Hallo Torsten,thvins hat geschrieben: . . .
Deswegen heute wieder einer meiner 1993er Schätze - ich muss sagen, ich mag diesen schwachen Jahrgang von den diversen Schwachen mit am Meisten. Sicher keine Weltklasseweine, aber sehr anständige Sachen zum damals noch vertretbaren Preis...
Château Mouton - Rothschild; 1er Grand Cru Classé; Pauillac; 1993 rot;
leider wußte ich damals noch nicht von der Subskription, so musste ich ihn "teuer" für 79 DM bei der Arrivage kaufen. Seither gehegt und gepflegt und er hat sich sogar noch einmal vermehrt - bei einem Besuch von Manubi in Bernburg durfte ich eine zweite Flasche zuätzlich in den Keller legen.
Welche es heute getroffen hat? Wenn ich das wüßte, aber ich bin sehr angetan. Sofort nach dem Eingießen ins Glas kommt eine üppige und sehr komplexe Nase auf mich zu, die leider kleiner wird, wenn der Wein im Glas steht. Auch am Gaumen gibt es Momente, wo der Wein auf die Pauke haut und Momente, wo er etwas geistig abwesend wirkt. Aber er ist nie so unkonzentriert, dass er sich schlecht benimmt oder dumme Dinge tut. Er ist nur nicht bei jedem Schluck ganz bei der Sache, man muss ihn immer mal ermahnen und ihm sagen, er solle sich zusammen reißen. Dann wird es auch was mit der Spannung in der Geschichte, die er zu erzählen hat. Etwas Angst habe ich, mir mit dem trinken viel Zeit zu lassen, er ist ein Typ, der nach dem Motto "man soll die Feste feiern, wie sie fallen und die Suppe löffeln, so lang sie heiß ist."
Da ist durchaus etwas Kraft, kein dünnes Wässerchen, da ist durchaus Eleganz und viel Noblesse, da sind Zigarrenkiste, Rauch und erdige Noten, dazu Kaffeelikör und etwas Stall - der Esel aus der Weihnachtsgeschichte scheint anwesend. Geröstete Paprika und etwas Pflaumenkompott ohne Zucker. Ausreichend Druck am Gaumen, für den Jahrgang sogar erstaunlich viel. Manchmal eine leicht grüne Note, jahrgangsbedingt, aber keinesfalls störend - der Wein wird damit klassischer. Schöner langer Nachhall. Das ist dann Bordeaux, an den ich mich gewöhnen kann.
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die Kiste, aus der die Flasche aus meinem Keller stammte, hatte ich einst von Roland Lichtel (Gott hab' ihn selig), der sie seit der Sub in seinem Keller hatte. Es war also keinesfalls ein Kellernomade aus der Bucht.
Letztes Jahr Silvester habe ich mit einem guten Freund (emeritierter Spitzenkoch, in seinen Glanzzeiten durchaus auf Sterne-Niveau) getrunken:
1993 Cod d'Estournel
1993 Mouton und
1993 La Conseillante.
Der La Conseillante war mit Abstand der beste von diesen dreien; die anderen beiden hatten nicht den Hauch einer Chance.
Meine Punkte: 89 für den Cos, 91 für den Mouton und 95 für den La Conseillante.
Wir alle wissen, dass es (eine Binsenweisheit, ich glaube M. Broadbent hat sie in die Welt gesetzt), bei alten Weinen eigentlich keine generell großen gibt, sondern nur großartige Flaschen. Die Weine eines schwierigen Jahrgangs wie 1993 neigen nun mal dazu, irgendwann ihre Frucht einzubüßen und sind dann nur noch staubtrocken - kein wirklicher Genuss mehr.
In diesem Punkt muss ich auch Ulli widersprechen. Die "englische Schule" bevorzugt keineswegs diesen Weintyp, sondern das, was ich seit relativ jungen Jahren hoch schätzte: z.B. aus 1975, 76,78 Chateaux wie Nenin (Pomerol), Meyney, Gazin (war damals meistens besser als Cht.Margaux), Prieure Lichine, Lascombes, also feine, transparente Weine, fast nie über 12,5 % Alkohol, die entsprechend tänzerisch-leichtfüßig daherkamen. Auch von Mouton aus dem viel geschmähten Jahrgang 1977 (das Etikett erinnerte an den Besuch der Queen auf dem Chateau) hatte ich eine ganze Kiste (Flaschenpreis damals DM 42,00), die ich ab etwa 1990 mit viel Genuss innerhalb eines Jahrzehnts ausgetrunken habe.
Bei mir sind die 93er, bis auf ein paar Cos, eine Conseillante, 2 Clerc-Milon (+ vielleicht ein paar wenige unentdeckte Flaschen) "durch".
Ich wünsche, auch im neuen Jahr, weiterhin viel Freunde an den alten Flaschen.
Beste Grüße
Manfred