 getrunken, so als Einstimmung auf eine im Mai kommende größere "10 Jahre danach" Verkostung (Vorfreude ist groß).
Der Clinet in schöner Trinkphase hatte mir auch jung damals sehr gefallen. Geschmeidig - elegant bei großartigem Trinkfluss. Keine Schwere oder Hitzigkeit und schöne Entwicklung im Glas/ mit der Zeit. Pomerol einfach.
Aber, die auch in Southwold angemerkte rasch fortschreitende Reife bei manchen Weinen kann ich da schon nachvollziehen (Thomas Parker, MW: "...Overall it felt like the Merlots from the right bank were maturing quickly. The wines are soft and surprisingly savoury already ...").

Ist sicher sehr subjektiv in dem Stadium und auf CT sind da ganz andere Kommentare, da wird zuletzt geschrieben von "... super high acidity ...really to be aged for another 10 years ...", sehe ich persönlich nicht so. Klar ist für mich, zumindest auf Basis dieses einen Weines (natürlich statistisch keinesfalls aussagekräftig oder allgemein umlegbar), dass zumindest der Clinet gestern schon recht entwickelt war - not to get me wrong - ich sage damit NICHT zu stark oder gar hinüber. Aber ob ich den noch 10 oder gar 20 Jahre wegsperren würde - eher nein.
Für uns gestern jedenfalls super zu trinken, 95 P bekommt er locker, aber die auch schon aufgerufenen 98/99 bis 100 scheinen mir etwas zu hoch. Bin mal gespannt, wenn irgendwann mal veröffentlicht wird, wie NM oder LPB den Clinet vor ein paar Wochen bewertet haben.

LG
Manfred
Stephane Franc
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Stephane Franc »

Rauzan Ségla 2015

Neugierig geworden aufgrund der Verkostung von pessac-leognan eine Flasche geöffnet und möchte ich mich kurz fassen: ich kann seine Beschreibung komplett teilen. Bereits jetzt voll zugänglich am Anfang seines optimalen Trinkfensters. Profunder, hochwertiger Wein. Was ich in den bisher probierten 15ern vorgefunden hatte finde ich auch hier: einen Hauch Sahne und Vanille. Die 2015er sind offensichtlich deutlich vor den 2016ern zu trinken.

Danke an pessac-leognan.
Gruß Stephane
pessac-léognan
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von pessac-léognan »

Château La Louvière Pessac-Léognan 2015 (13.5% ABV)
(60% CS / 40% M)
Der nasal sehr feinduftige (Cassis, Schwarzkirsche, etwas Wiesenblumen) Wein ist jetzt im idealen Trinkfenster. Noch frische Frucht: Cassis, Zwetschge, etwas knapp reife Brombeere, gepaart mit sparsamem Holzeinsatz, etwas Zigarrenkiste und leise kräuterige Noten, noch kaum tertiäre Beiklänge - das alles macht für mich persönlich den Wein sehr zugänglich und auf dem Zenith. Wer mehr Tertiäres mag, kann ruhig noch 5, durchaus auch 10 Jahre warten. Laut Etikett hält der Wein auch 30 Jahre durch. Für mich passt das jetzt und gewiss noch 5 Jahre. Ein Genuss für relativ wenig Geld (nach meiner Erinnerung habe ich zwischen 15 und 20 CHF bezahlt)
90(-91) Punkte
Cirrus
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Re: Bordeaux 2015

Beitrag von Cirrus »

Chateaux La Croix Pomerol 2015

(90% M, 10% CF)
Die 1. Flasche der damaligen Subscription.

Erster Eindruck: Fruchtig in der Nase, aber so direkt aus der Flasche probiert irgendwie "flach". War da zuerst ein wenig enttäuscht. (Gut muss zugeben, dass ich mehr CS-Fan bin).
Dann ca. 2h stehen gelassen...und ein Rindsfilet vom Grill als Begleiter.
Da nimmt er mehr Platz ein, der Abgang ist länger. Samtig, feine Tannine. Rote Früchte, Kirschen. Ein toller Wein und er braucht die paar Stunden Luft zur Entfaltung.
Dennoch ist er für mich persönlich einem kürzlich probierten ungarischen Bordeaux-Cuvée "Bock Cuvée" 2018 unterlegen.

90p
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