Re: Bordeaux 1996
Verfasst: Sa 18. Jan 2014, 13:49
hallo,
gestern traf sich ein Dutzend Weinliebhaber, um zu sehen, wie sich derzeit die 1996er Bordeaux präsentieren. Wir hatten wie immer eine (teil-)blinde Verkostung, sprich die angestellten Weine waren bekannt, aber nicht deren Reihenfolge. Zwei Piraten wurden noch eingeschmuggelt. Hier meine Eindrücke:
1. La Dominique, St.Emilion
klassische Bdx-Nase, distinguiert, Graphit, feingewoben, gewisse Komplexität. Am Gaumen mittlerer Gripp, etwas alter Holzschrank, Mocca, langer Abgang. 17,5
2. die größte Enttäuschung des Abends: Lafite-Rothschild, Pauillac
leicht unsauberer Ton in der Nase (evtl. Kork, wurde aber nicht mehrheitlich bestätigt), deutlich Holz, pfeffrig. Am Gaumen recht straff, viel CS, noch zu jung.
Die Erwartungen an den Wein waren verständlicherweise hoch und man konnte auch erkennen, dass der Wein noch nicht voll trinkreif ist, aber mir fehlten einfach die Anhaltspunkte, um das Potential für einen großen Wein zu erkennen. Vielleicht wird man ja in etlichen Jahren eines besseren belehrt. Derzeit kann ich dem Wein jedenfalls nicht viel abgewinnen. 17+
3. Domaine de Solitude, Pessac-Leognan
leichte Kümmelnase, Gemüseton, etwas medizinal, am Gaumen besser als in der Nase:: leichtgewichtig, aber durchaus elegant, angenehme Kräuternoten, gute Länge. 16,5-17
4. Lagrange, St.Julien
etwas dumpfer Holzton, der mit der Zeit verfliegt. Am Gaumen eher leicht, bin irritiert wegen der unpräzisen Struktur. Mag mir nicht so recht gefallen, kommt aber mehrheitlich ganz gut weg. Bei der Nachverkostung deutlich besser. Bei mir unsichere 16,5 (?)
5. Pirat: 1996 Domaine de Villeneuve, Châteauneuf-du-Pape (VV)
leichter Essigstich in der Nase, am Gaumen noch knapp trinkbar, m.E. deutlich über Zenit. Keine Bewertung.
6. Palmer, Margaux
bester (Rot-)wein des Abends: verhaltenes, dunkles Bouquet, subtil, noch recht verschlossen, im Laufe des Abends leicht öffnend und zeigt dann erste Eleganz. Am Gaumen ebenfalls noch recht zu, Tannine deutlich präsent, aber von sehr hoher Güte. Klassischer Medoc. Braucht noch einige Jahre. 18+
7. Lynch Moussas, Pauillac
angenehm gereifte Bdx-Nase, noch leicht frische Aromen, dann aber auch etwas gemüsig. Am Gaume eher von der leichten Sorte, etwas CF bilde ich mir ein. Passabel und jetzt trinkreif. 16,5
8. Eglise-Clinet, Pomerol
sofort ins rechte Ufer verortet, deutlicher Merlot. Am Gaumen leider wenig Substanz und ziemlich mau. 16
9. Vieux Fortin, St.Emilion
recht viel Holz, schöne süße reife Frucht. Am Gaumen recht frisch, gute Säure, auch hier wieder reife Frucht und alles schön ausgewogen. Jetzt voll trinkreif. 17
10. Ducru-Beaucaillou, St. Julien
saubere und klare Nase, subtil mit leicht minzigem Einschlag. Am Gaumen gut balanciert, klare Struktur, schön gereift, aber für wahre Größe fehlts dann doch an Tiefe und Komplexität. 17
11. La Tour Carnet, Haut-Medoc
Überraschung des Abends! Viel Wein für recht wenig Geld. In der Nase animalisch und würzig (hat nicht jedem gleich gut gefallen). Am Gaumen tolle Säurestruktur, noch gut Gripp v. d. Tanninen. Auch hier bilde ich mir CF ein. Keine Eile angesagt, evtl. verbessert sich der Wein sogar noch. 17,5+
12. Lynch-Bages, Pauillac
klassischer Auftritt eines linksufrigen Bdx. Fein verwobenes Nasebild. Am Gaumen durchaus als komplex zu bezeichnen, sehr reife Tannine, etwas Kaffee, angenehm frisch/saftig. Lang. 17,5+
13. zweitgrößte Enttäuschung des Abends: Cheval Blanc, St.Emilion
in der Nase unsauber, am Gaumen unharmonisch, grünes Tannin, mit der Zeit charaktervoller. Der Wein lässt mich etwas ratlos zurück. . Wäre es nicht Cheval Blanc, würde ich den Wein abschreiben, aber so besteht die Hoffnung, dass der Wein eine unschöne Zwischenphase durchmachen könnte. Derzeit nur 16,5+
14. La Lagune, Haut-Medoc
leider Kork! Dahinter kann man aber einen schönen Bordeaux vermuten. Keine Bewertung
Fazit: Derzeit finde ich die 95er den 96ern überlegen, da klarer im Ausdruck und homogener in der Qualität. Ob mit dem Lafite alles in Ordnung war, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen, vielleicht braucht er aber einfach nur viel mehr Zeit. Cheval Blanc ebenfalls enttäuschend. Palmer hingegen wird sich bestimmt zu einem großen Wein entwickeln.
gestern traf sich ein Dutzend Weinliebhaber, um zu sehen, wie sich derzeit die 1996er Bordeaux präsentieren. Wir hatten wie immer eine (teil-)blinde Verkostung, sprich die angestellten Weine waren bekannt, aber nicht deren Reihenfolge. Zwei Piraten wurden noch eingeschmuggelt. Hier meine Eindrücke:
1. La Dominique, St.Emilion
klassische Bdx-Nase, distinguiert, Graphit, feingewoben, gewisse Komplexität. Am Gaumen mittlerer Gripp, etwas alter Holzschrank, Mocca, langer Abgang. 17,5
2. die größte Enttäuschung des Abends: Lafite-Rothschild, Pauillac
leicht unsauberer Ton in der Nase (evtl. Kork, wurde aber nicht mehrheitlich bestätigt), deutlich Holz, pfeffrig. Am Gaumen recht straff, viel CS, noch zu jung.
Die Erwartungen an den Wein waren verständlicherweise hoch und man konnte auch erkennen, dass der Wein noch nicht voll trinkreif ist, aber mir fehlten einfach die Anhaltspunkte, um das Potential für einen großen Wein zu erkennen. Vielleicht wird man ja in etlichen Jahren eines besseren belehrt. Derzeit kann ich dem Wein jedenfalls nicht viel abgewinnen. 17+
3. Domaine de Solitude, Pessac-Leognan
leichte Kümmelnase, Gemüseton, etwas medizinal, am Gaumen besser als in der Nase:: leichtgewichtig, aber durchaus elegant, angenehme Kräuternoten, gute Länge. 16,5-17
4. Lagrange, St.Julien
etwas dumpfer Holzton, der mit der Zeit verfliegt. Am Gaumen eher leicht, bin irritiert wegen der unpräzisen Struktur. Mag mir nicht so recht gefallen, kommt aber mehrheitlich ganz gut weg. Bei der Nachverkostung deutlich besser. Bei mir unsichere 16,5 (?)
5. Pirat: 1996 Domaine de Villeneuve, Châteauneuf-du-Pape (VV)
leichter Essigstich in der Nase, am Gaumen noch knapp trinkbar, m.E. deutlich über Zenit. Keine Bewertung.
6. Palmer, Margaux
bester (Rot-)wein des Abends: verhaltenes, dunkles Bouquet, subtil, noch recht verschlossen, im Laufe des Abends leicht öffnend und zeigt dann erste Eleganz. Am Gaumen ebenfalls noch recht zu, Tannine deutlich präsent, aber von sehr hoher Güte. Klassischer Medoc. Braucht noch einige Jahre. 18+
7. Lynch Moussas, Pauillac
angenehm gereifte Bdx-Nase, noch leicht frische Aromen, dann aber auch etwas gemüsig. Am Gaume eher von der leichten Sorte, etwas CF bilde ich mir ein. Passabel und jetzt trinkreif. 16,5
8. Eglise-Clinet, Pomerol
sofort ins rechte Ufer verortet, deutlicher Merlot. Am Gaumen leider wenig Substanz und ziemlich mau. 16
9. Vieux Fortin, St.Emilion
recht viel Holz, schöne süße reife Frucht. Am Gaumen recht frisch, gute Säure, auch hier wieder reife Frucht und alles schön ausgewogen. Jetzt voll trinkreif. 17
10. Ducru-Beaucaillou, St. Julien
saubere und klare Nase, subtil mit leicht minzigem Einschlag. Am Gaumen gut balanciert, klare Struktur, schön gereift, aber für wahre Größe fehlts dann doch an Tiefe und Komplexität. 17
11. La Tour Carnet, Haut-Medoc
Überraschung des Abends! Viel Wein für recht wenig Geld. In der Nase animalisch und würzig (hat nicht jedem gleich gut gefallen). Am Gaumen tolle Säurestruktur, noch gut Gripp v. d. Tanninen. Auch hier bilde ich mir CF ein. Keine Eile angesagt, evtl. verbessert sich der Wein sogar noch. 17,5+
12. Lynch-Bages, Pauillac
klassischer Auftritt eines linksufrigen Bdx. Fein verwobenes Nasebild. Am Gaumen durchaus als komplex zu bezeichnen, sehr reife Tannine, etwas Kaffee, angenehm frisch/saftig. Lang. 17,5+
13. zweitgrößte Enttäuschung des Abends: Cheval Blanc, St.Emilion
in der Nase unsauber, am Gaumen unharmonisch, grünes Tannin, mit der Zeit charaktervoller. Der Wein lässt mich etwas ratlos zurück. . Wäre es nicht Cheval Blanc, würde ich den Wein abschreiben, aber so besteht die Hoffnung, dass der Wein eine unschöne Zwischenphase durchmachen könnte. Derzeit nur 16,5+
14. La Lagune, Haut-Medoc
leider Kork! Dahinter kann man aber einen schönen Bordeaux vermuten. Keine Bewertung
Fazit: Derzeit finde ich die 95er den 96ern überlegen, da klarer im Ausdruck und homogener in der Qualität. Ob mit dem Lafite alles in Ordnung war, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen, vielleicht braucht er aber einfach nur viel mehr Zeit. Cheval Blanc ebenfalls enttäuschend. Palmer hingegen wird sich bestimmt zu einem großen Wein entwickeln.