Bordeaux 1982

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
duhart09
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Re: Bordeaux 1982

Beitrag von duhart09 »

Sehr, sehr positiv überrascht hat mich vor kurzem auch Feytit Clinet 1982 (Pomerol)!

Davon hatte ich beim Rumwühlen im Keller noch eine Flasche gefunden und der Kellerbuchführung zufolge müssen davon noch ein paar irgendwo stecken. Nase: Waldboden, Walderdbeeren, Lakritz und etwas Tabak. Gaumen: Walderdbeeren, etwas Zimt/Zimtpflaume?, schöne minzige Frische und gute Balance, mittlerer Körper, mit Luft Tabak, ganz feiner und doch intensiver und erstaunlich komplexer Wein. Und mit der Zeit im Glas wurde er immer schöner! Meine positive Überraschung des Jahres! Geniale 19-19+P.

War das nur Flaschenglück oder hat jemand von Euch mit dem Wein schon mal ähnlich schöne Erfahrungen gemacht? Ist das Weingut in anderen Jahren ähnlich erfolgreich gewesen?

Guter Vorsatz für's neue Jahr: Mehr 1982 wagen - und mehr Pomerol sowieso!!

Gruß
Uli
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Olaf Nikolai
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Re: Bordeaux 1982

Beitrag von Olaf Nikolai »

Die Kiste mal wieder gefunden.
Kurz belüfteten und ab gehts.
19er kaufen?????
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weinaffe
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Re: Bordeaux 1982

Beitrag von weinaffe »

Hallo zusammen,

sicherlich unter den TOP-Ten der besten Bordeaux, die ich je verkosten durfte, und einer der Glanzlichter dieses großen Jahrgangs:

Bild

Ein absoluter Hochgenuss !!

LG
Bodo
duhart09
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Re: Bordeaux 1982

Beitrag von duhart09 »

duhart09 hat geschrieben:Sehr, sehr positiv überrascht hat mich vor kurzem auch Feytit Clinet 1982 (Pomerol)!

Davon hatte ich beim Rumwühlen im Keller noch eine Flasche gefunden und der Kellerbuchführung zufolge müssen davon noch ein paar irgendwo stecken. Nase: Waldboden, Walderdbeeren, Lakritz und etwas Tabak. Gaumen: Walderdbeeren, etwas Zimt/Zimtpflaume?, schöne minzige Frische und gute Balance, mittlerer Körper, mit Luft Tabak, ganz feiner und doch intensiver und erstaunlich komplexer Wein. Und mit der Zeit im Glas wurde er immer schöner! Meine positive Überraschung des Jahres! Geniale 19-19+P.

War das nur Flaschenglück oder hat jemand von Euch mit dem Wein schon mal ähnlich schöne Erfahrungen gemacht? Ist das Weingut in anderen Jahren ähnlich erfolgreich gewesen?

Guter Vorsatz für's neue Jahr: Mehr 1982 wagen - und mehr Pomerol sowieso!!

Gruß
Gestern erneut im Glas - wunderbare Eleganz, der Wein schwebt einem über die Zunge. Aber etwas zurückhaltender in der Aromatik im Vergleich zur Flasche im vorletzten Dezember. Gefühlt kaum 11% Alkohol. Schön!

Gruß
Uli
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mixalhs
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Re: Bordeaux 1982

Beitrag von mixalhs »

Ein Palmer 1982, der gestern wunderbar war und heute als Hustensaft durchgehen könnte:

Bild

Herzliche Grüße

Michael
weinaffe
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Re: Bordeaux 1982

Beitrag von weinaffe »

Hier noch ein wichtiger Hinweis für Leute, die sich im Weinforum nur die Bordeaux-Seiten anschauen ;) :

Hallo zusammen,

es soll keiner sagen können, er hätte es nicht gewusst. Am 30.11.2024 ab 18h wird es bei Rotweissrose in Würzburg eine bombastische 82-er Bordeauxprobe geben, wie man sie in dieser Breite wohl selten erleben kann. Sämtliche 1ers, Yquem und alles, was Rang und Namen hat. Fast alle Weine stammen aus demselben großartigen Keller und alle Flaschen scheinen in Topzustand zu sein. Es gibt Essen satt und letzten Endes wird es wohl um die 20 Flaschen geben. Der Inhaber Sebastian Schütz,übrigens kürzlich durch das DWI als Fachhändler des Jahres ausgezeichnet, lässt sich da generell nicht lumpen. Alles weitere könnt ihr unter rotweissrose.com (Veranstaltungen) nachlesen. Der Preis (990 EURO) ist, wenn man mal bei Weinsearcher nachschaut, durchaus fair. Ein paar Euronen muss der Weindealer ja auch verdienen.
Achtung: Stand heute 13h sind noch genau 3 Plätze frei. So eine Chance wird sich so schnell nicht mehr bieten. Die Probe wird mit Sicherheit stattfinden, egal ob mit 12, 13 oder 14 TN.
P.S: Für diese Werbung bekomm ich nix, ich will nur, dass auch möglichst viele kundige und wertschätzende Leute sich anmelden :lol:

LG
Bodo
weinaffe
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Re: Bordeaux 1982

Beitrag von weinaffe »

Hallo zusammen,

das sollte auch in diesem Thread nicht fehlen:

letzten Samstag konnte ich an einer monumentalen 82er Bordeauxprobe beim hiesigen Weindealer (Sebastian Schütz -Rotweissrose) teilnehmen, die es sicherlich in dieser Breite und Qualität nicht mehr so oft geben wird. Zu dieser exklusiven Weinprobe sind auch Weinbegeisterte aus Dortmund, Regensburg und Passau extra angereist... und keiner hat es bereuen müssen, zumal sich im Deutschen Classico Bayern und Dortmund schiedlich friedlich remis getrennt haben. Doch nun zu diesem Abend, der sicherlich noch lange nachwirken wird ;) Wie geht man aber an eine solche Probe ran? Ich habe im Vorfeld bewusst keinerlei Punktebewertungen nachgelesen und wollte möglichst unbeeinflusst die Weine probieren. Die Probe war bewusst nicht "blind", so dass auch "leise" und "hintergründige" Weine unter Berücksichtigung des Chateau-Stils nicht zwischen Extraktbomben untergegangen sind. Der Nachteil der "offenen" Probe ist natürlich, dass sich kein Verkoster von dem Klang großer Namen so ganz frei machen kann. Eine weitere Befürchtung von mir war, dass eventuell der eine oder andere "Etikettentrinker" sich eingebucht hatte, der mit seinen Bemerkungen und seinem "Halbwissen" die Verkostung stören könnte. Dies war aber Gott sei Dank nicht der Fall. Es gab sogar einen Teilnehmer, der bisher kaum hochwertige Bordeaux getrunken hatte und sich bei dieser Probe die Benchmark "antrinken" wollte. Das kann natürlich den Geschmack für andere Bordeauxweine "versauen" :lol: Die Erwartung war natürlich riesig, wobei mir natürlich bewusst ist, dass bei 42 Jahre alten Weine der Flaschenzustand entscheidend ist. Es gilt nach wie vor: im gereiften Zustand gibt es keine großartigen Weine, sondern nur großartige Flaschen.. oder eben auch nicht optimale Flaschen. An diesem Abend hatten wir durchweg Glück, was keineswegs selbstverständlich ist.
Zur Begrüssung gab es den Cuis 1er Cru Brut von Pierre Gimonnet, einen knackigen und glasklaren Chardonnay-Schäumer, der perfekt zu den Schnittchen mit hausgebeiztem Lachs passte. Auf die ebenfalls angebotenen Austern habe ich gerne verzichtet, das ist so nicht ganz mein Fall.

Nachdem dann alle Platz genommen hatten, gab es zunächst zum Eintrinken den ersten 82er, der aber ein Piemonteser war. Der 1982er Barolo Vigna Delizia der relativ unbekannten Cantina de la Porta rossa war aber durchaus noch auf der Höhe. Etwas Tabak, Leder, sogar noch dezente Rotfrucht und kaum Liebstöckel oder Oxidation, ein erstaunlich guter Barolo von einem No-Name-Erzeuger.

Dann begann die eigentliche Probe, wobei immer paarweise probiert wurde. Die Weinreise startete am "rechten" Ufer, danach wurde das Medoc von Nord nach Süd abgegrast.

Das erste Paar: 1982er Trotanoy vs. Vieux Chateau Certan
Wow, der Trotanoy lieferte so was von ab: traumhafte Nase, ein Merlot- betontes Eleganzmonster, feinster Tabak, Graphit, satte Dunkelfrucht, am Gaumen glatt wie Ebenholz, Tannin fast komplett abgeschmolzen, zarte Extraktsüsse, ohne jegliche Ecke oder Kante, alles ist am rechten Platz, ein Gaumenschmeichler mit Klasse, Hedonismus pur, langer retronasaler Abgang. Ohne wenn und aber ein großer Wein. Besser wird er wohl nicht mehr, aber in dieser Flaschenverfassung könnte er sich ohne Qualitätsabfall noch einige Jahre halten. Das war schon einmal ein Hammer-Einstieg !

Der Vieux Chateau Certan ist trotz identischer Appellation von völlig anderer Stilistik. Hier macht sich der Cabernet-Anteil deutlich bemerkbar. Anfangs ein kleiner "Altersmuff", der aber mit Lufteinfluss fast völlig verschwand. Im Gegensatz zu Trotanoy ist das kein Schmeichler. In der Nase Cassis, Brombeere, Tabak und Leder, er wirkt viel straffer und kühler, am Gaumen noch Tanninreste, saftige Säure, etwas ätherisch, weniger extraktsüss, mittellanger Abgang. Ein sicherlich sehr guter Wein, gegen den Trotanoy war er aber chancenlos.

Von Pomerol ging es dann zu St. Emilion mit folgendem Paar:
1982er Cheval blanc vs. 1982er Figeac
Ein spannender Vergleich, da beide deutliche Cabernet-Anteile aufweisen.
Sind wir mit dem ersten Wein im Burgund? Man könnte es fast glauben, denn der Cheval blanc ist voll auf Eleganz getrimmt, zarte Bret-Note, Tabak, Kirsche, Brombeere, absolut kein vordergründiger Wein, am Gaumen etwas extraktsüss, saftige Säure, die dem Wein viel Zug gibt, abgeschmolzenes Tannin, kein Blockbuster, sondern ein feiner Bordeaux, der mit Lufteinfluss sogar noch aufblühte. Diesen großartigen Bordeaux in eleganter Stilistik kann man sehr leicht unterschätzen.

Der Figeac ist völlig anders geartet. Auch hier in der Nase zunächst ein leicht gruftiger Ton, der mit Luft besser wurde und am Gaumen keine Rolle spielte. Voll auf der Cabernet-Seite, Cassis, Brombeere, straff, gute Extraktsüsse, das Tannin etwas rustikal, ganz dezente, aber nicht unangenehme grüne Noten, der Wein scheint noch Reserven zu haben, da ihm die Luft sehr gutgetan hat, mittellanger Abgang. Sehr schöne Rustikalität auf hohem Niveau. Für einige war dies im Flight der Favorit, die Mehrheit bevorzugte aber den Cheval blanc, meine Wenigkeit eingeschlossen.

Nun ging es auf das "linke" Ufer mit 3 Weinen aus dem Haut-Medoc:
1982er Pichon , heute Clement-Pichon vs. 1982er Lachesnay vs. La Lagune
Somit 2 weniger bekannte Chateaux gegen einen Cru Classe.
Der Pichon war eine echte Überraschung: ganz klassische Nase mit etwas Bret, Tabak, Leder, am Gaumen noch etwas rustikales Tannin, aber durchaus mit Extrakt, intakte Dunkelfrucht, etwas Kräuter, saftige Länge. Das ist ein richtig guter Bordeaux alter Schule mit hohem Spassfaktor, den man sicherlich irgendwo noch für kleines Geld nachkaufen kann. Ob er natürlich aus einem ebenso perfekten Keller stammt, kann man natürlich nicht wissen.
Der Lachesnay macht da genauso weiter: sehr klassisch, Tabak, Graphit, Zedernholz, Cassis, saftige Säure, nicht die ganz feine Klinge, aber trotz etwas rustikalem Tannin ein ungeheuer stimmiger Wein, den man gerne in seinem Keller hätte.

Der La Lagune ist da schon etwas eleganter: in der Nase Brombeere, Craneberries, zarter Holzeinfluss, zart würzig, kein Blockbuster, feinkörniges Tannin, gute Länge. Sehr gut, aber sicherlich kein ganz großer 82er.

Jetzt geht aber die Post ab, denn jetzt kommt 4x Pauillac vom Feinsten:

Zunächst 82er Lynch Bages vs. 82er Mouton-Rothschild
derLynch-Bages haut gleichen einen raus, wow, Hedonismus auf höchstem Niveau. Der Wein hat viel zu bieten, und das zeigt er schonungslos :lol: : Traumnase, viel Tabak, Leder, Bleistiftspitze, man hat schon die Kraft und den Monsterextrakt in der Nase, am Gaumen unheimlich expressiv, viel Extrakt, der aber durch die Säure aufgefangen wird, so was von extraktsüss, das Tannin ist fast völlig weg, samtig, ohne Ecken und Kanten, trotz aller Kraft ist das unheimlich ausgewogen, unheimlich fruchtdicht, ellenlanger fruchtig-würziger Abgang. Großer, urgewaltiger Bordeaux, der jetzt voll auf dem Punkt ist. Auch jedem Eleganztrinker bleibt hier die Spucke weg. Chapeau !

Der Mouton ist hierdoch deutlich reservierter, aber wenn man diesem eleganten Wein "zuhört", merkt man sofort die grosse Klasse dieser "Legende". Feine, sanft wirkende Nase, sehr würzig, etwas Kaffee, Zedernholz, sehr hintergründig, noch dezentes, feinkörniges Tannin, sanfte Säure, feine Dunkelfrucht, elegant, alles passt zusammen, komplex, der Wein gewinnt mit Luft, sehr feine retronasale Länge. Mit diesem Wein hätte ich mich gerne noch länger beschäftigt. Urgewalt gegen Finesse, toller Flight, schwierige Entscheidung. Ich nehm sie halt beide !!

Jetzt kam der absolute "Königs-Flight", was sich auch voll bestätigte. Beide Flaschen waren im Top-Zustand und einfach traumhaft. Ich habe mich einfach weggebeamt und völlig in mich versunken beide Weine hin und her probiert. Es war auch etwas mehr Zeit, da nach diesen Weinen das Essen gereicht wurde.

1982er Lafite vs. 1982er Latour

Puh, das ist ja schon in der Nase die schiere Perfektion, wie in Stein gemeisselt bringt der Lafite eine nicht zu überbietende Eleganz und Finesse, ohne dass es diesem Wein an Fleisch und Körper mangelt, ganz klassische Nase mit Tabak, feinstes Leder, Zedernholz, zarte, aber dichte Dunkelfrucht, elegante Extraktsüsse, feine Säure, extrem feinkörniges Tannin, superelegant und finessenreich, retronasal unheimlich lang. Ein echtes Kunstwerk, wie von einem Spitzenkoch komponiert. Hier stimmt einfach alles !! Ganz, ganz großer Wein !!

Geht das jetzt schon wieder so weiter ? Die Nase ist der Hammer !! Eine Orgie an Gewürzen und Frucht, aber alles sehr hintergründig verpackt. Feinster Havanna-Tabak, feinster Cabernet, Cassis, Brombeere, sehr tief in der Frucht, aber in keiner Weise plakativ, der Wein gewinnt mit Luft immer mehr, der Wein ist eigentlich noch zu jung, so verrückt das nach 42 Jahren Reifung klingt, feinkörniges Tannin, am Gaumen fast noch jugendlich !!,dichte Dunkelfrucht, eine Eisenfaust im Samthandschuh, viel Extrakt, mineralisch, etwas nussig, sehr komplex, unheimliche Länge. Wow, was für ein großartiger Wein, der noch ganz am Anfang steht und in 10 oder 20 Jahren wahrscheinlich 110 Punkte bekommt :lol: Besser geht Bordeaux unmöglich, nur anders... siehe Lafite ;) Wie soll man sich bei solchen Ausnahmeweinen entscheiden. Ich kann es beim besten Willen nicht. Wenn ich es müsste.. würde ich trotzdem beide nehmen. Ich hoffe,der Gaul ist mit mir nicht durchgegangen. Beide Weine erzeugen Gänsehaut am ganzen Körper und bleiben in meinem Gedächtnis verankert. Wer bei diesen beiden Schönheiten keine Emotionen hat, muss definitiv tot sein :lol:
Ganz, ganz großes Kino111

Danach gab es ein Salatbouquet mit leckerem, hausgemachten Boeuf Bourgignon. Sehr lecker, jeder hat hier einen Nachschlag eingefordert. Zu diesem Essen gab es in der Doppelmagnum den 1996er Chateau d'Issan, den man in großen Schlucken geniessen konnte. Mit den beiden Vorgänger konnte der naturgemäß nicht mithalten, aber es bleibt ein sehr guter Bordeaux, der das Essen gut begleitete.

Fortsetzung folgt morgen mit 2x Saint Julien, 2x Margaux und dem Premier aus Graves sowie d`Yquem und Vintage-Port zum Nachtisch!

LG
Bodo
Zuletzt geändert von weinaffe am Di 3. Dez 2024, 11:33, insgesamt 1-mal geändert.
Zaccetti
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Re: Bordeaux 1982

Beitrag von Zaccetti »

Danke Bodo für diesen Beitrag :!:
weinaffe
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Re: Bordeaux 1982

Beitrag von weinaffe »

.... und weiter geht es mit den 82er Bordeaux.
Als nächstes folgte 2x St. Julien:

82er Gruaud Larose vs. 82er Ducru Beaucaillou

Den Gruaud Larose hatte ich schon vorher 3 mal mit konstanter Begeisterung im Glas gehabt und das heutige Exemplar schloss da nahtlos an: sehr elegante, dichte Nase mit Cassis, Brombeere, gewürzt mit feinstem Tabak, edlem Leder, Hauch Kräuter, am Gaumen diese geile Extraktsüsse, die so jahrgangstypisch ist, sehr klassisch, saftige Säure, feinkörniges Resttannin, ausgezeichnete Länge. Ein toller Jahrgangsvertreter, der in vielen Proben wahrscheinlich der Wein des Abends gewesen wäre... Lafite, Latour und Co. haben dies heute verhindert ;)

Mit dem Ducru Beaucaillou konnte ich und einige andere am Tisch nicht so viel anfangen, der Wein war nicht fehlerhaft oder unsauber, ganz im Gegenteil war er sehr klar in der etwas künstlich wirkenden Frucht. Ist da Dornfelder drin ? :lol: :lol: Natürlich nicht, der Wein kam aber auch mit Lufteinfluss nicht so richtig aus sich raus, etwas eindimensional, aber jugendlicher Eindruck, gute Tanninqualität, der Wein wirkte aber irgendwie gehemmt, auch mit Luft blieb er dieser monolithischen Phase. Blind verkostet wäre ich wohl nicht auf einen gereiften Bordeaux gekommen. Das Etikett und der Korken sahen aber original aus. Ausserdem gehört der 82er Ducru Beaucaillou nicht unbedingt zu den gefragtesten Kandidaten für eine lohnende Fälschung. Ich gehe daher davon aus, dass wir diesen Bordeaux vielleicht heute auf dem falschen Fuss erwischt haben.
Klarer Sieger hier einstimmig der Gruaud Larose !

Nun war 2x Margaux an der Reihe:

82er Margaux vs.82er Rausan Segla

Der Margaux bringt schon in der Nase, was man sich von diesem Wein aus einem großen Jahrgang nur wünschen kann: traumhafte Eleganz, perfekt ausgewogen, geheimnisvolle Tiefe, ein Korb voller Würze, aber alles ist so fein verbunden, dass nichts heraussticht, die Konzentration dieses monumentalen Weines ist aber schon geruchlich spürbar, der Gaumen macht da weiter, ultrafeines, aber noch präsentes Tannin, genau die richtige Säure, die die Kraft etwas konterkariert, sehr elegante und komplexe Dunkelfrucht, auch hier wieder ätherische Würze, sehr langer Abgang, der in Wellen wiederkommt. Dem Wein kann man unmöglich jetzt widerstehen, das fast noch jugendliche Tannin, die Fruchtdichte und die Komplexität deuten aber darauf hin, dass trotz der 42-jährigen Reife hier noch Reifepotential schlummert. Ein Weltklassewein, der zusammen mit Lafite und Latour heute um den Sieg kämpft. Für mich sind aber alle 3 Sieger, denn welchen Wein will man bei dieser Perfektion noch herausheben ?
Ganz großes Kino !!

Der Rausan-Segla konnte gegen diesen phänomenalen Margaux natürlich nur den Kürzeren ziehen, obgleich dieser Wein alles andere als schlecht ist. Aber wie es halt so ist: das Bessere ist des Guten Feind ;) Der Rausan-Segla ist in der Nase wunderbar geöffnet, delikate dunkle Beeren, feine Würze, durchaus elegant, am Gaumen saftig, reif, das Tannin ist im Vergleich zum Margaux etwas gröber, zarte Säure, guter Abgang. Ein sehr stimmiger Wein, der sicherlich zu den guten, aber nicht zu den ganz großen Jahrgangsvertretern gehört. Aber wir jammern hier natürlich auf einem verdammt hohem Niveau ;)

Als Abschluss der roten Bordeaux kam noch solo der "König" von Graves:

82er Haut-Brion
Geniale Nase, ein Hauch Bret, Havannatabak, feines Leder, Piment, große Tiefe andeutend. Man könnte hier noch länger riechen. Am Gaumen setzt sich dieser Eindruck nahtlos fort: ebenmäßige Dunkelfrucht (Cassis, Kirsche), konterkariert durch elegante und hintergründige Holzwürze, sehr klassisch, elegantes feinkörniges Tannin, kraftvoll, aber mit Finesse, auch hier wieder diese wunderbare Extraktsüsse, ausgezeichnete Länge. Auch hier ist das Ende der Fahnenstange vielleicht noch nicht ganz erreicht, aber diese Schönheit glänzt jetzt schon in lässiger und selbstverständlicher Manier.
Großartiger Haut-Brion, der auf jeden Fall zu den Highlights des Abends gehört.

Fazit: Jeder hat heute abend vielleicht einen anderen Favoriten, ich könnte mich beim besten Willen nicht entscheiden. Alle 1er Crus haben heute geglänzt, Lynch Bages und Gruaud Larose können in dieser Liga durchaus mithalten, vom rechten Ufer hat mir Trotanoy und Cheval Blanc extrem gut gefallen.

Zum Abschluss gab es noch weisses Mousse au Chocolat und die übliche Käseplatte vom Tölzer Kasladen.... und dazu gab es noch 2 hervorragende Süssweine:

82er d`Yquem vs. 1977er Vintage-Port von Burmester
sicherlich ein ungleiches Paar, aber beide konnten richtig überzeugen:

Der d'Yquem stammt hier nicht aus dem allergrößten Sauternes-Jahr, aber dank rigoroser Selektion entstand hier ein großartiger Süsswein. Konzentrierter, aber frischer Naseneindruck, ultrasaubere Bortrytis, schon optisch keinerlei Tendenzen zum Rotgoldenen, elegante Tropenfrucht, am Gaumen perfekt ausgewogen zwischen Süsse und Säure, gute Dichte, elegant und finessenreich,eine Schönheit, jetzt wunderbar zu trinken. Gefällt mir fast besser als manche d'Yquems aus den großen Sauternjahren mit üppiger Bortrytis.

Der 77er Vintage von Burmester zeigte sich auch in Höchstform. Saftige Kirschfrucht, hintergründige Holzwürze, am Gaumen sehr saftig, auch hier passt Süsse und Säure hervorragend zusammen. Langer fruchtig-würziger Abgang. 1977 war übrigens ein ausgezeichnetes Jahr für Portwein, was auch die Klasse dieses Vintage erklärt.

Abschließend geht nur noch ein Bier vom Pax-Bräu, das den Gaumen wieder frisch und frei machte.

Vielen Dank an die Gastgeber und die angenehmen Mitstreiter. Es war ein denkwürdiger Weinabend, der allen noch lange im Gedächtnis bleiben wird.

LG
Bodo
Chrysostomus
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Registriert: Mi 8. Jun 2022, 16:57
Wohnort: Burgenland

Re: Bordeaux 1982

Beitrag von Chrysostomus »

Vielen Dank, Bodo, fürs Teilen deiner Eindrücke - wirklich spannend!
Schöne Grüße, Markus
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