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Ein Artikel von Stephen Brooks (http://www.wine-pages.com/guests/contri ... scores.htm) hat eine mE interessante Diskussion im Weinforum auf wine-pages.com ausgelöst.

Unter anderem wurde das Bepunkten von Burgundern diskutiert. M.E. kann man mit keinem Punktesystem einer Bewertung gerecht werden (dies ist allgemein gültig und gilt nicht nur Burgunder!) - ganz abgesehen davon, dass es eh keine objektive Bewertung gibt ...

Auch Jasper Morris und Bill Nanson äußern sich zu dem Thema ...

Ich persönlich halte immer noch eine Bewertung im Kontext des Erwartungshorizonts für die beste Lösung ... aber auf diesem Forum bin ich da - glaube ich - in der Minderheit.

http://www.wine-pages.com/ubb/ultimateb ... 1;t=043145

Gruß Tobias

PS: Auch Neal Martin antwortet auf den Artikel von Stephen Brooks ...

weingollum33 hat geschrieben: Ich persönlich halte immer noch eine Bewertung im Kontext des Erwartungshorizonts für die beste Lösung ... aber auf diesem Forum bin ich da - glaube ich - in der Minderheit.

Hallo Tobias,

das ist grob die Herangehensweise der Bourgogne Aujourd'hui. In deren 20er Punktesystem werden die Weine in ihrer jeweiligen Hierarchiestufe bewertet, will heißen (für die Côte d'Or):

Bourgogne
Village
1er Cru
Grand Cru

Ein Bourgogne mit 18 Punkten ist also nicht besser bewertet als ein Grand Cru mit 15 Punkten, sondern nur besser als ein anderer Bourgogne mit 15 Punkten. Das hat was für sich, ist aber nicht ganz einfach zu vermitteln, da der Erwartungshorizont der meisten Weinkäufer wohl eher absolut ist und nicht relativ. Wenn ich Weine in verkostungsnotizen.net eingebe, dann dienen die Punkte vor allem meiner eigenen Orientierung, damit ich Jahre später noch weiß, wie ich den Wein fand - abgesehen von der textlichen Beschreibung. Ein Bourgogne mit 87 Punkten kann das größte Vergnügen bereitet haben, einfach weil er ein sehr, sehr gut gemachter Bourgogne ist. Ein Grand Cru mit 87 Punkten ist hingegen eine Enttäuschung, weil man von einem Grand Cru zum gut fünffachen Preis des Bourgogne mehr erwarten darf (und ich dann auch mehr erwartet habe).

Insofern fehlt mir aber noch etwas die Fantasie, wie eine Bewertung nach Erwartungshorizont genau aussehen sollte. Würde man einem Grand Cru, den man auf dem Niveau ca. eines 87 Punkte Bourgogne sieht, dann 50 Punkte geben, einfach weil er für sein Level enttäuscht hat? Das wäre für mich eine Art "Doppelbestrafung" und würde dem Wein auch nicht gerecht werden.

Insgesamt sind gerade bei Burgunder die Punkte für mich allenfalls marginal interessant. Viel wichtiger ist der Stil des Winzers und das, was er/sie in einem bestimmten Jahr gemacht hat oder auch nicht. Das kommt z.B. bei Allen Meadows ganz gut rüber, auch wenn dessen Punkte total vorhersehbar sind und deshalb auch keinen großen Mehrwert bieten.

Insofern fehlt mir aber noch etwas die Fantasie, wie eine Bewertung nach Erwartungshorizont genau aussehen sollte.

ME ist dies einfach:
Ganz weg von den Punktezahlen! Je mehr Weine man verkostet, um so wahrscheinlicher ist es mE, dass die Punktehierarchie der Weine untereinander nicht mehr stimmt ... ganz zu schweigen davon, dass sich der Geschmack im Laufe der Zeit sowieso ändert ... sind 92 Pkt aus 2004 auch 92 Punkte in 2015? Insofern denke ich: Je einfacher, je besser - auch wenn die Subjektivität einer Bewertung natürlich immer bleibt.

Ich selber wende das insbesondere bei Burgundern auch an:

Eine Einstufung im Kontext der jeweiligen Qualitätsstufe (Bourgogne, Village, 1er Cru, Grand Cru):

nicht empfehlenswert: nicht mein Ding!

gut: kein schlechter Wein - entspricht aber nicht meinen persönlichen Vorlieben oder erfüllt nicht meinen persönlichen Erwartungshorizont / keine Kaufempfehlung

gut bis sehr gut: erfüllt meine Erwartung / über den Kauf kann man nachdenken

sehr gut: gefällt mir ausgesprochen gut und übertrifft die Erwartung, Kaufempfehlung sofern nicht bereits eingelagert

exzellent: der Wein hebt sich sehr deutlich von den Weinen gleicher Qualitätsstufe ab / sollte man mal getrunken haben, um zu wissen was möglich ist!

Ich gebe aber gerne zu, dass die meisten Weintrinker nicht viele Details lesen möchten und ein Punkteschema den absoluten Vorteil hat, dass eine Zahl auf den ersten Blick eine Aussage über die Hochwertigkeit zulässt! Dennoch halte ich die einfache Einstufung im Kontext des Erwartungshorizonte bei aller Subjektivität für "objektiver", da in sich schlüssiger!

Ich bevorzuge ferner eine solche Bewertung, da eine Weinbeurteilung m.E.sowieso sehr durch den Erwartungshorizont gesteuert wird und entsprechende Gefühle auslöst ... von Enttäuschung bis Euphorie ... halt abhängig von der eigenen Erwartung! Das Ausmaß "des Gefühls" ist eigentlich das entscheidende Kriterium für den Genuss! Ich werde heute noch zum Philosophen !

Gruß Tobias

weingollum33 hat geschrieben:dass die meisten Weintrinker nicht viele Details lesen möchten

Da gehöre ich wohl zu den anderen