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Re: Später-Veit

Verfasst: Sa 6. Mär 2021, 21:31
von EThC
Ralf Gundlach hat geschrieben:als ich das meiner Frau erzählte mit dem "Winzer-Overkill" meinte sie, das du Recht hast.
...das ist ja generell auch nix, was ich schlimm oder fragwürdig oder sonstwas finden würde. Fällt mir halt nur auf, weil ich das meist anders mache. Wir haben zwar auch immer wieder mal mehrere Weine eines Winzers im Vergleich, meist bei diesen Online-Verkostungen. Aber in der Regel liegt bei mir relativ viel Zeit zwischen erster und letzter Flasche eines Probierpakets. Das hängt u.a. damit zusammen, daß bei uns die Weinauswahl stark dem Essen folgt, seltener umgekehrt. Und ich sehe die einzelnen Weine eines Erzeugers gerne im Kontext zu denen anderer Winzer...

Re: Später-Veit

Verfasst: Sa 6. Mär 2021, 22:20
von amateur des vins
Später-Veit, Pinot Noir No. 1 2010

Update [+4h30']
Näh, war wohl Einbildung vorhin. Da wird nix abgemildert, werder der Auftritt, noch das Urteil.

Aber vielleicht ja morgen... :mrgreen:

Wann hatte ich das letztemal keine Lust, 'ne Flasche leerzumachen? :? :shock:

Re: Später-Veit

Verfasst: Sa 6. Mär 2021, 22:37
von bordeauxlover
Ich konnte mich dann heute auch nicht ganz zurückhalten. Dank Karsten lasse ich erstmal bis auf Weiteres die Finger von dem 2010er Nr. 1. Stattdessen habe ich den PN Reserve (steht übrigens anders als 2012 und 2014 nix von Reserve drauf) aufgemacht. Fazit am ersten Abend: gepflegte Langeweile, für 17,50 € völlig überteuert. Im Duft erstmal eine Ladung nur langsam verfliegender Kuhstall, später dann recht angenehme Kräuterwürze. Die prägnante Säure hier eher lasch, ansonsten bisschen rote Johannisbeere, elend kurzer Abgang. Da fand ich den Basispinot aus 2017 deutlich besser, spannender und mit mehr Trinkfluss ausgestattet. Werde ihm morgen Abend noch eine zweite Chance geben.

Schöne Grüße
Armin

Re: Später-Veit

Verfasst: Sa 6. Mär 2021, 22:38
von bordeauxlover
Sorry, vergessen zu erwähnen, dass es um den 2011er geht!

Re: Später-Veit

Verfasst: Sa 6. Mär 2021, 23:02
von Gerlach
Tja Karsten, das kommt davon, dass Ihr die falschen Weine von Heinz Welter trinkt - die gemeinsame Pinot Noir-Verkostung droht zu einer tiefen Frustrationserfahrung zu werden. Hofschuster hat nur Spätburgunder aus dem ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts von Später-Veit bewertet (damals schon relativ hoch aufgerufene Preise); grottenschlecht: 2007 81 Punkte:"Eingemachte Johannisbeerfrucht, kräftiger Säurebiss und zart würzige, unterholzige Noten, dazu leicht vegetabil, kernig und etwas rustikal, feinkörnige, im Abgang merklich trocknende Tannine."
2005 80 Punkte: " Am Gaumen kühl und schlank, deutlich holzwürzig und fruchtig, etwas rote Beeren und kräuterige Noten, merklich trocknende, dabei mürbe Tannine, hat etwas Substanz, aber nicht allzu viel Tiefe, ordentlicher Abgang." Vielleicht versuchen die beiden Söhne aktuell etwas daran zu ändern.
Die Punkte deutlich über 85 gab es von Hofschuster bis 2017 (nein, nicht für die trockenen Rieslinge - auch außerachtlassbar) für die restsüssen Spätlesen (kosteten in den 10 Jahren meiner Bestelltätigkeit dort bis zu 10 € - Vergnügen bereitend) und den eigentlichen Schwerpunkt des Weingutes, die halbtrocken/feinherben Rieslinge (gibt übrigens auf Nachfrage noch mehr ältere Jahrgänge als im Weinshop aufgeführt) - eher kräftig bis rustikale Winterweine, da passt das verpönte "lecker"-Etikett. Finde ich in dem Bereich selten an der Mosel.
Jedenfalls ist es schön zu lesen, welch Sprachgirlanden, Emotionseruptionen und Weinleidenschaftsausbrüche dieses kleine Weingut in diesem Forum auszulösen vermag.
Gruß, Bernd

Re: Später-Veit

Verfasst: Sa 6. Mär 2021, 23:55
von Kle
EThC hat geschrieben:...na das klingt doch jetzt mal einigermaßen vielversprechend!
ist nichts mehr passiert.

Re: Später-Veit

Verfasst: So 7. Mär 2021, 00:22
von amateur des vins
Gerlach hat geschrieben:Tja Karsten, das kommt davon, dass Ihr die falschen Weine von Heinz Welter trinkt - die gemeinsame Pinot Noir-Verkostung droht zu einer tiefen Frustrationserfahrung zu werden.
Da kann ich Dich beruhigen, Bernd: Nur, weil ich einen schlechten Wein im Glas habe, oder auch zwei, bin ich ganz sicher nicht frustriert, und schon garnicht tief. Das wird sich auch am kommenden Freitag nicht ändern. ;)
Gerlach hat geschrieben:Hofschuster hat nur Spätburgunder aus dem ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts von Später-Veit bewertet (damals schon relativ hoch aufgerufene Preise); grottenschlecht: 2007 81 Punkte:"Eingemachte Johannisbeerfrucht, kräftiger Säurebiss und zart würzige, unterholzige Noten, dazu leicht vegetabil, kernig und etwas rustikal, feinkörnige, im Abgang merklich trocknende Tannine."
Ich wußte garnicht, daß der Herr zeitreisen kann!? Wie sonst hätte er von mir abschreiben können?
Aber ich freue mich, daß seine Bewertungen Dir Halt vermitteln. In meiner Säuferkarriere spielt er keine Rolle.
Gerlach hat geschrieben:Jedenfalls ist es schön zu lesen, welch Sprachgirlanden, Emotionseruptionen und Weinleidenschaftsausbrüche dieses kleine Weingut in diesem Forum auszulösen vermag.
Ich weiß ja nicht, ob Du die Emotionseruptionen und Weinleidenschaftsausbrüche bei mir zu erkennen vermeinst. Ich kann Dir versichern, daß dem nicht so ist. Sprachgirlanden jedoch, wahlweise auch pseudoelaboriertes Geschwurbel, wirst Du in meinen Beiträgen weingutsunabhängig immer mal wieder finden. :lol:

Re: Später-Veit

Verfasst: So 7. Mär 2021, 08:08
von Bernd Schulz
EThC hat geschrieben:...das ist ja generell auch nix, was ich schlimm oder fragwürdig oder sonstwas finden würde. Fällt mir halt nur auf, weil ich das meist anders mache. Wir haben zwar auch immer wieder mal mehrere Weine eines Winzers im Vergleich, meist bei diesen Online-Verkostungen. Aber in der Regel liegt bei mir relativ viel Zeit zwischen erster und letzter Flasche eines Probierpakets. Das hängt u.a. damit zusammen, daß bei uns die Weinauswahl stark dem Essen folgt, seltener umgekehrt. Und ich sehe die einzelnen Weine eines Erzeugers gerne im Kontext zu denen anderer Winzer...
Ich fürchte, jeder von uns folgt da anderen Antrieben. Ich trinke zwar schon mal Wein zum Essen, aber oft fungiert der Wein bei mir als Solist. Und wenn ich nach getaner eigentlicher ;) Arbeit abends eine Pulle aufmachen will, frage ich nicht danach, ob viel Zeit zwischen dieser und jener Flasche eines Probierpakets liegt - ich schaue halt, was vorhanden ist, worauf ich Lust habe (ich bin ja kein Profi, der irgendwelche Weine trinken muss), und vor allem versuche ich die Flaschen zu verschonen, die ich aufgrund ihrer "Seltenheit" gerne mit anderen (sprich hauptsächlich mit Ralf) teilen möchte. Da bleibt dann oft gar keine so große Auswahl. Und wenn ich fünf verschiedene Weine ein- und desselben Winzers in Folge nacheinander genieße, ist das so. Für mich stellt das überhaupt kein Problem dar,

Noch einmal: Hier sind eine Menge Individualisten mit ganz unterschiedlichen Kellerbeständen und ebenso unterschiedlichen Vorstellungen von dem, was ihnen Freude bringt, versammelt. Dass daraus stark voneinander abweichende Ergebnisse im Trinkverhalten resultieren, ist nicht weiter verwunderlich.....

Herzliche Grüße

Bernd

Re: Später-Veit

Verfasst: So 7. Mär 2021, 08:30
von UlliB
Selten, dass sich ein Thread hier so schnell füllt - das ist ja fast wie bei einer Bordeaux-Primeurkampagne :mrgreen:

Eigentlich wollte ich meine Flasche 19er Goldtröpfchen Kabinett "Armes" noch nicht öffnen, aber da die Meinungen darüber hier derart weit auseinander gehen, konnte ich meine Neugier nicht mehr zügeln. Würden mir vor schierer Begeisterung die Tränen über die Tastatur laufen™, oder würde ich vor Wut über das verschwendete Geld heulen? - Das liefe ja beides irgendwie auf das gleiche hinaus. Vielleicht sollte ich die Tastatur mit einer Folie schützen?

Nun, das war nicht nötig, das Ergebnis war ein ganz klares "weder noch" :lol:

Blasses Hellgelb, unauffällig (ich hatte schon noch hellere Mosel im Glas). Spontinote, diese aber dezent. Fruchtbefreit trifft es nicht ganz, da ist schon Frucht, aber sehr zurückhaltend und leise, Zitrus und später auch Birne, dann etwas Schiefer. Im Gaumen ist die Frucht etwas deutlicher, aber immer noch sehr leise, eher wenig Süße, die Säure präsent, aber nicht spitz oder gar grün, schönes Spiel. Trotz der zurückgenommen Frucht wirkt der Wein recht dicht (von was eigentlich?), und den Abgang finde ich auch stimmig. Einen minutenlangen Nachklang erwarte ich von einem Kabinett auch nicht.

Tja. Die Struktur des Weines finde ich für einen restsüßen Mosel-Kabinett schon idealtypisch, das Süße-Säure-Verhältnis ist ziemlich perfekt, und der Wein ist schwungvoll und trinkt sich flott weg. Allerdings dürfte da für meinen Geschmack die Frucht schon etwas intensiver sein. Und wenn ich auf die Herkunft schaue, dann muss die Frucht eigentlich auch intensiver sein. Das Piesporter Goldtröpfchen liefert an der Mittelmosel normalerweise die Weine mit der opulentesten Frucht, das geht bei manchen Erzeugern (St. Urbans-Hof) schon mal arg ins Barocke und wird mir dann zu viel. Aber der hier? Der könnte auch von einer Sekundärlage an der Saar kommen.

Wenn Ollie den fehlenden Herkunftscharakter kritisiert und das als schweren Mangel ansieht, kann ich das durchaus verstehen. Blende ich das aber aus, gefällt mir der Wein recht gut, an der Herkunft "Mosel" (oder eben Saar) besteht auch kein Zweifel. Einen Nachkaufreflex löst er aber auch nicht aus, da gefallen mir Weine anderer Erzeuger dann doch noch besser.

Gruß
Ulli

Re: Später-Veit

Verfasst: So 7. Mär 2021, 11:11
von Moselaner
UlliB hat geschrieben: ...Blasses Hellgelb, unauffällig (ich hatte schon noch hellere Mosel im Glas). Spontinote, diese aber dezent. Fruchtbefreit trifft es nicht ganz, da ist schon Frucht, aber sehr zurückhaltend und leise, Zitrus und später auch Birne, dann etwas Schiefer. Im Gaumen ist die Frucht etwas deutlicher, aber immer noch sehr leise, eher wenig Süße, die Säure präsent, aber nicht spitz oder gar grün, schönes Spiel. Trotz der zurückgenommen Frucht wirkt der Wein recht dicht (von was eigentlich?), und den Abgang finde ich auch stimmig. Einen minutenlangen Nachklang erwarte ich von einem Kabinett auch nicht.

Tja. Die Struktur des Weines finde ich für einen restsüßen Mosel-Kabinett schon idealtypisch, das Süße-Säure-Verhältnis ist ziemlich perfekt, und der Wein ist schwungvoll und trinkt sich flott weg. Allerdings dürfte da für meinen Geschmack die Frucht schon etwas intensiver sein. Und wenn ich auf die Herkunft schaue, dann muss die Frucht eigentlich auch intensiver sein. Das Piesporter Goldtröpfchen liefert an der Mittelmosel normalerweise die Weine mit der opulentesten Frucht, das geht bei manchen Erzeugern (St. Urbans-Hof) schon mal arg ins Barocke und wird mir dann zu viel. Aber der hier? Der könnte auch von einer Sekundärlage an der Saar kommen.

Wenn Ollie den fehlenden Herkunftscharakter kritisiert und das als schweren Mangel ansieht, kann ich das durchaus verstehen. Blende ich das aber aus, gefällt mir der Wein recht gut, an der Herkunft "Mosel" (oder eben Saar) besteht auch kein Zweifel...

Gruß
Ulli
Hallo Ulli,
vielen Dank für deine Verkostigungsnotiz, ich kann sehr viel von dem was du beschrieben hast nachvollziehen.

Noch bezüglich der fehlenden Lagentypizität:
Einerseits ist er der Wein deutlich als klassischer Kabinett der Mosel erkennbar und damit dann wohl zumindest Gebiets- und Prädikatstxpisch ;-).

Und wie auch schon Bernd sagte, solch klassische Moselkabinette sind auch nicht mehr durchgehend zu finden.
Viel zu oft hatte ich in den letzen Jahren Moselkabinette mit Botrytis, primärfruchtige Wuchtbrummen, abgestufte Spätlesen, zu säurearme Weine ohne Spiel etc.pp.

Ich habe das Goldtröpfchen auch als sehr opulente und primär gelbfruchtige Lage abgespeichert. Dazu haben aber auch einige „große“ und bekannte Weingüter gesorgt, die dieser Lage den Stempel aufgedrückt haben.

St. Urbanshof hast du schon genannt, mir fällt noch R. Haart und seit einigen Jahren Schloss Lieser ein. Bei allen drei Genannten ist der etwas opulentere Stil aber auch Teil der Betriebsphilosophie.
Wenn man etwas breiter schaut, findet man aber genauso Weingüter, die seit Jahren Weine mit anderer Stilistik aus der Lage erzeugen. Neben Später-Veit zum Beispiel Günther Steinmetz, der in 2019 ein Goldtröpfchen erzeugt hat, dass frappierend mineralisch und weniger fruchtbetont ist. Auch Julian Haart ist hier zu nennen.

Mir geht es überhaupt nicht darum was „besser“ ist, ich frage mich nur:
Ist das einmal gezeichnete Bild einer Lage wirklich das gegebene, oder gibt es wenige „berühmte“ Protagonisten, die diesen Bild prägen. Und ist dieser Stil dann unumstößlich der einzig „wahre“?

Unabhängig davon bin ich großer Freund von lagentypischen Weinen, die Frage ist nur, was diese Typizität ausmacht und wer sie etabliert hat.

Viele Grüße
Patrick