Daß wir Sterblichen nicht durch diesen ganzen VDP-Wust durchsteigen, finde ich jetzt nicht so tragisch. Die Autorität wird schon recht haben, nicht wahr. Daß aber einzelne VDP-Winzer nicht kapieren wollen, was das System bezwecken soll, finde ich urkomisch.
Bei dem GG wird ja die Herkunft als Qualitätsaspekt als solches gelebt. Das bedeutet, das Morstein-GG ist besser, weil es aus dem Morstein kommt und auch so schmeckt. Wenn ich aber keinen Lagenverbauch habe, sondern auch den Zweitwein aus dem Morstein erlaube, dann ist jener
auch ein Morstein, aber eben
ein schlechterer Morstein, was aber nach dem Selbstverständnis des GGs gar nicht geht, denn sonst würde sich das GG-Konzept selbst aushebeln;
es darf also keinen zweiten Wein aus der GG-Lage geben, der auch reinlagig ist!
In mindestens einem hier dokumentierten Fall ist das GG ja tatsächlich eine Selektion der besten Fässer und der Zweitwein der Rest, und prompt gibt es das Problem, daß diese "restlichen Fässer" auch verdammt gut sind. Müssen sie ja sein, weil der Winzer a priori nicht weiß, welche Fässer das GG werden und welche nicht; er muss also allen Fässern (also der gsamten Lese) die selbe Aufmerksamkeit zukommen lassen. Das ist nicht nur finanziell bescheuert, weil der Zweitwein zu gut ist oder das GG zu teuer, sondern und v.a. auch hierarchisch, weil der Zweitwein das GG natürlich kannibalisiert. Es ist ja tatsächlich der gleiche (nicht: der selbe) Wein, minus Tagesform des Fasses und des Winzers. Wie soll denn da der qualitative Abstand hergestellt werden?!
Die Verengung des Qualtätsbegriffs auf die Herkunft macht es also zwingend notwendig, daß die Nicht-GG-Fässer aus einer GG-Lage in einem Lagenverschnitt verklappt werden (idealerweise mit deklassierten Fässern anderer GG-Lagen) - denn nur dann ist der Lagencharakter des GG geschützt. Das kann dazu führen, daß das reinlagige GG
insgesamt schwächer ist als der lagenverschnittene Zweitwein (beliebtes Problem etwa an der Nordrhône), obwohl ersterer den Lagencharakter viel besser zeigt - dieser aber so uninteressant ist, daß es sich gar nicht lohnt. (Das ist freilich das Kernproblem des VDPs: Die ganzen GG-Lagen sind gar nicht gut genug, es müsste eine viel strengere Lagenselektion geben. Deshalb bringt das GG und diese ganze VDP-Pyramide dem lagenmäßig wenig ausdifferenzierten Rheingau viel weniger als etwa der Nahe oder Rheinhessen.)
Und dann müsste es innerhalb der Lage Parzellen geben, die für das GG reserviert sind und folglich die ganze weinbau- und kellertechnische Aufmerksamkeit bekommen, währende die restlichen Parzellen dieser GG-Lage absichtlich(!) weniger gut behahndelt werden (hat auch finanzielle Effekte). Das GG ist momentan also hoffnungslos
over-engineered, deswegen sind die Zweitweine zu gut, und überhaupt gibt es zu viel GG (Weinmenge) pro Lage und zu viele GG-Lagen. Die Winzer machen
zu guten Wein, als daß sich das GG deutlich genug absetzen könnte in Qualität
und Lagencharakter, um den Aufpreis zu rechtfertigen. Diese Tendenz wird von der Testreihe hier eindrucksvoll bestätigt.
Der VDP versucht, Lagencharakter als führendes Qualitätskriterium durchzusetzen, nicht jeder Winzer hat kapiert, was das denn wirklich bedeutet, und dann wiehert auch noch der Amtsschimmel die Erzeuger von schräg hinten an und nimmt ihnen das Etikett weg. Sowas passiert, wenn man nicht die Zisterzienser ein Millennium machen lässt, sondern meint,
wine-cultural engineering vom "Club" ginge schnell und Weihnachten seien die Jungs wieder daheim.
Wenn die GG-Zweitweine gegen gleichpreisige Wein der Nicht-VDP-Winzer gestellt werden, werden VDP-Funktionäre ganz schnell nervös und versuchen, diese Erzeuger in den VDP zu akkretieren. Am Ende wird also jeder Winzer, der bei drei keinen Essig produziert hat, dem VDP angehören, und die VDP-Pyramide wird 28 Stockwerke haben, und
Ze drem vil finali kum tru!
Cheers,
Ollie
Yeah, well, you know, that’s just like, uh, your opinion, man.
Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.
"Souvent, l'élégance, c'est le refuge des faibles." (Florence Cathiard)