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Re: Veneto, Friaul, Julisch-Venetien - Der Nordosten
Verfasst: Mo 1. Okt 2012, 21:29
von Erdener Prälat
Plozner ist ein recht großer Betrieb, der sicher nicht die Spitzen von Borgo delle Oche erreicht, aber noch etwas preisgünstiger ist und durch die Bank sehr gute Qualität produziert. Der Friulano der Spitzenlinie bietet für knappe 7 Euro sehr viel; gleiches gilt für den Basis-Pinot Grigio (bei der Aussprache muß Dirk Würtz noch etwas üben:-)) für gerade einmal 3 Euro und die preislich dazwischen liegenden Refosco dPR und Ribolla Gialla.
Ein Problem im Friaul sind noch die Verschlüsse; gerade bei den unteren und mittlerern Schienen wird leider noch sehr viel mit Plastik oder Preßkork verschlossen und den auch in diesen Preislagen sehr guten Weinen nicht gerecht.
Blick vom Monte Raut in die Ebene, mit Kiesbetten der Flüsse
Weinlage von Plozner
Re: Veneto, Friaul, Julisch-Venetien - Der Nordosten
Verfasst: Mo 1. Okt 2012, 21:56
von Erdener Prälat
Das Rebsortenspektrum in der Region ist zweigeteilt. Nach der Reblauskatastrophe wurden vor ca. 100 Jahren die meisten Anlagen mit französischen Sorten bepflanzt, vor allem Merlot (wie auch im Veneto), aber auch Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Grauburgunder und Sauvignon Blanc. Daneben werden aber noch auch einige heimische Sorten gepflegt wie Friulano (einst Tokai), Ribolla Gialla, Verduzzo und Picolit (die beiden letzten meist als Dessertwein) bei den Weißweinen und Refosco dal Pedoncolo Rosso (nicht zu verwechseln mit Refosco ohne Zusatz) und mittlerweile wieder öfter Schioppettino und Pignolo bei den Rotweinen.
Pignolo und Schioppettino (im Hügelland) werden offenbar mittlerweile als Aushängeschilder gesehen und "genießen" oft die volle Bandbreite der Kellertechnik einschließlich Ausbau in neuem Holz. Vielleicht wird sich das einmal mäßigen. Denn das Lesegut, das mit dem Holz verunstaltet wird, ist teilweise ganz hervorragend.

Für einen Schioppettino von Vigna Traverso (Prepotto, UD) für 15 Euro ging die Notiz in den Orkus (Nachteil von direkter Computereingabe), wurde aber mit 86 P bei tollem Material und starkem Neuholzaroma gewertet.
Re: Veneto, Friaul, Julisch-Venetien - Der Nordosten
Verfasst: Mo 1. Okt 2012, 22:23
von Erdener Prälat
Ein berühmter Dessertwein und offenbar der bisher einzige DOCG-Wein der Gegend ist der Ramandolo vom Nordende der Colli Orientali am Fuß der Julischen Voralpen nördlich von Udine. Dieses Exemplar bestätigt jedenfalls den guten Ruf dieser Weine und ist auch ziemlich günstig bepreist.
Re: Veneto, Friaul, Julisch-Venetien - Der Nordosten
Verfasst: Mo 1. Okt 2012, 22:29
von Erdener Prälat
Re: Veneto, Friaul, Julisch-Venetien - Der Nordosten
Verfasst: Di 2. Okt 2012, 21:15
von Erdener Prälat
Auffallend ist, daß Weinerzeuger in Friaul-Julisch Venetien in der Regel Weine aus einer ganzen Reihe verschiedener Rebsorten anbieten, sowohl autochthoner als neuerer Sorten und sowohl Weiß-, Rot-, Schaum- und Dessertweine. Das ist gerade verglichen mit vielen anderen italienischen Regionen ziemlich auffällig und eine gewisse Näherung an die Verhältnisse, die wir hierzulande in Rheinhessen und der Pfalz kennen.
Eine ganz besondere Spezialisierung kennzeichnet das Weingut Emilio Bulfon in Valeriano bei Pinzano al Tagliamento, das bereits in den Vorhügeln der Karnischen Voralpen liegt (es gibt dort noch einige andere Betriebe). Bulfon bietet ausschließlich Weine aus autochthonen Rebsorten an, von denen die meisten überaus selten sind und oftmals nur bei Bulfon erhältlich sind. Selektion (aus alten Rebflächen) und Erfahrung mit dem Anbau wurden in Eigeninitiative über Jahrzehnte getätigt und gemacht. So kann man noch einen Ausschnitt aus den Rebsorten probieren, die im Friaul vor der Reblauskatastrophe weitverbreitet waren. Man stelle sich vor, ein deutscher Winzer bietet nur Weine aus Heunisch und Co. an, die er alle selbst aus alten Rebanlagen selektiert hat...
Die beiden probierten Weißweine sind von sehr guter Qualität und insbesondere Cividìn scheint Potential zu haben.

Re: Veneto, Friaul, Julisch-Venetien - Der Nordosten
Verfasst: Sa 6. Okt 2012, 16:01
von sociando
die tage den piculti-neri (rote rebsorte) getrunken.
vg, martin
Re: Veneto, Friaul, Julisch-Venetien - Der Nordosten
Verfasst: Di 9. Okt 2012, 09:55
von olifant
... am WE im Glas ...
Capo Martino 2004 IGT, Jermann - Villanova di Farra, Weisse Cuvée hauptsächlich Tocai Friulano, auβerdem Ribolla Gialla, Malvasia Istriana und Picolit; Korken bereits halb durchfeuchtet
sattes Strohgelb; Gewürze und Kräuter (Curryblätter, Kreuzkümmel), wilde trockene florale Noten (Trockenwiese), dazu etwas Früchte (Apfel, Aprikose), etwas alkoholisch; am Gaumen mittlere bis gute Stoffigkeit, recht komplexe verwobene Aromatik mit Gewürzanklängen (korrespondierend zur Nase), Fruchtnoten vorallem von Aprikose und Reinette, Nussaromen, anfangs getragen von Alkohol und schön eingepasster Säure, tief und verwoben, braucht Luft, Alkohol steht Anfangs vor, später trägt dieser vorallem die etwas scharfen Gewürznoten und baut sich ins Gesamtbild ein; langer komplexer verwobener Abgang korrespondierend zum Gaumen, Alkohol steht z.T. etwas vor, trotzdem sehr trinkanimierend - 17,5(+)/20 op
Ein sehr eigenständiger Wein mit ungewöhnlicher aber neugierig machender Aromatik - karaffieren hätte sicher nicht geschadet, je mehr Luft, desto harmonischer zeigte sich der Flascheninhalt. Ohne den anfangs irritierenden Alkohol sähe ich den Wein noch einen Tacken höher. Jetzt gut zu trinken, kann noch 1-2 Jahre liegen.
Für mich ein Wein zum Essen. Nach einem Probeschluck entschied ich mich eine Wein-Sahnesauce zu einem Redsnapper-Filet mit kleinen Priesen Curry und Kreuzkümmel zu verfeinern - eine geniale Kombination, da ich diese Aromen auch im Wein zu erkennen glaubte - auf jeden Fall harmonierte das Essen und der Wein perfekt.
Den Handelspreis (derzeit um 45 €/Fl.) für das Gebotene sehe ich als sehr Ambitioniert

, aber wenn's der Markt erlaubt!
Re: Veneto, Friaul, Julisch-Venetien - Der Nordosten
Verfasst: Do 11. Okt 2012, 21:53
von Erdener Prälat
Bei Bulfon möchte ich mit den Rotweinen die Serie fortführen. Einer hat bereits Martin gefallen, dabei waren es für mich zwei andere, die aus einer insgesamt auf hohem Niveau liegenden Serie noch herausragten. Man sollte bedenken, daß wir uns im Preissegment 5-6 Euro ab Hof bewegen! Der Ros di Sanzuàn besteht nach Wein-Plus aus Cordenossa, keine Ahnung, ob das stimmt. Ganz hervorragend ist auch der Forgiarìn, ein eleganter Wein mit hervorragenden Gerbstoffen. Ich würde gerne sehen, was man aus solchen Rebsorten mit höherem Anspruch und gewisser Erfahrung machen könnte. Der Betrieb ist eine absolute Empfehlung für jeden, der in der Gegend vorbeikommt.
Vieles wird noch als "Vino Rosso" (analog zu VdT) abgefüllt. Die Bezeichnungen der IGT-Weine sollten nicht verwirren; als "Venezia Giulia" oder "xy delle Venezie" kann auch Rebensaft aus dem Friaul abgefüllt werden.
Die einzige Rebsorte, die etwas verbreiteter ist, ist der in der Cuvée enthaltene Refosco dpr.

Re: Veneto, Friaul, Julisch-Venetien - Der Nordosten
Verfasst: Fr 12. Okt 2012, 08:55
von olifant
Hallo Jochen,
interressante Sachen hattest du da im Glas - Rebsorten Weiss wie Rot von denen ich noch nie was gehört habe. Klingt spannend.
Re: Veneto, Friaul, Julisch-Venetien - Der Nordosten
Verfasst: Fr 12. Okt 2012, 20:21
von Erdener Prälat
Hallo Ralf,
bis auf den Cuvée-Teilnehmer Refosco dpr werden alle genannte Rebsorten offenbar nur von Bulfon angebaut. Ich hoffe, daß sich das ändert. Das ist schon nicht ganz unwichtig für die (über)regionale Weinkultur.
Die Weine gibt es auch bei einigen Händlern im Raum München, allerdings mit deutlichen Aufschlägen. Vermutlich sind die Händlerrabatte eher dürftig.
Beste Grüße