Pestizideinsatz im Médoc

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Ollie
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von Ollie »

Besten Dank, Ulli, ich versuche mal, nach Suedbaden zu kommen.

Cheers,
Ollie
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UlliB
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von UlliB »

Ach ja, noch zum Thema PiWis im Minimalschnitt: die Zielsetzung ist hier ja nicht primär öko, sondern Kostenreduktion: Verminderung des Arbeitsaufwandes im Weinberg. Ich habe zwar nicht danach gefragt, aber könnte es mir sehr gut vorstellen, dass hier durchaus Herbizide zum Einsatz kommen, da diese sehr gut in die Gesamtkonzeption passen würden. Ich werde bei passender Gelegenheit mal nachfassen. Die Pestizidproblematik, die hier in den letzten Beiträgen auf Fungizide fokussiert wurde, erschöpft sich ja nicht mit diesen.

Um auf das Bordelais zurückzukommen: das Problem sind dort ja gar nicht mehr die klassifizierten Güter, die sich mit ihrer Preisstellung so ziemlich jeden Aufwand leisten können und spätestens seit dem durchschlagenden Erfolg von Pontet Canet fast alle in irgendeiner Weise mit biologischer und biodynamischer Bewirtschaftung experimentieren, sondern die Unmassen an no-name-Betrieben, die wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand stehen und den Arbeitsaufwand im Weinberg durch massiven Chemieeinsatz begrenzen wollen. Dass denen dieses Konzept lange Jahre lang durch die "Großen" vorgelebt wurde, macht die Sache sicher nicht besser.

Das Bordelais ist heute dichotomer als je zuvor; auf der einen Seite rund 10% der Produzenten, über die geredet wird, die teure Weine machen, und die in den letzten Jahren tatsächlich "grüner" werden; auf der anderen Seite die restlichen 90%, für die die wirtschaftliche Situation schon seit Jahren kritisch war, laufend kritischer wird und denen die Handlungsspielräume ausgehen.

Gruß
Ulli
Ollie
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von Ollie »

Viele(?) Weingueter in der Loire haben sich auch mit einem Kraftakt (Umstellung nach Biodyn) freigekaempft, v.a. deshalb, weil es schlimmer gar nicht kommen konnte. Im Bordelais ginge das auch, zumal der potentielle Lohn der Angst dramatisch hoeher ist als woanders. Und da die Qualitaetsoffensive sowieso stattfinden muss, koennen sie's auch gleich richtig machen, die kleinen Chateaux.

Cheers,
Ollie
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UlliB
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von UlliB »

Ollie hat geschrieben:Viele(?) Weingueter in der Loire haben sich auch mit einem Kraftakt (Umstellung nach Biodyn) freigekaempft, v.a. deshalb, weil es schlimmer gar nicht kommen konnte. Im Bordelais ginge das auch, zumal der potentielle Lohn der Angst dramatisch hoeher ist als woanders. Und da die Qualitaetsoffensive sowieso stattfinden muss, koennen sie's auch gleich richtig machen, die kleinen Chateaux.
Das stimmt vermutlich. Aber es braucht Mut und vor allem die Einsicht, dass es mit "weiter so" nur eine einzige Richtung gibt: abwärts.

Gruß
Ulli
C9dP
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von C9dP »

Ich finde die Diskussion total spannend, auch wenn ich Ulli durchaus zustimme, dass es wieder viel müsste und könnte ist.

Ich glaube speziell bezogen auf Bordeaux nicht, dass die kleinen Güter eine Chance haben. Das Problem ist hier die Marketingmaschinerie selber. Ich glaube auch nicht, dass ein Händler wirklich im großen Stil solche Weine abseits der gesetzten Marken verkaufen könnte. Da hat sich Bordeaux von anderen Regionen schon lange überholen lassen und vielleicht auch einfach viel zu hohe Produktionsmengen. Da muss einfach eine Bereinigung her.

Was die Piwis angeht, können die nur eine Lösung im Massensegment sein. Da ist die Marke viel wichtiger als die Rebsorte. Ansonsten hat Muellinov doch schon geschrieben, wie es geht. Vor 200 Jahren gab es auch Riesling ohne Pestizide. Dann müssten wir nur bereit sein, den doppelten oder dreifachen Preis zu zahlen, um dem Winzer sein wirtschaftliches Risiko von Totalausfällen zu bezahlen. Wer ist denn ehrlicherweise bereit, 20 Euro für den Gutswein und 40 Euro für den Lagenwein zu bezahlen, wenn dafür weder Pestizide noch Gentechnik zum Einsatz kommen?
Viele Grüße

Aloys
Muellimov
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von Muellimov »

C9dP hat geschrieben: Was die Piwis angeht, können die nur eine Lösung im Massensegment sein. Da ist die Marke viel wichtiger als die Rebsorte.
Dem stimme ich so nicht ganz zu. PiWis können durchaus eine Lösung für die mittel- und hochpreisigen Segmente sein bzw. werden, auch wenn das noch seine Zeit brauchen wird.

Jedoch Donauriesling an der Mosel oder Rhein, wer um Himmels Willen hat bloß diesen Namen für diese Rebsorte gewählt?
Muellimov
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von Muellimov »

C9dP hat geschrieben:Ich finde die Diskussion total spannend, auch wenn ich Ulli durchaus zustimme, dass es wieder viel müsste und könnte ist.
Das mit dem "müsste, hätte, könnte" war übrigens eine von Ulli eingebrachte Polemik. Der gesamte Thread war nahezu frei davon. Nennt mich Korinthenkacker, aber ich habe diese Wörtchen nun mal abgezählt und den einzelnen Protagonisten zugeordnet. Nicht mitgezählt wurden Zitate. Hier die Bilanz:

"Müsste": Gerald = 1, Muellimov = 1, UlliB = 4, C9DP = 2
"Hätte": Gerald = 1, Muellimov = 0, UlliB = 1, C9DP = 0
"Könnte": Gerald = 2, Muellimov = 0, UlliB = 2, C9DP = 2
Summe: Gerald = 4, Muellimov = 1, UlliB = 7, C9DP = 4

Macht also in Summe 16 mal "müsste", "hätte", "könnte". Verteilt über bis dahin sieben Seiten. Soll das jetzt viel sein? :roll: :twisted: :D
C9dP
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von C9dP »

Respekt! Du hast auf allen sieben Seiten nachgezählt? Scheint ja ein langweiliger Abend gewesen zu sein :lol:

Es ging wohl weniger um Polemik als um den Inhalt dieser Aussagen, wie toll die Welt doch wäre, wenn alle Winzer auf Piwis umschwenken. Und das von wirtschaftlich völlig unbeteiligten. Wenn das alles einfach ist verstehe ich nicht, warum nicht jeder der er vehement fordert selber in diese glorreiche Marktlücke stößt. Das ist doch der vorgezeichnete Weg zum Millionär und das ohne Risiko. Nicht fordern sondern selber machen ist doch dann die Devise.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es viele Winzer gibt, die bei Flaschenpreisen unter 10 Euro Kapitalrücklagen haben, um innerhalb von ein paar Jahren ihre Flächen auf Donauriesling oder Elbeburgunder oder Wolgaveltliner umzustellen.

Oder wärst du bereit, die oben schon angesprochenen Preise zu zahlen, wenn du schon nicht ins Risiko gehen möchtest?
Viele Grüße

Aloys
MichaelWagner
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von MichaelWagner »

So. Frisch zurück aus der Hauptstadt sehe ich gerade dass sich hier eine rege Diskussion entwickelt hat zu der ich dann meinen Senf noch beisteuern muss:

Was ich ursprünglich mit meinem "hat seinen Preis..." Kommentar sagen wollte ist dass die angesprochenen Top-Bordeaux-Weine, die sich idR durch eine extrem hohe Traubenreife in Verbindung mit Anreicherung auszeichnen, diese besagten Reifegrade ohne Pestizidorgien auch in einem sehr späten Reifestadium garnicht erreichen können. Das meinte ich mit "...es hat seinen Preis"

Was mein "na dann mach doch" mit selektiver Sichtweise zu tun hat verstehe ich nicht. Kann mir nicht vorstellen dass irgendjemand dich kritisch beäugt wenn du etwas neues ausprobierst. Machs halt mal. Falls du ne Presse und ein Fass brauchst (musst du nicht direkt voll ins Risiko gehen...) stelle ich das gerne zur Verfügung.

Was die Probleme der Winzer angeht die im Schnitt 5 Euro erzielen, sollten sie diese Probleme in meinem Augen auf keinen Fall mit Piwis lösen (das wird ne Abwärtsspirale) sondern einfach mit höheren Preisen. Und DAS ist oft eher die Stelle an der der Mut fehlt. Es müssen keine 20-40 Euro sein, denn das führt vom Regen in die Traufe, aber dazwischen ist ja noch ne Menge Spielraum die es erlaubt sehr gute Qualitäten zu erzeugen und sehr gesund zu wirtschaften. Ein "Fame & Glory Budget" ist dann natürlich nicht einkalkuliert, aber das braucht's auch nicht unbedingt zum Erfolg - der "Verbraucher" ist garnicht so blöd dass er unbedingt einen Guru konsultieren muss was ihm gefällt. Und es gibt eine Menge Weintrinker die vielleicht nicht das passende Vokabular am Start haben und trotzdem sehr wohl geschmacklich komplexere Entscheidungsprozesse als "schmeckt/schmeckt nicht" bewältigen können - inkl Preisbereitschaft wenn sie merken, dass sie etwas überdurchschnittliches im Glas haben. Sie faseln halt nicht so viel. Das macht sie aber nicht gleich dumm...

Zurück zu den Piwis: soweit ich weiß laufen die Versuche bereits seit Anfang des letzten Jahrhunderts und bisher ist noch keine Rebsorte daraus hervorgegangen die sensorisch auch nur annähernd mit dem Riesling mithalten kann. Und genau deswegen macht es keiner - weil das wirtschaftliche Risiko nach wie vor unüberschaubar ist. Und nicht weil die ganze Winzerschaft eine Horde von innovationsscheuen, starrköpfigen, scheuklappentragenden Dorfdeppen ist, die nicht über den Tellerrand schauen kann und am liebsten die Zeit damit totschlägt die Umwelt zu verpesten.

MfG
wenns läuft, dann läufts. Aber bis es läuft, dauerts...
Muellimov
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Re: Pestizideinsatz im Médoc

Beitrag von Muellimov »

C9dP hat geschrieben:Respekt! Du hast auf allen sieben Seiten nachgezählt? Scheint ja ein langweiliger Abend gewesen zu sein :lol:
Nöö, hat noch keine fünf Minuten gedauert. Suchfunktion des Browsers nutzen und Strichliste. :D
C9dP hat geschrieben:Ich kann mir nicht vorstellen, dass es viele Winzer gibt, die bei Flaschenpreisen unter 10 Euro Kapitalrücklagen haben, um innerhalb von ein paar Jahren ihre Flächen auf Donauriesling oder Elbeburgunder oder Wolgaveltliner umzustellen.
Wie lange glaubst Du denn, dass Rebstöcke im Boden bleiben, bis eh wieder eine Neuanlage erfolgt?
MichaelWagner hat geschrieben:Was mein "na dann mach doch" mit selektiver Sichtweise zu tun hat verstehe ich nicht. Kann mir nicht vorstellen dass irgendjemand dich kritisch beäugt wenn du etwas neues ausprobierst. Machs halt mal. Falls du ne Presse und ein Fass brauchst (musst du nicht direkt voll ins Risiko gehen...) stelle ich das gerne zur Verfügung.
Mit selektiver Sichtweise meinte ich, dass die bestehenden Probleme des übermassiven Pesitzideinsatzes völlig ausgeblendet werden.

http://www.sueddeutsche.de/leben/pestiz ... n-1.588967
http://www.captaincork.com/Meinung/pest ... %BCckstand

Im Weinbau wird ca. um Faktor 10 mehr Pestizid verwendet als in der anderen Landwirtschaft. Die Wirkungen gerade der Cocktails verschiedener Pestizide auf Mensch und Umwelt ist unerforscht. Beobachtungen werden bspw. im ersten Beitrag Geralds beschrieben. Cu-Einsatz führt deutlich mehr dem Boden zu, als tatsächlich abgebaut wird. Eine Anreicherung ist die Folge, die das Land irgendwann unbrauchbar macht. Das alles braucht man, um Reben als auf absolute Höchstleistungen gezüchtete Spitzenrennpferde am Leben zu erhalten bzw. ihre Ernte zu sichern.

Welchen Ausweg gibt es denn aus der Malaise, wenn man obiges vermeiden will? Ich lese hier immer nur "wirtschaftliche Gründe".

Danke übrigens für das Angebot, aber Presse und Fass habe ich. :D
MichaelWagner hat geschrieben:Was die Probleme der Winzer angeht die im Schnitt 5 Euro erzielen, sollten sie diese Probleme in meinem Augen auf keinen Fall mit Piwis lösen (das wird ne Abwärtsspirale) sondern einfach mit höheren Preisen.
Und dann kommt der Winzer selbst und schlägt höhere Preise vor. Ja super, da wäre ich selbst auch dafür! Ganz ehrlich. Nur macht den Leuten dann die Preiselastizität einen Strich durch die Rechnung. Ein der Winzer erzählte mir, dass er im letzten Jahr die Preise einer Sorte um 50 Cent angehoben hat. Von 5 EUR auf 5,50 EUR. Die Folge war, dass er schlagartig 50% weniger verkauft hat.
MichaelWagner hat geschrieben:Und es gibt eine Menge Weintrinker die vielleicht nicht das passende Vokabular am Start haben und trotzdem sehr wohl geschmacklich komplexere Entscheidungsprozesse als "schmeckt/schmeckt nicht" bewältigen können - inkl Preisbereitschaft wenn sie merken, dass sie etwas überdurchschnittliches im Glas haben. Sie faseln halt nicht so viel. Das macht sie aber nicht gleich dumm...
Ich bin erstaunt, was hier immer reininterpretiert wird. Niemand hat den Leuten unterstellt, dass sie dumm sind, nur weil sie keine Weinexperten sind. Und ja, da steckt natürlich mehr dahinter als nur "schmeckt/schmeckt nicht". Aber das ist nicht zwangsläufig an der Rebsorte fest zu machen.
MichaelWagner hat geschrieben:Zurück zu den Piwis: soweit ich weiß laufen die Versuche bereits seit Anfang des letzten Jahrhunderts und bisher ist noch keine Rebsorte daraus hervorgegangen die sensorisch auch nur annähernd mit dem Riesling mithalten kann.
Donausriesling schon verkostet? "Weinaffe" Bodo schreibt ja auf Seite 5, dass "in der Tat im direkt Vergleich kaum ein Unterschied auszumachen ist". Ich kenne den Donauriesling ja leider auch nicht. Aber das, was über ihn zu lesen ist, weckt auf jeden Fall sehr starkes Interesse. In Österreich ist er ja nun schon zugelassen, vermutlich in Deutschland nicht.
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