MEDOC 2024

Medoc und seine Appellationen, Bourg und Umgebung, Fronsac, Pomerol, Saint Emilion und Umgebung, Entre Deux Mers, Graves und Pessac-Leognan, Sauternes und Co.
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Dionisos
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Re: MEDOC 2024

Beitrag von Dionisos »

Das sind Wetterkapriolen dieses Jahr... Sintfluartige Regenfälle, Hagel, Sturm... alles dabei. :shock:

Viel Glück noch!
Das Leben ist zu kurz um schlechten Wein zu trinken.
TOM
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Re: MEDOC 2024

Beitrag von TOM »

small talk hat geschrieben: Mo 27. Mai 2024, 18:55 Selbstverständlich ist der Eigentümer/Winzer für seine Flächen verantwortlich. Regeln gibt es da durchaus. Er kann nur keine Kulturmaßnahmen mehr durchführen, weil er schlicht nicht mehr über die wirtschaftlichen Mittel verfügt.
...
Es gibt Kontrollinstitutionen, die bei ‚vigne abandonnée‘ einschreiten, jedoch sind die Maßnahmen zumindest kurzfristig nicht wirklich ernst zu nehmen. Eine Rodung durch eine Kontrollinstitution wäre ein Eingriff in Eigentumsrechte.
...
Falls es Euch interessiert: Zu diesem Thema ist heute ein Bericht in der Weinwirtschaft erschienen:
https://www.meininger.de/wein/politik-u ... -weinberge
Man muss immer etwas haben, worauf man sich freut. (Eduard Mörike)
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small talk
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Re: MEDOC 2024

Beitrag von small talk »

Endlich Véraison
Sehnlichst erwartet setzt die Traubenfärbung/Véraison überraschend spät ein. Vor einer Woche fand ich die ersten Cabernet Sauvignon - Beeren in der Färbung; jetzt geht es schon an verschiedenen Stellen bei Merlot und Cabernet Sauvignon weiter.
Véraison Cabernet Sauvignon
Véraison Cabernet Sauvignon
Ich habe den Eindruck, dass die Véraison sehr schleppend weitergeht. Das gibt dem Mildiou trotz trockenem und teilweise heißem Wetter weiter Vorschub.
Mildiou ist und bleibt für uns dieses Jahr das größte Problem. Bei einigen Lagen hat der Pilz schon zum Totalverlust geführt. 2024 wird hier eine extrem kleine Ernte. Die Kombination aus verwahrlosten Reben in der Nachbarschaft mit Regen-Übermengen bis in den Juli hinein, war mit meinem Pflanzenschutzkonzept nicht zu bewerkstelligen. Da in den kommenden Jahren aufgrund der wirtschaftlichen Situation weiterhin mit verwahrlosten Reben zu rechnen ist, muss ich mir grundlegende Gedanken machen.
Bußgelder für das Unterlassen einer fristgerechten und ordentlichen Rodung werden zwar angedroht, bisher habe ich jedoch noch nicht mitbekommen, dass irgendwo welcher verhängt wurden. Von einigen Betrieben die ihre Flächen verwahrlosen lassen weiß ich, dass sie sich in Gläuberschutzverfahren und Zwangsvollstreckungssituationen befinden. Da wäre ein Bußgeld auch keine Hilfe - wird also auch nicht viel an der Situation ändern.
Seit vier Wochen haben wir nun Trockenheit mit Hitzeschüben – heute bis 40 °C. Das stresst die Vegetation sehr. Auf Böden mit geringer Drainage kam es während der extremen Nässe zu Anfang der Vegetationsperiode wahrscheinlich zu Wurzelschäden. Der abrupte Umschwung von nass auf trocken wird es den Reben schwierig machen sich anzupassen. Die Qualität des 2024es wird insbesondere durch das Terroir bestimmt werden.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Die Wahrheit liebt es, sich zu verstecken. (Heraklit - Interpretation)
pessac-léognan
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Re: MEDOC 2024

Beitrag von pessac-léognan »

small talk hat geschrieben: So 11. Aug 2024, 13:48 Endlich Véraison
Sehnlichst erwartet setzt die Traubenfärbung/Véraison überraschend spät ein. Vor einer Woche fand ich die ersten Cabernet Sauvignon - Beeren in der Färbung; jetzt geht es schon an verschiedenen Stellen bei Merlot und Cabernet Sauvignon weiter.
240811-1307_véraison.JPG
Ich habe den Eindruck, dass die Véraison sehr schleppend weitergeht. Das gibt dem Mildiou trotz trockenem und teilweise heißem Wetter weiter Vorschub.
Mildiou ist und bleibt für uns dieses Jahr das größte Problem. Bei einigen Lagen hat der Pilz schon zum Totalverlust geführt. 2024 wird hier eine extrem kleine Ernte. Die Kombination aus verwahrlosten Reben in der Nachbarschaft mit Regen-Übermengen bis in den Juli hinein, war mit meinem Pflanzenschutzkonzept nicht zu bewerkstelligen. Da in den kommenden Jahren aufgrund der wirtschaftlichen Situation weiterhin mit verwahrlosten Reben zu rechnen ist, muss ich mir grundlegende Gedanken machen.
Bußgelder für das Unterlassen einer fristgerechten und ordentlichen Rodung werden zwar angedroht, bisher habe ich jedoch noch nicht mitbekommen, dass irgendwo welcher verhängt wurden. Von einigen Betrieben die ihre Flächen verwahrlosen lassen weiß ich, dass sie sich in Gläuberschutzverfahren und Zwangsvollstreckungssituationen befinden. Da wäre ein Bußgeld auch keine Hilfe - wird also auch nicht viel an der Situation ändern.
Seit vier Wochen haben wir nun Trockenheit mit Hitzeschüben – heute bis 40 °C. Das stresst die Vegetation sehr. Auf Böden mit geringer Drainage kam es während der extremen Nässe zu Anfang der Vegetationsperiode wahrscheinlich zu Wurzelschäden. Der abrupte Umschwung von nass auf trocken wird es den Reben schwierig machen sich anzupassen. Die Qualität des 2024es wird insbesondere durch das Terroir bestimmt werden.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
Herzlichen Dank, Stefan, für die ausführliche Wasserstandsmeldung aus dem Médoc. Nach dem, was du schreibst, scheint 2024 insgesamt ein noch schwierigeres Jahr als 2023 zu werden. Verbunden mit der von dir beschriebenen Situation von aufgegebenen Rebparzellen stellen die Wetterkapriolen und -extreme mit Wechseln von nass zu trocken und (vielleicht) wieder umgekehrt an euch Winzer gewaltige Anforderungen, die selbst das in den letzten Jahren Gehabte in den Schatten stellen. Reben, aber auch Böden scheinen sich in einem Dauerstress zu befinden. Nur zu nachvollziehbar, dass da einige deiner Kollegen offenbar aufgeben, was die Situation - wie du schilderst - noch weiter erschwert.
Ich wünsche dir da viel Ausdauer und viel Mut - und natürlich Kunden, die deine Arbeit honorieren!
Gruß
Jean
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maha
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Re: MEDOC 2024

Beitrag von maha »

Hallo Stefan.

Vielen Dank für die Zeit die du dir letzte Woche für uns für die Verkostung und deine Erläuterungen genommen hast. Es war sehr erhellend und doch auch etwas bedrückend.
Ich drücke euch ganz fest die Daumen dass es bald wieder bergauf geht.
Ich werde deine Weine jedenfalls weiter kaufen, und unsere Freunde hast du auch als Kunden neu dazu gewonnen. Ist nicht viel, aber besser als nichts.

Liebe Grüße
Marko
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small talk
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Re: MEDOC 2024

Beitrag von small talk »

Hallo Marko,
bei Eurem Besuch habe ich Euch hoffentlich nicht zu viel zugemutet. Ich will hier nun mal keine Freizeitpark-/ oder Clown-Show abziehen und bleibe authentisch. Wir sind nun mal einer komplexen mehrfach Krise, da macht ‚Friede Freude Eierkuchen‘- blabla keinen Sinn. Eben rief ein Kollege an der ziemlich verzweifelt ist, da konnte ich auch nur Mut zusprechen.
Keiner weiß genau wie lange das noch gehen soll und was noch kommen wird. Aber eines ist klar auch diese Krisen sind irgendwann mal durchgestanden. Also verlieren wir mal nicht den Mut und tun alles um für die Zeit danach gut aufgestellt zu sein.
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
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maha
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Re: MEDOC 2024

Beitrag von maha »

Hallo Stefan,

Alles gut! Mir ist Authentizität wichtiger als wenn mir einer das blaue vom Himmel runter lügt. Und die Wahrheit ist halt manchmal unbequem.
Ich finds halt nur etwas "ungerecht" wenn Güter wie ihr sie Suppe auslöffeln müsst, die ihr euch gar nicht eingebrockt habt. Die "kleinen" sind kalt jetzt die leid tragenden die den Bettel hinschmeißen müssen. Die 1er Crus werden sich evtl etwas schütteln, und weiter geht's.

Meine Daumen sind weiterhin gedrückt.

Gruß Marko
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Dominik Mueller
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Re: MEDOC 2024

Beitrag von Dominik Mueller »

Danke an alle für die interessanten Eindrücke!
maha hat geschrieben: Mo 12. Aug 2024, 19:01Ich finds halt nur etwas "ungerecht" wenn Güter wie ihr sie Suppe auslöffeln müsst, die ihr euch gar nicht eingebrockt habt.
Könntest du das präzisieren? Ich kann dem inhaltlich nicht ganz folgen, wahrscheinlich fehlen mir da Hintergrundinfos.
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maha
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Re: MEDOC 2024

Beitrag von maha »

Ich versuche es mal. Hier gibt es weit versiertere Bordeaux Experten, und ich möchte den Fred hier nicht kapern.
Die Preiskapriolen der letzten Jahrgänge muß ich ja nicht weiter erläutern. Es gab (ausgenommen 19) nur einen weg. Nach oben. Gefühlt haben wir in diesem Jahrhundert den 23. Jahrhundert Jahrgang. Jedes Jahr wird besser und teurer, es wird aber immer schwieriger die Mengen in den Markt zu bringen. Hierzu gibt es aber auch einen eigenen Faden.
23 war dann 30% günstiger als 22, mit dem Ergebnis: "Dann ist er bestimmt auch qualitativ schlecht". Absatz Märkte (wie zb China) gehen nach unten. Allgemeine Kosten Steigerungen machen auch den (zwischen)-Händlern zu schaffen. Auch die machen die Grätsche.
Die Betriebe mit einer weniger soliden Finanzdecke müssen aufgeben. Die großen können die Krise überstehen, viele kleine nicht.
Stefan hat jetzt zusätzlich das Problem dass die aufgegebenen Flächen die umliegenden "verseuchen", weil kein Geld für die Rodung mehr da ist.
Bitte korrigieren wenn ich zu viel Schmarn erzähle :-)
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small talk
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Re: MEDOC 2024

Beitrag von small talk »

Naja, ganz so einfach ist es auch wieder nicht.
Ein echtes Problem liegt darin, dass die ‚Klassifizierten Gewächse/GCC‘ das Image von Bordeaux zu sehr bestimmen und Andere kaum wahrgenommen werden, auch wenn sie qualitativ mithalten können. Das muss von den GCC nicht einmal beabsichtigt sein. Auch die Vereinfachung (oft auch Unfähigkeit) beim Abnehmer tut in diesem Sinne ihr übriges. Wenn die Wertigkeit eines Weines, die sich auch in der Preisgestaltung widerspiegelt, sich von seiner Qualität entfernt und mitunter nichts mehr damit zu tun hat, wird es kompliziert…
Ansonsten machen viele GCC einen richtig guten Job und ziehen auch Weininteressenten in die Region. Das machen die auch schon sehr lange und einige auf kontinuierlich hohem Niveau. All das hat durchaus seinen Wert und es ist gerechtfertigt, dass sich das im Preis widerspiegelt.
Wie sich diese Preiskapriolen entwickeln konnten, war für mich schon lange nicht mehr nachvollziehbar. Aber das sollen die Marktteilnehmer unter sich ausmachen. Ich konnte da oft nur noch staunen.
Was nun klar zu erkennen ist; dass sich einige Abnehmer abwenden und darunter das nun Image der gesamten Bordeaux Region leidet. Dabei bestehen Absatzschwierigkeiten ebenso in anderen Weinregionen. Gerne wird dann natürlich über die überheblich teuren Weine des Bordelais hergezogen, was auch niemanden hilft.
Auch um da eine klare Trennlinie zu ziehen, habe ich seit Anfang 2022 unsere Preise nicht verändert – trotz dramatisch gestiegener Kosten. Mir war klar, dass der Markt in dieser Konstellation irgendwann Risse bekommt (Inflation/Kaufkraft). Schon vor einem Jahr wurde mir von Handelspartnern berichtet, dass aufgrund von Preissteigerungen einiger Weine diese nicht mehr verkäuflich sind. Insofern sehe ich mich in meiner Zurückhaltung soweit bestätigt. Abgesehen vom Négoce/Place Bordeaux läuft bei uns der Absatz weiter, wenn auch unregelmäßiger, aber er läuft. Was bei anderen los ist will ich gar nicht wissen.
Es ist allerdings auch absehbar, dass ich die Preise nicht mehr lange so einfrieren kann. Da hoffe ich auf eine Marktakzeptanz und allgemeine Markterholung, die irgendwann kommt. Es ist jedoch klar, dass der Markt nicht so zurück kommt wie er zuvor bestanden hat. Das wird anders und da sollte jeder drauf vorbereitet sein. Grundsätzlich sehe ich eine Differenzierung zwischen
- Massenweinen die mit industriellen Methoden produziert werden und Standards erfüllen
- handwerklichen Weinen von Familienbetrieben mit ihrem individuellen Stil und Genussdifferenzierung
- Luxus – Weinen markengeprägt (Etikett)
Der Abstand – auch preislich – zwischen den Kategorien wird sich bald herausbilden. Der ambitionierte Genießer wird schon fündig werden, weil er Kenntnis hat. Wer diese nicht hat muss halt tiefer in die Tasche greifen.
Bevor das hier wieder zu lang wird… Die Schwierigkeiten werden schon gemeistert werden. Bei alldem ist die größte Herausforderung der Klimawandel!
Beste Grüße aus Médoc
Stefan
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