Seite 70 von 158

Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Do 26. Mai 2011, 12:11
von Bottlebinder
octopussy hat geschrieben:
Frankie Wilberforce hat geschrieben: Nach meinem Gefühl ringen die Chateaubesitzer mit Ihrer Gier und den gesättigten klassischen Märkten.
Hallo Armin,

dem möchte ich mal freundlich widersprechen ;).

Zur Gier: m.E. ist die Kalkulation der Châteaux wie folgt: wenn ich nicht alles raushole, was geht, holen es die Spekulanten raus. Das kann ich nachvollziehen. Insofern sehe ich die "Schuld" für die volatilen Preise eher bei Spekulanten und Wein-Investierern als bei den Châteaux, Négotiants oder klassischen Händlern.

Zu den "gesättigten klassischen Märkten": Die sind glaube ich nicht generell gesättigt, sondern nur gesättigt bei zu hohen Preisen. Bei Preisen wie 2008 würde die 2010er Subskription m.E. bombig laufen.
Man sollte dabei nicht das historisch gewachsene Subskriptions-Vertriebssystem aus den Augen verlieren. Dabei treten mehrstufig nach den Erzeugern negociants und Händler in Erscheinung und das System funktioniert nur, wenn alle Beteiligten einen akzeptablen Gewinn erzielen (auch die Konsumenten). Das hat nichts mit Spekulation zu tun, sondern mit wirtschaftlich vernünftigem Handeln. Es ist dann schon vertretbar, Versuche der Erzeuger, Maximalpreise zu erzielen und dabei das Risiko an die Zwischenhändler weiterzureichen, als Ausdruck von Gier zu bezeichnen. Oder bleiben die Erzeuger am Risiko beteiligt?

Wenn nicht, dann droht bei überhöhten Preisen, die am Markt nicht bestehen können, die Krise des Subskriptionssystems und leiden müssen darunter diejenigen, die das Risiko tragen (wohl Endhändler und Konsumenten).

Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Do 26. Mai 2011, 12:16
von innauen
nougat hat geschrieben:Bin jetzt doch schwach geworden und habe entgegen meinem Vorsatz Sociando gesubst.Bild
Find ich gut, mache ich auch. Gekauft wird von meinen MUSSkäufen nur, was höchstens genauso teuer und mindestens genauso gut ist wie 09 und die KANNkäufe nur, wo günstiger oder riesige Qualitätsverbesserung.

Grüsse,

Wolf

Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Do 26. Mai 2011, 13:06
von jungoman
octopussy hat geschrieben:
Frankie Wilberforce hat geschrieben: Nach meinem Gefühl ringen die Chateaubesitzer mit Ihrer Gier und den gesättigten klassischen Märkten.
Hallo Armin,

dem möchte ich mal freundlich widersprechen ;).

Zur Gier: m.E. ist die Kalkulation der Châteaux wie folgt: wenn ich nicht alles raushole, was geht, holen es die Spekulanten raus. Das kann ich nachvollziehen. Insofern sehe ich die "Schuld" für die volatilen Preise eher bei Spekulanten und Wein-Investierern als bei den Châteaux, Négotiants oder klassischen Händlern.

Zu den "gesättigten klassischen Märkten": Die sind glaube ich nicht generell gesättigt, sondern nur gesättigt bei zu hohen Preisen. Bei Preisen wie 2008 würde die 2010er Subskription m.E. bombig laufen.
Hallo Octopussy und ersmal Hallo Forum

da viele der Schreiber welche ich im taw jeweils mit Interesse gelesen habe mittlerweile hier aktiv sind, erlaube ich mir ebenfalls nachzuziehen.

Den Einwand betreffend der Gier der Châteaux kann ich nicht nachvollziehen. Wenn ein Château den Abgabepreis am maximal durchsetzbaren Preis orientiert - dies nota bene auf einem Niveau welches Produktionskosten und Gewinn um Längen übersteigt - und alle potentiellen Gewinne des Zwischenhandels als Ansporn sieht beim nächsten Mal grosszügiger zu kalkulieren, dann ist das für mich ein Synonym für Gier. Wie sonst würdest Du denn Gier definieren?

Liebe Grüsse
Manfred

Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Do 26. Mai 2011, 13:16
von innauen
Hallo again Manfred,

Einige kleine Weine kommen heute bislang nur. Troix Croix (Fronsac) mit 15€, Clos Marselatte (Pessac 20€) und Inclassable (12,50€) sind mir aufgefallen. Dazu noch ein paar teure St. Emilions, die ich aber nicht kenne.

Zur Gier. natürlich ist gemessen an den noch verfügbaren Mengen aus anderen Jahrgängen der Preis zB für Beychevelle gierig, denn der Wein ist nicht um den Faktor 5 besser. :evil: Aber Gier gehört zum Markt und ohne diese Triebfeder könnten wir bis heute Wein auf dem Niveau der 70er Jahre konsumieren. Es hat noch nie so viel sehr guten Wein zu so günstigen Preisen gegeben. Das gehört zur Wahrheit dazu :) Genausk wie das Platzen der Blase, wenn es irgendwann mal knallt :oops:

Grüsse,

Wolf

Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Do 26. Mai 2011, 13:23
von jungoman
Eine Frage hätte ich an diejenigen, welche die 2010er Bordeaux bereits verkosten konnten.

Wie habt Ihr Monbrison, Chasse-Spleen, Mazeyres, Cantenac Brown und Phélan-Ségur gesehen? Mit diesen Weinen habe ich in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht - nicht zuletzt aufgrund der Vinum-Beschreibungen. Bspw. gestern Abend hatte ich den 2005er Mazeyres im Glas. Ich fand ihn gut strukturiert, saftig und lang anhaltend und er drehte mit zunehmendem Luftkontakt immer mehr auf. Für den Preis in meinen Augen durchaus eine gute Leistung.

Liebe Grüsse
Manfred

Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Do 26. Mai 2011, 13:34
von octopussy
Hallo zusammen,

nochmal zur Gier:

Wenn ich Erzeuger mit einem weltweiten Markt wäre, würde ich - rein unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten - natürlich versuchen, möglichst früh möglichst viel Risiko loszuwerden, wenn der Preis stimmt. Und zusätzlich würde ich als Erzeuger mit weltweitem Markt - wieder rein unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten - versuchen, möglichst hohe Preise zu erzielen und von der Marge möglichst viel abzuschöpfen. Dies jedenfalls dann, wenn ich es mit einem anonymen Markt wie Bordeaux-Weine zu tun habe.

Mit Spekulation meinte ich übrigens Folgendes, das sich an einem Beispiel am besten verdeutlichen lässt. Mal angenommen, Lafite käme dieses Jahr mit einem Preis ex Château von 300 Euro raus, da sie in Europa Kunden zurückgewinnen wollen. Weiter angenommen, in China wird für eine Flasche Lafite aus einem guten Jahrgang weiterhin > 1.000 Euro EVP bezahlt. Im Zweifel würden die Weine in Frankreich nicht mit 300 Euro + übliche Marge Negotiant (10 - 20%) + übliche Marge Händler (keine Ahnung wie viel) beim Endkunden ankommen. Vielmehr würden entweder die Négotiants oder findige Händler versuchen, möglichst große Mengen zum Preis von 300 Euro ex Château zu kaufen und für > 1.000 Euro EVP in China und sonstwo zu verkaufen. Diese potenzielle grandiose Marge wollen die Châteaux eben selber behalten und nicht anderen überlassen. Das kann ich aus marktwirtschaftlichen Gründen nachvollziehen.

Das Problem der hohen Preise kommt m.E. allenfalls zu einem geringen Teil dadurch zustande, dass die Châteaux besonders gierig sind, sondern dadurch, dass es weltweit Kunden gibt, die die hohen Preise bezahlen können und wollen. Kein Händler ist doch gezwungen, Bordeaux en primeur zu kaufen und seinen Kunden anzubieten. Wenn es sich nicht mehr rechnet und das Risiko zu groß ist, dann kann man als Händler ja nein danke sagen. Das ist zwar u.U. emotional traurig, aber dann leider die harte Realität. Die "Lösung" könnte nur in Protektionismus gefunden werden, z.B. in Exportbeschränkungen. Ich will einen solchen Protektionismus nicht.

Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Do 26. Mai 2011, 13:49
von octopussy
jungoman hat geschrieben: Den Einwand betreffend der Gier der Châteaux kann ich nicht nachvollziehen. Wenn ein Château den Abgabepreis am maximal durchsetzbaren Preis orientiert - dies nota bene auf einem Niveau welches Produktionskosten und Gewinn um Längen übersteigt - und alle potentiellen Gewinne des Zwischenhandels als Ansporn sieht beim nächsten Mal grosszügiger zu kalkulieren, dann ist das für mich ein Synonym für Gier. Wie sonst würdest Du denn Gier definieren?
Hallo Manfred,

herzlich willkommen und gleich mit einem guten Einwand ;). Nur: was ist besser oder schlimmer? Die Gier eines Château (des Erzeugers)? Oder die Gier von Zwischenhändlern, die die grandiose Marge, die beiTop-Bordeaux-Weinen auf die Erzeugungskosten geschlagen wird, abschöpfen?

Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Do 26. Mai 2011, 13:58
von nougat
octopussy hat geschrieben:Nur: was ist besser oder schlimmer? Die Gier eines Château (des Erzeugers)? Oder die Gier von Zwischenhändlern, die die grandiose Marge, die beiTop-Bordeaux-Weinen auf die Erzeugungskosten geschlagen wird, abschöpfen?
Vielleicht die Gier des Konsumenten, einen bestimmten Wein besitzen zu wollen ;)

Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Do 26. Mai 2011, 14:01
von jungoman
octopussy hat geschrieben:
jungoman hat geschrieben: Den Einwand betreffend der Gier der Châteaux kann ich nicht nachvollziehen. Wenn ein Château den Abgabepreis am maximal durchsetzbaren Preis orientiert - dies nota bene auf einem Niveau welches Produktionskosten und Gewinn um Längen übersteigt - und alle potentiellen Gewinne des Zwischenhandels als Ansporn sieht beim nächsten Mal grosszügiger zu kalkulieren, dann ist das für mich ein Synonym für Gier. Wie sonst würdest Du denn Gier definieren?
Hallo Manfred,

herzlich willkommen und gleich mit einem guten Einwand ;). Nur: was ist besser oder schlimmer? Die Gier eines Château (des Erzeugers)? Oder die Gier von Zwischenhändlern, die die grandiose Marge, die beiTop-Bordeaux-Weinen auf die Erzeugungskosten geschlagen wird, abschöpfen?
tja, das sind nun schon fast philosophische Fragen. Klar ist jedenfalls alle Beteiligten sind gierig, die Châteaux, die Händler und wir nach den Weinen zu den bestmöglichen Preisen :lol: . Solange alle Beteiligten ihre Gier befriedigen, wird sich die Spirale weiter drehen, bis das schwächste Glied aus der Kette nicht mehr hält...

Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Do 26. Mai 2011, 14:47
von Frankie Wilberforce
jungoman hat geschrieben: .... Solange alle Beteiligten ihre Gier befriedigen, wird sich die Spirale weiter drehen, bis das schwächste Glied aus der Kette nicht mehr hält...
Ja, und das ist eben der springende Punkt. Das System En Primeur / Subskription von BDX Weinen ist erdacht und entwickelt worden, in einer Zeit, in der den Erzeugern von Weintrauben (Weinen) diese nicht so einfach aus der Hand gerissen wurden. Es gab ein wirtschaftlich sinnvolles weil vernünftiges Zusammenspiel zwischen den Weinbauern, (Kellerein/Abfüllung), den Negociants und den Wein(-zwischen-)händlern. Die Negociants bündelten, strukturierten und leiteten die wirtschaftliche Verteilung/Vertrieb an die Händler (Zwischenhändler) die Ihrerseits die lange Zeit schwierige Aufgabe hatten, die edlen Weine kostendeckendund und/oder gewinnbringend an den Konsumenten zu bringen.
Damit alle Beteiligten in diesem voneinander abhängigen System (Syndikat) wirtschaftlich erfolgreich blieben, war eine sinnvolle Preisfindung überlebenswichtig.
Die internationalen Verkoster gab es auch in früheren Zeiten schon, nur waren sie lange Zeit bedeutungslos, weil sich die breite Masse der Konsumenten sich nicht dafür interessierte.
Erst als die USA sich stärker für Weine aus BDX zu interessieren begann, änderte sich das Käuferverhalten und es setzte eine erstaunliche Entwicklung ein. Die Spekulation bekam neuen Auftrieb.
Grüsse
Armin