Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

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Ollie
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Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Beitrag von Ollie »

Martin Koessler hat geschrieben:Nahezu jeder, der eine Flasche Wein öffnen kann, meint heute, Fachmann in Sachen Wein zu sein.
Um was geht es ihm hier: um die Sache oder um den Verlust der Deutungshoheit? Look at me, I import wine, hence I'm important!

Hier sieht man sehr schoen seinen Denkfehler:
Martin Koessler hat geschrieben:Wären da nicht die engagierten Fachhändler, ginge auf dem Markt nicht viel voran. Natürlich sorgen Blogger, Social Media und Internet für vielfältige Informationen und regen Austausch unter Weinfreunden. Doch ist es nach wie vor der engagierte Fachhandel, der kaum bekannte Weine neuer Territorien, ungewohnter Stilistik, neuer oder alter Bereitungstechniken oder auch bewährter Traditionen auf den Markt bringt und entsprechend kommuniziert.
Was uns "social internet" gebracht hat, ist schlicht und ergreifend die Trennung zwischen Kommunikation und Verkauf. Nicht die Meinung eines Haendlers oder auch eines Dutzend Journalisten wird wahrgenommen, sondern die des "Schwarms". Das mag durchaus verheerende Folgen haben, aber dann lasst uns doch bitte das Problem auf Kommunikationsmodelle abstrahieren, nicht auf "Distributionsqualität und Vertrieb". Das geht naemlich am zugrundeliegenden Phaenomen vorbei. Hatten wir vor 20 Jahren schon bei der Unterhaltungselektronik.

Charlie hat geschrieben:Er (...) schreibt wie ein Lehrer.
Genau. Das trifft seinen Kommunikationsstil auf den Kopf. Alle doof ausser Mutti.

Cheers,
Ollie
Yeah, well, you know, that’s just like, uh, your opinion, man.

Parfois, quand c'est trop minéral, on s'emmerde.

"Souvent, l'élégance, c'est le refuge des faibles." (Florence Cathiard)
C9dP
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Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Beitrag von C9dP »

Was uns "social internet" gebracht hat, ist schlicht und ergreifend die Trennung zwischen Kommunikation und Verkauf.
Das trifft wohl den Nagel auf den Kopf. Ich denke, dass Schreiber wir z.B. Bernd Schulz mit Ihren Empfehlungen aus persönlicher Erfahrung heraus durchaus einiges Marketing für bestimmte Weingüter leisten ohne als Händler aufzutreten. Wenn dann andere Blogger auf den Zug aufspringen ist die Wirkung sicherlich nicht zu unterschätzen. Die Frage ist daher wohl auch inwiefern die Händler im ursprünglichen Sinne als "Marketmaker" noch benötigt werden. Ich sehe dies nur als eingeschränkt notendig. Da es hier aber um die zukünftige Entwicklung geht beanspruche ich für meine Sicht der Dinge nicht die alleinige Richtigkeit. Schon um die Flexibiltät zu behalten, meine Meinung in Zukunft rechtzeitig ändern zu können.

Mit dem drohenden sinkenden Einfluss haben jedoch scheinbar einige "Dinosaurier" ein massives Problem. Es kann nicht sein, was nicht sein darf.
Viele Grüße

Aloys
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dylan
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Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Beitrag von dylan »

Ollie hat geschrieben:
Was uns "social internet" gebracht hat, ist schlicht und ergreifend die Trennung zwischen Kommunikation und Verkauf. Nicht die Meinung eines Haendlers oder auch eines Dutzend Journalisten wird wahrgenommen, sondern die des "Schwarms". Das mag durchaus verheerende Folgen haben, aber dann lasst uns doch bitte das Problem auf Kommunikationsmodelle abstrahieren, nicht auf "Distributionsqualität und Vertrieb". Das geht naemlich am zugrundeliegenden Phaenomen vorbei. Hatten wir vor 20 Jahren schon bei der Unterhaltungselektronik.
Genau da liegt der Hase im Pfeffer. Der Händler als Galerist der Winzer, heute die Ausnahme, früher zumindest für mich unverzichtbare Informationsquelle. Heute lese ich im Netz.

Gruß

dylan
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octopussy
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Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Beitrag von octopussy »

dylan hat geschrieben:
Ollie hat geschrieben:
Was uns "social internet" gebracht hat, ist schlicht und ergreifend die Trennung zwischen Kommunikation und Verkauf. Nicht die Meinung eines Haendlers oder auch eines Dutzend Journalisten wird wahrgenommen, sondern die des "Schwarms". Das mag durchaus verheerende Folgen haben, aber dann lasst uns doch bitte das Problem auf Kommunikationsmodelle abstrahieren, nicht auf "Distributionsqualität und Vertrieb". Das geht naemlich am zugrundeliegenden Phaenomen vorbei. Hatten wir vor 20 Jahren schon bei der Unterhaltungselektronik.
Genau da liegt der Hase im Pfeffer. Der Händler als Galerist der Winzer, heute die Ausnahme, früher zumindest für mich unverzichtbare Informationsquelle. Heute lese ich im Netz.
Guter Punkt. Ich muss allerdings dazu sagen, dass ich durchaus viele Weine (immer noch) auf Händlerempfehlung kaufe. Burgunder gehören dazu, u.a. weil es oft keine oder nur wenige und wenn dann disparate Netzmeinungen gibt. Weine aus von den Weinliebhabern im Netz und den Profi-Kritikern eher vernachlässigten Regionen wie dem französischen Südwesten, dem Beaujolais, der Loire, dem Jura und der Savoie gehören dazu. Würde ich mehr spanischen Wein trinken, würden auch Regionen wie das Priorat, Galizien, Penedes und andere dazugehören. Auch für Italien würden mir ein paar eher vernachlässigte Regionen einfallen.

Für deutsche Weine in Deutschland hingegen ist die Netzgemeinde fast immer schneller als der Händler, zumal die Weingüter ja mittlerweile wissen, wie sie Reichweite außerhalb des Handels kriegen, siehe z.B. die Verkostungspaket-Aktion des Weinguts Balthasar Ress. Das macht es dem Handel natürlich enorm schwer, aber eine Wutrede ändert daran nichts.
Zuletzt geändert von octopussy am Mi 22. Mai 2013, 18:05, insgesamt 1-mal geändert.
Beste Grüße, Stephan
Einzelflaschenfreund
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Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Beitrag von Einzelflaschenfreund »

Es dürfte in der Tat viel mit dem Verlust der Deutungshoheit (oder auch überhaupt der Informationshoheit) und der damit verbundenen Ohnmacht zu tun haben. Warum die entsprechende Wut dann häufig manchen (so auch mir) unplausibel erscheint, hat mit einem verbreiteten Missverständnis der alten Häuptlinge zu tun: Hier kommen nicht junge Indianer und behaupten, "wir brauchen dich nicht mehr, ich mache jetzt deinen Job", sondern sie sagen eher schon "wir brauchen dich in dieser Form nicht mehr, wir versuchen es mal ganz ohne Häuptling". Das ist natürlich auch kein zentral gelenkter Prozess und hat manchmal (vgl. Piratenpartei) bizarre Nebenwirkungen oder bringt dann doch wieder neue Häuptlings-Prätendenten hervor (vgl. CC), aber dass es da bisweilen Anpassungsschmerzen oder sogar Verweigerung gibt, verstehe ich durchaus. Und die neue Offenheit und Flexibilität (oder, negativ, Unverbindlichkeit und Beliebigkeit) macht natürlich bei den Winzern nicht Halt.

Viele Grüße,
Guido
MichaelWagner
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Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Beitrag von MichaelWagner »

"Uns geht es ausgesprochen gut, weil wir ein Konzept verfolgen, das verstanden wird beim Konsumenten....Genau deshalb will ich versuchen....so etwas wie eine Positionsbestimmung anzuzetteln....Ich jedenfalls bin mit meiner Firma präpariert für das, was kommt. Ich glaube zu sehen, was dem Fachhandel und dem gesamten Weinmarkt blüht und habe mich auf das eingestellt, was so sicher wie das Amen in der Kirche kommt: den Tod des Fachhandels, der zu einer Renaissance des selbigen führen wird".

Also wenns einem gut geht, man die Zukunft kennt und bestens präpariert ist: wozu ne Debatte starten???
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
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Markus Vahlefeld
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Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Beitrag von Markus Vahlefeld »

Ollie hat geschrieben:Was uns "social internet" gebracht hat, ist schlicht und ergreifend die Trennung zwischen Kommunikation und Verkauf.
Klingt wirklich schön, ist aber Quark. Denn diese Trennung hatten wir schon immer bei dem, was wir Journalismus nennen. Und Schwarm oder massenhafte Schwärmerei gibt es bei Wein-Social-Media nicht. Da gibt es zuhauf Einzelmeinungen zu meist verschiedenen Weinen von Menschen, die ich nicht kenne und nicht einschätzen kann.

Blogger wie Würtz mögen bestimmte Trends setzen, aber gerade bei ihm sind Kommunikation und Verkauf eben nicht getrennt.

Ich halte deine Aussage, Ollie, für die alte Heiligsprechung des Internet, die aber nicht belastbar ist.

Für mich sind es noch immer die guten Händler mit Niveau, die Trends kaufbar machen.

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sorgenbrecher
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Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Beitrag von sorgenbrecher »

ich glaube, dass wir hier gerade teilweise anfangen uns selbst als forum bzw. forenteilnehmer zu wichtig zu nehmen und den einfluss gnadenlos zu überschätzen. obwohl dies aktuell einer der meist frequentierten threads ist, so haben hier vielleicht gerade maximal 2 dutzend user etwas dazu geäußert. das ist zu allen anderen themen und auch zu konkreten regionen und weinen ähnlich, die anzahl aktiver schreiber ist überschaubar. die online-community ist inzwischen ein durchaus nicht mehr wegzudenkender teil der weinwelt, aber nach meinen eindrücken bei weitem nicht der entscheidende für den markt und geschätzte 90% springen sowieso auf aktuelle trends, klassiche blockbuster oder bekannte und renommierte weingüter an. egal wo man liest, hier, bei cc oder bei würtz oder bei thoma,.... letztendlich gibt es eine sehr überschaubare anzahl von usern mit hohem überschneidungsgrad, da von schwarmintelligenz zu reden halte ich für sehr gewagt....

am ehesten noch cellartracker, aber auch hier sehe ich eher eine sinnvolle ergänzung zu bestehenden kritikermeinungen als einen kompletten ersatz.
Gruß, Marko.
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Alas
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Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Beitrag von Alas »

Hallo!
MichaelWagner hat geschrieben:was so sicher wie das Amen in der Kirche kommt: den Tod des Fachhandels, der zu einer Renaissance des selbigen führen wird
Jaja, manchmal erinnert mich das irgendwie an die Vorhersage der papierlosen Gesellschaft. :lol:
Verschwinden werden meiner Meinung nach die 'Ich-habe-von überall-etwas-und-drei-Bioweine-Shops', wozu man ein wenig auch die Halle zählen kann.

Hier willkürlich drei Neugündungen, 4 / 2 / 1,5 Jahre alt:

http://www.weine-visentin.de/
http://www.bio-wein-online.com/
http://www.enopolio.de/index.php

Alle drei haben als Beruf Sommelier, und das zeigt sich dann bei der excellenten Auswahl der Ware.

Gruß

Alas
wat den een sien uhl is den annern sien nachtigall
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Weinzelmännchen
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Re: Kössler gegen "ahnungslose Winzer"

Beitrag von Weinzelmännchen »

Damit nicht nur einige wenigen Forumsmitglieder etwas von sich geben, hohle ich jetzt das nach:

Ich bin bekennender Anhänger pointierter Zunge. Ohne Herrn Kösler zu kennen, bin ich überzeugt, dass er gerne das Schwert "Wort" einsetzt; damit kann man - quod errat demonstrandum - ordentlich die Stimmung einheizen.

Ich habe jetzt diesen Thread von Anfang an aus einem Guss durchgelesen, was ja auch schon eine Leistung ist. Unbestreitbar ist, dass der Markt im Umbruch ist. Wenn Herr Kössler "seine" Winzer schilt, dass sie ihre Weine über seelenlose, aber preisaggressive Internetplattformen vertreiben, kann ich das persönlich gut nachvollziehen. Es wird nur nichts ändern.

Dazu kommt der oben beschriebene Verlust der Deutungshoheit, was für mich eher ein Problem auf der menschlichen Ebene ist. Und wenn es menschelt, gehen halt die Emotionen hoch.
MvG
(Mit vinophilen Grüssen)

Daniel
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