Elsass-Exkursion: Besuch der Domaine Zind-Humbrecht
Verfasst: Do 31. Mai 2012, 13:03
Nach Josmeyer geht es weiter mit einem beeindruckenden Weingut und einer großen Winzerpersönlichkeit.
http://budisfoodblog.wordpress.com/2012 ... humbrecht/


http://budisfoodblog.wordpress.com/2012 ... humbrecht/

Nächste Station meines Elsass-Ausflugs war Turckheim, wo die legendäre Domaine Zind-Humbrecht ihren Sitz hat.
Zind-Humbrecht besteht seit 1959 durch einen Zusammenschluss zweier Weingüter der Familien Zind und Humbrecht und beherbergt etwa 40ha in Thann, Hunawhir, Gueberschwihr, Wintzenheim und Turckheim. Aus Turckheim stammt der größte Teil der Weine. Hier hat man 18ha Weinfläche im Besitz. Insgesamt ist der Exportanteil sehr hoch.
Ursprünglich stammt Zind-Humbrecht aus Winzenheim. 1992 wurde dann aber in Turckheim ein neues Gebäude samt Keller erschlossen, was den Weinen in puncto Reifung und Arbeiten mit Schwerkraft zugute gekommen ist. Seit 2000 hat das Weingut eine ECOCERT-Zertifikation und seit 2002 den Status eines biodynamisch wirtschaftenden Weinguts.
Die handgelesenen Trauben werden über 12 Stunden in großen Pressen gepresst. Die nicht chaptalisierten und ungeschönten Weine liegen in temperaturkontrollierten Eichenholzfässern im großzügigen Keller.
Das Weingut selbst befindet sich in einem großen und eindrucksvollen Gebäude. Unvergesslich ist der Verkostungsraum direkt im Keller mit Blick auf die Fudern und ältere Schätze der Domaine.
Olivier Humbrecht hat uns über mehrere Stunden sein Weingut, das Terroir der einzelnen Lagen und seine Philosophie als Winzer nähergebracht. Dies geschah in Form von knapp 20 Weinen!
Olvier Humbrecht ist ein intelligenter Winzer und wie ich es empfunden habe ein Winzer mit Herz und Seele, jedoch vom Verstand und durch unbändiges Wissen geleitet. Man merkt ihm seinen “Master of Wine”-Titel an und wenn Olivier auf Jahrgänge, Klima und Lagen und die daraus abgeleiteten Eingriffe im Weinkeller und im Weinberg eingeht, spürt man wie langfristig und vorausschauend Olivier seine Rolle als Winzer sieht. Hier wird das Weinmachen philosophisch betrachtet, in Generationen gerechnet und das mit dem nötigen Fachwissen anstatt oft mythischer Verklärung.
Den Einstieg in die Verkostung liefert ein einfacher Riesling 2011.
Der Wein hat eine reduktive Nase, etwas Milchreis, Stachelbeere und zeigt sich saftig. Ein interessanter Wein zum Einstieg.
Der Riesling Gueberschwihr 2010 hat in der Nase leichte Hefearomen und etwas Feuerstein. Hier gefällt mir die geradlinige Säure de Weins.
Erster Wein, der mich vollkommen überzeugt, ist der Riesling Clos Häuserer (der Clos Häuserer liegt in Wintzenheim unterhalb des Grand Cru Hengst) aus 2008. Diesen kann man momentan ganz gut trinken und er fällt etwas schwerer und opulenter als der Riesling Clos Windsbuhl 2010 aus. Dieser hat momentan eine noch verhaltene Nase, zeigt sich rund und füllig und mit langem Abgang, braucht jedoch noch viel zeit um seine Aromen differenzierter und ausgeprägter wiederzugeben. Der Clos Windsbuhl 2008 hat noch eine leichte Restsüße.
Der Riesling Brand Grand Cru 2008 . Der Boden des Brand erlaubt eine tiefe Verwurzelung der Reben im Boden ,was für die Rebstöcke im trockenen Elsass enorm wichtig ist. Zudem bekommt der Brand viele Sonnenstunden im Jahr ab.
Ich entdecke hier eine fruchtig-würzige Nase, die mich etwas an Apfelstrudelfüllung und etwas Honig erinnert aber auch zarte Kokosaromen. Der Wein hat viel Körper aber seine 13,7% vol. merkt man kaum. Den Wein zeichnet eine attraktive Leichtigkeit aus. Der Wein wirkt fruchtig aber trocken und ist durchaus auch jetzt schon mit großem Trinkvergnügen zu trinken.
Der Riesling Rangen de Thann Clos-Saint-Urband Grand Cru ’07 hat eine fantastische Nase.
In der Nase zeigt sich der Riesling mineralisch und erinnert vielleicht ein wenig an Chablis. Am Gaumen wirkt der Wein kraftvoll, besitzt Schmelz. Im Abgang zeigt sich der Wein dann von einer ungeahnten rauchigen Seite. Ein völlig charismatischer Riesling von großer Klasse!
Der Pinot Blanc 2010 hat florale Noten und Frucht und dabei toastige Aromen die von der Hefe stammen sollen, sagt mir jedoch nicht ganz zu. Interessant ist hier aber die Frische, die Olivier hier aus dem Pinot Blanc herauskitzelt.
Beim Muscat Goldert Grand Cru 2007 hört man schnell ein “fruchtiger Riesling” im Verkostungsraum, was sehr treffend ist. Dazu kommen Aromen von der Muskatfrucht und eine angenehme Trockenheit.
Mit den Pinot Gris Rotenberg und Heimburg aus 2008 liegen zwei Weine vor, die mir nicht besonders im Gedächtnis bleiben und zwar gelungen sind, jedoch keine besondere Note haben um herovrzustechen. Außerdem empfinde ich beide Weine als schwer zu verkosten.
Es folgen noch weitere Weine, wie diverse Gewürztraminer (11, Gueberschwihr 2010, Clos Windsbuhl 2004, Wintzenheim 200, VT Goldert 2002), doch hierzu habe ich nicht mehr zu jedem Wein ausführliche Notizen, da die Aufmerksamkeitsspanne zugegeben etwas nachlässt und auch das Verkosten bei einer solchen Anzahl an Weinen immer schwer wird.
Eines der Highlights ist dann der Riesling Clos Windsbuhl aus 2004 als Vendange Tardive.
Der Wein hat noch eine hohe Säure und Aromen von grünem Tee und exotischen Früchten und dabei eine fantastische Länge. Davon kann man sich ruhig etwas in den Keller legen!
Allgemein zeigt sich die Tendenz für mich bei Zind-Humbrecht, dass seine präsentierten jungen Weine aus 2010 sehr schwer einzuschätzen sind, da die Unterschiede da sind aber sehr gering und schwach ausgeprägt. Olivier kennt seine Weine bestens und kann dann stets sehr gut erklären wo der Wein hingehen wird und wie due Unterschiede zustande kommen, doch muss man den Weinen Zeit geben, wie bereit die eifnacher zu verstehenden Weine aus 2008 zeigten.
Beinahe so als hätte er eine Formalität vergessen, reicht Olivier zum Ende noch einen gereiften Gewürztraminer hinterher. Es handelt sich um eine Sélection de Grains Nobles, was in etwas einer Beerenauslese aus Deutschland entspricht.
Der Wein stammt aus 1986 ein Grand Cru Clos St Urbain aus Rangen de Thann, dem südlichsten der Elsässer Weinberge.
Es handelt sich um einen der genialsten Weine, die ich jemals getrunken habe und nie vergessen werde. Der Wein hat eine Farbe, wie ein gereifter Tokajer, der sich zwischen Bernstein und Ahornsirup bewegt. In der Nase und am Gaumen finden sich unzählige Aromen wieder und man könnte stundenlang Aromen aus einem kleinen Gläschen herauspicken und würde immer wieder neue finden. Eine dominante Note erinnert an Pumpernickel. Der Wein hat unglaubliche Komplexität, Fülle und sozusagen keinen Abgang, denn die Aromenwelle die der Gewürztaminer auslöst, scheint nicht zu enden. Trotzdem hat der Wein etwas frisches, lebendiges und belebendes.
Insgesamt zeigt Zind-Humbrecht einen kräftigeren Stil elsässischer Weine. Die Weine sind sehr gehaltvoll und dabei gut ausbalanciert.
Gereifte Weine zeigen eine ungeahnte Komplexität und beweisen, dass sich hier das Warten lohnt.
Domaine Zind-Humbrecht/ 4, Route de Colmar/ 68230 TURCKHEIM
