Deutschland 2019

Berichte, Erfahrungen, Prophezeiungen
stollinger
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Re: Deutschland 2019

Beitrag von stollinger »

TOM hat geschrieben:Teile Spaniens und Italiens bspw. müssten doch dieses Problem bereits viel länger haben. Wird dort künstlich bewässert oder kommen Tempranillo, Sangiovese, Merlot und Co einfach mit weniger Wasser aus?
Rieke Riesling hat geschrieben:Nun es ist zur Zeit schon eine außergewöhnliche Dürre bei uns. Oft ist es in den Südlicheren Ländern so, dass hier im Winter die Bodenwasservorräte wieder aufgefüllt werden.
Habe noch eine Link ausgegraben:

https://www.dwd.de/DE/klimaumwelt/klima ... .live11051

Da gibt es die akkumulierte Niederschlagsmenge für Europa zu sehen (weiter unten auf der Seite, bei Ausgewählte Leistungen für das Klimamonitoring Europa auf Niederschlag gehen und den Zeitraum auswählen). Im Herbst 2018 und Frühjahr 2019 ist da z.B. in Mittelitalien deutlich mehr Regen gefallen als in weiten Teilen von Deutschland.

Grüße, Josef
amateur des vins
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Re: Deutschland 2019

Beitrag von amateur des vins »

Ollie hat geschrieben:Auch absehbar ist das aufkommende Problem mit der Zeilenbegruenung, die in direkter Wasserkonkurrenz zu den Reben steht, aber noetig ist, um bei zunehmenden Starkregenereignissen am Hang den Oberboden zu halten; sie muss also mitbewaessert werden, was den Wasserverbrauch nochmal steigert. Durch die erhoehte Verdunstungsrate steigt dann aber die Luftfeuchtigkeit ueber dem Boden, was Pilzbefall usw. verstaerkt, weshalb mehr in die Prophylaxe gesteckt werden muss.
Das hört sich theoretisch alles nach berechtigten Einwänden an. Biowinzer machen das allerdings schon länger (wenn auch eher aus anderem Antrieb) und haben auch die Krankheiten im Griff. Und immer wieder lese ich, daß Bioreben unter'm Strich robuster seien, und gerade die Konkurrenz mit andrem Bewuchs in den Rebzeilen zu tieferem Wurzeln und besserer Wasserversorgung führe.

Vielleicht werden Biobauern ja die relativen Gewinner der zunehmenden Trockenheit?
Besten Gruß, Karsten
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EThC
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Re: Deutschland 2019

Beitrag von EThC »

amateur des vins hat geschrieben:Und immer wieder lese ich, daß Bioreben unter'm Strich robuster seien, und gerade die Konkurrenz mit andrem Bewuchs in den Rebzeilen zu tieferem Wurzeln und besserer Wasserversorgung führe.
Ja, höre ich auch immer wieder. Ich kenne Weingärten, in denen schaut's bewußt "wie Kraut und Rüben" aus, um die Reben unter Wasserstreß zu setzen, was zum tieferen Wurzeln und in der Folge zu kleineren, "salzigeren" Beeren führt oder führen soll.
amateur des vins hat geschrieben:Vielleicht werden Biobauern ja die relativen Gewinner der zunehmenden Trockenheit?
Vielleicht ja, aber wohl nur in der überschaubaren Menge des Weins, über den wir hier so schreiben. Also ca. 10.000 oder maximal 20.000 ha Fläche in D. Für den Rest der gut 100.000 deutschen Hektare, die eher für das Supermarktweinsegment gebraucht werden, dürfte das eher kein gangbarer Weg sein...
Viele Grüße
Erich

Nicht was lebendig, kraftvoll, sich verkündigt, ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz Gemeine ist's
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Ollie
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Re: Deutschland 2019

Beitrag von Ollie »

amateur des vins hat geschrieben:Das hört sich theoretisch alles nach berechtigten Einwänden an. Biowinzer machen das allerdings schon länger (wenn auch eher aus anderem Antrieb) und haben auch die Krankheiten im Griff. Und immer wieder lese ich, daß Bioreben unter'm Strich robuster seien, und gerade die Konkurrenz mit andrem Bewuchs in den Rebzeilen zu tieferem Wurzeln und besserer Wasserversorgung führe.
Na klar machen Biowinzer das schon laenger. Und die Begruenung baut ja auch Humus auf, was die Faehigkeit des Bodens erhoeht, Wasser zu speichern. Allerdings regnete es bislang auch genug, um die Begruenung mitzuversorgen. Bei Trockenheit geht die Begruenung dann auch ohne Herbizid ein. Das schattet den Boden ab und senkt die Verdunstungsrate weiter, also bis zu einem gewissen Grad ist das System elastischer als bei offen gehaltenem Boden.

Bei anhaltenden Trockenperioden wie 2018/19, die natuerlich erst der Anfang des Szenarios sind, wird man aber sehen muessen, wie man weitermacht. Bioanlagen werden aber wohl langfristig wohl dennoch besser fahren, einfach weil die Rebanlagen robuster (geworden) sind. Allerdings wohl weniger wegen der "tieferen Wurzeln" als wegen der besser ausgebildeten Feinwurzeln; mit dem erhoehten Durchdringungsgrad steigt auch die Faehigkeit, Wasser aus dem Boden zu siehen.

Cheers,
Ollie
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amateur des vins
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Re: Deutschland 2019

Beitrag von amateur des vins »

Ollie hat geschrieben:Allerdings wohl weniger wegen der "tieferen Wurzeln" als wegen der besser ausgebildeten Feinwurzeln; mit dem erhoehten Durchdringungsgrad steigt auch die Faehigkeit, Wasser aus dem Boden zu siehen.
Daß das Rhizom die Hauptrolle spielen dürfte, war auch mein Gedanke. Es ist aber nicht das, was Laien zu lesen bekommen, weshalb ich die vereinfachte Darstellung zitierte.
Besten Gruß, Karsten
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UlliB
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Re: Deutschland 2019

Beitrag von UlliB »

amateur des vins hat geschrieben: Vielleicht werden Biobauern ja die relativen Gewinner der zunehmenden Trockenheit?
Was das Thema "Bewässerung" betrifft, führt auch für die Biobauern dauerhaft wohl kein Weg daran vorbei. Ich hatte vor einigen Wochen in Niederösterreich Gelegenheit, über das Thema mit einem Winzer zu reden, der einen Demeter-zertifizierten Betrieb führt. Der meinte, dass ohne Bewässerung auf etlichen seiner Parzellen heute kein Weinbau mehr möglich wäre.

Im übrigen bedeutet der Klimawandel ja nicht, dass es überall und immer trockener wird. Die erhöhte Verdunstung kann auch zu Intensivregenfällen und manchmal auch zu länger andauernden nassen Perioden führen. Da stößt der Bioweinbau dann ganz schnell an seine Grenzen - siehe Bordeaux 2018, als biologisch arbeitende Betriebe wegen grassierender Pilzkranheiten ganz enorme Ernteeinbußen hinnehmen mussten, weil die zur Verfügung stehenden Mittel (im Wesentlichen nur Kupfer) mit dem Pilzdruck nicht mehr fertig wurden. Nun macht es Betrieben wie Pontet Canet oder Palmer, die ganz locker einen dreistelligen Betrag für eine Flasche erwirtschaften, nicht so viel aus, wenn sie mal 60 oder 80 Prozent einer Normalernte verlieren. Betrieben mit normaler Preistruktur kann das aber das Genick brechen, wenn es mehrfach hintereinander passiert.

So sehr ich Weine aus Bioanbau schätze: eine Lösung für alle Probleme, die der Klimawandel mit sich bringt, ist das auch nicht.

Gruß
Ulli
Ollie
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Re: Deutschland 2019

Beitrag von Ollie »

amateur des vins hat geschrieben:Daß das Rhizom die Hauptrolle spielen dürfte, war auch mein Gedanke. Es ist aber nicht das, was Laien zu lesen bekommen, weshalb ich die vereinfachte Darstellung zitierte.
Ah, sorry, dann war das halt fuer die Gallerie. :lol:
UlliB hat geschrieben:Die erhöhte Verdunstung kann auch zu Intensivregenfällen und manchmal auch zu länger andauernden nassen Perioden führen.
Genau. Die Kombination aus "feucht und warm" wird zunehmend zum Problem werden. Das schnelle, aber moeglichst erosionsfreie Ableiten des Oberflaechenwassers bei Starkregenereignissen, um den Weinberg so schnell wie moeglich trocken(!) zu bekommen, ist also eine der vielen miteinander im Gegensatz stehenden Problemstellungen, mit der sich die Weinbergswirtschaft beschaeftigen muss.

Uebrigens werden all diese Szenarien in der Fachwelt schon seit stark 20 Jahren diskutiert. Geisenheim und so. (Fuer die Gallerie.)

Cheers,
Ollie
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amateur des vins
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Re: Deutschland 2019

Beitrag von amateur des vins »

Ollie hat geschrieben:
amateur des vins hat geschrieben:Daß das Rhizom die Hauptrolle spielen dürfte, war auch mein Gedanke. Es ist aber nicht das, was Laien zu lesen bekommen, weshalb ich die vereinfachte Darstellung zitierte.
Ah, sorry, dann war das halt fuer die Gallerie. :lol:
Alles gut, Ollie!
Für Privatschnack haben wir andere Kanäle. ;)
Besten Gruß, Karsten
Georg R.
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Re: Deutschland 2019

Beitrag von Georg R. »

stollinger hat geschrieben: 2019
https://files.ufz.de/~drought/SM_Lall_aktuell.pdf

im gleichen Zeitraum 2018 sah es so aus:
https://www.ufz.de/export/data/2/211113 ... -07-31.png

Wenn ich das richtig überblicke, ist es, außer in Teile von Baden, in allen deutschen Weinbaugebieten noch mal deutlich trockener als letztes Jahr. 2015 gab es auch im Süden Deutschlands schon eine außergewöhnliche Dürre in viele Teilen. In 14, 16 und 17 gab es im Sommer in nur sehr lokal Dürren oder Trockenheit.

Grüße, Josef
Hallo Josef,

auf den ersten Blick ja - wenn man Baden rein geografisch betrachtet.
Schaut man sich aber die Hauptweinanbaugebiete entlang des Oberrheingrabens an, dann ist dort alles dunkelrot,
schlimmer als 2018.

Gruss
Georg
Man kann die Erkenntnisse der Medizin auf eine knappe Formel bringen: Wasser, mäßig genossen, ist unschädlich.
Mark Twain
stollinger
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Re: Deutschland 2019

Beitrag von stollinger »

Oh je, Georg,

nach dem ich bislang wirklich kein Fan von 2018 bin, hatte ich wenigestens auf einen sweet spot in diesem Jahr gehofft... :)

Grüße, Josef
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