UlliB hat geschrieben:
soviel zur schönen Theorie. Und jetzt zur schnöden Praxis: nenne mir ein Gebiet und eine Lage, wo genau das der Fall ist.
UlliB hat geschrieben:
Eine Lagencharakteristik (deren Existenz ich übrigens keineswegs bestreite) hat für den Weintrinker als Qualitätsmerkmal nur dann einen Wert, wenn sie für ihn unmittelbar erkennbar ist. Und an dieser unmittelbaren Erkennbarkeit habe ich in der Verkostungsrealität ganz erhebliche Zweifel.
Hallo Ulli,
ich teile Deine Zweifel vollkommen und bin Deiner Meinung, daß in der Realität mangels eindeutiger Erkennbarkeit der Terroirbegriff keinen echten Gehalt hat. Mir ging es genau um das, was Du formuliert hast - Grundelemente einer Theorie, daher hatte ich ja auch darüber geschrieben "was eigentlich gegeben sein müsste, um diesem Begriff etwas mehr Gehalt zu geben". (Ich war allerdings zugegebenermaßen in der Folge sprachlich unsauber, da ich nicht mehr im Konjunktiv weitergeschrieben habe.) Mein Ziel war eigentlich, im ersten Schritt mal herauszukitzeln, ob wir denn hier in dieser Diskutantenrunde überhaupt mal
in der Theorie ein halbwegs einheitliches Begriffsverständnis haben (da ich schon an dieser Stelle Zweifel habe). Bei der Relevanz in der Praxis war ich geistig noch nicht mal.
Mal angenommen, wir wären uns in der Theorie einig geworden, könnte man dann im zweiten Schritt fragen, woran es denn liegt, daß es in der Praxis so schlecht funktioniert. Die aus meiner Sicht wesentlichen Antwortbausteine wurden hier bereits genannt - die Unzulänglichkeit fast aller Verkoster (die kann man nicht beklagen, denn die ist zu großen Teilen von der Biologie vorgegeben) und die Heterogenität der "Betriebsstilistik" verschiedener Weingüter bzg. der Interpretationen der Lageneigenschaften.
Und im dritten Schritt könnte man dann fragen, ob man das Fehlen von Terroir bzw. gehaltvoller Terroirwahrnehmung in der Praxis überhaupt beklagen sollte. Denn wenn man dem oben skizzierten Verständnis von Terroir folgt, dann erfordert dieses als notwendige Bedingung seiner Existenz eine recht ausgeprägte Homogenisierung der Weinstile/Lageninterpretationen über die Erzeuger hinweg. Und ob das wirklich erstrebenswert ist, möchte ich doch mal stark in Frage stellen.
Langer Rede kurzer Sinn: Terroir braucht kein Mensch.

(Naja, jedenfalls ich nicht.)
Aber um zu dieser simplen Einsicht zu kommen und die auch selbst zu glauben, braucht ein konfuser Kopf wie ich schon erstmal eine mehrstufige theoretische Abhandlung... das kommt halt davon, wenn man Web 2.0-mäßig erst beim Schreiben live mitdenkt oder andersherum...
Fertich. Gruss. Jürgen.
PS@Aloys: Lustig, daß Du gerade Breuer/Leitz als Beispiel erwähnst. Das einzige Beispiel (unter viel mehr Gegenbeispielen), wo das Wiedererkennen der Lage mal halbwegs funktioniert hat, war ein Abend mit Freunden, wo wir von Breuer Schlossberg und Nonnenberg, von Leitz Schlossberg und Rottland, und von Kesseler Schlossberg und Roseneck hatten. Da war (non-blind) die Ähnlichkeit der drei Schlossberge schon mindestens genauso ausgeprägt wie die Ähnlichkeit zwischen den beiden Weinen der jeweiligen Güter. In solchen, stark eingeschränkten (nur ein Jahrgang, nur Rheingau, bekannte Winzer und bekannte zweite Lagen) Konstellationen kriegt man es vielleicht mal in lichten Momenten hin. Sobald man ein oder zwei dieser Dimensionen öffnet, ist es aus mit der Herrlichkeit...