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Re: Bordeaux 2016

Verfasst: Mo 5. Jun 2017, 17:17
von Bradetti
Wie schaut es eigentlich mit Beausejour-Duffau aus? Hat den jemand auf dem Schirm bezüglich Subskription? Und wo ist dieser Wein denn Stil-mäßig einzuordnen? Authentisch, klassisch, modern?
Um mal bissel Öl ins Begrifflichkeiten-Feuer zu gießen.... :D

Re: Bordeaux 2016

Verfasst: Mo 5. Jun 2017, 17:37
von Weinschlürfer
Findet ihr Zweitweine sind eine gute Möglichkeit den Stil eines sonst teuren Chateau erstmal kennen zu lernen?

Oder gar nicht aussagekräftig ?

Re: Bordeaux 2016

Verfasst: Mo 5. Jun 2017, 18:04
von ledexter
Also ich bin gerade eben mit Comtesse Reserve 2014 ordentlich auf die Schnauze gefallen. Eine Enttäuschung auf ganzer Linie, der Wein ließ die Genialität des Erstweins kein bisschen durchschimmern. Mein Resumee war, dann lieber zu einem kleineren Erstwein greifen, welcher dann trotzdem mehr überzeugt als ein renomierter Name.

Re: Bordeaux 2016

Verfasst: Mo 5. Jun 2017, 18:29
von ledexter
Ollie hat geschrieben: Hm. Sehe ich ganz anders. Meyney wird auf cremige Molligkeit hin gemacht. Das koennte irgendein Medoc/Haut-Medoc sein, ich wuerde den niie und nimmer nach St-Estephe packen. Soviel zur Typizitaet. Dass hier extremst hochklassiges Know-How vom rechten Ufer zur Anwendung kommt, ist unbenommen und eigentlich wahnsinnig interessant, denn es ist "a take on St-Estephe by someone used to make St-Emilion". Aber ob das authentisch im Sinne von "lokal traditionelle Methoden" ist? Wohl genau eher das Gegenteil. (Insofern echt erstaunlich, dass sich Suckling an die Meyneys aus den 60ern erinnert fuehlt.)
Also ich kenne Meyney nur vor dem Jahrgang 2000 muss ich zugeben. Und für mich ist Meyney erdig, kantig, rassig, schwarze Früchte, mineralisch und ganz klar linkes Ufer.
Ollie hat geschrieben: Das ist aber nicht schlimm und soll wirklich niemanden hindern, diesen oder jenen Bordeaux zu kaufen, zu trinken oder sogar zu moegen. Ich wuerde sowieso ganz allgemein vorsichtig sein, die Methoden der Weinbereitung in den Vordergrund zu stellen, aber speziell im Bordelais. Denn die extrem hohe Qualitaetsdichte kommt nicht von Grossvaters Wissen. Das Bordelais ist das pulsierende Herz des vitikulturellen und oenologischen Fortschritts, wenn es um ihre Weine geht. (Deswegen kaufen einige Leute heutzutage ja statt dieser hochindustriellen Bordeaux auch lieber Burgunder, wo der Winzer noch selber die Weinsaeure von Hand zur Milchsaeure poliert, mit der selben Pferdehaarbuerste vom Charolais, die schon der Opa zu jedem Neumond benutzt hat.)
Die Bordelais haben einfach Wein im Blut. Es gibt sehr viele Winzerfamilen welche den Weinbau schon über mehrere Generationen betreiben und der Wein war immer der Lebensmittelpunkt und die Tradition ist dort heilig. Auch wenn die Familien nicht immer im Besitz ihres Gutes sind, lassen die Eigentümer die Weinmacher doch zumeist gestalten. Deshalb hat die Vergangenheit und Geschichte auch einen erheblichen Einfluss auf die ganze Region Bordeaux und ihren Wein. Auch wenn das nicht bedeutet, dass man den Wein noch mit Füßen stampft oder die Pferdehaarbürste vom Opa benutzt. Ich habe ja in meinem Beitrag auch angemerkt, dass in den letzten Jahren richtig viel in die Keller und Weinbereitung investiert wurde. Vielleicht haben wir da auch einfach verschiedene Ansichten von Tradition.

Re: Bordeaux 2016

Verfasst: Mo 5. Jun 2017, 18:39
von Alba
Hallo Bradetti,

zu Beausejour HDL, also ...
ich bin bekennender Fan und, ja ich habe ihn am Radar. Mir gefällt die MODERNE (definitiv) - aber aus meiner Sicht nicht völlig überpowerte - Stilistik (Derencourt) in Verbindung mit den Terroirnoten (Kalkstein Plateau). Die in den letzten Jahren von manchen Profis geäußerte Kritik von Überreife und zu hoher Extraktion , etc. kann ich nicht ganz nachvollziehen, da ist eher Troplong Mondot (auf anderem Terroir) schon ein ganz anderer Brocken, aber auch der hat seine Fans.
Der 2008er BHDL z.B. ist ein schönes Beispiel aus den Anfänger der önologischen Neuzeit des Weingutes, auch der 2012 ist sehr gut gelungen. 2011er kürzlich versucht, ist in einem völlig monolithischen, dunklen Loch abgetaucht, mal sehen bis wann der wieder aufmacht (würde ich derzeit keinesfalls antasten).
Also wegen Radar 2016er - ich fürchte er wird kaum unter 120,-- zu bekommen sein; und ja klar - da muss er sich schon mit großen Teilen messen, aber sollte auch der Anspruch sein für einen Wein der 2009 & 10 jeweils 100 PP hatte (echte Robert Parker himself Punkte, nicht NM, der steht da wesentlich weniger drauf).
Ich muss aber auch gestehen dass ich zwischenzeitlich die Stilistik des unmittelbaren Nachbarn Canon noch mehr schätze weil die Verbindung Eleganz mit Kraft dort unglaublich gut gelingt, B HDL deswegen aber nicht schlechter geworden ist. Großartig finde ich beides, am besten nebeneinander über Jahre immer wieder getrunken :lol:
Und um das mit dem Öl in diesem Forum weiter zu befeuern (was ja fast nicht nötig ist, da brennt`s von selber :twisted: ) - ich kann nicht beantworten ob B HDL authentisch ist - es ist jedenfalls ein toller Wein für mein Geschmacksempfinden, ob der Irgendjemanden mehr- oder weniger authentisch vorkommt ist mir komplett egal. Mir muss es schmecken :mrgreen:
Wer kann sich schon herausnehmen solche Urteile zu fällen, die Zeiten verändern sich, so oder so.

Herzliche Grüße
Manfred

Re: Bordeaux 2016

Verfasst: Mo 5. Jun 2017, 18:49
von Jochen R.
ledexter hat geschrieben:Also ich bin gerade eben mit Comtesse Reserve 2014 ordentlich auf die Schnauze gefallen. Eine Enttäuschung auf ganzer Linie, der Wein ließ die Genialität des Erstweins kein bisschen durchschimmern. Mein Resumee war, dann lieber zu einem kleineren Erstwein greifen, welcher dann trotzdem mehr überzeugt als ein renomierter Name.
Hallo Daniel,
schon wieder? Die gleiche Diskussion hatten wir am 30.05. (ausgehend von dir)
schon ein mal unter "Bordeaux 2014". Da frage ich mich: warum ziehst du eine
weitere Flasche "Reserve de la Comtesse 2014" (so heißt der Zweitwein übrigens
richtig ;-) ) auf?
Und welche Jahrga(e)ng(e) Pichon Comtesse (Erstwein) hattest du bereits im Glas?

Viele Grüße,
Jochen

Re: Bordeaux 2016

Verfasst: Mo 5. Jun 2017, 18:55
von ledexter
Es handelt sich natürlich immer noch um die gleiche Flasche und zum Glück habe ich auch keine weitere mehr :mrgreen:

Re: Bordeaux 2016

Verfasst: Mo 5. Jun 2017, 18:59
von Jochen R.
ledexter hat geschrieben:Es handelt sich natürlich immer noch um die gleiche Flasche und zum Glück habe ich auch keine weitere mehr :mrgreen:
Das dachte ich mir fast, auch was Teil 2 meiner Frage anbelangt ... ;) :mrgreen:

Re: Bordeaux 2016

Verfasst: Mo 5. Jun 2017, 19:29
von ledexter
Und ich hatte noch keinen Pichon Lalande im Glas, aber ich traue mir durchaus zu einen Wein zu verkosten und zu analysieren. Diese Bewertung kann trotzdem natürlich nur subjektiv sein, dennoch wurde aber hier ja schonmal fast das gleiche Resümee über Réserve de la Comtesse gezogen:
innauen hat geschrieben:Die kleine Schwester der Comtesse wirkt aus der Ferne sehr attraktiv. Alles sitzt am rechten Fleck, alles ist wohlproportioniert. Aus dem Glas entströmt ein wohltuender Duft. Man meint auch Paulliac wahrzunehmen. Wie denn auch nicht. Der Name steht ja auf dem Etikett. Besser aber man wahrt Distanz. Denn aus der Nähe betrachtet ist das alles nur Photoshop und Chanel Nr. 5 aus Holzfasslagerung. Am Gaumen ist der Wein dünnlich, eindimensional und mehr hohl als voll. Knapper, säurebetonter Abgang. Wahrscheinlich war er mal in seiner Jugend etwas üppiger, vanilliger und toastiger. Aber die Schminke hat sich schon einen Gutteil runtergewaschen. Trinken kann man den Wein gleichwohl und vor allem zum Essen relativ gefahrlos. Aber man hätte es früher als fünf Jahre nach der Ernte tun sollen. 85P
Ich weiß, dass du hohe Stücke auf den Wein hältst und vielleicht wäre mein Urteil anders, wenn ich ein paar ältere Jahrgänge verkostet hätte oder wenn mir der Stil mehr zusagen würde, aber nun ist es wie es ist.

Re: Bordeaux 2016

Verfasst: Mo 5. Jun 2017, 19:49
von Jochen R.
Hallo Daniel
ledexter hat geschrieben:Und ich hatte noch keinen Pichon Lalande im Glas ...
Wie kannst du dann von einen "genialen Erstwein" (Zitat deinerseits) sprechen?
ledexter hat geschrieben:Und ich hatte noch keinen Pichon Lalande im Glas, aber ich traue mir durchaus zu einen Wein zu verkosten und zu analysieren. ...
Bitte tu es, auch wenn das Resultat daneben ist. Ich habe versucht es zu begründen,
du bist diesbzgl. offensichtlich beratungsresistent, die Erfahrung gibt dir Recht.

Viele Grüße,
Jochen