Re: Bordeaux 1996
Verfasst: So 3. Jul 2011, 21:15
Hallo zusammen,
zur besseren Bewältigung meines Frustes über die Sub-Preise 2010 habe ich mir heute einen Wein vorgeknöpft, dessen jüngste Jahrgänge ich mir nicht mehr leisten will:
Chateau Cos d'Estournel 1996.
4h vorab geöffnet und im kühlen Keller gelassen, zunächst nicht dekantiert. Kleine Probeschlucke während der Belüftungszeit waren übrigens mit den späteren Eindrücken absolut konsistent.
Nase vorwiegend ledrig. Reife, aber nicht überreife Pflaumenfrucht, wenn auch nicht mehr rasend viel. Ein wenig Orange im Hintergrund, ein Hauch von Eukalyptus und Nelken. Im Mund eher niedrige Säure und mittleres Volumen (kein Dickschiff). Gerbstoff noch vorhanden, aber schon sehr mürbe, nicht mehr adstringierend. Mundgefühl insgesamt weich und rund, aber ohne festen inneren Kern, ein kleines bißchen schwammig, ein wenig Frische fehlt. Abgang nicht übermäßig lang und auch nicht sehr komplex. Der Wein ist fraglos qualitativ gut und "läuft gut", ist aber irgendwie weder Fisch noch Fleisch - als Essensbegleiter fehlt ihm etwas Biss und Kernigkeit, zum richtig genussvollen Solotrinken könnte er etwas mehr Frucht vertragen. Dekantieren der zweiten Hälfte des Flascheninhalts führte übrigens zu keiner nennenswerten Veränderung.
Wenn diese Flasche repräsentativ ist, dann bin ich nicht übermäßig optimistisch bezüglich einer positiven weiteren Entwicklung. Klar hält der noch eine ganze Weile, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß da nochmal richtig die Post abgeht.
Die Flasche habe ich in gereiftem Zustand beim Händler gekauft, daher Herkunft unbekannt. Wies aber keine erkennbaren Anzeichen auf Beeinträchtigungen auf; Füllstand, Kork etc alles bestens. Vielleicht gewinnt er im Lauf der Jahre noch ein bißchen an (Geruchs-)Reiz durch weitere Tertiäraromen, aber möglicherweise um den Preis eines zu weitgehenden Abbaus seiner Struktur.
Für den Jahrgang und das Kaliber des Chateaus läßt mich dieser Wein etwas ratlos zurück. Sehe ihn bei 92 Punkten - also etwa auf dem Niveau von Lafon Rochet (wenn auch stilistisch anders ausgerichtet), der erheblich günstiger war. Gemessen an der sonst üblichen St. Estephe Peer Group sehe ich ihn leicht vor Calon Segur 96, aber klar hinter Montrose 96 - und von letzterem erwarte ich mir nach meinen bisherigen Eindrücken in der Zukunft auch noch eine bessere Weiterentwicklung.
Hat einer von Euch in letzter Zeit ähnliche Erfahrungen mit diesem Wein gemacht?
Viele Grüße
Jürgen
zur besseren Bewältigung meines Frustes über die Sub-Preise 2010 habe ich mir heute einen Wein vorgeknöpft, dessen jüngste Jahrgänge ich mir nicht mehr leisten will:
Chateau Cos d'Estournel 1996.
4h vorab geöffnet und im kühlen Keller gelassen, zunächst nicht dekantiert. Kleine Probeschlucke während der Belüftungszeit waren übrigens mit den späteren Eindrücken absolut konsistent.
Nase vorwiegend ledrig. Reife, aber nicht überreife Pflaumenfrucht, wenn auch nicht mehr rasend viel. Ein wenig Orange im Hintergrund, ein Hauch von Eukalyptus und Nelken. Im Mund eher niedrige Säure und mittleres Volumen (kein Dickschiff). Gerbstoff noch vorhanden, aber schon sehr mürbe, nicht mehr adstringierend. Mundgefühl insgesamt weich und rund, aber ohne festen inneren Kern, ein kleines bißchen schwammig, ein wenig Frische fehlt. Abgang nicht übermäßig lang und auch nicht sehr komplex. Der Wein ist fraglos qualitativ gut und "läuft gut", ist aber irgendwie weder Fisch noch Fleisch - als Essensbegleiter fehlt ihm etwas Biss und Kernigkeit, zum richtig genussvollen Solotrinken könnte er etwas mehr Frucht vertragen. Dekantieren der zweiten Hälfte des Flascheninhalts führte übrigens zu keiner nennenswerten Veränderung.
Wenn diese Flasche repräsentativ ist, dann bin ich nicht übermäßig optimistisch bezüglich einer positiven weiteren Entwicklung. Klar hält der noch eine ganze Weile, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß da nochmal richtig die Post abgeht.
Die Flasche habe ich in gereiftem Zustand beim Händler gekauft, daher Herkunft unbekannt. Wies aber keine erkennbaren Anzeichen auf Beeinträchtigungen auf; Füllstand, Kork etc alles bestens. Vielleicht gewinnt er im Lauf der Jahre noch ein bißchen an (Geruchs-)Reiz durch weitere Tertiäraromen, aber möglicherweise um den Preis eines zu weitgehenden Abbaus seiner Struktur.
Für den Jahrgang und das Kaliber des Chateaus läßt mich dieser Wein etwas ratlos zurück. Sehe ihn bei 92 Punkten - also etwa auf dem Niveau von Lafon Rochet (wenn auch stilistisch anders ausgerichtet), der erheblich günstiger war. Gemessen an der sonst üblichen St. Estephe Peer Group sehe ich ihn leicht vor Calon Segur 96, aber klar hinter Montrose 96 - und von letzterem erwarte ich mir nach meinen bisherigen Eindrücken in der Zukunft auch noch eine bessere Weiterentwicklung.
Hat einer von Euch in letzter Zeit ähnliche Erfahrungen mit diesem Wein gemacht?
Viele Grüße
Jürgen