Seite 1 von 1

Günstige und würzige Weine?

Verfasst: Di 28. Jan 2014, 01:11
von Jan Borel
Hallo wertes Forum,

Ich bin ein relativer Neuling auf dem Gebiet der Weinverkostung. Ich mag trockene Rotweine und habe in der letzten Zeit einige Rotweine probieren können - aber ganz sicher noch nicht genug, um mir einen allgemeinen Überblick zu schaffen.

Eines zumindest habe ich für mich festgestellt: Mir haben es Weine angetan, die ich am ehesten mit dem Stichwort „würzig“ umschreiben würde. Am ehesten fallen mir Assoziationen wie Pfeffer, Orient, Rauch, Torf, Kardamon, Rosmarin, Oregano, Lakritz, Chilli ein. Ich habe dieses Attribut in Vollendung bei zwei Weinen gefunden, einem 1986er Mouthon Rothschild und einem 2006er Domaine Gourt de Mautens.

Ich bin aber eher durch glückliche Umstände in den Genuss von diesen Weinen gekommen, ich könnte sie mir vielleicht in größeren Abständen leisten, aber ich bin nun auf der Suche nach Weinen bis 20 Euro, die mir nicht ein gleichwertiges, aber zumindest aromatisch ähnliches Geschmackserlebnis verschaffen können. Was ich nicht mag sind strenge Tannine, fruchtige Rotweine und den Geschmack von Holz ;-)

Ich habe bei meiner weiteren Suche einige günstigere Weine gefunden, die für mich dieser Vorstellung von „würzigem“ Genuss nahe kommen: Einen Chianti Classico von Felsina, einen Shiraz von Guardian Peak, einen Pech Rome Opulens, die Cuvée Mythique, den Paul Jaboulet Aîné Parallèle 45, und – einige werden die Nase rümpfen – den Shiraz von YellowTail.

Ich wäre nun überaus glücklich, wenn einige Leser hier etwas mit den Assoziationen etwas anfangen und mir Weine in der Preiskategorie empfehlen könnten, damit ich meine Entdeckungsreise fortsetzen kann? Ich bin in letzter Zeit nämlich relativ häufig auf Weine reingefallen, die laut Beschreibung würzig sein sollten, aber so garnicht meinen Vorstellungen entsprachen. Ich bräuchte quasi einen Leitfaden 

Mit Dank für jeden Tipp!

Jan

Re: Günstige und würzige Weine?

Verfasst: Di 28. Jan 2014, 05:53
von mixalhs
Hallo,

das ist nicht ganz einfach, da Du Weine, die ich (und viele andere auch) doch als sehr unterschiedlich wahrnehmen würden, in ein und dieselbe Kategorie, würzig, einordnest. Das soll keine Kritik sein, sondern nur einmal wieder die Feststellung der bekannten Tatsache, wie unterschiedlich doch unsere Geschmackswahrnehmungen sind.

Meine Empfehlungen:
Negroamaro. Eine Traubensorte aus Apulien, die oft an Lakritz oder auch Teer erinnernde Noten hervorbringt. Ist Hauptbestanddteil von Salice Salentino, DAC. Mein Tipp: Notarpanaro von Cosimo Taurino, zu bekommen bei Bremer in Braunschweig für 12,50. Notarpanaro hat den Vorteil, dass er immer mit ein paar Jahren Fass- bzw. Flaschenreife auf den Markt kommt, hier der Jahrgang 2006.

Tannat. Eine Rebsorte aus Südwestfrankreich, die sehr würzige Weine produziert; allerdings oft mit deutlich teeriger Note, die vielen zu heftig ist. Bekannt sind Château Montus und Domaine Berthoumieu, wobei ich mit lezterer gute Erfahrungen gemacht habe. Verschiedene Bezugsquellen, u.a. Pinard de Picard und bei Lobenberg. Viel Tannat wird auch in Uruguay angebaut.

Und an der südlichen Rhone gibt's vielleicht auch Weine, die passen könnten. Gigondas von Saint Cosme, einer meiner Favoriten, liegt leider mit ca. 25 Euro etwas über dem Limit, aber Cuvée Persia von Fondrèche würde passen, ist allerdings meistens nur viel zu jung im Handel, daher häufig sperrig mit heftigem Tannin und eher in drei bis fünf Jahren als jetzt sofort mit Genuss zu trinken (ebenfalls verschiedene Bezugsquellen, neben den üblichen Bekannten auch das Weinrefugium in Heidelberg und Viniculture in Berlin).

Das mit den heftigen Tanninen gilt übrigens auch für die Tannat-Weine. Viel Luftzufuhr (Dekantieren) hilft.

Beste Grüße, Michael

p.s.: www.verkostungsnotizen.net hat eine Suchfunktion, mit der man einiges findet, auch Begriffe wie "würzig", "kräuterig", "Lakritz" aus dem Verkostungsnotiztext.

Re: Günstige und würzige Weine?

Verfasst: Di 28. Jan 2014, 08:55
von Weinbertl
hallo,

vielleicht wirst Du in Südfrankreich resp. Languedoc/Roussillon fündig. Die dort erzeugten Weine sind oftmals sehr würzig, als generell tanninarm würde ich sie zwar nicht unbedingt charakterisieren, aber auch dort gibt es natürlich unterschiedliche Weinstile.

Re: Günstige und würzige Weine?

Verfasst: Di 28. Jan 2014, 10:12
von thvins
Hallo Jan,

Madiran bzw. Tannat - Traube sollte schon gut reif sein, sonst bekommst du mit "strengeTannine" ein Aus... Besser sind da Weine aus der oft würzig anmutenden Syrah-Traube (allein oder dominant in Cuvées...da hast du in Südfrankreich ein weites Feld in allen Preisklassen. Oft kommt es zusätzlich noch auf den Boden bzw. das Terroir an, wo die Traube gewachsen war, z.B. kommen Weine aus Faugeres oder Fitou dann oft würziger als die aus anderen Herkünften. Eine gute Bank ist auch Pic Saint Loup. Oder Weine von L´ Aiguelière aus Montpeyroux

Manchmal haben auch Cabernet Sauvignon oder Mourvedre würzige, pfeffrige Noten - au dem Priorat fällt mir immer sofort Pasanau Germans ein, wenn ich an pfeffrig denke.

Oft aber hast du auch nicht die Reinform - das nur würzige ist vielleicht auch nicht massentauglich, oft hast du daneben dann doch noch Frucht und bei jungen Weinen eben auch häufig Tannin und Holz...

Am Ende hilft dir nur probieren, probieren, probieren. Und nachkaufen, wenn etwas "dein" Wein ist.

Re: Günstige und würzige Weine?

Verfasst: Di 28. Jan 2014, 11:28
von olifant
Hallo,

spontan fällt mir z.B. der 'The Custodian' Grenache von d'Arenberg aus Australien ein - der passt auch ins Preisgefüge.

Aus einer ganz anderen Ecke, könnte aber auch ganz gut passen, Valpolicella Ripasso Weine, z.B. der Ripasso von Zenato, oder der Brolo Campofiorin Oro von Masi, beides Cuvées aus Corvina/Corvinone, Molinaria und Rondinella, typische Valpolicella/Amarone Trauben, voll im Ansatz, aber nicht so erschlagend und ermüdend wie viele echte Amarone.

Aus einer ganz anderen, aber auch irgendwie der gleichen Ecke, der Passo Doble, ebenfalls im Ripasso-Verfahren gekeltert, aber aus Malbec / Corvina, von Masi - Tupungato (Argentinien).

Und da ich jetzt schon in Südamerika bin, interessante Weine für dich bietet m.E. Odfjell Vinyards (Chile), z.B. aus der Orzada - Linie die Rebsortenweine aus Carignan, Carmenere oder Malbec, ebenso wie die interessanten Cuvées Capitulo (Carignan / Cabernet Sauvignon / Malbec / Carmenere), oder Family Saga und Winemakers Travesy (Malbec / Carignan / Syrah) - erhältlich z.B. bei dehlwisch.de.
Warum in aller Welt ausgerechnet norwegische Auswanderer in Chile stark südfranzösisch geprägte Weine erzeugen, weiss der Teufel ;)

Re: Günstige und würzige Weine?

Verfasst: Di 28. Jan 2014, 11:30
von Jan Borel
Hallo an Alle,

Zunächst einmal vielen Dank für eure Antworten!

@Mixalhs:

Im Grunde genommen reizt es mich zu sehen, ob einige mit den von mir beschriebenen Geschmacks-Wahrnehmungen etwas anfangen können. Die Reine Begrifflichkeit "Würzig" ist natürlich sehr weit gefasst. Ich werde mich durch die Empfehlungen hier mal so durchprobieren und dann entscheiden, ob die Strategie überhaupt aufgehen kann.

Weine aus der Negromaro-Traube waren mir bislang völlig unbekannt, ich werde den Notarpanaro einfach mal probieren. Eine entsprechende Flaschenreife kommt mir natürlich sehr entgegen.

Tannat-Weine habe ich bereits probiert (ich glaube es war ein Château Montus). Es hat sich dabei aber um einen reinsortigen Tannat-Wein gehandelt und zudem einen jungen. Mir hat es ob der Gebrstoffe schier die Fußnägel hochgeklappt. Eventuell sollte ich mal eine abgemilderte Cuvée probieren, das käme mir auch preislich entgegen. Bei älteren Flaschen sehe ich auf Dauer ein Versorgungsproblem, ich habe auch keinen Weinkeller. Bei Ebay gibt es einige Flaschen, aber so richtig auf einen Ebay-Kauf kann ich mich nicht einlassen.

Die südliche Rhône habe ich auch schon im Visier, speziell die günstigeren Côte-du-Rhône-Weine. 25 Euro ist im Budget aber definitiv noch drin, insofern werde ich den Saint Cosme mal testen. Vielleicht stolper ich ja auch irgendwo über eine ältere Cuvée Persia.

Bei Verkostungsnotizen.net werde ich mich mal umsehen.

@Weinbertl

Das Languedoc ist mit dem Rhône-Gebiet bei mir ebenfalls auf dem Radar. Hast du hier Favoriten? Ich habe im Moment beim Lesen den Eindruck, dass man versucht im Languedoc von den von mir favorisierten Weinen wegzukommen und anstrebt, eine gewisse Seidigkeit und Leichtigkeit zu erreichen (Domaine Clos Marie z.B.?),

@Thvins:

Das mit den Madiran-Weinen ist auch meine Befürchtung (siehe oben). Das mit dem Syrah könnte durchaus sein, fast alle Weine, die ich bislang gemocht habe, enthielten zumindest anteilig Syrah. Ich werde mir dann Faugeres, Fitou, den Pic Saint Loup und die Weine von L'Aiguelière nochmal anschauen. Hast du hier Favoriten?

Das Priorat ist für mich ein völlig unbekanntes Feld. Ich denke, dann wird der Pasanau Germans meine erste Etappe :-)

In jedem Fall: Probieren will und werde ich ;-)

LG,

Jan

Re: Günstige und würzige Weine?

Verfasst: Di 28. Jan 2014, 11:36
von Jan Borel
Hallo Ralf,

Auch dir besten Dank für deine Tipps. Das sind schon mal soviele, da muss ich mich erstmal durcharbeiten :-)

Dass der Teufel in den Winzerhistorien seine Finger im Spiel hatte würde mich nicht wundern. Im Guten wie im Schlechten ;-

Re: Günstige und würzige Weine?

Verfasst: Di 28. Jan 2014, 11:53
von thvins
Hallo Jan,

Die Clos Marie -Weine haben mir früher auch besser geschmeckt - vor dem Stilwechsel. Aber es gibt da jede Menge weiterer Erzeuger, die noch klassischen Pic Saint Loup machen. Leider nicht alle in D erhältlich, was wiederum am Massengeschmack liegen mag. Ich hab mich immer vor Ort eingedeckt - aber die beiden, die ich über meine Selektion noch anbiete, passen auch in diese Richtung.

Fitou würde ich die Domaine Lerys empfehlen, aber auch die Kooperative von Mont Tauch hat da mitunter schöne Sachen. Weiß aber nicht, ob in D erhältlich.

Faugeres habe ich früher von Estanilles sehr gemocht, auch Leon Barral oder Château de Grezan.

Bei L´Aiguelière natürlich die Côte Rousse / Dorée, die aber je nach Anbieter auch dein Budget sprengen könnten, aber auch der Tradition wäre probierenswert.

Im Priorat gibt es einige, die auch noch Syrah-lastige Sachen machen. Ich selbst habe zwei sehr spezielle Raritäten-Geschichten in meiner Selektion, die aber auch jenseits deines Budgets liegen. Obwohl sie für ihr Geld natürlich viel bieten.

Wer Pasanau Germans derzeit führt, kann ich dir auch nicht sagen, aber vielleicht hat jemand noch ältere Sachen vorrätig. Der La Morera de Montsant sollte hier passen und natürlich der Finca la Planeta (aber wohl auch leicht über deinem Budget).

Ein Südfranzose, der noch eine Versuchung wert wäre, wäre die Domaine Les Yeuses - Die Syrah Cuvée Les Epices ist günstig und der Name ist Programm.

Re: Günstige und würzige Weine?

Verfasst: Di 28. Jan 2014, 13:18
von olifant
thvins hat geschrieben:... aber auch die Kooperative von Mont Tauch hat da mitunter schöne Sachen. Weiß aber nicht, ob in D erhältlich. ...
Ab und an vertreibt der Discounter Norma kleinere und mittler Fitou der Cooperative Mont Tauch im Zuge von Sonderaktionen.
Gibts aber auch fast preisgleich im Internet.

Re: Günstige und würzige Weine?

Verfasst: Di 28. Jan 2014, 20:47
von mixalhs
olifant hat geschrieben: Aus einer ganz anderen, aber auch irgendwie der gleichen Ecke, der Passo Doble, ebenfalls im Ripasso-Verfahren gekeltert, aber aus Malbec / Corvina, von Masi - Tupungato (Argentinien).
Dieser Empfehlung schließe ich mich voll und ganz an. Ich habe diesen Wein bei einem Besuch bei Masi 2002 kennengelernt und war begeistert ob der gelungenen Kombination von Corvina und Malbec. Ich habe dann statt der ursprünglich fest eingeplanten Valpolicellaweine nur die Masi-Weine aus Argentinien gekauft (auch den Corbec, der aber jetzt fast 30 Euro kostet).

Und das hat mich daran erinnert, dass ich schon seit Ewigkeiten keinen dieser Weine mehr getrunken habe. Das hole ich jetzt nach. Besten Dank für die Auffrischung meines Gedächtnisses!