Zitat Bourdieu:
Die Negation des niederen, groben, vulgären, wohlfeilen, sklavischen, mit einem Wort: natürlichen Genusses, diese Negation, in der sich das Heilige der Kultur verdichtet, beinhaltet zugleich die Affirmation der Überlegenheit derjenigen, die sich sublimierte, raffinierte, interesselose, zweckfreie, distinguierte, dem Profanen auf ewig untersagte Vergnügen zu verschaffen wissen. Dies ist der Grund, warum Kunst und Kunstkonsum sich – ganz unabhängig vom Willen und Wissen der Beteiligten – so glänzend eignen zur Erfüllung einer gesellschaftlichen Funktion der Legitimierung sozialer Unterschiede.
Am offensichtlichen ist das beim Kunst-, besonders Musikgeschmack, aber Bourdieu bezieht auch etwa Wohnen (Mobiliar), Kleidung, Essen und Trinken mit ein.
Beim Wein passen die Attribute Bourdieus vorzüglich: Sublim und raffiniert ist aus Sicht des Kenners ein anspruchsvoller Wein, zweckfreier Genuss ist ihm angemessen (d. h., nicht als Durstlöscher, für den fröhlichen Rausch, der Gesellschaft wegen o. ä.). Distinguiert ist schon der Modus der Beschaffung (etwa beim Fachhändler statt wahllos im Supermarkt).
Nun zu den Sinus-Milieus.
Eine Einführung gibt es hier: https://www.sinus-institut.de/sinus-loe ... utschland/
Hier kann man sogar schauen, mit welchem Wohnzimmer man sich am ehesten identifiziert: https://www.sinus-institut.de/fileadmin ... _slide.pdf
Die (durch kulturelles sowie ökonomisches Kapital) herrschenden Klassen befinden sich in den auf der y-Achse oberen Milieus. Es ist daher davon auszugehen, dass Weinkenner (und damit der Durchschnitt der hier im Forum Aktiven) sich vorwiegend in diesen Milieus wiederfinden: Konservativ-etabliertes Milieu, Liberal-intellektuelles Milieu, Milieu der Performer, Expeditives Milieu.
Spannend ist, inwieweit sich weiter differenzieren lässt. Ist der "klassische" Weinkenner im konservativ-etablierten Milieu zuhause? Er könnte in einem Internetforum aufgrund des Mediums dennoch leicht unterrepräsentiert sein. Lassen sich verschiedene Weine bzw. Weinstile konkret unterschiedlichen Milieus zuordnen? – Etwa Bordeaux-Wein dem konservativ-etablierten, Naturwein hingegen mehr dem liberal-intellektuellen? Dornfelder dem traditionellen Milieu, Primitivo dem adaptiv-pragmatischen? Der Biomarkt-Wein dem sozialökologischen?
Kann man Weinkonsum überhaupt auf der x-Achse verorten, die bei den Sinusmilieus im Unterschied zur Theorie Bourdieus eben nicht das kulturelle Kapital ist, sondern die Grundorientierung von traditionell bis progressiv? Den Weinkonsum sicher nicht, aber wahrscheinlich verschiedene Spielarten davon, würde ich annehmen.
Wo findet ihr euch wieder?