Hermann Ludes

Michl
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Re: Hermann Ludes

Beitrag von Michl »

Ollie, danke für deine ehrlichen Worte, aber meine Güte...
Ollie hat geschrieben:Nur darf man dabei nie vergessen, dass es uns um uns selbst geht. Und nicht etwa um Austausch der eigentlichen Information. Es geht nicht um den Wein, sondern darum, wie ich ihn sehe. Dabei nehme ich nicht nur billigend in Kauf, von anderen nicht verstanden zu werden, ich werte es sogar als persönlichen Angriff, wenn ich hinterfragt werde. Das ist einfach nur eine Ausprägung von Individualismus, nichts weiter.
Ernsthaft? Hier geht es nur um Egozentrik? Und bei Einwänden und Zweifel gehst du in den Kampfmodus?

We
Ollie hat geschrieben:Ja, ich lüge mich auch gerne an. :mrgreen:
Wenn alle hier so denken, dann bin ich der Erste, der sich hier verabschiedet... Aber ich hoffe zumindest, dass dem nicht so ist...
Viele Grüße

Michl
Kle
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Re: Hermann Ludes

Beitrag von Kle »

amateur des vins hat geschrieben:
Kle hat geschrieben:Hinsichtlich "schlanker Säure" versuche ich nicht, mir eine schlanke Säure vorzustellen, bzw. was eine Säure schlank macht, sondern lasse beide Worte im Zusammenhang auf mich wirken. Dann entsteht beim Lesen ein Geschmackseindruck.
Aber ist das Risiko einer Fehlinterpretation nicht wesentlich größer, wenn ausschließlich diese unterbewußte Ebene angesprochen wird? Wird es nicht maßgeblich reduziert, wenn weitere Informationen verfügbar gemacht werden, z.B. durch Umschreibung - insbesondere, wenn signalisiert wird, daß der geneigte Leser an der "holistischen Erfassung" scheitert?

Wenn ich daran interessiert bin, verstanden zu werden, bemühe ich mich, das zu Transportierende so aufzubereiten, daß dem Empfänger das Verstehen erleichtert wird. Diese Implikation läßt sich auch logisch umkehren.
Karsten, Du hast vollkommen recht, es geht bloß nicht immer. Manchmal machen zusätzliche Beschreibungen alles kaputt, bzw. sorgen erst recht für Verwirrung. Nun hat aber das, was Du „unterbewusst“ nennst auch eine Art Objektivität. .. es könnte ein universitärer Fachbereich gegründet werden, der metaphernreich die Metaphern der Weinsprache ergründet… Ausgangspunkt für meinen Einwurf war jedenfalls deine recht sachlich-physikalische Umschreibung von „schlank“, die VKNs als Nachdichtungen von Trinkerlebnissen auszuklammern schien.
Das Schema der Wirklichkeit ist das Dasein in einer bestimmten Zeit
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Ollie
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Re: Hermann Ludes

Beitrag von Ollie »

Michl,

das Konzept des "Geltungskonsums" ist ja nun wahrlich nicht neu. Insofern kann es dich schwerlich überraschen, daß auch (bzw. ausgerechnet) wir "echten Kenner" nicht gefeit sind davor - natürlich unter dem Deckmantel des Strebens nach dem Wahren, Schönen, "dem ehrlichen Genuss" usw., und wir haben uns viele (viele!) Narrative zurechtgelegt, um uns vor uns selbst rechtfertigen zu können.

Aber vielleicht bin ich ja auch zu selbstkritisch. Insofern: meine Güte in der Tat! :mrgreen:

Cheers,
Ollie
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Kle
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Re: Hermann Ludes

Beitrag von Kle »

... ganz so pessimistisch bin ich nicht, denn habe gemerkt, dass manche Weine die Seele edler machen und der Schreibimpuls ohne eitle Nebengedanken erfolgt im Drang, das schöne Erlebnis mitzuteilen. Ich habe die Gefühlsaufwallung gesiebt und kein schmutziges Körnchen gefunden.
Darauf einen Ludes!

...was....? keiner da?!
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Michl
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Re: Hermann Ludes

Beitrag von Michl »

Heute habe ich meinen ersten Wein von Hermann Ludes im Glas und ich habe mir gleich etwas Besonderes gegönnt. Ohne langen Vorspann: Der Wein ist der beste restsüße Wein, den ich je im Glas hatte.

Bild

Extrem eindrucksvoll, welchen Druck und welche Länge dieser Wein im Mund aufbaut. Seltsam nur, dass die Nase da nicht ganz mithalten kann. Auch dieser Wein zeigt, wie unsinnig der Schwanengesang auf 2010 war (hier hätte sogar noch mehr Säure sein dürfen) und wie gut ein Schrauber einem Wein tut. Der Wein verrät kaum sein Alter.
Viele Grüße

Michl
Michl
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Re: Hermann Ludes

Beitrag von Michl »

Jetzt hatte ich zwei feinherbe Rieslinge des Weinguts aus 2019 im Glas:

Bild

Bild

Beide Weine rechtfertigen ihren Preis voll und ganz und sind abolut gebietstypisch. Aber ich hatte andere Erwartungen. Ich suchte restsüße Rieslinge, die durch eine wirklich straffe Säure sensorisch recht trocken wirken (idealtypisch hat das bspw. das Weingut Klosterhof schon geschafft) oder durch hohe Säurewerte wirklich fordern werden. Aber das ist hier mitnichten der Fall. Mit Falkenstein oder gar Stefan Müller haben die Weine stilistisch für mein Empfinden nun wirklich gar nichts gemein. Es sind eher prototypische Vertreter eines gelungenen leichtfüßigen Moselstils, der abgesehen von Spotangärungsaromen, die im Falle des "Gackes untern" schon heftig sind, nirgends anecken oder sonderlich herausfordern.
Viele Grüße

Michl
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Re: Hermann Ludes

Beitrag von Michl »

Der formell einfachste Wein aus meiner Bestellung überzeugt mich stilistisch tatsächlich am meisten. Das kommt meiner Hoffnung auf säurestarke restsüße Rieslinge ziemlich nahe, der Restzucker schmeckt aber für mich noch etwas zu sehr hervor.

Bild
Viele Grüße

Michl
Nora
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Re: Hermann Ludes

Beitrag von Nora »

Vor ca. 4 Jahren habe ich eine Auswahl von Weinen direkt beim Weingut Ludes bestellt, diverse Jahrgänge ab 1994, diverse Qualitätsstufen und Lagen und mich dann durch das Sortiment verkostet.

Die

Thörnicher Ritsch Riesling Spätlese 2004

gefiel mir besonders gut und ich habe einige Flaschen nachbestellt. Heute habe ich nun meine 2. Flasche geöffnet (Schraubverschluss) und ich muss sagen, ich bin begeistert.

Farblich zeigt sich der Wein in einem hellen Zitronengelb.

In der Nase dann grüner Apfel, etwas Ananas und eine deutliche kalkige Mineralität. Altersnoten nehme ich keine wahr.

Am Gaumen geht mächtig die Post ab, zunächst hat der Wein viel Schmelz und Tiefe mit hellen Früchten und Zitronenzesten, auch hier zeigt sich der grüne Apfel mit einem Hauch von Ananas und Honig. Die wahrnehmbare, für eine Spätlese dezente und hervorragend eingebundene Restsüße wechselt sich ständig ab mit einer starken mineralischen Ader und einer äußerst lebendigen, delikaten Säure. Herrliches Süße-Säure-Spiel! Langer Abgang.

Der Wein wirkt noch völlig jugendlich und scheint fast alterslos. Ein hervorragender Wein und mit 12 Euro auch ein hervorragendes PLV.

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Re: Hermann Ludes

Beitrag von Nora »

Thörnicher Ritsch Riesling Kabinett 2017

Schraubverschluss

In der Nase kalkig; weiße Blüten; Rosmarin und Salbei

Am Gaumen schlank und filigran; etwas herausstechender Restzucker; animierende, rassige Säure

Sehr jung, schön, muss sich aber noch finden; die nächste Flasche in 2 Jahren

Für 11,50 Euro gut.

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Re: Hermann Ludes

Beitrag von Nora »

Hermann Ludes, Trittenheimer Apotheke Riesling Kabinett halbtrocken 2014 (Schraubverschluss)

Schöne Nase mit nur noch einem Hauch von Spontangärungsnoten; dahinter helle Blüten, gelbes Steinobst, Zitrusnoten und eine sehr deutliche Schiefermineralität

Am Gaumen nicht sehr komplex, der Wein besticht eher durch seine Leichtigkeit, Lebendigkeit, Frische und Mineralität; hier gibt es lediglich dezente florale Noten; etwas Steinobst und Zitrone; dabei ist alles sehr zurückhaltend; auch die kräuterigen, minzigen Anklänge sind diskret; der sensorisch niedrige Restzucker wird von einer messerscharfen Säure sofort abgefangen. Der Wein gewinnt mit Luft an Tiefe!

Bei 25 Grad auf der Terrasse ein überaus passender, schlanker, animierender und erfrischender Wein, der immer noch völlig jugendlich wirkt. Für damals 8,50 Euro ein wahres Preis-Leistungswunder. Leider war das meine letzte Flasche.

VG, Nora
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