Re: J.J. Prüm
Verfasst: Mo 2. Sep 2024, 20:06
Es scheint mir an der Zeit, mal wieder einzuwerfen, daß "Sponti(sic!)noten" eine Urban Legend sind. 
nach meiner Erinnerung hat aber niemand sonst den Böckser-Verdacht gehabt. Ich habe leider so gut wie keine Erfahrung mit JJ.Prüm, trotz guter Vorsätze, da das Gut allseits überschwänglich gelobt wurde. Mit klassischen Riesling-Stinkern habe ich aber nie Probleme gehabt und empfand sie eher als Gütezeichen. Im oben von mir erwähnten Beispiel glaubte ich, es müsse sich wegen der besonderen Art und Hartnäckigkeit der Penetranz tatsächlich um einen Böckser handeln. Denn die „Stinker“ sind, wie soll ich sagen, noch irgendwie organisch mit dem Wein verbunden, ein Teil von ihm, und nicht wie ein rübergekipptes faules Ei. Nora hat ihr Erlebnis ja sofort anders eingeordnet.Bernd Schulz hat geschrieben: ↑Mo 2. Sep 2024, 19:25Verkoster, die häufig mit derartigen Spontinoten zu tun haben (an der Mosel ist Prüm ja bei weitem nicht der einzige Betrieb, der entsprechende Weine produziert), nehmen diese vermutlich als völlig normal wahr.Nora hat geschrieben: ↑Mo 2. Sep 2024, 09:52 Was mir dagegen nicht so klar ist, warum diese Spontinoten, gerade wenn sie so deutlich sind und den Wein beherrschen, von professionellen Weinkritikern so wenig an- und bemerkt werden. Bei Wine Enthusiast gibt es gar keine Erwähnung und Mosel Fine Wines spricht von einer leicht reduktiven, aber dennoch schönen rauchigen Nase; zumindest Anne Krebiehl von vinous erwähnt die rauchige, funky Reduktion, die aber die lebhaften Zitrusnoten, die durchbrechen, kaum trüben kann. Nun ja…
Ich erinnere mich noch gut an eine Verkostung, die anno 2005 in Hamburg stattgefunden hat (Kle war auch anwesend). Ich hatte ein Flasche Spätlese von Martin Müllen mitgebracht, und nach dem ersten Schnuppern rief einer (es war Michael Q.) sofort in die Runde: "Der hat einen Böckser!" Was jemand, der damals mit Moselrieslingen nicht so viel Erfahrung hatte, als fehlerhaften Böckser empfand, war für mich ein von exzellenten Möselchen bestens gewohnter Geruch - ich selber wäre im Vorfeld nicht auf die Idee gekommen, dass sich mancher daran stören könnte.....![]()
Oder anders gesagt: Der "dezente Stinker", den du als Problem empfindest, würde mich wahrscheinlich genauso wenig irritieren wie die Herren Fisch und Rayer.
Herzliche Grüße
Bernd
Dito. Probleme habe ich eher mit glattnasigen Reinzuchtis, aber ich fürchte, dass ich mich wiederhole....
Sehr gut formuliert: Die "Verbundenheit mit dem Wein" stellt sicher einen wesentlichen Faktor dar. Dennoch glaube ich, dass die Grenze dessen, was im Geruch als angenehm/spannend oder als störend empfunden wird, subjektiv fließend ist und oft mit Gewohnheit zu tun hat. Das, was der eine als reizerhöhend empfindet, ist für den anderen schon ein Weinfehler.Kle hat geschrieben: ↑Mo 2. Sep 2024, 20:14 Im oben von mir erwähnten Beispiel glaubte ich, es müsse sich wegen der besonderen Art und Hartnäckigkeit der Penetranz tatsächlich um einen Böckser handeln. Denn die „Stinker“ sind, wie soll ich sagen, noch irgendwie organisch mit dem Wein verbunden, ein Teil von ihm, und nicht wie ein rübergekipptes faules Ei.
Es handelt sich fraglos um einen Betrieb, der seit Jahrzehnten im M-S-R-Gebiet ganz weit oben mitspielt. Zum Glück habe ich vor längerer Zeit, als die Preise noch nicht so abgehoben waren (Fritz Haag ist im Vergleich deutlich günstiger geblieben!) eine Menge Spät- und Auslesen gekauft. Davon kann ich noch ein paar Jahre zehren, während die aktuellen Jahrgänge für mich schlicht und einfach zu teuer geworden sind.
Das sehe ich auch so Bernd, kein Widerspruch von mir.Bernd Schulz hat geschrieben: ↑Mo 2. Sep 2024, 20:37 Dennoch glaube ich, dass die Grenze dessen, was im Geruch als angenehm/spannend oder als störend empfunden wird, subjektiv fließend ist und oft mit Gewohnheit zu tun hat. Das, was der eine als reizerhöhend empfindet, ist für den anderen schon ein Weinfehler.
Herzliche Grüße
Bernd
Die zweite Flasche nach einem Jahr. Das zusätzliche Jahr Lagerung hat dem Wein eindeutig gut getan. Die Sponti-/Schwefelnoten waren noch vorhanden, aber viel subtiler. Der Wein ist jetzt wunderbar zu trinken und beeindruckt durch seine großartige Balance zwischen subtiler Frucht, tiefer Mineralität und schöner, lebhafter Säure. Alles sehr fein und delikat. Derzeit ist die Zeltinger Sonnenuhr Spätlese 21 auf Augenhöhe mit der Wehlener Sonnenuhr Spätlese 21. Für mich eine deutliche Vorwärtsbewegung.Nora hat geschrieben: ↑So 1. Sep 2024, 08:38 Auch die
Zeltinger Sonnenuhr Spätlese 2021
(A.P. Nr. # 11 22; 7,0% vol.)
hat 4 Tage Luft benötigt, damit sie für mich trinkbar wurde. Zwar war der „Prüm-Furz“ von Anfang an nur dezent, aber so beständig, dass ich in den ersten 3 Tagen kaum Freude mit dem Wein hatte.
Gestern nun hatte sich das ein wenig beruhigt. Dahinter versteckt sich eine sehr feine, filigrane Spätlese geprägt von zarten gelbfruchtigen Aromen, etwas Minze und Schiefer. Die leichte Cremigkeit und die lebendige 21er Säure harmonieren hervorragend. Die Süße ist derart gut eingebunden, dass der Wein eher halbtrocken wirkt.
Ich werde meine nächste Flasche erst in 3-5 Jahren öffnen, dann wird das sicherlich sehr schön.
VG, Nora