Letztes Wochenende hatten wir seit langem mal wieder eine Live-und-in-Persona-Verkostung.
Thema war wieder mal Bring your own Best Bottle und es war großartig. Wir hatten dazu extremes Flaschenglück
Alle Weine kamen blind ins Gabriel Standard
Begonnen haben wir mit einem Schampus als Apero:
Charles Dufour, Bulles de Comptoir, Tchin-Tchin #10, Extra Brut
60% Pinot Noir, 30% Chardonnay, 10% Pinot Blanc, Jahrgang: 2019 + 20% Réserve Perpétuelle 2010-2018
Tirage: November 2020, Dégorgement: Januar 2022
Etwas reduktiv, was ich bei Champagner bisher so noch nicht hatte. Straff, ganz leicht hefig / brotig. Sehr frisch und mit extrem wenig Trinkwiderstand ausgestattet. Sehr sehr gut
Weiter ging es in der Reihenfolge:
Carsten Saalwächter, Chardonnay -R-, 2017
Dass ich ein großer Fan von Carsten und seinen Weinen bin, brauch ich glaube ich nicht mehr zu erwähnen. Ich helfe Carsten derzeit etwas auf dem Weingut (am Fr. wird wieder gefüllt) und bin somit auch etwas voreingenommen was die Weine angeht
Diesen habe ich blind auch erkannt. Immer noch etwas flintig / feuersteinig in der Nase. Als Chardonnay durchaus zu erkennen, etwas gelbe Frucht und florale Noten. Dazu diese feine Kräuter-Würze. Straff, lang und sehr fokussiert. Geiler Wein!
Seckinger, Solera in Paradise, 2019/2020
Ich bin mir nicht sicher ob ich dazu schon mal was geschrieben hab (und jetzt auch zu faul um nachzuschauen). Ein Weißburgunder der – soweit ich weiß, bitte nicht drauf festnageln – in der Gärung steckengeblieben ist, und dann im Solera Verfahren mit dem nächsten Jahrgang aufgefüllt wurde. Deutlich als Natural zu erkennen, trübe Farbe, leicht hefig nach Apfelmost. Frische Säure, wenig Frucht, wenn dann etwas Birne. Leicht adstringierend, schöne Länge.
Peter Jakob Kühn, Riesling -R- trocken, 2013
Was für ein Hammer Riesling. Top auf den Punkt gereift, springt sofort in die Nase mit einem enorm komplexen Geruchsprofil. Kräuter, Pfirsich, etwas Petrol, aber ganz dezent. Im Mund füllig und leicht ölig im Mundgefühl. Auch hier kräuterwürzig, komplex und eeewig lang. Spitzen Wein!
Nuit St. George, Murgers, Marcel Amance & Cie, 1974
Ein in Würde gereifter Burgunder, schon deutlich tertiär, aber durchaus noch sehr schön trinkbar. In dem Alter ist es immer schwierig blind zu erraten was das sein könnte. Auf Burgund kam ich letztendlich nicht.
Stachel, Kirchenstück Cabernet Sauvignon, 2013
Unser Tischwein zum Essen. Sehr expressive Cabernet Nase, trotz des Alters noch sehr wuchtig aber dennoch nicht überdimensioniert. Dunkle Schokolade und etwas Salmiak, feine Frucht und gute Säure. Begleitete das Essen hervorragend
Capanna, Brunello di Montalcino Riserva, 1982
Ein Großteil der Runde war sofort bei Sangiovese, ich stocherte noch im Bordeaux rum

. Was für ein schöner Wein. Die Reife hat ihm bei weitem nicht geschadet. Wunderschöne Kirsche, gepaart mit etwas Leder und Zigarrenkiste. Fleischige Frucht und etwas Rost. Auch die Reste konnte ich am nächsten Tag noch mit Genuss nachverkosten.
Eine schöne Überraschung war:
Bersano, Barbera d’Asti Superiore, 1975
Hier stocherten alle ein wenig im Nebel. Wir einigten uns dann zum Schluss darauf dass es auch Nord-Rhone hätte sein können. Auf Barbera kam dann aber keiner. Auch das war überraschend frisch für das Alter. Da waren schon ein paar Tertiär Aromen, aber dahinter noch eine schöne Struktur.
Pontet Canet, 2003
Hier ging es wieder directly in your face. 2003 als Hitzejahrgang merkt man hier schon etwas, aber trotz des etwas likörigen Eindrucks auch eine Säure die das Ganze etwas pufferte. Expressive Sekundär-Frucht ist da auch noch reichlich vorhanden, sowie ein sehr schöner Nachhall und die Pauillac typische Schiefer Mineralität. Kann durchaus noch ein paar Jahre!
Pichon Comtesse, 1959
Als ich einige Stunden vorher den Bröselkork aus der Flasche operierte, wurde mir schon Angst und Bange dass sich der Inhalt auch in Wohlgefallen auflösen würde. Die Sorge wurde nicht kleiner als ich aufgrund der Korkbrösel die alte Dame behutsam karaffierte, in der Hoffnung es würde Ihr nicht schaden.
Und es kam gut, und wie gut! Mein persönlicher WOTN. Wunderschöne Nase, ja schon etwas tertiär, Rosine, gekochte Blaubeere und Schwarzbrot waren meine Assoziationen. Bezaubernd im Mund und lang im Abgang. Mag sein dass ich auch hier etwas biased bin, aufgrund meiner langjährigen Zuneigung zur Comtesse, aber das war wirklich großartig!
Chateau Musar, Libanon, 2000
Die erste Flasche aus der Kiste war leider schon dem Oxi-Tod zum Opfer gefallen, deswegen öffnete ich am Tag davor diese Konterfalsche um erleichtert festzustellen dass diese top in Schuss war. Da die Flasche noch fast voll war, haben wir sie kurzerhand (nicht blind) in die Probe geschmissen. Passte thematisch auch ganz gut mach den beiden BDX.
Dieser hier war aufgrund des Cinsault and Carignan schon etwas exotischer. 22 Jahre haben dem Wein nicht geschadet. Man spürt sie schon, aber das ist noch sehr schön zu trinken. Etwas würziger als die reinen BDX-Blemds. Musar ist für mich immer ein klasse Wert! Für unter 40 EUR ist das immer ein heißer Kandidat um als Pirat den einen oder anderen BDX zu versägen.
Den Abschluss machte eine
Knipser, Cuvée XR, 2007
Das war blind sofort als deutscher Rotwein zu erkennen. Ich war zwar erst bei Pinot, mit etwas Luft ging das dann schon als BDX Blend durch. Dieser hier Merlot (60%) und Cabernet Sauvignon (40%) Und das hatte für mich eben diesen typisch deutschen Twist, den ich nicht so ganz beschreiben kann, aber eben für mich recht charakteristisch ist. Bleistift, dunkle Schokolade, Vanille (Holz) und etwas Rosmarin. Sehr expressiv und auch noch die beiden Tage danach mit Genuss zu trinken.
Vielen Dank an alle für diesen herrlich kurzweiligen und genussvollen Abend!
Gruss
Marko