Hallo Zusammen,
hier möchte ich von einer Probe berichten, bei der wir gereifte Barolo, Barbaresco, einen Barbera und zwei Piraten verkosteten. Die Weine wurden in relativ schlanke Karaffen dekantiert und sofort serviert. Die Probe fand blind statt. Hier meine Kurznotizen zu den Weinen in der angestellten Reihenfolge:
1. 1967 Barolo Riserva, Terre del Barolo
oxidativ, Madeira, nasses Herbstlaub, durchaus gebietstypisch. Am Gaumen dominante Säure, fast säuerlich.
Für meine Begriffe knapp hinüber. Keine Bewertung
2. 1969 Barolo, Pio Cesare
leicht gebrannte Nase, karamelig, Leder, durchaus noch ein wenig Frucht. Ausdruckstark und fast komplex.
Am Gaumen schön im Lot, überreife Pflaumen, noch vital, intensiv im Abgang.
War für mich mit Genuß zu trinken. 17 P.
3. Pirat: 1934 Nuits-St.-Georges, Clerget
für mich ziemlich hinüber. Keine weitere Notizen gemacht. Keine Bewertung
4. 1985 Barolo Riserva, Cavallotto
in der Nase schön karamelig und angenehm röstig. Am Gaumen frisch, junge Pflaumen, Leder, gute präsente Säure, sehr stabil und angenehmer Trinkfluss, gute Länge. 16,5 - 17 P.
5. 1974 Barbaresco, Castello di Neive
in der Nase zuerst etwas oxidativ und diffus, fast zerbrechlich, danach fängt sich der Wein und entwickelt eine feine malzige Süße, wird komplexer. Am Gaumen delikate Süße, Herbstlaub, feine Säure, gute Balance, gute Länge, für mich sehr gebietstypisch. 17-17,5 P.
6. 1979 Barolo, Cavallotto
in der Nase leichter Gummiton, Todessüße. Am Gaumen setzt sich der Eindruck fort, für mich zu spitze Säure, aber die reife Süße gleicht ein wenig aus, mittellang. Knapp 16 P.
7. 1965 Barolo Riserva, Borgogno
interessante Nase von Stallaromen, Pferdesattel, pfeffrig. Am Gaumen wieder ein leichtes Pfefferle gepaart mit delikater Süße, mittlere Länge, angenehm zu trinken. 16,5 P.
8. 1968 Barolo, Marchesi di Barolo
wilde Aromen, diffus, schwer zu beschreiben. Am Gaumen dann süß mit roter Strauchfrucht, etwas alkoholisch, Tannine noch wahrnehmbar (leicht pelzig). Mittellang bis lang. 16 - 16,5 P.
9. 1962 Barolo, Fratelli Barale
Met, stark likörartig, etwas nussig. Am Gaumen zunächst leer und ohne Struktur, danach entwickelt er diese etwas und kann durchaus als lang bezeichnet werden. Keine Bewertung.
10. 1964 Barolo Riserva Speciale, Minuto
in der Nase medizinale Aromen, stark überreif. Am Gaumen süß-saftig, leicht metallisch, ungewöhnlich und durchaus interessant. 16 - 16,5 P.
11. 1968 Barbaresco, Marchesi di Barolo
altes Holz, leichter Korkton, süßlich, etwas schweißig. Am Gaumen ledrig, etwas Malz, mittellang. 16 P.
12. 1970 Barolo, Oddero
Nase würzig, animalisch, Hustensaft. Die unangenehmen Aromen legen sich etwas. Ich empfinde den Wein durchaus komplex im Duft. Am Gaumen schöne Balance, delikat. 16,5 P.
13. 1971 Barbaresco, Forville
interessante Nase, erinnert mich ein wenig an einen PN aus Burgund, Erdbeere. Am Gaumen wiederrum Erdbeere, Himbeere, kräftige Säure. 16 - 16,5 P.
14. Pirat: 1990 Brunello di Montalcino, Col d´Orcia
etwas verbrannter Gummi, reduktiv. Am Gaumen deutlich offener und angenehmer: junge Frucht, sehr tanninbeladen, kräftige Säure, braucht noch Zeit.
Ich war erstaunt, dass es sich um einen 23-jährigen Wein handelte. Wahrscheinlich empfand ich ihn auch nur deshalb so jung, weil er zwischen all den Altweinen serviert wurde. 17+ P.
15. 1970 Barbaresco, Forville
In der Nase Leder, komplex, wie der 1971 auch etwas burgundisch. Gaumen: schöne Würze, viel Ausdruck und sehr harmonisch. 17,5 P.
16. 1989 Barbera d´Alba, Sandrone
keine Notizen gemacht, aber der Wein hat sich gut gehalten. Wir haben nicht schlecht gestaunt, dass vor uns ein 24 Jahre alter Barbera lag. 16 P.
17. 1954 Barolo, Marchesi di Barolo
dieser Wein spaltete das Lager. Viele fanden ihn in der Nase so eklig, dass sie ihn erst gar nicht kosten wollten. Einige meinten auch Kork! Mir und meinem Zalto Burgunder-Glas gefiel er mit der Zeit immer besser. Zunächst schweißig, süßlich, aber mit der Zeit komplexer werdend. Am Gaumen würzig, durchaus noch fest, gute Säure, mittellang bis lang. Viele der Anwesenden werden bei meiner Bewertung den Kopf schütteln

17 P.
18. 1982 Barolo Bricco Boschis, Cavallotto
in der Nase finessenreich, etwas diffus, typische Nebbiolo-Nase. Am Gaumen komplex, etwas alkoholisch, deutliche Säure, sehr intensiv und lang. Hält sein Niveau bestimmt noch einige Zeit. 17,5 - 18 P.
Die Probe hat mir gezeigt, dass sich die Weine trotz deutlichem Altersunterschied zeitlich nur schwer einordnen ließen. Meines Erachtens hatten wir keinen eindeutigen korkigen Wein dabei. Weiter habe ich festgestellt, dass ich von deutlich gereiften Barbaresco sehr angetan sein kann, für mich hatten diese Weine etwas burgundisches. Das zwischendurch servierte Hüftsteak harmonierte sehr gut mit den Weinen. Mein Dank gilt Frank, der die Weine zusammengetragen hat und die Probe wie immer hervorragend organisierte.