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Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Do 21. Apr 2011, 12:22
von harti
Hallo Martin,

voilà:

Phelan Ségur: Süßkirsche, etwas Marzipan, süß, rund, saftig, guter Druck, sehr reif, Karamell, nicht so mein Fall, 89-92 (1x verkostet auf der UGCB auf Ch. Branaire)

Les Ormes de Pez: Vanille, gute Adstringenz, viel Säure und Tannin, hat Kraft, Süßkirsche, spürbarer Alkohol, 92-94 (1x verkostet auf Lynch Bages)

Grüße

Hartmut

Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Do 21. Apr 2011, 12:30
von weinfex
harti hat geschrieben: Die Botschaft des Postings ist: Es gibt noch genug Mengen Bdx 2009 am Platz Bordeaux, die inzwischen wieder (annähernd) zum Preis der ersten Tranche erhältlich sind.
Grüße
Hartmut
Hallo Hartmut,

Fakt ist, in Bordeaux wird gerade massiv zurückgekauft was das
Zeug hält (lieferbare Jahrgänge), und das würden die Negociants wohl kaum machen, wenn
sie nicht meinten, sie könnten es auch wieder gewinnbringend
verkaufen.. :!: Wohin ist wohl selbsterklärend...

Nun ist ja 2009 noch nicht lieferbar und es sitzen vermutlich
wirklich höhere Kontigente wie in der Vergangenheit noch unverkauft bei den Negociants,
weil zum einen die "Neuen Märkte" noch nicht in dem Maße nennenswerten
subskripierten wie erhofft, und die USA im vergangenen Jahr ein Totalausfall war.
Ich sehe aber auch nicht wirklich das Problem, in einem halben Jahr werden sich
die Weine ebenso nach Asien verkaufen, wie alles andere im Moment...

Ich würde mich nicht wundern, wenn man im Bordeaux über die jetztige Zeit im Moment, von
den "goldenen Jahren" sprechen würde, dass meine ich ganz im Ernst, dort
herrscht im Moment soetwas wie eine "Goldgräberstimmung"...

Wenn es dieses Angebot wirklich gibt (und daran Zweifel ich nicht wirklich!),
Gil hatte schon in der Vergangenheit "marktabweichende Angebote" im Forum gepostet,
hat es definitiv mit einen anderen Grund wie die momentane Realität in Bordeaux zu tun...

Wir werden aber ja an der 2009 Arrivage sehen, ob die Preise einbrechen... ;)

Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Do 21. Apr 2011, 12:50
von Desmirail
weinfex hat geschrieben: Fakt ist, in Bordeaux wird gerade massiv zurückgekauft was das
Zeug hält (lieferbare Jahrgänge), und das würden die Negociants wohl kaum machen, wenn
sie nicht meinten, sie könnten es auch wieder gewinnbringend
verkaufen.. :!: Wohin ist wohl selbsterklärend...
Tja, aber genau das wissen sie eben nicht.

Auch die begnadeten Spekulanten, ob an der Börse, hier oder sonst wo können und werden es nicht wissen.

Wenn diese Händler wüssten was Sache ist, dann wären manche nicht 2008 pleite gegangen oder hätten sich finanzielle Stütze bei besonders Betuchten Banken leihen müssen.
Sonst wären 2008 nicht AIG nicht ins heftigste Straucheln oder Lehman Brothers oder Washington Mutual den Bach runter gegangen.

Es ist und bleibt ein Spekulationsgeschäft. Das sollte man nie vergessen!

Time will tell! :geek:


Es gibt, wie anderswo, immer Spekulanten die durch Wort und Rede in jeder Form und Vielfalt die Preise hoch oder runter treiben wollen. Je nach dem ob sie long oder short sind.
Damit meine ich hier niemanden, aber in der Internationalen Presse gibt es da schon eindeutige Interessengruppen!

Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Do 21. Apr 2011, 12:52
von BerlinKitchen
Für die freaks noch eine technische Analyse von Jean Michel Cazes/Ch. Lynch Bages.

http://www.farrvintners.com/downloads/vintage2010.pdf

Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Do 21. Apr 2011, 13:03
von weinfex
Desmirail hat geschrieben:
weinfex hat geschrieben: Fakt ist, in Bordeaux wird gerade massiv zurückgekauft was das
Zeug hält (lieferbare Jahrgänge), und das würden die Negociants wohl kaum machen, wenn
sie nicht meinten, sie könnten es auch wieder gewinnbringend
verkaufen.. :!: Wohin ist wohl selbsterklärend...
Tja, aber genau das wissen sie eben nicht.
Da behaupte ich das Gegenteil...

Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Do 21. Apr 2011, 13:05
von Desmirail
weinfex hat geschrieben:
Desmirail hat geschrieben:
weinfex hat geschrieben: Fakt ist, in Bordeaux wird gerade massiv zurückgekauft was das
Zeug hält (lieferbare Jahrgänge), und das würden die Negociants wohl kaum machen, wenn
sie nicht meinten, sie könnten es auch wieder gewinnbringend
verkaufen.. :!: Wohin ist wohl selbsterklärend...
Tja, aber genau das wissen sie eben nicht.
Da behaupte ich das Gegenteil...

Okay ;)

Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Do 21. Apr 2011, 14:29
von Desmirail

Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Do 21. Apr 2011, 23:59
von Bottlebinder
Hallo Octopussy,

deine umfangreiche Stellungnahme verdient eine kritische Auseinandersetzung:
octopussy hat geschrieben: ... Ich finde es nicht gut, wenn hier über die vermeintliche Kulturlosigkeit von Chinesen mit Cola-Clichées hergezogen wird. Ich kenne weder Land noch Leute auch nur annähernd, und die meisten anderen hier wahrscheinlich auch nicht (wobei ich darauf hoffen würde, dass mal jemand aus China berichtet, welchen Stellenwert Wein dort in welchen Schichten hat und was gerne wozu getrunken wird). Deswegen halte ich es nicht für richtig, sich ein Urteil anzumaßen, das man selbst nicht überprüft hat.
Mit "Hier" meinst Du sicher dieses Forum. Ich konnte dort nichts von Kulturlosigkeit lesen. Die Verlinkung zu Rene Gabriel erfolgte zwar "hier", aber er hat nicht im Forum Stellung bezogen. In diesem Forum habe ich nur wiederholt gelesen, dass einige Weinliebhaber, die früher mehr, besser und preiswerter subskribiert haben, sich über neureiche Asiaten ärgern, die ihnen diesen Spaß durch ihre Finanzkraft und ihr Interesse verderben. Eine solche Stellungnahme halte ich für legitim, auch wenn sie nichts ändert.

Wer in China in welchen Schichten was gerne trinkt, ist in der Tat eine Frage der Kultur, hat aber mit der Bordeaux-Problematik herzlich wenig zu tun. Auch in Deutschland kauft nur eine verschwindende Minderheit teure Bordeaux-Weine. Hier sei die Vermutung geäußert, dass dies allerdings in den meisten Fällen wegen der Vorliebe für den Genuss solcher Weine erfolgt. Für China liegt aufgrund der notwendig meist fehlenden Erfahrung mit diesen Weinen die Vermutung nahe, und wird durch alle zu hörenden Nachrichten bestärkt, dass es sich um eine Frage des Prestiges handelt, um den Erwerb von Luxusgütern und Statussymbolen. Eine solche Neigung ist weltweit zu verzeichnen. Allerdings darf meiner Meinung nach in solchen Fällen vermutet werden, dass damit tendenziell mit dem neuerworbenen Reichtum zu den Gleichgestellten in anderen Kulturen zunächst "aufgeschlossen" werden soll. Sicher werden aus solchen Käufern u.U. später Liebhaber "der Sache wegen". Sie sind es aber erstmal nicht. Dass dies einen echten Bordeaux-Liebhaber verärgern kann, der es sich nun nicht mehr leisten kann, Premiers oder Super-Seconds zu kaufen, kann ich wieder verstehen.
octopussy hat geschrieben: ... Letztlich kann es einem aber auch egal sein, warum Chinesen gerne Bordeaux kaufen und trinken. Fakt ist anscheinend, dass sie es gerne tun. Meine Vermutung ist, dass sie es aus dem gleichen Grund tun, aus dem Deutsche, Amerikaner und andere Weinfreunde gerne Bordeaux trinken:
Wegen der oben genannten Gründe trete ich Deiner Auffassung entgegen.
octopussy hat geschrieben: ... 1. er schmeckt (das ist das wichtigste!).
Ich will zwar nicht ausschließen, dass ein frisch gelieferter oder ein Jahr gelagerter Lafite gut schmeckt (ich durfte das leider noch nicht testen und würde es auch nicht tun, wenn ich den Wein gekauft hätte). Es dürfte aber Einigkeit darüber bestehen, dass erst ein trinkreifer Lafite ein Maximum seines Potentials entfaltet und die irren Preise annähernd rechtfertigen kann. Da die Chinesen nach den mir bekannten Äußerungen flächendeckend erst seit der Subs 2009 in Erscheinung getreten sind, können sich kaum bereits in der Breite Erfahrungen mit dem Geschmack von Bordeaux verbreitet haben. Wenn sich die ersten ungeduldigen Verkoster von frisch gelieferten oder in Verschlussphasen befindlichen Bordeaux enttäuscht Champagner oder Eierlikör zuwenden, klärt sich der Markt aus Geschmacksgründen wieder.
octopussy hat geschrieben: ... 2. es gibt so große Mengen davon, dass es sich nicht nur um Insiderweine handelt.
Dieser Aspekt nimmt bei MIllionnen chinesischer bordeauxsubskribierender Neureicher ab. Wer die wirklichen Insiderweine wie Ausone, Petrus oder Le Pin jetzt zu den bereits irren Preisen kauft, sollte aus dieser Sicht immer noch ein Schnäppchen machen.
octopussy hat geschrieben: ... 3. er hält lange, so dass man v.a. auch großes Potenzial kauft.
Ob man das schon weiss, wage ich zu bezweifeln. Die reichen Chinesen würden dann erstmal reife Bordeaux-Weine kaufen und nicht subskribieren oder wenigsten beides tun.
octopussy hat geschrieben: ... 4. das 1855er Klassifikations-System erlaubt eine Abstufung, jedenfalls nach "Premier Cru" und nach sonstigen "Cru Classés" bzw. nach "Grand Cru" und "Grand Cru Classé" bei St. Emillion, die das vermeintliche Prestige hervorhebt.
Bisher wurde publiziert, dass das alleinige Interesse der höchsten Klasse gilt. Die anderen sind aber auch teurer geworden.
octopussy hat geschrieben: ... 5. für wohl kaum eine Weinbauregion weltweit vergeben so viele Journalisten Punkte wie für Bordeaux-Weine. Auch dies lässt eine einfache Einordnung zu, z.B. nach >90 Punkte, > 95 Punkte, die magischen 100 Punkte, usw.
Das macht auch nichts besser. Wir wissen inzwischen, wie wertvoll ein Wein mit 93 oder mit 95 Punkten beim Genuss sein kann. Auch bei den Bewertungen wird aber wohl nur 98 bis 100 akzeptiert.
octopussy hat geschrieben: ... 6. es gibt das schöne Subskriptions-Spielchen, bei dem man nach den Kritikereinschätzungen Weine im unfertigen Zustand kauft in der großen Hoffnung, dass diese Weine zwei Jahre später nicht mehr gut verfügbar sind oder nur viel teurer.
Das haben die reichsten Neureichen der Neuen Welt doch wohl nicht nötig?
octopussy hat geschrieben: ... 7. die Punkte 2. und 3. erlauben es, sich Sammlungen zuzulegen, Vertikalen und Horizontalen zusammenzustellen und - wie es hier im Bordeaux Thread ja auch geschieht - über einzelne Weine zu reden. Ist Wein xy schon trinkreif? Wie verhält sich Jahrgang a zu Jahrgang b? Ist Wein x seine 95 Parker-Punkte wert, usw. Das geht nur, wenn der Wein für eine ausreichende Anzahl von Leuten verfügbar ist.
Da ist was dran. Aber erst wenn man mindestens zwei Jahrgänge im Keller hat, kann man mit solchen Spielchen beginnen.
octopussy hat geschrieben: ... 8. die Punkte 4. und 5. erlauben einen Vergleich auf der Basis von Einschätzungen und Klassifizierungen Dritter, der z.B. bei Loire-Weinen oder anderen viel schwerer möglich ist.
wie vorher.
octopussy hat geschrieben: ... Mich persönlich ärgert es eigentlich gar nicht, dass Bordeaux-Weine der höheren Klassen immer teurer werden. Erstens kriegt man für 10 bis 20 Euro weiterhin gute Bordeaux-Weine, die ihr Geld wert sind (nur braucht man die nun wirklich nicht subskribieren!). Zweitens gibt es an Rotweinen nun wirklich genügend Alternativen innerhalb und außerhalb Europas. Man muss nur geschmacklich offen sein und ein bisschen suchen.
Diese Stellungnahme kann nur bedeuten, dass Du auch ohne Chinesen keine "Bordeaux-Weine der höheren Klassen" gekauft hättest oder so reich bist, dass der Preis für Dich keine Rolle spielt. Im Übrigen hast Du doch gerade Gründe für den Kauf von Bordeaux aufgezählt, die Du nun ohne Not aufgibst. Ich möchte jedenfalls die genannten Vorzüge des Bordeaux weiterhin genießen und wenn ich daran durch eine Kombination sachfremder chinesischer Erwägungen und kulturloser Gier der Chateauisten gehindert werde, ärgert mich das. Das darf ich doch äußern in einem freien Forum und einer (vermeintlich) freiheitsverpflichteten Kultur?
octopussy hat geschrieben: ... Was ich nicht gut finde, ist, wenn so getan wird, als sei es das gottgegebene Recht der westlichen Welt, die Bordeaux Crus zu Preisen aus der Vergangenheit zu bekommen und zu trinken.
Was ich nicht gut finde, wenn man mit der Moralkeule Leute zum Schweigen bringen will, die ihre Meinung äußern.

Und noch was: soweit in Frankreich, GB oder Deutschland eine Bordeaux-Kultur betrieben wurde und wird, wie ich sie auch bei vielen Mitschreibern hier bemerke (z.B. beim wunderbaren Harti), dann halte ich das für etwas sehr Schönes und Erstrebenswertes. Es ist wie gesagt nicht ausgeschlossen, dass so etwas auch in China oder sonstwo entsteht, aber es ist ausgeschlossen, dass etwas Vergleichbares bereits besteht. Es ist mein Recht, zum Ausdruck zu bringen, dass ich es ärgerlich finde, wenn diese Kultur eingeschränkt oder sogar beendet wird aus aus meiner Sicht niedrigeren Gründen. Und wenn hier die Verfechter des freien Marktes meinen, wer den Preis zahlen kann, darf dann mit dem gekauften Gut machen, was er will, irrt, wenn es um kulturelle Güter geht, mit denen wir es hier zweifelsfrei zu tun haben. So darf man auch aus einem höheren als dem Marktgesetz nicht etwa die Mona Lisa kaufen und dann abfackeln oder etwa eine gute Coke verderben mit einem ungereiften Lafite.

Ich selbst wollte mit meiner früheren Stellungnahme übrigens nur aufmerksam machen auf den Widerspruch zwischen dem Run reicher Chinesen auf westliche Statussymbole und der Neigung auf die Darlegung westlicher Freiheitsvorstellungen zu reagieren mit kultureller Schwerhörigkeit und Hinweis auf kulturelle Andersartigkeit. Das kürzliche Verschwinden des Ai Wai Wai nach der Eröffnung der Ausstellung zur Aufklärung in Peking empfand ich als Verhöhnung westlicher Freiheitsvorstellungen. Da ein Mann wie Ai Wai Wai an der Ausreise gehindert wird, vermute ich, dass die kaufkräftigen Kreise, die sich eine Subskriptionsreise nach Bordeaux leisten können, keinen Anlass zur Verärgerung gesetzt haben und insoweit dem Westen nacheifern im Konsum, aber sonst offenbar nicht. Das kann übrigens daran liegen, dass sich aus dem Westen überwiegend leichtgläubige Marktromantiker in China rumtreiben, während kulturell Interessierte oder Kritiker entweder nicht reingelassen werden oder dort gar nicht erst hinwollen.

Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Fr 22. Apr 2011, 17:53
von Markus Vahlefeld
Hallo Bottlebinder,

ich gebe zu, dass ich da octopussys posting sehr gut verstehen kann. Heute sind es die Chinesen, gestern waren es die Russen, vorgestern die Japaner und davor waren es die Amerikaner. Und immer rümpfen wir im Alten Europa die Nase über die scheinbare Kulturlosigkeit der neuen Wettbewerber. Wenn man da mal nicht die Nachtigall trapsen hört. In der Psychologie nennt man das Projektion...

Ein klitzekleines Wort zu Kultur. Unsere Kultur ist geprägt von einem Individualanspruch. Wenn ich alleine vor dem Kamin einen grossen Bordeaux trinke und über Gott und die Welt philosophiere, sieht das verdammt nach Kultur aus. So etwas ist im asiatischen Raum eher ungewöhnlich und hat mit deren Verständnis von Kultur nichts zu tun (ich weiss, dass das jetzt eine Pauschalaussage über Asien ist, aber in dem Punkt ist sie sogar nicht ganz falsch). Dort ist Kultur sehr oft mit dem Kollektiv verbunden. Das verstehen wir Individualisten nicht. Kultur ist doch Geist. In Asien ist Kultur viel mehr Gemeinschaft. Und wenn die Chinesen nun sehr viele Bordeauxweine kaufen, weil es eben einen Haufen Hochzeiten und Geburtstage gibt, wo man grosse prestigeträchtige Geschenke macht, so ist das alles aber nicht kulturlos. Es ist ANDERS. Und die meisten Premiers, so wird gemunkelt, gehen in China bei Hochzeiten über den Jordan. Einmal im Leben schenkt man etwas, das richtig Ruhm und Ehre verspricht. Das hat auch viel weniger etwas mit Neureich zu tun, als vielmehr mit einer Geschenke- und Feierkultur. Wir machen eine Hochzeitsreise, die trinken eine Flasche Premier. Was jetzt kulturell wertvoller ist, ist eine reine Perspektivenfrage.

Und noch etwas zum chinesischen Popanz. Insgesamt verdienen in China nur etwas weniger als 10% (also um 100 Millionen Menschen) über $10.000/Jahr. Und nur diese Menschen können sich überhaupt einen europäischen Wein leisten. Damit ist die Kaufkraft der Chinesen ungefähr so stark wie die der Deutschen. Keine Frage: es ist ein wachsender Markt und 100 Millionen neue Kunden sind ein starkes Potential. Aber so, wie sich in den 60er Jahren viele über die Deutschen geärgert haben, die nun wieder zu Reichtum gekommen waren, so ärgern sich andere jetzt über die Chinesen. Ich finde, man sollte dringend die Steine in dem Glashaus lassen, in dem man sitzt.

Die Globalisierung schreitet voran und unsere Exportgesellschaft profitiert davon, dass andere Gesellschaften zu Wohlstand und Reichtum kommen. Nur über die Folgen für uns - erhöhte Nachfrage nach einem endlichen Produkt, nämlich Wein - lamentieren wir dann. Das ist menschlich verständlich, aber die Kulturkeule sollten wir nicht schwingen.

Re: BORDEAUX 2010 - erste Berichte von "Front"

Verfasst: Sa 23. Apr 2011, 11:24
von Mr. I
Mario Scheuermann hat mitlerweile einen Teil seiner Notizen draußen: http://degustation.de/Bordeaux2010/