Hallo Klaus,
vielen Dank für die wirklich spannende Probe und die angenehme Location. Ich kann mich da nur vollinhaltlich anschließen: Tony hat seinen Job wirklich gut gemacht, gutes und reichliches Essen sowie angenehme und ruhige Zimmer. Und daneben benommen haben wir uns ja auch nicht

, so dass wir ja mal wieder dort vorbei schauen könnten.
Als Italien-Laie fang ich einfach mal mit den Weinbeschreibungen an.
Außer Konkurrenz gab es zum Eintrinken einen durchaus ordentlichen Petit Chablis und den weißen Domaine de l'Horizon von Thomas Teibert, der in seiner alkoholleichten, flintigen Sponti-Art äusserst trinkig war.
Doch nun zu den eigentlichen Weinen des Giro d'Italia:
2006er Were Dreams, now it is just wine Chardonnay (Jermann)-Friaul-
mittleres reifes Goldgelb, deutlich gereifte Art, Hauch Oxidation,Karamell, füllig , Aprikose und Zitrus, mächtiger Körper, Alkohol gebändigt durch eine relativ frische Säure, relativ viel Holz für relativ wenig Frucht, mittellanger bis langer, wuchtiger Abgang. Der Wein ist schon etwas über dem Höhepunkt und wäre vor 2-3 Jahren besser (aber auch teurer

) gewesen, ein gut gemachter, aber etwas seelenloser "Weltwein" ohne erkennbare Herkunft. Die Meinungen und Bepunktungen waren hier durchaus sehr unterschiedlich.
2009er Eisacktaler Sylvaner "R" (Köfererhof)-Südtirol-
in der Nase frisch geschnittenes Gras, etwas Apfel und Birne mit etwas Kräuter im Hintergrund,absolut trocken mit angenehmer Säure, gut eingebundener Alkohol, die wie beim Vorgänger ebenfalls vorhandenen 13,5 Vol % sind weit weniger spürbar, mittelgewichtig, eher straffer und sehniger Körper,dezent gerbige Mineralität, leider nur relativ kurzer Abgang. Ein sehr angenehmer trinkiger Silvaner, der aber gegen sehr gute fränkische Silvaner nicht den Hauch einer Chance hätte.
Nach einem kirschig-knackig-trockenem Lambrusco (Tenute Assolo Reggiano DOC) war dann der Zeitpunkt für die Roten des Giro d'Italia gekommen:
1990er Rubesco Vigna Monticchio Torgiano Rosso Riserva (Lungarotti)-Umbrien-
gereifte Farbe mit ziegelroten Tönen, feine und komplexe "Altweinnase"! mit Tabak Leder und pfeffrigen Noten, kühle elgante Stilistik, auf der Zunge dank frischer Säure schlanke, aber nicht magere Stilistik, deutliche reife Sekundäraromen, mürbe Dunkelfrucht, erinnert frappierend an einen in Ehren gereiften Bordeaux,der Wein verabschiedet sich etwas abrupt, kommt aber mit langer Rückaromatik wieder. Sehr schöner Altwein, der schon ein klein wenig über dem Höhepunkt hinaus ist, sich aber noch bestens präsentiert.
----- L'Insieme Selezione Fattorie Decennale (Diverse Erzeuger, Jahrgänge und Herkünfte)
Ein Verschnitt verschiedener Jahrgänge und diverser Weine von unterschiedlichen Winzern und Herkünften, quasi eine gesamtitalienische Cuvee.
zunächst ein Hauch Oxidation, der aber sehr schnell verschwand, kräftige, jugendliche Farbe, reife Kirschfrucht mit etwas Bittermandel in der Nase, noch leicht eckiges Tannin, kraftvoller Körper, sehr fleischig, wärmender Alkohol, aber nicht alkoholisch dank strukturierender Säure, bleibt gut am Gaumen haften, noch sehr jugendlich mit Potenzial (aus der Magnum).
Sehr gelungene Cuvee mit deutlich italienischer Seele.
2000er Ornellaia (Antinori)-Toskana-
aüsserst jugendliche Farbe, kräftiges Rubinrot, eine pralle Ladung Herzkirschen in der Nase, etwas Bittermandel, Holz im Hintergrund, kraftvoller Eindruck, auf der Zunge ein richtiger Powerwein, viel Tannin, aber sehr feinkörnig, gute Säure, mächtiger Körper, leider auch fast etwas brandiger Alkohol (14,5 Vol%), langer Abgang.
Ein etwas monolithischer, aber fein gearbeiteter Monsterwein, bei dem etwas weniger deutlich mehr gewesen wäre. Für mich ist es sehr fraglich, ob sich der massive Alkohol noch einbinden wird. Nach dem Aufdecken war ich doch etwas erschrocken. Ich habe schon den einen oder anderen Ornellaia aus den 90er Jahren getrunken (den 95er mehrmals) und hätte den Wein niemals wiedererkannt. Hat hier ein Stilwandel, weg von der Eleganz und Finesse, zu purer Opulenz und Power stattgefunden ? Sicherlich ein guter Wein, aber viel Trinkfluss und Trinkspass kommt hier bei mir nicht auf.
1995er Mille e una Notte (Donnafugata)
sehr feine, optimal gereifte Nase,Leder, Tabak und reife dunkle Früchte,elegant und finessenreich, frische Säure, weitgehend abgeschmolzenes Tannin, Herzkirsche mit deutlich Himbeere und Cassis, wirkt etwas burgundisch und gar nicht nach südlicher Herkunft, langer filigraner Abgang.
Eine echte Überraschung und ein Klasse-Wein. Der beste Mille e una Notte, den ich bisher im Glas hatte.
Ausser Konkurrenz kamen dann als Zwischengang 2 Rote:
2004er Veneroso IGT Toscana (Tenuta di Ghizzano)-Toskana-
leider korkbeeinflusst, ansonsten ein typischer 3-Gläser-Gambero-Rosso-Wein: perfekt gearbeitet, mit 30% Cabernet Sauvignon aufgemotzter Sangiovese, konzentriert, aber etwas austauschbar.
und als einziger Pirat:
2005er Negramoll Crianza LA Palma DOC (Llanovid, La Palma)-Spanien-
witzige, frucht-cassis-betonte Nase mit etwas Himbeeren, gute Säure, eher mittelgewichtig, sehr trinkig, mittellanger Abgang. Ein Charakterkopf.
Fortsetzung folgt !
Grüsse
Bodo