jessesmaria hat geschrieben:
sorgenbrecher hat geschrieben:Bezogen auf Deutschland verstehe ich die Aufregung nicht. Es gibt vielleicht gut zwei dutzend Weingüter, die in das Luxussegment vorstoßen, oder vorstoßen wollen. Wenn man bereit ist die Preise zu zahlen, dann passt es für beide Seiten, wenn nicht, dann hat man aber eine Vielzahl von Alternativen, die weiterhin extrem attraktive Preise bieten. Das ist doch hier nun wirklich kein Problem! Never explain, never complain...niemand zwingt doch den Konsumenten, diese Weine zu diesen Preisen zu kaufen. Alternativen gibt es wie Sand am Meer.
Das sehe ich nicht so. Wenn die geliebten Weingüter, denen man Jahre bis Jahrzehnte treu geblieben sind und stets die kompromisslose Qualitätsspitze ihres Terroirs bildeten, nun allesamt auf den Luxusmarkt setzen, fällt es nicht unbedingt leicht, stets ein qualitativ äquivalentes No-Name-Gut als Ersatz zu finden. An der Ruwer z. B. kommt m. E. an Grünhaus+Karthäuserhof nichts heran (außer vielleicht Breiling, der nun wieder im Team beim Karthäuserhof mitwirkt und selbst nichts mehr verkauft).
Ich verstehe den Punkt absolut, gleichwohl ist meine Erfahrung aus vielen dutzend Blindproben, dass ein Erkennen des Erzeugers bei deutschen Weinen im hochpreisigen Sortiment weit unterdurchschnittlich zu den Ikonen aus den o.g. anderen Anbaugebieten ist. Das Anbaugebiet wird im Kreise von erfahrenen Verkostern/Trinkern(
) noch sehr häufig erkannt, der Erzeuger sehr, sehr selten. Vor allem beim Riesling sind es am ehesten noch die Ikonen im restsüßen Bereich: Prüm, Egon Müller, alte gereifte Weine vom Kloster Eberbach und Schloss Johannisberg, die recht häufig "genagelt" werden, aber gerade bei trockenen Weinen ist nach meinen bescheidenen Erfahrungen die Quote extrem gering, selbst wenn gehypte Top-Produzenten wie Keller, B.-S./K.-G, Dönnhoff, Schönleber, Wittmann, etc... mit ihren Top-Weinen in der Runde waren.
Aus einigen anderen Top-Regionen ist die Quote nach meinen Erfahrungen signifikant höher: Latour, Haut-Brion, Margaux, Cheval Blanc, Pichon Lalande, Montrose, und diverse andere Bordeaux werden regelmäßig richtig erkannt, DRC eigentlich immer, Coche-Dury auch, diverse andere Burgunder wie Dujac, Rousseau, Mugnier,... ebenfalls mit weit überdurchschnittlicher Häufigkeit. Auch im Piemont werden einige Top-Erzeuger wie Giacosa, Rinaldi, Burlotto, Accomasso, zuletzt auch Giovanni Rosso/Ester Canale mit enorm hoher Sicherheit dem jeweiligen Erzeuger zugeordnet. Und last but not least gilt das auch für die Wachauer Ikonen von Hirtzberger, Knoll, F.X. Pichler, Rudi Pichler, Prager, die deutlich öfter blind erkannt werden.
Wenn aber diese Einzigartikeit nicht gegeben ist, und es mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gelingt, den Erzeuger in einer Blindverkostung zu erkennen, warum dann preislich für genau diesen Winzer ein Premium zahlen?
Selbstverständlich lässt sich zurecht einwenden, dass meine Erfahrungen statistisch keine Relevanz haben und rein exemplarisch sind, dass deutsche Weine in unserer Runde unterdurchschnittlich repräsentiert sind, aber vielleicht ist ja auch ein bisschen was dran, dass es in Deutschland im Top-Segment viel mehr austauschbare Weine gibt als in anderen ikonischen Weinregionen...jeder mag sich selbst hinterfragen wie oft er in etwas breiter angelegten Blindproben seinen Lieblingserzeuger erkannt hat...
Gruß, Marko.