Ole hat geschrieben:Mir ist übrigens noch nie ein Beaujolais untergekommen, der nach Blaubeerjoghurt schmeckt! Vielleicht gibt's ja so'ne und solche Beaujolais und so'ne und solche Winzer . . .
Vor allem gibt es so'ne und solche Aromaassoziierer...
Hier wird ja sowieso erfreulich assoziiert...ich bin nun übrigens nicht gerade der erste, der die Blaubeeren mit Gamay in Verbindung gebracht habe, woher der Joghurt kommt, weiß ich aber selber nicht..
Nun denn, soll Gamay nach Gamay schmecken? Ich bin Jurist,deswegen die unvermeidliche Antwort: Kommt drauf an!
Also ob man Gamay mit Fruchtdrops verbindet oder halt den ernsthafteren Kandidaten aus Moulin a Vent oder Morgon mit ihrem auch eisenhaltigen Charakter. Ich habe Cabernet Franc von der Loire auch nie leiden können, bis ich einmal einen zur Lammschulter getrunken habe, Blaufränkisch auch nicht, aber jetzt kaufe ich genau diese Weine...
Michl hat geschrieben:zu 1.: Der Schein trügt. Neben mir gibt es mindestens zwei weitere aktive Foristen, welche die Rebsorte ausgesprochen schätzen.
...einen weiteren gibt's in eingeschränkter Form noch, nämlich dann, wenn Gamay nicht nach Gamay schmeckt...
früher ging es mir wie Erich und teilweise auch heute noch - wie bei Innereien, die mir zum ersten Mal anders schmeckend schmeckten. Beim Gamay hat es sich erst durch Oles liebevolle Schule geändert und ich suche den Gamay-Kontrapunkt, wenn andere Aromen einschläfernd harmonisch werden. Deshalb wer weiß, Erich , ob du als Naturweinfreak den Gamay nicht noch für dich entdeckst. Ich habe an seiner deftig- provokanten Art oft ähnliche Freude wie bei seltsamen Weinen ganz anderer Art. Und auch wenn es manchmal so scheint, Beaujolais hätten sich sein Aroma ausgetrieben, tröstet seine ewige Wiederkehr.
When you think that you lost everything; You find out you can always lose a little more
Nicht Gamay!
Das Schema der Wirklichkeit ist das Dasein in einer bestimmten Zeit
Immanuel Kant, Elementarlehre
Kle hat geschrieben:Deshalb wer weiß, Erich , ob du als Naturweinfreak den Gamay nicht noch für dich entdeckst.
...tatsächlich stammen ja fast alle Gamays, mit denen ich bis dato was anfangen konnte und denen ich eine Nachkaufwertung verpaßt habe, aus der Naturecke (Schaum ausgenommen).
Es gibt einfach eine Reihe von Weinen -ob nun durch Rebsorten oder andere Merkmale charakterisiert- die ich schlicht und ergreifend nicht mag. Teils schon immer, teils hat sich das mit der Zeit so entwickelt. Und das, was einem so als typisch Gamay bzw. "Bojo" präsentiert wird, ist einfach nicht meine Baustelle. Und wenn ich mir so ansehe, wie sich meine Vorlieben so entwickeln, bewege ich mich aktuell vom "typischen" Gamay eher weg denn hin. Is einfach so...
Viele Grüße
Erich
Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's DAS EWIG GESTRIGE
was immer war und immer wiederkehrt und morgen gilt, weil's heute hat gegolten.
Die Weine von Fabien Duperray habe mir vor etlichen Jahren aufgezeigt, wie "ernsthaft" und tief Beaujolais sein kann. Schon damals war den Weinen deutlich anzumerken, daß das Burgund Vorbild und Leitmotiv war, das auch auf bemerkenswerte Weise approximiert wurde.
Die Preise waren schon damals ambitioniert. Seit sie noch deutlich anzogen, hatte ich mich eigentlich von den Weinen verabschiedet. Vor einiger Zeit gab es die mit einem kleinen Rabatt, und so habe ich die alte Freundschaft wieder aufleben lassen:
Desjourneys, Fleurie Chapelle des Bois 2013
Die Weine wechseln teilweise jährlich, weil immer mal wieder Jahre oder Lagen verschnitten und unter Fantasienamen vertrieben werden. Chapelle des Bois kenne ich noch von "damals", und er war nach dem Moulin-à-Vent Michelons mein zweiter Favorit.
Die Robe ist ein mitteldichtes Rubinrot mit leicht ziegelfarbenem Rand und leicht trüb.
Die Nase ist elegant, aber verwaschen/diffus: Waldbeeren, etwas Laubwald, ein Hauch helles Leder. Fleischig. Nichts erinnert an Gamay.
Am Gaumen leicht- bis mittelgewichtig, seidig, mit ausreichender Säure und zartem bis mittelkräftigem, extrem feinem Grip. Wieder elegant, aber diffus, ganz wie die Nase.
Im Abgang und retronasal zunehmend hefig. Edit:
Im letzten Schluck reichlich Weinstein.
Der Wein ist ganz gut, wenn auch komplett untypisch, aber auch nicht besonders einnehmend. Eine graue Maus, deren Eleganz nicht annähernd strahlend genug ist, um den Mangel an Expression auszugleichen. Der Preis von knapp 80 oder gut 70 (mit Rabatt) € ist vollkommen grotesk! Mit einem Drittel davon wäre er gut bezahlt, und selbst dann hätte ich Zweifel ob der Stilistik. Scheint mir auch nicht an 2007-2011 heranzureichen.
Schade, das war eine schöne Erinnerung, die hiermit atomisiert wurde. Ich bin mehr als skeptisch, ob der ebenfalls erworbene Michelons das Ruder wird herumreißen können.
Hallo Karsten, interessant dass du einen Desjourneys im Glas hattest, denn über die letzten 1-2 Wochen hatte ich auch drei Desjourneys im Glas - alles Weiße allerdings und die fand ich alle doch recht gelungen.
2019 Desjourneys Macon-Prissé "En Chailloux" blanc
Den hatte ich über die letzten Monate 3x im Glas. Hatte aber nie explizit Noten vermerkt. Aber ein sehr gelungener Chardonnay mit Fokus auf Zitrone, präsenter Säure, die aber durch leichte Fruchtsüße aus gelber Frucht in Schach gehalten wird.
2020 Desjourneys Macon-Fuissé "Bois de la Croix" blanc
Den fanden alle am Tisch ziemlich klasse und wurde auch zum Besten dieser 3 erhoben. Recht mineralisch mit einem Gegenpol aus tropischen, gelben Früchten, einnehmende Säure, bisschen Butter, überreife Zitrone. Sehr komplex und alles schön in Balance, sehr mundeinnehmend. Langer Abgang.
2020 Desjourneys Macon-Verzé blanc
Nicht so ein Aromenspektrum wie die anderen beiden. Eher fokussiert auf Mineralik, zitrisch, auch hier sehr präsente Säure. Solide.
Das sind ja allesamt preislich noch recht attraktive Weiße von Duperray. Von den teureren hatte ich mir je eine Flasche gekauft, die bleiben aber bissel liegen.
Von den Roten hab ich nur einen 2016er Chenas "Le Jugement Dernier" im Keller.
Desjourneys in weiß hatte ich mal kurz nachdem die ersten auf den Markt kamen angetestet. Ich habe sie nicht weiterverfolgt: In meiner Erinnerung waren sie ok, aber blaß und für das Gebotene viel zu teuer - ziemlich so, wie jetzt der Fleurie.
Vielleicht versuche ich am Wochenende mal, irgendwas dazu in meinen Notizen zu finden...
Moulin à Vent Tres Vieille Vigne "Les Caves" 2022 (Domaine Anita) 14%Vol. Den gab's bei Lobenberg im Angebot, da habe ich mal zugeschlagen. Lobenberg schreibt von "mindestens 80, aber sogar bis zu 100 Jahre alte Reben", das Etikett sagt nur "65 ans". Egal. Wie schon die 14% erwarten lassen, ist das kein leichter, gekühlt zu trinkender Sommerwein, sondern ein ziemlich dickes Geschoss. Die Struktur würde auch manchem Bordeaux gut zu Gesicht stehen, fast zum Kauen, viel sandiges Tannin. Dunkelfruchtig, fleischig, dicht, im Moment noch unverbunden und etwas rumpelig; wird aber voraussichtlich sehr gut werden. Zwei oder besser drei Jahre zuwarten.
Paul-Henri et Charles Thillardon, Chénas
Chénas "Les Carrières" 2020
11,5%
€ 16,50
Ein Wein von Feuerstein- und Schwemmsteinböden.
Im Glas ein sehr helles, aber durch die fehlende Schönung und Filtration etwas trübes und leicht schmutziges Rot.
Sehr ausgeprägtes Aroma nach Feuerstein in der Nase, dazu etwas Hagebutte, saure Kirsche und mürbe Erdbeere, vor allem aber florale Noten.
Am Gaumen herrscht dann ein sehniger Eindruck vor, die Säure ist lebendig bis dominierend. Trotz seiner Leichtigkeit hat der Wein eine zwar schlanke, aber ausgeprägte Struktur und merkbare Gerbstoffe. Dazu kommt eine rauchige Note, die in der Nase noch wahrnehmbaren Fruchtnoten sind aber nahezu komplett verschwunden.
Das ist schon gut, aber ein wenig mehr Charme würde für meinen Geschmack nicht schaden. Vermutlich deutlich zu früh geöffnet?
15,5/20